Fall Mollath - Einige Anmerkungen zur schriftlichen Urteilsbegründung des LG Regensburg

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 20.11.2014

Die schriftlich verfassten Gründe des noch nicht rechtskräftigen Urteils im wiederaufgenommenen Prozess gegen Gustl Mollath liegen seit 14 Tagen  vor.

Ein erster Blick in die mit 120 Seiten außergewöhnlich umfangreiche Begründung bestätigt meinen Eindruck aufgrund der Pressemitteilung am Tag der mündlichen Urteilsverkündung.

Damals hatte ich von einem „salomonischen Urteil“ geschrieben und bin dafür kritisiert worden. Vielleicht habe ich das Wort „salomonisch“ unangemessen gebraucht – gemeint war, dass dieses Urteil für Herrn Mollath einerseits einen Erfolg darstellt, andererseits auch nicht. Erfolgreich für ihn ist es insofern, als die jahrelange Unterbringung aufgrund einer nachgewiesenen gefährlichen Wahnerkrankung, Ergebnis des Urteils des LG Nürnberg-Fürth, nun vom LG Regensburg nachträglich als rechtsfehlerhaft zurückgewiesen wurde. Herr Mollath ist für die Unterbringungszeiten zu entschädigen.

Dieses Urteil ist aber nur Teil eines außergewöhnlichen Gesamterfolgs: Vor gut zwei Jahren, Anfang November 2012, war Herr Mollath ein seit sechseinhalb Jahren in der forensischen Psychiatrie Untergebrachter und nahezu ohne Chance in absehbarer Zeit freigelassen und rehabilitiert zu werden. Auf seiner Seite standen zwar schon damals einige private Unterstützer, eine Strafverteidigerin und einige Journalisten. Auf der Gegenseite, die ihn als nach wie vor gemeingefährlichen Wahnkranken ansah, standen aber nicht nur das seit 2007 rechtskräftige Urteil, sondern  auch seine Behandler in der Psychiatrie, mehrere psychiatrische Gutachter, die Strafjustiz an drei bayerischen Standorten und die zunächst noch vom Ministerpräsidenten gestützte bayerische Justizministerin. Gegen diese Institutionen hat Gustl Mollath im Verlauf eines knappen Jahres die Wiederaufnahme seines Strafverfahrens, und zwar in einmaliger Weise auf Antrag der Staatsanwaltschaft (!), die Freilassung aus der Unterbringung, eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde und nunmehr auch ein neues Urteil erreicht. Im Verlauf dieser Zeit wurden anhand des „Falls Mollath“ außerdem wichtige Fehlkonstruktionen aufgedeckt, was in ein Bundesgesetzgebungsverfahren (StGB) sowie ein Landesgesetzgebungsverfahren (Maßregelvollzugsgesetz) mündete. Ohne dies aktuell empirisch überprüft zu haben: Ein solcher Erfolg ist in der bundesrepublikanischen Rechtsgeschichte einmalig. Wer nun davon spricht (sei es auf Seiten Herrn Mollaths oder auf der Gegenseite), Herr Mollath sei insgesamt gescheitert, der hat einen verzerrten Blick auf die Wirklichkeit. Allerdings: Die verlorenen Jahre kann ihm niemand zurückgegeben; die zu erwartende Entschädigung kann diesen Verlust nicht ansatzweise ausgleichen.

Zugleich enthält das Urteil auch einen „Misserfolg“ für Gustl Mollath, weil  der schwerste Vorwurf, seine Frau am 12.08.2001 geschlagen, gebissen und gewürgt zu haben, als seine rechtswidrige Tat festgestellt wurde. Seiner Darstellung, diese Tat habe so gar nicht stattgefunden bzw. er habe sich nur gegen einen Angriff seiner Frau gewehrt, ist das LG Regensburg nicht gefolgt. Dieser Misserfolg fällt allerdings gegenüber den oben genannten Erfolgen geringer ins Gewicht.

Die  Beweiswürdigung zum Tatvorwurf am 12.08.2001, ausgeführt auf  mehr als 50 Seiten der Urteilsgründe, ist nicht nur ausführlich, sondern akribisch und auch logisch stimmig. Im Kern glaubt das Gericht den Angaben der Nebenklägerin, die sie im früheren Verfahren gemacht hat, und den Beobachtungen des Arztes, den sie zwei Tage nach der Tat aufsuchte. Eine sehr kritische Würdigung dieser Angaben war geboten, denn die Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung nicht ausgesagt, aber dennoch auf den geschilderten Vorwürfen beharrt. In einem Strafprozess, der als Prinzipien die Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der Beweiserhebung in der Hauptverhandlung kennt, ist ein solches Aussageverhalten  problematisch. Der BGH hat es dennoch zugelassen, die früheren Angaben eines Hauptbelastungszeugen zu verwerten, auch wenn dieser  die Aussage in der Hauptverhandlung (berechtigt) verweigert. Allerdings erweist sich eine derartige Beweiswürdigung auch im Fall Mollath als bedenklich: Die schriftlich niedergelegten Angaben der Nebenklägerin konnten praktisch nur untereinander und indirekt über die Vernehmung von Drittzeugen geprüft werden, ohne dass die Nebenklägerin in Gefahr geraten konnte, sich bei Rückfragen  in Widersprüche zu verwickeln. Da das Gericht die Nebenklägerin nie persönlich gesehen hat, konnte ein Gesamteindruck der entscheidenden personalen „Quelle“ der Vorwürfe nicht gewonnen werden. Wenn sich das Gericht dann zentral auf die früheren Aussagen stützt, muss diese Würdigung mit Leerstellen auskommen, die positiv gefüllt werden. So spricht nach Auffassung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Angaben zentral, dass die Nebenklägerin zum Zeitpunkt ihrer ersten Angaben über die Tat noch nicht die Absicht gehabt habe, sich von ihrem Mann zu trennen bzw. ihn anzuzeigen. Vielmehr habe sie ja noch Monate mit ihm zusammengelebt. Gerade dieser Umstand kann aber auch umgekehrt interpretiert werden: Dass sie noch so lange mit ihm zusammengeblieben ist, könnte eher gegen einen lebensgefährlichen Angriff sprechen. Welche Absicht die Nebenklägerin mit dem Attest positiv verfolgte, ist unbekannt. Dass es keine Motive gewesen sind, die dem Wahrheitsgehalt ihrer Angaben entgegenstanden, wird vom Gericht unterstellt. Dass die Gründe in der "Vorsorge" für ein späteres Scheidungsverfahren gelegen haben könnten, wird vom Gericht nicht diskutiert. Im Übrigen stützt sich die Kammer darauf, dass es sich bei den Tatschilderungen im Kern um konstante und darum auch zuverlässige Äußerungen handele. Das Konstanzkriterium ist allerdings ein recht schwaches Wahrheitsindiz, weil es auch einer lügenden Person ohne Weiteres gelingen kann, eine konstante Tatschilderung in mehreren Vernehmungen aufrecht zu erhalten. Angaben zum Randgeschehen (wie kam es zur Tat, was passierte vorher und nachher?) sind in den verwerteten Angaben nicht enthalten. Hierzu hätte es zur Aufklärung der mündlichen Vernehmung der Nebenklägerin bedurft.

