Spendenverteiler Justiz - geht alles mit rechten Dingen zu?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 17.09.2014

Insbesondere durch die Anwendung des § 153a Abs.1 Nr.2 StPO, der auch im Rahmen von Absprachen eine große Rolle spielt (§ 257 c , § 153a Abs.2 StPO), werden durch die Justiz ganz beträchtliche Summen in gemeinnützige Vereine und Einrichtungen geleitet. Gleiches erfolgt bei Anwendung von § 56 b Abs. 2 Nr. 2 StGB sowie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 23 und 45 JGG. Staatsanwaltschaften und  Gerichte haben hier eine relativ große Freiheit, welcher Organisation sie solche Spenden zukommen lassen. Allerdings gibt es auf Länderebene Verwaltungsvorschriften (hier die aus NRW), die auch eine gewisse Kontrolle gewährleisten sollen. Hierin heißt es z.B.:

Um den Anschein zu vermeiden, staatliches Handeln könne von den privaten Interessen der Amtsinhaber gesteuert sein, haben diese sich bei vorhandenen persönlichen Interessen jeder Amtshandlung zu enthalten. Diesem Grundsatz ist bei der Auswahl einer gemeinnützigen Einrichtung dadurch Rechnung zu tragen, dass auch nur der Anschein vermieden wird, diese könne von privaten Interessen beeinflusst sein.

Unabhängige Richter sind jedoch nicht unmittelbar an diese Vorschriften gebunden.

Aus Sicht der entsprechenden Vereine/Einrichtungen  lohnt es sich, Beziehungen zur Justiz zu pflegen und am besten natürlich ein Anliegen zu verfolgen, das Staatsanwälte und Richter interessieren könnte. Im Vordergrund  sollten dabei aus meiner Sicht Einrichtungen stehen, die sich um die Straftatprävention im weitesten Sinne (auch Einrichungen für Jugendliche und Integrationsprojekte gehören dazu), die Suchthilfe, Hilfe für Straftatopfer oder etwa die Wiedereingliederung von Strafentlassenen kümmern. Dass ausgerechnet der ADAC - bekannterweise ein millionenschwerer Lobbyverein der Autofahrer - einen großen Teil der Spenden zugewiesen bekommen haben soll, erscheint mir dagegen fragwürdig.

In den allermeisten Fällen werden mit den Geldbeträgen tatsächlich gute Zwecke verfolgt. Dennoch gilt auch hier: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, um einem Wildwuchs und mögliche Interessenkollisionen zu vermeiden. Der Journalist David Schraven hat nun mit seinem Projekt "Spendengelder.correctiv" eine Recherche-Datenbank aufgebaut, um die Wege der Justizspenden transparent zu machen. Eingangs wird mit dem Satz: "Wie Richter und Staatsanwälte alljährlich Millionen fast ohne Kontrolle verteilen" angedeutet, es handele sich um einen Skandal. Ob es ein solcher ist, bedarf aber erst einmal der Recherche und Bewertung.

Einige Tageszeitungen haben dieses Projekt bereits aufgegriffen und berichten über die Spendenpraxis in ihrer jeweiligen Region (z.B.  MZ zu Regensburg, TZ zu München).

Was sagen die Praktiker hier im Beck-Blog? Wie werden die Empfänger von Geldauflagen ausgewählt - wie sollten sie ausgewählt werden? An welchen Stellen ist das System verbesserungsbedürftig?

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15 Kommentare

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Die staatsanwaltschaftliche Praxis, soweit ich das für meinen Zuständigkeitsbereich übersehe, beachtet bei der Zuweisung primär die Aspekte

a) justiznah in dem von Ihnen dargestellten Sinne (d.h.: Einrichtungen, die sich um die Straftatprävention im weitesten Sinne, die Suchthilfe oder etwa die Wiedereingliederung von Strafentlassenen kümmern), wobei ich opferorientierte Einrichtungen ebenfalls dazu gezählt wissen möchte;

und

b) örtlich (damit nicht die bundesweiten Großeinwerber von Zuweisungen von ihrer "Mailpower" nach dem Prinzip: "Wer hat, dem wird gegeben" profitieren).

