Komplizierte Familienverhältniss - Erste Entscheidung zum neuen § 1686 a BGB

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 30.10.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht|4020 Aufrufe

Zur Zeit der Geburt des Kindes (2005) war die Mutter mit Herrn Z. verheiratet. Dessen Vaterschaft wurde von ihr erfolgreich angefochten.

Sodann erkannte Herr Y die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter an. Eine Abstammungsuntersuchung wurde deshalb nicht durchgeführt.

Die beiden gaben eine Sorgerechtserklärung ab. Seit der Trennung der Kindesmutter von Herrn Y lebt die Tochter in dessen Haushalt.

Nun meldet sich Herr X bei Gericht und behauptet, er sei der biologische Vater des Kindes. Gestützt auf den neuen § 1686 a BGB begehrt er Umgang mit dem Kind (ein Recht der Anfechtung der Vaterschaft des Y steht ihm nicht zu)

Abgelehnt:

Der Antrag ist schon unzulässig, da X entgegen § 167 a I FamFG nicht an Eides statt versichert hat, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Nach der Gesetzesbegründung soll das Zulässigkeitserfordernis der Abgabe einer Versicherung an Eides statt Mutter, Kind und (rechtlichen) Vater vor Umgangs- und Auskunftsverfahren „ins Blaue hinein“ schützen.

Der Antragt ist nach Auffassung des OLG Bremen auch unbegründet, da der Vater entgegen § 1686 a  BGB weder ein ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat noch ein Umgang dem Kindeswohl dient.


Unstreitig war dem Antragsteller bereits während der Schwangerschaft der Antragsgegnerin bekannt, dass er als möglicher biologischer Vater in Betracht kommt. Diese Information durch die Antragsgegnerin führte dazu, dass der Antragsteller die Beziehung zu der Antragsgegnerin abbrach und sich in der Folgezeit weder um die schwangere Mutter noch nach der Geburt um X gekümmert oder sich auch nur interessiert gezeigt hat. Erstmals im Jahr 2012, als X bereits fast 7 Jahre alt war, hat der Antragsteller Interesse an einem Umgang bekundet. Anhand der in der Gesetzesbegründung genannten Beispiele, deren Verwirklichung Anhaltspunkte für ein „ernsthaftes Interesse“ bieten sollen, wird deutlich, dass ein solches Interesse nur dann als gegeben angesehen werden kann, wenn sich der mutmaßliche Vater zügig darum kümmert, sein Kind kennen lernen zu wollen. Dafür ist es erforderlich, dass sich der mutmaßliche biologische Vater in engemzeitlichen Zusammenhang mit der Kenntnis von seiner möglichen Vaterschaft um eine Kontaktaufnahme zumindest bemüht. Auch der EGMR setzt insoweit ein nachweisbares Interesse des mutmaßlichen biologischen Vaters an dem Kind sowie ein Bekenntnis zu diesem - sowohl vor als auch nach der Geburt - voraus.

Diese Kriterien erfüllt der Antragsteller nicht. Er ist vielmehr, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, etwa 7 Jahre lang „abgetaucht“ und hat sich in keiner Weise um die schwangere Antragsgegnerin oder das Kind bemüht und bis zum Jahre 2012 auch keinerlei Interesse an einer Kontaktaufnahme gezeigt. In diesem Verhalten ist kein „ernsthaftes Interesse“ des Antragstellers im Sinne des § 1686 a BGB zu sehen, zumal auch kein überzeugender Grund ersichtlich ist, warum der Antragsteller so viel Zeit hat vergehen lassen, bis er erstmals Interesse an dem Kind gezeigt hat.

Die Kindesmutter sei mit ihrem neuen Lebensgefährten und ihren weiteren Kindern im Jahr 2013 von Bremen nach Bochum verzogen. Bereits hierdurch seien, wie die Verfahrensbeiständin ausführt, gravierende Änderungen in der Lebenssituation des Kindes eingetreten, weil es seine Mutter vermisst. Sollte jetzt auch noch die Stellung ihres Vaters und somit ihrer Hauptbezugsperson infrage gestellt werden, sei mit einer noch größeren Verunsicherung zurechnen. Zudem habe das Familiengericht zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht erkennbar sei, dass und in welcher Weise angesichts der gewachsenen Bindungen zwischen ihr und ihrem Vater und vor dem Hintergrund, dass das Kind nichts über die Existenz des Antragstellers weiß und keinerlei Bezüge zu diesem habe, der Umgang mit diesen dem Kindeswohl dienen könnte. Es sei also nicht erkennbar, dass die Vorteile eines Umgangs mit dem Antragsteller für das Kindeswohl die Nachteile überwiegen. Das Gegenteil dürfte hier der Fall sein.

OLG Bremen v. 10.10.2014 - 5 UF 89/14

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