Anders als die Nebenklägerin hat sich der Angeklagte als Beweismittel gegen sich selbst auch in der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt. Seine Äußerung, er habe sich gewehrt, wird vom Gericht dahingehend gewürdigt, dass es jedenfalls am 12.08.2001 zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein müsse. Diese Würdigung ist nachvollziehbar. Wenn es eine Auseinandersetzung gab, bei der sich der Angeklagte gewehrt hat, dann kann erwartet werden, dass dieser die Auseinandersetzung auch im Einzelnen schildert. Hierzu aber schwieg der Angeklagte in der Hauptverhandlung. Es trifft allerdings nicht zu, dass sich – wie das Gericht meint (S. 66) – die Verteidigungsstrategien Mollaths (einerseits: Verletzungen vom Sprung aus dem Auto, andererseits: Verletzungen von einer Gegenwehr) widersprechen: Es ist denkbar, dass beides zutrifft und die Verletzungen von der Nebenklägerin beim Arzt als von einem einzigen Ereignis herstammend geschildert wurden.

Zentral ist der Zeuge Reichel, nach dessen Aussage er die Nebenklägerin zwei Tage nach der vorgeworfenen Tat gesehen hat und Verletzungszeichen schildert, die zu den Schilderungen der Nebenklägerin passen. Auch hier bemüht sich die Kammer, eventuelle Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen. [Update 22.02.2015: Das Zustandekommen des Attests und des zugrundeliegenden Krankenblattinhalts ist sowohl inhaltlich als auch datumsmäßig  nach wie vor nicht eindeutig nachvollziehbar, diesbezügliche Widersprüche in der Darstellung Reichels wurden in der HV nicht geklärt.]

Insbesondere bleibe ich bei meiner schon kurz nach dem Urteil geäußerten Auffassung, dass die Frage der gefährlichen Körperverletzung durch eine das Leben gefährdende Handlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) für mich nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Da es keine Fotografien der Hämatome gibt, war das Gericht allein auf die – von ihm selbst eingeräumt – unzuverlässige Erinnerung des Arztes angewiesen und auf die durch den Arzt indirekt vermittelte Angabe der Nebenklägerin. Zum Würgen (auch mit Würgemalen) gibt es eine umfassende,  im Kern auch differenzierende Rechtsprechung. Die Schlussfolgerung, nicht näher dokumentierte Würgemale gingen in jedem Falle mit einer Lebensgefährdung einher, wird in der BGH-Rechtsprechung nicht geteilt. Die Angabe der Nebenklägerin, sie sei kurzfristig bewusstlos gewesen, beruht allein auf ihrer nicht überprüfbaren und auch von keinem weiteren objektiven Indiz bestätigten Angabe.

Das Gericht kommt hinsichtlich der Schudfrage zu dem Schluss, Herr Mollath habe am 12.08.2001 nicht ausschließbar unter Einfluss einer schwerwiegenden Störung gehandelt, die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB geführt habe. Obwohl dies in dubio pro reo zu einer Entlastung Mollaths führt, so dass er für den Angriff auf seine Frau weder bestraft noch untergebracht werden kann, wird diese Wertung von ihm als belastend empfunden. Ob diese subjektive Belastung als „Beschwer“ für eine Rechtsmittel (Revision) genügt, wird sicherlich Gegenstand der Begründung des von Mollath und seinem neuen Verteidiger eingelegten Rechtsmittels  sein.

Ohne auf diese verfahrensrechtliche Frage näher eingehen zu wollen, kann man aber bezweifeln, dass die materiellen Maßstäbe, die das Gericht hier an eine Subsumtion der Merkmale des § 20 StGB (und sei es auch nur in dubio pro reo) angelegt hat, zutreffend sind.

Diese Maßstäbe werden üblicherweise recht eng gesehen: Es genügen eben nicht schon jegliche Anhaltspunkte oder die bloße Nicht-Ausschließbarkeit einer Störung zur Tatzeit, um dann per Zweifelsgrundsatz eine Exkulpation vorzunehmen. Hier hat das Gericht den Zweifelsgrundsatz doppelt wirken lassen: Erstens hinsichtlich der Frage, ob an dem Tag überhaupt eine schwerwiegende Störung vorlag und zweitens dahingehend, dass diese Störung zum Ausschluss der Steuerungsfähigkeit geführt hat. Regelmäßig sind auch psychiatrische Sachverständige nicht in der Lage, einen vorhandenen Zustand „zurückzurechnen“. Hier hat der Sachverständige weder über ein aktuelle Exploration verfügt noch über Aktenmaterial mit Begutachtungen, die zeitnah zum 12.08.2001 auf eine Störung hinwiesen. Er hat deutlich gemacht, dass man von ihm praktisch Unmögliches verlangt, wenn man erwarte, er könne eine belastbare Einschätzung zu einem 13 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt abgeben. Das Gericht hat sich über diese Bedenken hinweggesetzt und den Sachverständigen Nedopil stärker interpretiert als es seiner Stellungnahme nach angemessen war. Natürlich kann er eine Schuldunfähigkeit vor 13 Jahren nicht „ausschließen“. Das kann niemand über den Zustand eines Menschen sagen, den er zum damaligen Zeitpunkt nicht gekannt bzw. gesehen hat. Aber für eine (wenn auch nur aufgrund des Zweifelssatzes) vorgenommene Annahme der Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB reicht dieses Nichtwissen normalerweise nicht aus. Die vom Gericht für eine solche Störung aufgeführten Indizien stammen zu einem großen Teil aus der Zeit nach der Trennung der Eheleute und können daher nicht eine Tatwirksamkeit für den August 2001 belegen. Das Gericht meint, der zeitliche Zusammenhang sei „sehr eng“(S. 81), jedoch ist der situationale Zusammenhang eher fern, soweit viele weitere geschilderte Verhaltensauffälligkeiten erst nach dem Auszug der Nebenklägerin aus der gemeinsamen Wohnung auftraten. Eine belastende psychodynamische Ausnahmesituation kommt praktisch in jeder Ehekrise auf beide Partner zu. Nach dieser Logik müssten eine große Anzahl Fälle häuslicher Gewalt unter dem Blickwinkel nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit betrachtet werden.

Die Beweiswürdigung zu den anderen Tatvorwürfen hingegen stimmt mit meiner Einschätzung nach der Hauptverhandlung überein.

Das noch nicht rechtskräftige Urteil kann hier nachgelesen werden: Urteil des LG Regensburg

Hinweis: Der Kommentarbereich mit fast 2000 Kommentaren ist nun für neue Kommentare geschlossen.