Andererseits geben besondere Fallgestaltungen auch Anlass, gemeinnützige Einrichtungen zu bedenken, die zwar nicht im dargestellten Sinne "justiznah" sind, sich aber in besonderer Weise um das durch die Straftat verletzte Rechtsgut verdient machen.

Der Gedanke einer Kontrolle der Zuweisungspraxis ist sicherlich nicht verkehrt. Diese erfolgt allerdings in "meinem" Bundesland (ich vermute, wie bei allen "web.sta" einsetzenden Bundeländern) bei den Staatsanwaltschaften auf Behördenebene durch völlige Transparenz sämtlicher Zuweisungen, die EDV-gestützt nach Dezernat und Zuwendungsempfänger aufgeschlüsselt werden. Dies haben Behörden- und Abteilungsleitung (zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch über die Gegenzeichnung solcher Verfügungen) im Blick. Ich bin überzeugt: Auf dieser Ebene gilt und gelingt es, etwaige Fehlentwicklungen zu verhindern.

Zusätzliche abstrakt-generelle Regeln - die m.E. nur untergesetzlicher Natur sein können und daher z.B. die Richter nicht binden werden - halte ich demgegenüber nicht für geboten. Ob Einzelfälle, die Fragen aufgeworfen haben (so z.B. in NRW), tatsächlich für eine Fehleranfälligkeit des ganzen Systems sprechen, und daher neue Regelungen erzwingen, würde ich verneinen. Wir neigen dazu, sämtliche Bereiche des Lebens, nicht nur des Arbeitslebens) maximal zu verrechtlichen (dagegen: "Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen" [Montesquieu], vgl. auch "summum ius, summa iniuria"......).

Eigenintitiative und Eigenverantwortung der zum Richteramt befähigten Staatsanwälte und Abteilungs- wie Behördenleiter stärkt eine weitere Einengung ihrer Entscheidungsbefugnisse m.E. nur sehr beschränkt. Entgegen bisweilen verbreiteteter Ansicht möchte ich für das Berufsethos meiner Kolleginnen und Kollegen und ihre Integrität eine Lanze brechen.

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Hallo,

Das Hamburger Modell ist für die Verteilung von Zuweisungen (Es sind keine Spenden!!!) sicher ein gutes Modell, auch wenn ein Teil des Geldes durch die notwendige Verwaltung aufgefressen wird. Hier wird unabhängig entschieden, denn die Richter können nur noch die Themen nicht aber die Empfänger auswählen. Das übernimmt ein gewähltes Gremium. Leider ist es nicht obligatorisch sondern freiwillig, aber viele Richter halten sich daran und entgehen so auch dem Korruptionsvorwurf, der bei correktiv recht unverblümt mitschwingt. Gemeinnützige Vereine beantragen mit konkreten Projekten dann diese Gelder. 

Zur Einengung des Zwecks für den Zuweisungen ausgesprochen werden können, möchte ich zu bedenken geben, dass es bereits eine Einengung auf gemeinnützige Organisationen gibt (siehe §52 Abgabenordnung) Die 170 Millionen Euro, die schätzungsweise jedes Jahr in den gemeinnützigen Sektor fließen decken dabei viele Kosten ab, die durch Spenden nicht zu decken sind. Spender geben eher ungern Geld für Verwaltung oder Personal aus. Das ist aber unerlässlich für professionelle Arbeit - auch ehrenamtliche! Zuweisungen haben grundsätzlich keine Zweckbindung und deshalb sind die Zuweiser auch in der Lage zu entscheiden, wohin Sie das Geld geben. Viele Richter vergeben zum Beispiel auch deliktbezogen (Umwelt, Soziales, Zivilgesellschaft usw.) Wenn jede gemeinnützige Organisation Zuweisungen gleich verteilt bekommen würde, wären das etwa 250 Euro im Jahr (ca. 675 T Org.). Nur um mal die Dimension klarzumachen. In einer Studie von Pro-Bono Fundraising gaben nur 10 % der befragten Organisationen an, überhaupt Geldauflagenmarketing zu betreiben. Das heißt, das Feld der Empfänger dünnt sich von ganz alleine aus. Eine weitere Einengung ist ebenfalls nicht föderlich weil sie die Auswahl noch weiter beschränkt und das auf Gebiete in denen Richter seit Jahren dankbarerweise auch ehrenamtlich aktiv sind. So würde man Richter nur ebenfalls dem Vorwurf einer interessengeleiteten Zuweisung aussetzen.

