Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben auch manchmal

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 14.07.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht8|4747 Aufrufe

Mit Entscheidung vom 21.07.2010 hatte das BVerfG bekanntlich die alte Regelung zum gemeinsamen Sorgerecht nicht verheirateter Eltern als verfassungswidrig erklärt.


In der Zeit bis zum Inkrafttreten der Neuregelung im Mai 2013 hatte das Familiengericht den Eltern nach der Entscheidung des BVerfG auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.


In dieser Übergangszeit hatte der Vater einen Antrag auf Übertragung der Mitsorge gestellt. Das AG lehnte dies mit Beschluss vom 27.12.2010 ab. In der Entscheidung heißt es:


Die persönliche Auseinandersetzung zwischen den Kindeseltern ist von einer starken Aggression geprägt. Unter diesen Umständen ist aber eine sachliche Kommunikation zwischen den Kindeseltern nicht möglich. Die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge würde daher zu einem Mehr an Konflikten zwischen den Eltern führen, so dass es dem Kindeswohl am ehesten entspricht, die elterliche Sorge allein bei der Kindesmutter zu belassen.


Einen nach Inkrafttreten der Neuregelung gestellten erneuten Antrag des Vaters hat das AG mit Beschluss vom 12.11.2013 abgewiesen. 

Die Beschwerde blieb erfolglos (OLG Frankfurt v. 28.02.2014 - 6 UF 326/13).


Da die Entscheidung  vom 27.12.210 vorliegt, sei Ausgangspunkt der Überlegungen § 1696 BGB. Danach kann eine Entscheidung zum Sorge- und Umgangsrecht nur abgeändert werden, wenn

wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist.


Die Gesetzesänderung allein stelle keinen solchen triftigen Grund dar, denn durch die gesetzliche Neuregelung habe sich nichts daran geändert, dass der gemeinsamen elterlichen Sorge kein Vorrang vor der Alleinsorge eines Elternteils eingeräumt wird

Ansonsten habe sich an der Kommunikationsstörung der Eltern nichts geändert.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers erfordere die Ausübung der gemeinsamen Verantwortung für ein Kind ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern. Fehlt es daran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Dies gilt insbesondere, wenn die Eltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes austragen, wodurch das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet werden kann

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8 Kommentare

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Interessant, aber in der Praxis doch recht unterschiedlich, in einem Fall sagt das Gericht Kommunikationsprobleme müssen bei der Awo geklärt werden, auch wenn die KM diese blockiert und im anderen Fall reicht eine Kommunikation per Email für ein Gericht aus....

Schade, denn das Leid tragen die Kinder!

Eine schöne Woche wünscht
J.Krug

Sehr geehrter Herr Krug,

ihr Mitgefühl in allen Ehren, aber schade ist zuwenig. Es geht um Missbrauch der Wächterfunktion des Staates. Verfassungswidrig allemal und strafwürdig im konkreten Einzelfall.

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Sehr geehrter Herr Lippke,

Ich gebe Ihnen Recht, mein "schade" war dafür nicht passend.
Ich nenne es nicht Mitgefühl sondern leider eigene Erfahrungen, als Mutter und auch als Lebensgefährtin.
Jeder Richter urteilt anders, dem einen reicht die oben beschriebene Kommunikation aus, dem anderen Richter nicht, da müssten einheitliche Regelungen her!
Und woran stellt ein Richter fest, wer von den Elternteilen alles blockiert?

MfG
J.Krug

Entschuldigung Frau Krug, dass ich sie als Herr ansprach. So ist das mit den Annahmen, von denen sich Richter weitgehend leiten lassen. Tatsächliche Feststellungen sind die absolute Ausnahme.

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Ist nicht schlimm Herr Lippke.

Ja so ist es meistens, schön wäre es, wenn manche Richter auch die Folgen für die Kinder mitbekommen würden, denn das Leid endet ja nicht immer mit einem Beschluss oder Vergleich, sondern fängt dann ja richtig an...
Zum Glück nicht überall so, aber leider noch zu häufig.

Ich habe jetzt die Gelegenheit eine Richterin am OLG mit dem Ergebnis ihrer Entscheidungen und Annahmen zu konfrontieren. Ich bin mir noch nicht sicher in welcher Form ich das gestalten werde. Meine Erwartungen einer Wirkung sind allerdings nicht sehr hoch. Die Vorstellungen vom Leben scheinen mir in diesem Berufsfeld doch sehr abweichend vom Normalen zu sein. Mir kam es jedenfalls oft so vor, als würden Richter aus dem Gerichtsgebäude nie rauskommen. Eingesperrt in faden Räumen und geistiger Enge. Im normalen Leben ist mir noch nie ein Richter begegnet, obwohl es ja durchaus Viele gibt. Ich weiß aber auch, dass viele Richter zuhause arbeiten und nur an Verhandlungstagen im Gericht erscheinen. Also es ist schon eigenartig, wohin die spurlos abtauchen.

Herr Burschel, wie ist es bei Ihnen?

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Ich kenne eine Richterin, bei der ich lange gerätselt habe, was sie beruflich macht und viel aus allen Wolken.
Ich schere nicht alle über einen Kamm, und manchmal sehen Richter die Parteien ja nur eine kurze Zeit und jede Partei trägt anders vor, da ist es nicht leicht die Wahrheit zu finden.
Allerdings wenn ich Beratungen höre.... Najaa habe ich keine guten Erfahrungen gemacht, da die Berater selten eine Beratungsresistenz bescheinigen, und immer das gute in Eltern sehen, bis die Situation eskaliert.
Dazu müssen beide Elternteile innerlich dazu bereit sein, einer alleine kann nicht für Frieden sorgen.
Bei uns wird dafür ein Kinder im Blick Kurs angeboten, damit habe ich bei auch höchst strittigen Eltern sehr gute Erfahrungen mitgeteilt bekommen.
Auch ich habe diesen Kurs gemacht und habe viel gelernt, um meine Kinder aus dem Elternkonflikt herauszuhalten und um sie zu schützen!

Wie meinen Sie das mit in welcher Form?
Ich drücke Ihnen dafür auf jeden Fall unbekannt ganz fest die Daumen, daß Sie auf offene Ohren treffen werden!

Sehr geehrter Herr Lippke,

als Behördenleiter bin ich fast jeden Tag im Gericht.

Eine Korrelation zwischen der Qualität der richterlichen Arbeit einerseits und der Anwesenheit in der Behörde andererseits vermag ich nicht zu erkennen.

Nur zu den Sitzungstagen zu erscheinen, wird - zumindest bis es die elektronische Akte nicht gibt - nicht funktionieren. Der Richter muss den Aktenumlauf aufrechterhalten

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