Mit dem Fall Mollath zusammenhängende Fragen werden jedoch von mir weiter verfolgt. Schon für demnächst ist ein  Beitrag zur (speziellen) Frage der Revisionszulässigkeit geplant. Zu dieser Frage kann dann auch wieder diskutiert werden. 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1753 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Hat Mollath zum 12.8.2001 ausgesagt oder nicht

#43, Prof. Dr. Henning Ernst Müller, 12.12.2014

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

in Erwiderung auf Ihre Kritik auf meine Vernehmungs- und Aussageanalyse möchte ich wie folgt auf Ihre Argumente eingehen, wobei ich einige Textstellen weggelassen habe, um gleich auf den jeweiligen Punkt zu kommen:

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Ihren Ausführungen muss ich widersprechen, denn Sie sehen diesen Ausschnitt isoliert vom gesamten Prozessverlauf und daraus ziehen Sie den Schluss, Herr Mollath habe vielleicht gar nicht gewusst, um welchen Tag es gehe, so als werde ein Beschuldigter (etwa bei einer Polizeivernehmung) zum ersten Mal danach gefragt.

1) Es geht nicht darum, was Mollath "gewusst" hat, sondern was er gesagt hat

Es geht hier nicht darum, was Mollath "gewusst" hat. Es geht schlicht und einfach darum, ob Mollath zum 12.08.2001 ausgesagt hat oder nicht. Sie meinen und behaupten, dass er, aber Sie zeigen es nicht - was mich nicht wundert, weil es angesichts der Vernehmungs- und Aussagelage auch gar nicht geht, es sei denn man griffe zu abenteuerlichen Voraussetzungen.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Herr Mollath hat nicht nur allen Zeugenaussagen beigewohnt, sondern hat den Zeugen und Sachverständigen auch immer wieder kluge und informierte (oft auch suggestive) Fragen gestellt, die z.T. auf das Tatgeschehen bezogen waren.

2) Fragen zu einem behaupteten Tatgeschehen heißt nicht, es einräumen

Hat er dabei an irgendeiner Stelle klar zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Tatgeschehen als sein Tatgeschehen ansah? Oder ist er vielmehr nicht nur auf das von anderen präsentierte "Tatgeschehen" eingegangen (vermutlich um, sofern es gegen ihn war, es zu erschüttern)?

Henning Ernst Müller schrieb:

Herr Mollath hat sich zudem akribisch (seit mind. einem Jahr) auf den Prozess vorbereitet, er wusste - auch durch anwaltliche Beratung - was auf ihn zukommt.

3) Mollath hat sich auf den show down überhaupt nicht gut vorbereitet

Das glaube ich nicht. Zwar hat Mollath immer wieder davon geredet, wie er sich vorbereitet, aber sein Auftritt zur Vernehmung des 12.8/11.8 und anderen Tagen, zeigt ja unmissverständlich und ganz eindeutig, dass er die Bedeutung seiner Aussage überhaupt nicht begriffen hat. Es spricht auch sehr viel dafür, dass es seinem Anwalt nicht gelungen ist, eine gründliche Ver­abredung zur Vorbereitung mit Mollath zu treffen (Prem). Dafür kann natürlich weder sein Anwalt, der Oberstaatsanwalt oder das Gericht etwas. Das ist allein Mollaths Verantwortung. Richtig ist: Mollath hatte die Gelegenheit zu einer guten Vorbereitung und zu einer ordentlichen Präsentation. Er hat sie nicht genutzt. Obwohl unstrittig sein dürfte, dass er durch die Mandatsniederlegung und den öffentlichen Streit in einer sehr, sehr schwierigen und keineswegs normalen oder üblichen Situation war, erklärt das allein seine dürftige, unklare und disparate Einlassung nicht. Das aber spielt für die Analyse, was er nun wirklich gesagt hat, keine Rolle.

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Zu unterstellen, er habe nicht gewusst, dass es bei der Frage von Frau Escher  um den 12.08.2001 ging, bedeutet m.E. seine Intelligenz zu unterschätzen.

Siehe bitte 1)

Henning Ernst Müller schrieb:

Dass er "hereingelegt" wurde mit dieser Frage ist ebenfalls ziemlich fernliegend.

4) Nein, denn die Art der Venehmung und was man daraus für Schlüsse zog ist nicht in Ordnung. Gestatten Sie mir an dieser Stelle den Hinweis aus meiner ergänzten Zwischen-Anmerkung*: Die  Vernehmungslehre scheint in Deutschland in der JuristInnen­aus­bildung überwiegend unterentwickelt zu sein. Ebenso schlimm sieht es in Bayern, sehr ge­fördert durch Becksteins unselige Favorisierung der  Reid-Methode, bei der  bayerischen Polizeiausbildung  aus - wie der Fall  Ulvi Kulac  in erschreckender Weise hervorbrachte.

Henning Ernst Müller schrieb:

Herr Mollath hatte einige Tage zuvor angekündigt, er wolle sich nun (da Herr Nedopil nicht mehr anwensed sei) zu den "Tatvorwürfen" äußern.

5) Ja, in diese gefährliche Situation hat er sich selbst begeben: sehr schlecht vorbereitet und die Situation verkennend.  Er sich damit quasi auch selbst reingelegt (Entweder nicht aussagen oder gehaltvoll aussagen)

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Er wurde nicht spontan von Frau Escher gefragt, sondern am Ende seiner längeren Ausführungen, die er vorbereitet hatte. Dass er zu den konkreten Tatvorwürfen entgegen seiner Ankündigung bis dahin nichts gesagt hatte, verwunderte viele im Gerichtssaal. Die Frage der Vorsitzenden hätte ihm jede/r der Anwesenden gestellt.  Natürlich war Herr Mollath angespannt, psychisch belastet, welcher Angeklagte wäre das nicht? Die Fürsorgepflicht des Gerichts gebot aber keineswegs, auf diese Frage zu verzichten. Die Aufklärungspflicht gebot es, diese Frage zu stellen. Herr Mollath hatte, nachdem er bis dahin im Prozess zu den Vorwürfen ohne Nachteile geschwiegen hatte, keinen Grund, überhaupt auszusagen. Er wurde dazu nicht gedrängt, im Gegenteil. Dass er nun auch nach dem entscheidenden Tattag gefragt wird, durfte ihn nicht wundern und hat ihn auch nicht gewundert.

6) Mollath wurde nicht professionell befragt, wie ich dargelegt habe. Und es fehlt an Klarheit und einfachsten Rückfragen (Rückversicherungen), die bei solchen bedeutsamen Schlussfolgerungen absolut zwingend zu fordern sind. Die einfachste und beste hat Herr Lippke hier eingestellt: "Meinen Sie damit, dass Sie sich am 12.08.2001 nur gewehrt haben" (danke). Es geht nicht darum, ob er gedrängt wurde, sich wunderte oder nicht, es geht darum, was er gesagt hat, siehe bitte  1)

Henning Ernst Müller schrieb:
 

Die Aussage "habe mich nur gewehrt" findet sich im Urteil des LG Nürnberg (auf S. 18 der Urteilsgründe). Dieses Urteil hat Herr Mollath wahrscheinlich in den vergangenen Jahren mehrfach gelesen. Die damalige Berichterstatterin hatte aus ihrer (wenig zuverlässigen) Erinnerung dies ebenfalls in der jetzigen Hauptverhandlung noch einmal so wiedergegeben. Dass er danach gefragt wird, ist selbstverständlich.