Noch ein Satz zur Correktiv-Datenbank. Sie macht zwar transparent, wer was bekommt, aber sie macht definitiv nicht deutlich, wie die Vereine damit umgehen. Ein besserer Vorschlag wäre es nur Vereine auf die "Bußgeldliste" zu lassen, die zumindest die freiwillige Verpflichtung der Initiative transparente Zivilgesellschaft unterzeichnet haben. Es ist schon seltsam, das correktiv gemeinnützigen Organisationen die nicht der Verbrechensvorbeugug/nachsorge dienen, das Recht abspricht, überhaupt Zuweisungen zu bekommen, indem es sie als "fraglich" einstuft. Das ist es nach dem Gesetzt definitiv nicht so. Es gibt lediglich eine Verwaltungsvorschrift (Einstellung nach §§ 153, 153a StPO), die empfiehlt, "dass bei der Auswahl des Zuwendungsempfängers insbesondere Einrichtungen der Opferhilfe, Kinder-und Jugendhilfe, Straffälligen- und Bewährungshilfe, Gesundheits- und Suchthilfe sowie Einrichtungen zur Förderung von Sanktionsalternativen und Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen in angemessenem Umfang berücksichtigt werden." Und die gilt nur für Staatsanwälte, die nach dieser Formulierung ebenfalls Ermessensspielraum haben.

Matthias Daberstiel

Fundraiser-Magazin 

 

 

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Es wäre zu überlegen, ob die Einnahmen nicht auch an Opferverbände von Justizirrtümern bzw. Justizunrecht gehen sollten. Das wäre zwar in einzelnen Fällen eigentümlich, wenn Opfer eine Unterstützung bekommen, die Ihnen zuvor amtlich verweigert wurde, aber die Justiz würde damit zumindest anzeigen, dass sie das Problem nicht gänzlich ignoriert.

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Der vermeintliche "Skandal" beruht offenkundig auf der irrigen Annahme, die Geldauflagen müssten der "Verbrechensvorbeugung" dienen, was freilich nicht der Fall ist.

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Hallo zusammen,

Ich bin der Verantwortliche für die Geschichte bei CORRECT!V.

Und ich freue mich, dass hier ernsthaft diskutiert wird. Zunächst geht es um einen Mißstand, den wir kritisieren.  Wir finden es falsch, dass die Gelder aus eingestellten Verfahren freihändg verteilt werden können an gemeinnützige Vereine.

Wir fänden es richtiger, wenn das Geld über die Staatskasse fließen würde. Es gibt da genug Möglichkeiten, wie das Geld sinnvoll eingesetzt werden kann.

Der große Vorteil, die Geldverteilung wäre über die Haushalte und die Parlamente demokratisch legitimiert, der Willkür entzogen und transparent nachvollziehbar.

Wir sagen nicht, dass die Richter und Staatsanwälte Schmuh machen. Wir bezweifeln nicht, dass die Richter und Staatsanwälte im Allgemeinen Integrität besitzen. Sie machen eine gute Arbeit und der Blick in unsere Datenbank zeigt, dass der bei weitem größte Teil der Zahlungen an gute Vereine geht, die das Geld verdienen.

Wir sagen aber, das bisherige System birgt in sich die Gefahr, Korruption zu begünstigen.

