Bigamie

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 04.11.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht2|3347 Aufrufe

Frau F heiratete 2001 in Nigeria M1.

F glaubte irrig, dass es einer formellen Anerkennung der Eheschließung in Deutschland  bedürfe.

In dem Irrglauben in Deutschland nicht wirksam verheiratet zu sein, heiratete Frau F  2003 M2 und gebar noch im gleichen Jahr Kind K.

Die (wirksame) Ehe mit M1 wurde 2006 geschieden.

F und M2 streiten mit M1 über das Sorgerecht für K.

Als Vater des Kindes gilt gemäß § 1592 Nr. 1 BGB der Mann, der zur Zeit der Geburt mit ihr verheiratet ist. Den Fall, dass eine Frau zwei Ehemänner hat, hat der Gesetzgeber nicht bedacht.

Das OLG Zweibrücken schließt die Lücke elegant mit einer analogen Anwendung des § 1593 S. 3 BGB. Danach ist der zweite Ehemann Vater eines Kindes, das innerhalb von 300 Tagen nach einer durch Tod aufgelösten Ehe der wieder verheirateten Mutter geboren wird.

Im Fall einer Doppelehe sei M1 einem verstorbenen Ehegatten gleichzusetzen.

OLG Zweibrücken Beschluss vom 02.03.2009 5 UF 128/08

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Befremdliche Entscheidung, m.E. alles andere als elegant.

Aus meiner Sicht wesentlich naheliegender wäre es gewesen zu entscheiden, die Vaterschaft von Ehemann #2 sei schwebend unwirksam im Sinne von § 1594 Abs. 2 BGB, bis das Nichtbestehen der Vaterschaft von Ehemann #1 gerichtlich festgestellt wurde.

Denn nichts anderes dürfte mit familiengerichtlicher Alltag sein: Die Kindesmutter ist noch verheiratet (aber noch nicht im Scheidungsverfahren); das Nichtbestehen der Vaterschaft des Ehemannes soll gerichtlich festgestellt werden. Und natürlich wird eine von einem anderem Mann abgegebene Vaterschaftsanerkennung  auch dann nicht ohne diese gerichtliche Feststellung wirksam, bloß weil die Kindesmutter unwahr - oder unrichtig - behauptet, unverheiratet zu sein.

Im entschiedenen Fall hatte die Kindesmutter nicht nur ihren vormaligen Familienstand unrichtige angegeben, sondern verhält sich zudem auch noch bigamistisch. Ehemann #1 hatte auf das rechtsuntreue Verhalten der Kindesmutter keinen Einfluss. Dennoch verliert er, anders als o.g., seine Elternschaft en passant ohne ein gerichtliches Verfahren. Das ist bizarr.

0

Der Fall zeigt, daß unser Gesetzgeber uns Reglementierungen überstülpt, die wieder der Natur sind.

Das vernünftigste, natürlichste und gerechteste wäre, wenn die biologische Vaterschaft festgestellt würde, und der biologische Vater dann auch als rechtlicher Vater anerkannt würde. 

0

Kommentar hinzufügen