7) Ja, und? Siehe bitte 1)

Henning Ernst Müller schrieb:
 

Quote:

Mollath widerspricht dieser impliziten Bezugsherstellung der VRiinLG nicht, weil er sie wahrscheinlich gar nicht erkennt. Wir wissen nicht was sein "Das" in "Das war ganz genauso wie damals ..."  bedeutet. Er sagt bislang nicht, von welchem Zeitraum, von welchem Tag oder Tagen er spricht.

Ihre Interpretation ist ziemlich willkürlich. Dass Herr Mollath den Zusammenhang ("wahrscheinlich") nicht erkannt hat, ist wiederum fernliegend. Und was er dann sagt, ist auch klar:

Unter „ich habe mich gewehrt" ist zu verstehen, dass ich mich vor Schlägen zu schützen versucht habe. Das war ganz genauso wie damals, als mich der Bruder der jetzigen Frau Pet Mas, dieser Rob Mül angegriffen hat. Da habe ich mit Händen versucht, zum Beispiel seine Fußtritte abzuwehren. Und wenn ich sage „ich habe mich leider gewehrt", dann ist das dieser Punkt: Es wäre vielleicht besser gewesen, ich lasse mich wirklich richtig zusammenschlagen und kann das dann besser nachweisen. Aber das ist natürlich im Nachhinein eine ganz andere Situation.

Er sagt, er wurde von seiner Frau angegriffen und es kam zu Abwehrhandlungen. Und auf die ganz selbstverständliche Nachfrage der Richterin kommt nun die Antwort die mich (und andere) wirklich zu einem vernehmbaren Seufzer veranlasst hat:

Wie gesagt: Die Darstellung ist umfangreich in den Akten zu entnehmen. Da habe ich nichts weiter hinzuzufügen, und ich möchte Sie auch gar nicht groß damit belasten.

8) Da ist gar nichts willkürlich. Sondern die Aussage " Das war ganz genauso wie damals ..." ist völlig kryptisch und wird von der Vorsitzenden auch nicht geklärt. Warum? Weil es vielleicht so vieldeutig besser reicht?

 

Henning Ernst Müller schrieb:
 

Sie und ich wissen, dass es eine solche umfangreiche  Darstellung in den Akten nicht gibt.  Dass er nichts weiteres dazu sagt, kein davor, kein danach etc. kann nicht dem Gericht vorgeworfen werden.

9) Doch, ich werfe dem Gericht vor, so extrem verdünnt und auch unprofessionell vernommen zu haben: wie soll jemand auf eine Tat an einem Tag eingehen, an den er gar keine Erinnerung mehr hat? Man hätte also erst einmal die Erinnerung erkunden müssen. Falls ja, wäre das nächste das VORHER und die Einbettung gewesen. Falls Ereignisse zu dem Tag erinnert werden, wäre dann der natürliche nächste Schritt, die nähere Exploration/ Vernehmung dieser Ereignisse (12.8 oder 11.8. - wie die Nebenklägerin am 15.1.2003 auch meinte - oder ein anderer Tag)

Henning Ernst Müller schrieb:
 

VRiinLG Escher: Nein. Es wäre das gewesen, was mich interessiert hätte, wirklich sehr interessiert hätte. Aber es reicht. Wollen Sie dazu nichts sagen?

R.S.: "Aber es reicht" ist eine unklare Aussage, die ich so interpretiere: Auch wenn Mollath nichts mehr sagt, was die VRiinLG interessiert, es reicht (für die Zwecke der Aussage- würdigung durch das Gericht). Obwohl "es reicht" wird dazu widersprüchlich nachgeschoben: "Wollen Sie dazu nichts sagen?"

Unklar ist die Botschaft vielleicht, wenn sie gedruckt dasteht. Aber Sie wissen sicher, dass es bei einer Kommunikation auch nonverbale Botschaften gibt, die das gesprochene Wort explizieren. Hier meine ich mich zu erinnern, dass "Aber es reicht" eher eine Resignation ausdrückte, dass Frau Escher nicht noch weiter in ihn dringen wollte, weil er signalisiert hatte, nichts mehr dazu sagen zu wollen, was er im Folgenden ja auch bestätigt. Unklar ist höchstens, dass sie es dann doch  noch mal  versucht (und es ihr eben doch nicht "reicht")

10) Ja, das ist unklar und führt zur Signierung ExpF20: Irritierende, widersprüchliche Botschaften / Fragen.

Henning Ernst Müller]</p> <p>[quote schrieb:

Tatsächlich ist klar, dass Mollath in dieser sehr schwierigen Situation nicht hätte aussagen dürfen. Hier ist das Gericht möglicherweise seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen.  Diese Situation habe ich neu als Vernehmungsfehler ExpF21 aufgenommen. Hier wäre vielleicht eine mehrtägige Verhand- lungspause zu erwägen gewesen. Das Gericht hatte ja noch Zeitluft.

Henning Ernst Müller schrieb:

Es war Herrn Mollaths eigener Wunsch, an diesem Tag zu den Tatvorwürfen auszusagen. Für eine Vernehmungsunfähigkeit gab es keinerlei Anhaltspunkte. Er sagte nach einer mehrtägigen Verhandlungspause aus (am 8.8.2014!). Dass er psychisch unter Druck stand, ist selbstverständlich. Alle vorherigen Ausführungen in seiner langen Stellungnahme waren aber klar und bestimmt vorgetragen.

11) Das war alles andere als normal und selbstverständlich

Kann Vernehmungsunfähigkeit nicht eingeschränkt gegeben sein? Ablesen ist etwas anderes als im Dialog vernommen zu werden. Hier handelt es sich nicht um den normalen psychischen Druck einer HV. Warum bagatellisieren und normalisieren Sie das hier so? Dr. Strate hat sein Mandat niederglegt. Dann wurde er ihm als Pflichtverteidiger aufgenötigt (aus Mollaths Sicht). Und es gab mindestens zwei mal öffentlichen Krach, auch in der gesamten Unterstützerszene. Halten Sie das wirklich für "selbstverständlich"?

Aber gut, ich habe selbst gesagt, ich bin unsicher, ob eine Unterbrechung etwas geändert hätte. Der entscheidende Punkt bleibt 1).

 

Zwischen-Anmerkung*

http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/wa/MkUAPA1.htm#Zwischen-Anmer...

 

Kleine Fehler bereinigt.

Liebe(r) f&f,

darf ich Sie so verstehen, daß Sie das schriftliche Urteil des LG Regensburg, das Gegenstand dieser Diskussion ist, an der Sie seit längerem teilnehmen, nicht gelesen haben?