Integre Richter und Staatsanwälte sehen die Gefahr auch und haben deswegen Hilfkonstruktionen geschaffen, um diese Gefahr zu bannen. Es gibt das Vieraugenprinzip an vielen Gerichten. Es gibt Listen, in die Vereine aufgenommen werden müssen. Es gibt Abteilungsleiter, die gegenzeichnen müssen. Das alles ist richtig.

Aber es sind alles Hilfkonstruktionen, die das Problem nicht an der Wurzel packen. Es ist falsch, wenn eine Behörde, ein Richter das Geld willkürlich verteilen kann, ohne die etablierte und legitimierte Kontrolle eines Parlamentes. Die Verfügbarkeit schafft Begehrlichkeiten. Und es gibt Richter und Staatsanwälte, die das System ausnutzen wollen und können, weil sie persönliche Bekanntschaften ausnutzen wollen und können.

Der Verein Memnon ist dafür ein Beispiel.

Er macht nichts unrechtes. Aber er macht etwas ethisch bedenkliches.

Deswegen würde ich mich freuen, wenn es eine Diskussion gäbe, dank derer das jetzige Verteilsystem beendet wird.

Zu Kommentar #7. Anscheinend kennen Sie die Richtlinien nicht. Den Richtlinien entsprechend sollen die Bußgelder vorrangig zur Verbrechensvorbeuung und zum Täter-Opferausgleich eingesetzt werden. Das gilt für Staatsanwälte. Für Richter gilt es meist ähnlich. Auch wenn sie in ihrer Unabhängigkeit nicht gezwungen sind, sich dran zu halten (was wir auch nicht schreiben).

Grundsätzlich hat jedes Land hat eigene Richtlinien, wie das Geld verteilt werden soll. Aber in den meisten Bundesländern wird auf die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) mit Einstellung nach 93 - Einstellung nach §§ 153, 153a StPO verwiesen, welche für Staatsanwälte gelten. Sie finden dise Richtlinien hier: http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_01011977_420821R5902002.htm. Schauen Sie sich darin besonders Absatz (4) ein, indem es heißt: "...neben spezialpräventiven Erwägungen, dass bei der Auswahl des Zuwendungsempfängers insbesondere Einrichtungen der Opferhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Straffälligen- und Bewährungshilfe, Gesundheits- und Suchthilfe sowie Einrichtungen zur Förderung von Sanktionsalternativen und Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen in angemessenem Umfang berücksichtigt werden."

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David Schraven schrieb:
Zu Kommentar #7. Anscheinend kennen Sie die Richtlinien nicht. Den Richtlinien entsprechend sollen die Bußgelder vorrangig zur Verbrechensvorbeuung und zum Täter-Opferausgleich eingesetzt werden.

Bei correctiv liest sich das dann so: "In der CORRECT!V-Datenbank finden sich neben dem Verein Memnon weitere Beispiele fragwürdiger Spenden, zum Beispiel die Westerwälder Eisenbahnfreunde, Schützen- und Heimatvereine, Karnevalsvereine oder groß angelegte Bauprojekte. Immer wieder ist fraglich, ob die Vereine die Geldauflagen zum Zweck der Verbrechensvorbeugung ausgegeben haben."

Wie man dieser Formulierung nicht die Aussage entnehmen soll, es sei "fragwürdig", wenn die "die Vereine die Geldauflagen" nicht  "zum Zweck der Verbrechensvorbeugung ausgegeben haben", entzieht sich meinem Verständnis

 

David Schraven schrieb:
"...neben spezialpräventiven Erwägungen, dass bei der Auswahl des Zuwendungsempfängers insbesondere Einrichtungen der Opferhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Straffälligen- und Bewährungshilfe, Gesundheits- und Suchthilfe sowie Einrichtungen zur Förderung von Sanktionsalternativen und Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen in angemessenem Umfang berücksichtigt werden."

Sind wir uns einig, dass "vorrangig zur Verbrechensvorbeuung und zum Täter-Opferausgleich" etwas anderes ist als "Einrichtungen der Opferhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Straffälligen- und Bewährungshilfe, Gesundheits- und Suchthilfe sowie Einrichtungen zur Förderung von Sanktionsalternativen und Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen"?

