Verteidigerfehler: Revision zu schlapp begründet!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.06.2014

Na, die Verfahrensrüge ist ja tatsächlich die hohe Kunst des Revisionsrechts. Die Sachrüge aber müsste man schon mit einem einfachen Formularbuch hinbekommen. Klappte aber trotzdem nicht:

Zwar ist form- und fristgerecht Revision eingelegt; die fehlerhafte Bezeichnung des Rechtsmittels in dem innerhalb der Revisionseinlegungsfrist eingegangenen Schreiben vom 9. August 2013 ist nach § 300 StPO unschädlich. Im Hinblick auf die Erklärung, das Urteil werde insgesamt angefochten, begründet auch das Fehlen eines ausdrücklichen Revisionsantrags kein Zulässigkeitsbedenken. Weiterhin kann ein Nebenkläger die Nichtanordnung einer Maßregel im Sicherungsverfahren beanstanden, ohne dass dem § 400 Abs. 1 StPO entgegenstünde (BGH Beschl. v. 1. Februar 2007 - 5 StR 444/06; Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 400 Rn. 1).

Es fehlt aber an einer den formellen Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Revisionsbegründung. Dem Vorbringen der Re-vision ist weder eine im Sinne des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO zulässige Verfahrensrüge noch die Sachrüge zu entnehmen, für die dem Vortrag des Revisionsführers zweifelsfrei zu entnehmen sein muss, dass eine Nach-prüfung in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt wird; dafür genügt es nicht, wenn - wie hier - lediglich das Ziel des Rechtsmittels dargelegt wird und jede weitere Begründung unterbleibt (vgl. BGH Beschl. v. 24. Oktober 2012 - 4 StR 325/12 m.w.N.; s. auch BGH Beschl. v. 1. August 2013 - 2 StR 242/13).

BGH, Beschluss vom 3.4.2014 - 2 StR 652/13

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6 Kommentare

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Die Überschrift ist falsch. Es ist kein Verteidigerfehler, sondern es handelte sich um eine Nebenklägerrevision.

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Na ja. Vertreter der Nebenklage sind ja oftmals  keine Strafjuristen, sondern die Hausanwälte der Betroffenen, die bar jeder strafprozessualen Kenntnis einfach nur ein bißchen auf dem Angeklagten herumhacken möchten und sich vom Staatsanwalt, neben dem sie stolz sitzen dürfen, Bonbons reichen lassen. Da ist schon die einfache Sachrüge ein unüberwindliches Hindernis... :-)

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Aus meiner Sicht aber auch ein klarer Hinweis, in welche Richtung sich unsere Rechtsprechung entwickelt, nämlich in eine "Verhinderungsrechtsprechung".

 

Das heisst, es wird alles unternommen und dies scheint das Hauptaugenmerk unserer Justiz zu sein, nämlich sich Arbeit zu ersparen.

 

Wenn man einem Revisionsführer den schlichten Satz abverlangt:

 

Ich erhebe die allgemeine Sachrüge und rüge die Verletzung materiellen Rechts

 

und ihm das Rechtsmittel als "unzulässig" abbügelt, weil dieser Satz nicht fällt, dann ist das schon skurril.

 

Im Bereich der Nichtzulassungsbeschwerden beispielsweise interpretiert man von Seiten der Revisionsgerichte in das Wort "darlegen" eine unbegreifliche Tragweite hinein und verlangt von den Rechtsanwälten Unglaubliches ab, um die Zulassungsvoraussetzungen  für eine Revision überhaupt "darlegen" zu können. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Nichtzulassungsbeschwerden Erfolgsaussichten in Höhe von durchschnittlich 5% haben und begründet dies dann damit, dass Anwälte nicht in der Lage seien die Zulassungsgründe "darzulegen".

 

In Wirklichkeit geht es m.E. ausschließlich darum, diese Rechtsbehelfe von den Revisionsgerichten fern zu halten, um ihnen die Arbeit zu ersparen und um im Einzelfall nach "Gutdünken" zu entscheiden, ob man die Revision zulässt oder eben nicht. Gepackt wird dann eine ablehnende Entscheidung immer gerne unter den Deckmantel der nicht ausreichend erfolgten "Darlegung"....

 

Verabschiedet Euch vom Formalismus und von Bequemlichkeitsgedanken. Dafür ist in einem realen Rechtsstaat kein Platz

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So so, die Justiz darf einem Anwalt nicht einen kleinen Satz abverlangen.

Wenn man einem Arbeitgeber in einem Inserat abverlangt, Berufserfahrung nicht fordern zu dürfen oder auch keine Berufseinsteiger zu wünschen und das dann bei erfolgloser natürlich völlig ernst gemeinter Bewerbung für Schadenersatzklagen ausnutzt, ist das natürlich völlig legitim, da man ja in einer Reihe mit den Diskriminierten aller Länder und Zeiten steht und heldenhaft für Menschenrechte kämpft, gelle, Herr Kratzer ....

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@NK

Man darf nicht vergessen, dass die Revision im Zivilverfahren nicht in erster Linie der Richtigkeitskontrolle der Entscheidungen der Berufungsgerichte dient, sondern vielmehr den Zweck hat, der Fortbildung des Rechts zu dienen. Eine inhaltliche Überprüfung eines Berufungsurteils ist deshalb grundsätzlich (wie immer existieren bei Verwendung dieses Begriffs zahlreiche Ausnahmen) nur dann vorgesehen, wenn dabei für die Allgemeinheit relevante neue Rechtsfragen zu entscheiden sind. Die Frage der Darlegung der Zulassungsgründe durch die BGH-Anwälte ist deswegen nicht die Entscheidendste. Regelmäßig haben Rechtsstreite eben keine noch nicht entschiedenen grundsätzlichen Rechtsfragen zum Gegenstand. Dies dürfte viel eher erklären, warum die überwiegende Zahl der Nichtzulassungsbeschwerden erfolglos ist.

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