4

Lieder funktioniert nun schon wieder die Zitierfunktion nicht, ich beziehe mich auf Beitrag 1 von OGarcia am 12.12.2014 Lieber OGarcia! Darf ich Sie so verstehen, dass man an dieser Diskussion nur teilnehmen darf, wenn man das Urteil gelesen hat? Ich habe, mit einer Akribie, die ich mir zeitlich gar nicht leisten kann, sämtliche, bei Strate eingestellten, Dokumente, Protokolle der WAV sowie Beiträge zu der ganze Thematik im GW-Blog sowie hier gelesen. Darf ich Sie fragen, warum Sie das mich fragen? Bzw. warum Sie mich das fragen? Und warum Sie, obwohl Jurist, beispielsweise nicht zur Thematik des NICHT (obwohl von Strate zumindest so angeregten) forensisch untersuchten, aber für dieses Urteil so schwerwiegenden Attestes einen Kommentar abgegeben haben? Und zwar unter dem Aspekt, der mich wirklich interessiert: Warum wird sowas nicht, muss sowas nicht, mit ALLEN Mitteln der Kunst, state of the rt (!!!!) untersucht werden, um auch wirklich als aussagekräftiges Beweisstück verwendet zu werden? Aber man kann ja gerne , mal wieder, diese meine, ganz einfach, Frage löschen, weil i r g e n d w e r das unter Vts einreiht. Und dabei völlig darüber hinwegehen, dass sich, um da ein ganz konkretes Beispiel zu nennen, Dr. Strate ja schließlich ausgesprochen erfolgreich darüber "mokiert" hat, dass sie Reifen seinerzeit, in der ursprünglichen Verhandlung, in k e i n s t e r Weise forensisch untersucht worden waren. Woraufhin aber zu diesem Punkt in der WAV durchaus ein Fachmann eingeladen wurde, der, soweit möglich, fachmännisch alles untersucht und darüber berichtet hat. Liegt das vielleicht daran, dass diese ganzen IT-Sachen, für Juristen im speziellen, noch "Neuland" sind (um da mal, im übertragenen Sinne, BK Merkel zu zitieren)? In diesem Sinne f&f P.S: Ich hatte an sich gedacht, ich könnte mich darauf verlassen, dass das, was z.B. Prof Müller hier aus dem Urteil zitiert, oder Waldemar Kolos, sowie diverse Mit-Schreiber, den Tatsachen entspricht. Ziehen Sie das etwa in Zweifel? Wenn nicht, dürfte ich mich doch darauf stützen, oder?

3

@f&f

Das müssen letztlich Sie wissen, aber ich finde es schon komisch, über die Urteilsbegründung zu diskutieren, ohne sie gelesen zu haben.

Zu Ihrer Frage: Mich interessieren nicht alle Aspekte des Falles Mollath. Letztlich ist er ein Strafverfahren wie tausend andere auch, zumal es hier inhaltlich um "Wald-und-Wiesen-Kriminalität" geht. Das gilt auch für einzelne Beweiswürdigungen. Das Pi-mal-Daumen-Prinzip ist Alltag im Gerichtssaal. Damit muß man sich abfinden. Mollath muß sich hier ganz hinten anstellen, es gibt genug Fälle, wo Oberflächlichkeit in der Überzeugungsbildung viel schlimmere Auswirkungen hat. Kriminalistische Attestfragen sind für das, was den Fall Mollath zum Justizskandal machte, nebensächlich. Ich sage nicht, daß man nicht darüber diskutieren kann, aber ich habe dazu nichts beizutragen.

4

OGarcia schrieb:

@f&f

Das müssen letztlich Sie wissen, aber ich finde es schon komisch, über die Urteilsbegründung zu diskutieren, ohne sie gelesen zu haben.

Zu Ihrer Frage: Mich interessieren nicht alle Aspekte des Falles Mollath. Letztlich ist er ein Strafverfahren wie tausend andere auch, zumal es hier inhaltlich um "Wald-und-Wiesen-Kriminalität" geht. Das gilt auch für einzelne Beweiswürdigungen. Das Pi-mal-Daumen-Prinzip ist Alltag im Gerichtssaal. Damit muß man sich abfinden. Mollath muß sich hier ganz hinten anstellen, es gibt genug Fälle, wo Oberflächlichkeit in der Überzeugungsbildung viel schlimmere Auswirkungen hat. Kriminalistische Attestfragen sind für das, was den Fall Mollath zum Justizskandal machte, nebensächlich. Ich sage nicht, daß man nicht darüber diskutieren kann, aber ich habe dazu nichts beizutragen.

Sehr geehrter OGarcia,

jetzt haben Sie aber einen Korken knallen lassen. Was ist konkret die "Wald-und-Wiesen-Kriminalität"? Die behauptete Körperverletzung oder die Beschuldigung dessen?

Dabei ist gerade die "Wald-und-Wiesen-Gerichtsbarkeit" in den alltäglichen Fällen das Schlimme, was Nichtjuristen umtreibt. Damit will ich mich nicht abfinden.

Wenn ein wirklich kriminelles Schlitzohr trickreich den Kopf aus der Schlinge zieht oder aber trickreich überführt wird, schlägt das Juristenherz sicherlich höher, aber es interessiert als Sonderfall gesellschaftlich viel weniger. Die systematische Unfähigkeit und Methodenlosigkeit im Allgemeinen ist der eigentliche Justizskandal.

5

OGarcia schrieb:

@f&f

Das müssen letztlich Sie wissen, aber ich finde es schon komisch, über die Urteilsbegründung zu diskutieren, ohne sie gelesen zu haben.

Zu Ihrer Frage: Mich interessieren nicht alle Aspekte des Falles Mollath. Letztlich ist er ein Strafverfahren wie tausend andere auch, zumal es hier inhaltlich um "Wald-und-Wiesen-Kriminalität" geht. Das gilt auch für einzelne Beweiswürdigungen. Das Pi-mal-Daumen-Prinzip ist Alltag im Gerichtssaal. Damit muß man sich abfinden. Mollath muß sich hier ganz hinten anstellen, es gibt genug Fälle, wo Oberflächlichkeit in der Überzeugungsbildung viel schlimmere Auswirkungen hat. Kriminalistische Attestfragen sind für das, was den Fall Mollath zum Justizskandal machte, nebensächlich. Ich sage nicht, daß man nicht darüber diskutieren kann, aber ich habe dazu nichts beizutragen.

Herr Garcia,

Sie befassen sich intensiv nahezu z w e i Jahre mit dem Fall Mollath,  insbesondere gaben Sie im Gabriele Wolff Blog ausführliche Kommentare als Volljurist ab und haben sich durch Ihre vorgeblichen juristischen Fahigkeiten h e r v o r g e t a n und eine gewisse Reputation und Anerkennung  erreicht.

Und dann schreiben Sie, dass Sie nicht alle Aspekte des Falles Mollaths interessieren würde, da es

sich  beim Fall Mollath i n h a l t l i c h !!!! um eine "Wald- und Wiesenkriminalität" gehen würde.