Zumindest die Kinder- und Jugendhilfe hat nichts und die Gesundheits- und Suchthilfe nur bedingt mit "Verbrechensvorbeugung" oder dem Täter-Opfer-Ausgleich zu tun. Und gerade lokale Vereine - Karnevalsvereine, Schützen und Heimatvereine und andere - leisten nicht selten wertvolle Jugendarbeit.

 

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@Gast, Sie schreiben:

Der vermeintliche "Skandal" beruht offenkundig auf der irrigen Annahme, die Geldauflagen müssten der "Verbrechensvorbeugung" dienen, was freilich nicht der Fall ist.

Es ist völlig richtig, dass Geldauflagen an alle gemeinnützigen Einrichtungen geleitet werden dürfen (nach h.M.  muss nicht einmal die "Gemeinnützigkeit" nach der Abgabenordnung vorliegen). Es dürfen z.B. auch archäologische Projekte gefördert werden.

Nein, der vermeintliche/vermutete Skandal beruht darauf, dass die Verteilung der Geldauflagen allgemien als wenig transparent und wenig kontrolliert empfunden wird. Es ist schon richtig, dass die Öffentlichkeit da einmal genauer hinschaut. Immerhin denkbar wäre ja, dass Geldauflagen vermehrt an Empfängereinrichtungen fließen, bei denen die maßgeblichen Personen den verteilenden Personen näher bekannt sind oder gar mit ihnen befreundet. Oder dass, was vor ein paar Jahrzehnten einmal aufkam, die begünstigte Organisation dann wieder Tagungen für Justizangehörige organisiert und Vortragshonorare o.ä. an Richter und Staatsanwälte leitet.

Ich denke aber auch, dass in der großen Mehrheit der Fälle alles in Ordnung ist. Fatal wäre es für nichtstaatliche insb. wohltätige Zwecke, wenn die Justiz künftig, nur um Ärger zu vermeiden, die Geldauflagen gleich der Staatskasse zukommen ließe. Denkbar (aber aufwändig) wäre ein System, in dem die Geldauflagen für gemeinnützige Zwecke in einen Fond fließen, der von einer Stelle außerhalb der Justiz verwaltet wird und  Geld an gemeinnützige Einrichtungen ausschüttet, die sich um ihre Berücksichtigung bewerben.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Guten Tag,

welche Körperschaft Zuweisungen erhalten dürfen, regeln die Oberlandesgerichte in den Zulassungsbestimmungen für ihre "Bußgeldliste" auf der dann die zugelassenen Organisationen stehen. Meines Wissens schreiben alle Oberlandesgerichte vor, das es sich um gemeinnützige Organisationen handeln muß. Eine inhaltliche Einschränkung auf die Zwecke der Organisation oder nur auf Organisationen der Verbrechensvorsorge wird da nicht gemacht. Die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) dass Herr Schraven zitiert, gelten natürlich auch. Für mich als Fachjournalisten wäre es mal interessant zu wissen, Herr Professor Müller was "in einem angemessenem Umfang zu berücksichtigen" bedeutet. Wieviel ist das? Anders als Herr Schraven sehe ich darin nicht mal eine Vorrangigkeit der in der RiStBV genannten Zwecke sondern eine freie Entscheidung des Staatsanwalts, dem nur bestimmte Zwecke empfohlen werden. Hier wäre ich für Ihre Einschätzung dankbar.

An der Stelle ist auch zu kritisieren, das der Staat überhaupt keine Rechenschaft über die Verwendung von Geldauflagen ablegen muß. Er nimmt es in seinen Haushalt und der weitere Weg erschließt sich nicht. Übrigens auch nicht den Parlamentarieren, denn das Haushaltsrecht sieht meines Wissens keine zielgenaue Verfolgung von Geldauflagen vor.