"Ein Strafverfahren, wie tausend andere auch," obwohl der Fall Mollath die Menschen in ganz

Deutschland zutiefst verunsichert und desillusioniert hat, alle Medien berichtet haben, der Herr

Bundespräsident, alle Menschenrechtsorganisationen angeschrieben wurden und es sogar in

Bayern zu einem Untersuchungsausschuss gekommen ist ! Haben Sie  kein gesellschaftspolitisches

Bewußtsein? Wollen Sie sich als qualifizierter Jurist mit Ihrer Intelligenz tatsächlich mit dem

"PI-mal-Daumen-Prinzip" abfinden? "Wo hat Oberflächlichkeit noch schlimmere Auswirkungen?"

bezüglich der Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien in der Justiz, Forensik und im Gutachterwesen?  Entscheidende Attestfragen zur Wahrheitsfindung  sind nach Ihren Aussagen        n e b e n s ä c h l i c h !

Nachdem Sie zwei Jahre Ihr juristisches Wissen gezeigt haben, geben Sie zu verstehen, dass

Sie in der Causa Mollath nichts mehr beizutragen haben und das nach einem Urteil im WA-Verfahren mit einem zu hinterfragenden und fragwürdigen Urteil und einer möglichen rechsstaatlich bedeutsamen Revision!. Ich frage mich, stammt dieser Kommentar tatsächlich von Ihnen?

Wenn ich Sie bitten darf, darauf einzugehen.

5

@ OGarcia:

Um wenigstens diesen Punkt vielleicht zu klären, ich habe durchaus an anderer Stelle angemerkt, wie daneben ich es finde, dass man sich hier zu Punkten äußert, zu denen man offensichtlich gar nichts nachgelesen hat.
Ich äüßere mich hier auch wirklch nur zu Punkten, die ich entweder persönlich nachgelesen habe oder bei denen ich auf Leute wie Prof. Müller, Herrn Kolos, o.ä., wie schon genannt, vertraue.

In erster Linie äußere ich aber meine Gedanken zu Punkten, die bereits vor der Urteilsbegründung liegen (wie SO viele hier !!!!)

Die Diskussion über die Urteilsbegründung entbehrt ja per se nicht einer gewissen Sinnlosigkeit, oder?

Die Begründung für die Revisionseinlegung wurde ja schon lange eingelegt.

Ist es dann nicht genauso sinnlos, nun zu diskutieren, was die schriftliche Urteilsbegründung dafür noch besseres hergegeben hätte, wie darüber zu diskutieren, wie falsch (wie und warum auch immer!) das Urteil in Regensburg gefällt wurde?

Völlig unabhängig davon, geht es mir, persönlich wirklich nur darum, was ist eigentlich so Standard, angemessen, für einen Angeklagten zu erwarten.......

Mal als ganz primitives Beispiel: Heinz schreibt Hubert, per email, du bist ja der allerletzte, hast dies und das verbrochen, die Oma umgebracht, im Garten vergraben. usw usf.
Hubert sagt daraufhin, der Heinz spinnt, ich hab dem gar nix geschrieben, ich kenn doch nicht mal seine Mailadresse.
Muss das Gericht dann nicht mal nachprüfen, ob dieser Mailverkehr überhaupt stattgefunden hat?
Und zwar zweifelsfrei in der von Heinz behaupteten Form

Neuland ?????

f&f

4

#44

Immerhin räumte hier ein Arzt ein, dass er das Opfer von lebensbedrohlicher Gewalt, ausweislich der Arztakten, nicht mal i r g e n d w i e behandelt hat. Und keiner nahm daran irgendeinen Anstoß.

Warum sollte man daran Anstoß nehmen? Wenn eine Therapie nicht indiziert ist, gibt es keine Therapie. Woran denken Sie?

Jeder kann sich an die Rechtsmedizin zur Dokumentation von Verletzungen wenden, an manchen Instituten sind Spezialambulanzen für Gewaltopfer angeschlossen. Eine vorherige Strafanzeige ist nicht erforderlich.

http://www.rechtsmedizin.med.uni-muenchen.de/wissenschaft/klinische_rech...

Auf den Seiten der rechtsmedizinischen Institute kann man sich auch über die umfangreichen Aufgaben der "Kriminalmedizin" informieren.

In den Medien wird die Unterscheidung zwischen Pathologie und Rechtsmedizin oft verwischt, gerade im Krimi. Wegen der ähnlichen Ausstattung sind pathologische Institute als Drehorte geeignet, wegen der besseren Planbarkeit der Aufnahmen besonders beliebt, ganz besonders beliebt sind bestimmte höchst dekorative Altbauten mit moderner Ausstattung.

Der Pathologe ist ein Facharzt, der sich hauptsächlich mit der Untersuchung von morphologischen Veränderungen von Organen, Geweben und Zellen befasst (Histologie, Zytologie) - er begutachtet etwa Material, das ihm aus dem Operationssaal zugesandt wird (z. B. Tumordiagnostik). Obduktionen machen nur einen geringen Teil der Arbeit aus, werden meist durch den letzten behandelnden Arzt beantragt ("innere Leichenschau" u.a. zur Qualitätssicherung) und erfolgen stets im Einverständnis mit den Angehörigen.

5

Gast schrieb:

#44

Immerhin räumte hier ein Arzt ein, dass er das Opfer von lebensbedrohlicher Gewalt, ausweislich der Arztakten, nicht mal i r g e n d w i e behandelt hat. Und keiner nahm daran irgendeinen Anstoß.

Warum sollte man daran Anstoß nehmen? Wenn eine Therapie nicht indiziert ist, gibt es keine Therapie. Woran denken Sie?

Jeder kann sich an die Rechtsmedizin zur Dokumentation von Verletzungen wenden, an manchen Instituten sind Spezialambulanzen für Gewaltopfer angeschlossen. Eine vorherige Strafanzeige ist nicht erforderlich.

http://www.rechtsmedizin.med.uni-muenchen.de/wissenschaft/klinische_rech...

Auf den Seiten der rechtsmedizinischen Institute kann man sich auch über die umfangreichen Aufgaben der "Kriminalmedizin" informieren.

In den Medien wird die Unterscheidung zwischen Pathologie und Rechtsmedizin oft verwischt, gerade im Krimi. Wegen der ähnlichen Ausstattung sind pathologische Institute als Drehorte geeignet, wegen der besseren Planbarkeit der Aufnahmen besonders beliebt, ganz besonders beliebt sind bestimmte höchst dekorative Altbauten mit moderner Ausstattung.

Der Pathologe ist ein Facharzt, der sich hauptsächlich mit der Untersuchung von morphologischen Veränderungen von Organen, Geweben und Zellen befasst (Histologie, Zytologie) - er begutachtet etwa Material, das ihm aus dem Operationssaal zugesandt wird (z. B. Tumordiagnostik). Obduktionen machen nur einen geringen Teil der Arbeit aus, werden meist durch den letzten behandelnden Arzt beantragt ("innere Leichenschau" u.a. zur Qualitätssicherung) und erfolgen stets im Einverständnis mit den Angehörigen.