Ich danke Ihnen, Herr Prof. Müller, für den Einwand, das es fatal sei Juristen dazu anzuhalten nichtstaatliche insb. wohltätige Zwecke als Zuweisungsempfänger zu vermeiden, um "keinen Ärger" zu bekommen. Für falsch würde ich es auch halten, Richtern und Staatsanwälten eine ehrenamtliche Tätigkeit zu verbieten, nur weil sie Zuweiser sind. Für viele gemeinnützige Organisationen sind Geldauflagen enorm wichtig für Investitionen. Auch deshalb nochmal ein Plädoyer für das Hamburger Modell wo das Geld nach Themen zugewiesen wird und nicht nach Organisationen. 

Viele Grüße

Matthias Daberstiel

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"Für viele gemeinnützige Organisationen sind Geldauflagen enorm wichtig für Investitionen. "

Verstehen Sie mich nicht falsch. Aber man kann wohl kaum übersehen, dass es neben der selbstlosen und notwendigen Hilfe durch Opferverbände auch Interessenkonflikte gibt. Es ist ein Allgemeinplatz, dass z.B. im Bereich häuslicher und sexueller Gewalt nicht nur Defizite bei der Ermittlung wirklicher Straftäter, sondern auch Defizite bei der Ermittlung von Falschbeschuldigungen zu beklagen sind. Wirkliche und vermeintliche Opfer nehmen vor und während der juristischen Klärung Hilfe und rechtliche Unterstützung von Zuweisungsempfängern in Anspruch. Die Strafbarkeit dieser Delikte wurde und wird per Gesetz immer weiter in den Vermutungsbereich hineinverlegt und die Unschuldsvermutung teilweise sogar ad absurdum geführt. Dies geht stark auf Forderungen der gleichen Interessenverbänden zurück, obwohl nicht erkennbar ist, wie die überlastete Justiz den wirklichen Straftaten damit besser entgegen wirken kann. Gemeinnützige Vereine sind keine unschuldigen Engel. Mit erheblicher Beteiligung bei Entstehung und Verwendung der Geldauflagen ist faktisch eine Investitionsplanung möglich, die mit den eigentlichen Zielen unvereinbar ist. Die mangelnde Transparenz macht die Praxis anfällig für Manipulationen.

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Guten Abend Herr Lippke,

 

mir geht es auch um mehr Transparenz und um eine Vergabe der Mittel, die nachvollziehbarer ist. Die Datenbank der Zuweisungsempfänger leistet dafür zumindest einen Anstoß.  Ich gehe wie in allen anderen Feldern unserer Gesellschaft davon aus, das es auch bei Vereinen scharze Schafe gibt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das von Ihnen beschriebene Kartell zwischen Gesetzgeber, Richter und Verein so existiert und wirklich funktionieren könnte. Ich habe bisher noch von keinem Verein gehört, der seine "Bußgeldeinahmen" planen kann. Man macht ja das Inkasso für das Gericht und ist immer nicht sicher, ob überhaupt Zuweisungen kommen oder wieder an das Gericht zurück gehen. Diese Einnahmen sind extrem schwankend. Planbar ist da nichts. Aber diese Einnahmen können, anders als bei zweckgebundenen Spenden auch für Dinge eingesetzt werden, die nicht von Spendern oder öffentlichen Töpfen kommen. Zum Beispiel auch für zusätzliches Personal, Verwaltung oder Kommunikation. Ich stimme Ihnen hundertprozentig zu, Transparenz kann immer helfen, Verwicklungen und Mauscheleien aufzudecken.

Matthias Daberstiel

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Als "skurril" ordnet Schravens "investigative" Projekt-Webseite übrigens Zuwendungen an "das Ronald McDonald Haus" ein.

Tatsächlich hätte eine bloße Internet-Recherche ergeben: Hier werden nicht etwa Kindergeburtstage in Burger-Restaurants finanziert. Sondern die gemeinnützige Stiftung "McDonalds Kinderhilfe" (mit dem DZI-Spendensiegel ausgezeichnet, Kuratoriumsvorsitzende ist Rita Süssmuth) betreibt in der Nähe großer Kliniken Häuser, in denen Eltern schwerkranker Kinder während der Dauer der Behandlung übernachten können.

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