Wie schon mehrfach geschrieben, funktioniert (technisch gesehen) bei mir momentan das Zitieren u.ä. nur leidlich oder gar nicht, daher meine Antwort so "in Einem" und von rückwärts aufgerollt.

Vielen Dank für Ihre Auskünfte. Ich hatte mir darüber bisher tatsächlich noch nie Gedanken gemacht, da es eben nicht nötig war, und finde es sehr, wenn man das in einem so unschönen Zusammenhang so sagen kann, beruhigend/ positiv, dass jederman jederzeit also zu "den Pathologen" gehen kann, um sich "sowas" fachmännisch bescheinigen zu lassen, ohne direkt im Anzeigen"zwang" zu stehen.

Am Anfang schrieben Sie :

Warum sollte man daran Anstoß nehmen? Wenn eine Therapie nicht indiziert ist, gibt es keine Therapie. Woran denken Sie?

Um mal aufs Einfachste zu kommen: (unter Lebensgefahr fast erwürgt lasse ich dabei mal außen vor)

Wenn man, durch welche äußerliche Gewalt auch immer, blaue Flecken (sprich Hämatome, wie von Dr. R attestiert) mit korreliereneden Schmerzen hat, bekommt man vom Arzt doch abschwellende und schmerzlindernde Medikamente verschrieben. Oder zumindest angeboten.

Wenn nicht, wozu geht man dann zum Arzt? Wenn man weder ärztliche Hilfe bekommt, noch fachmännische Dokumentation der Verletzungen erfolgt?

Verstehen Sie das?

Ich nicht, mag aber an mir liegen ;-)

5

@Prof. Müller
Ihre Analyse der Einwände des Herrn Sponsel ist brilliant. Sie zeigt, dass Herr Sponsel aus einer selbst konstruierten Parallelwelt von "ExpFs" heraus zu argumentieren versucht und bei anderen Fehler zu entdecken vermeint, die es tatsächlich nicht gab und die sich seinen Schematisierungsversuchen schlichtweg entziehen.  Zumal er in seiner besten aller möglichen Beweisaufnahmen davon ausgeht, dass Mollath überhaupt irgendwelche brauchbaren Aussagen zum Gegenstand der Anklage gemacht hätte und nicht - wie tatsächlich schon seit 2001 bis 2014 - immer wieder eine Bühne für seine Größterschwargeldskandalallerzeiten-Monologe suchen wollte, bei denen ihn auch Strate kaum mehr bremsen konnte.

Was Herrn Sponsel  vielleicht auch noch zu verdeutlichen wäre: Das Urteil ist nicht dazu da, ein Wortprotokoll zu ersetzen. Auch mit dieser Juristenweisheit und ständigen Rechtsprechung des BGH sollte man vertraut sein, ehe man anhand der Strateschen Stümmelsatzprotokolle Lücken im Urteil aufzudecken versucht.

 

4

@Lutz Lippke

@Menschenrechtler

 

Ich gebe Ihnen zu, daß ich mich ungeschickt ausgedrückt habe.

 

Damit meine ich nicht die Einordnung als "Wald- und Wiesenkriminalität". Angeklagt war ein Fall von häuslicher Gewalt von (aufgrund Aussage gegen Aussage) schwer bestimmbarem Ausmaß. So etwas kommt (leider) täglich vor und hätte hier - bei Tatnachweis - zu einer moderaten Bewährungsstrafe geführt (so auch die Einschätzung des ursprünglichen zuständigen Amtsrichters im Untersuchungsausschuß). Aufgrund einer geradezu grotesken Abfolge von Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen durch Psychiater und Richter kam es aber zu einem "Lebenslänglich" (die Unterbringung nach § 63 StGB ist von Haus aus potentiell lebenslänglich, und diese Möglichkeit war aufgrund der konkreten Umstände des Falles - "krankheitsuneinsichtig" und die Tat leugnend - auch real).

 

Natürlich: Aufgrund einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung ("Pi-mal-Daumen-Prinzip") zu Unrecht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt zu werden, ist schlimm genug. Es ist nicht meine Absicht, das kleinzureden oder gar gutzuheißen. Deshalb war meine Formulierung "Damit muß man sich abfinden." ungeschickt und falsch. Ich habe mich im letzten Jahr zur Genüge gestritten mit einem Anonymus namens "Anonymous", der zu den schöngeistig angehauchten Praktikern gehörte, die sich in der Pose gefallen "Was wollen Sie? Fehlurteile sind nun mal erkenntnistheoretisch systemimmanent.". Damit darf man sich nicht abfinden, solange es Möglichkeiten gibt, das System weiter zu optimieren und dadurch diese Gefahr zu verkleinern. Mit Ihrem letzten Satz, Herr Lippke, bin ich völlig einverstanden. Man muß versuchen, durch geeignete Systemkritik Verbesserungen herbeizuführen. Dem Einzelfall Mollath fehlt aber das Herausstechende, das ihn prädestiniert, insoweit wirksam Systemkritik zu üben. Das war bei dem Komplex § 63 StGB anders. Viele Beobachter sind sich einig, daß der Fall Mollath in der Justizpraxis eine spürbare Sensibilisierung beim Umgang mit diesem Instrument herbeigeführt hat (schon vorher hatte allerdings eine restriktivere Tendenz in der Rechtsprechung des BGH und BVerfG eingesetzt, diese dürfte durch den öffentlichkeitswirksamen Fall schneller bei den Instanzgerichten angekommen sein).

 

Für eine berechtigte Systemkritik an dem oft unzureichenden Beweismaß in der Praxis sind die Feinheiten des Mollath-Sachverhalts schlicht zu unspektakulär. In diesem Punkt ist das Verfahren Mollath in die Masse des Alltagsgeschäfts zurückgesunken. Darüber sollte der ungewöhnliche Umfang der neuen Hauptverhandlung, der nur durch die Vorgeschichte erklärbar ist, nicht täuschen. Im Verhältnis zu der Anklage und dem, was bei anderen Verfahren üblich ist, war der Aufklärungsumfang um ein Vielfaches überproportional. Hinterher die Kritik dahingehend anzusetzen, es sei zu wenig aufgeklärt worden, ist schlicht nicht "medienwirksam". Eine noch weitere Privilegierung des Mollaths-Falls gegenüber anderen Fällen mit ähnlichen Sachverhalten wäre auch nicht gerecht. Man muß sich, das meinte ich, abfinden damit, daß es Mollath nicht besser ergeht als anderen Angeklagten, die in die Mühlen einer unzulänglichen Justiz geraten. Mit Unzulänglichkeiten der Justiz selbst sollte man sich nicht abfinden. Aber man sollte sie anhand geeigneterer Fälle beschreiben. Das meinte ich mit "hinten anstellen". Es gibt beispielsweise genug Fälle, in denen Angeklagte aufgrundr dubiose Indizienringe und -ketten zu lebenslänglich verurteilt wurden (manchmal mit besonderer Schwere der Schuld, wenn es das vom Gericht erschaffene Wahrheitskonstrukt eben noch erfordert).

 

Wenn Sie, lieber Menschenrechtlicher, meinen letzten Blogbeitrag kennen, dann wissen Sie, daß ich durchaus auch im jetzigen Stadium des Mollath-Verfahrens verallgemeinerungsfähige Fragen behandelt habe.

4

@Oliver Garcia @Lutz Lippke

Sehr geehrter Herr Lipke, in Ihrem Kommentar habe Sie, wie so oft die Problematik auf den Punkt gebracht. Meinen Dank und Anerkennung!

Der geistige Nährboden für "furchtbare Juristen", eine ungerechte Justiz und unmenschliche Psychiater ist nachwievor vorhanden.

Herr Garcia, Sie schreiben:

"Man muß versuchen, durch geeignete Systemkritik Verbesserungen herbeizuführen. Dem           E i n z e l f a l l Mollath fehlt aber das Herausstechende, das ihn prädestiniert, insoweit wirksam Systemkritik zu üben."

Wie bereits in meinem Kommentar dargelegt, vertrete ich dazu einen gänzlich konträren Standpunkt. Ich habe mit vielen angeblich einfachen Menschen über den Fall Mollath gesprochen und sie vertraten die Meinung der Fall Mollath w ä r e  absolut kein Einzelfall!

Viele Akademiker und insbesondere Juristen versuchen die gesellschaftliche Realität aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung und Nichtbetroffenheit zu verdrängen und kleinzureden, die Causa Mollath wäre ja nur ein Einzelfall, wie Sie dies auch vertreten.

Wenn von einem Einzelfall ausgegangen wird, dem das "Herausstechende" fehlt ergibt sich

Ihrer Meinung nach natürlich keine Möglichkeit und auch nicht der Mut und die Motivation eine wirksame Systemkritik zu üben.

Die Frage ist , ob Politiker, Akademiker, Privelegierte, Vertreter der Justiz, der Psychiatrie, der Forensik  den ehrlichen Willen aufbringen, Systemkritik zu artikulieren, zuzulassen und sich überhaupt verantwortlich auseinanderzusetzen. Wie Sie selber wissen, ist dies weitgehend nicht

der Fall. Ein fataler Konformismus greift um sich in den Medien und in der Politik. Und ist auch in  der Justiz, in der Psychiatrie und im Gutachterwesen bestimmend. Die bayerischen Reformen der

Unterbringung sind mehr als nur halbherzig, die Entwürfe schützen Untergebrachte nachwievor nicht

vor willkürlichen Rückstufungen u.v.a.m. Die Stellungnahme des bay. Richtervereins dazu ist überraschend positiv.

Der Fall Mollath ist zweifelsfrei in jeglicher Beziehung herausragend: im Mitmenschlichen, in der

Beziehungsproblematik, in der materiellen Gier unserer Gesellschaft , der illegalen Bank- und Schwarzgeldgeschäfte und Steuerhinterziehungen, dem abwimmelnden, ignoranten Nichteingehen der politisch Verantwortlichen auf Eingaben von Untergebrachten, wie auch von G.M., in der menschenverachtenden Psychiatrisierungstendenz und dem Psychiatrisierungswahn, den inhumanen, krankmachenden Zuständen in der Forensik, dem häufigen lebensgefährdenden Mißbrauch von Neuroleptika, der Verweigerung der gesetzlichen vorgeschriebenen Heilung über echte Therapien u.v.a.m.

Wenn Sie die Auffassung vertreten, der Fall Mollath müsste sich nunmehr "hintenanstellen", unternehmen Sie konkret den Versuch, einer der wenigen gesellschaftlichen Herausforderungen und reelen Chancen für Reformen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es geht auch nicht um "Medienwirksamkeit". Die Medien, sogar Herr Holzhaider von der SZ hat vor der Urteilsverkündigung mit seinem herabsetzenden Artikel "Der seltsame Gustl Mollath" dafür gesorgt, dass systemimmanent der Fall Mollath gesellschaftskonform und einem fragwürdigen Urteil "entsorgt" wurde.

Der Fall Mollath und Herr Mollath hat der deutschen Gesellschaft einen beispielslosen Spiegel vorgehalten. Haben wir alle den Mut hineinzuschauen! Am Fall Mollath scheiden sich die Geister.

4

@ O Garcia

Ihre Intention aus Sicht eines Experten konnte ich auch in dem laxen Kommentar schon erahnen. Danke, dass Sie diese noch einmal erläutert und richtig gestellt haben.

Der Kommentar von gaestchen am 12.12.2014 zeigt aber das große Problem der Juristen. Sie leben selbst in einer sehr genügsamen Parallelwelt, die weder von analytischer Brillianz oder Weisheit, noch von methodischem Vorgehen geprägt ist. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wenn Herr Sponsel versucht, mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden diese Parallelwelt zu erfassen, dann muss er an dieser Genügsamkeit scheitern. Die gaestchen Verweise auf die ständige Rechtsprechung des BGH bezeugen das Obrigkeitsdenken anstelle von Substanz. Wenn der Juristen-König sich nackt zeigt, finden Juristen die neuen Kleider schick. Eine Sternstunde der Offenbarung ist für mich der Vortrag des vors. BGH-Richters a.D. Armin Nack vom 31.05.2012, der hier sogar thematisch passt. Da belustigt sich die juristische Selbstbeschwörungsgemeinschaft über die psychiatrisch-forensische Selbstbeschwörungsgemeinschaft, deren Entstehung und Existenz nur durch die eigene Lächerlichkeit möglich war. Schade, dass der von Nack goutierte Briefträger Postel nicht auch im Justizapparat wilderte. Man hätte eine "lustige" Serie mit vielen Staffeln daraus machen können.

 

5

Nehmen wir einmal an, dass sich G. Mollath in einem neuen Verfahren selbst glaubwürdig zu einer Notwehrsituation äußern würde, möglicherweise in Verbindung mit dem Eingeständnis, dass er die Exgattin gewürgt habe, weil sie ihn vorher `da gepackt hat, wo es weh tut´ (Spruch der Exfrau).

Könnte sich dann ein Urteil ergeben mit dem nachgewiesenen Vorwurf der "gefährlichen Körperverletzung", wobei er aber dann (notfalls in dubio-pro-reo) wegen Notwehr freigesprochen werden würde?

Auf diese Weise wäre er noch der "Frauenwürger", aber eben nicht mehr der zumindest "vorübergehend Geistesgestörte".

5

#6

Wenn Herr Sponsel versucht, mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden diese Parallelwelt zu erfassen

"Mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden" meinen Sie aber nicht die Aussagepsychologie?

http://www.dgfpi.de/tl_files/pdf/medien/Probleme_der_psychologischen_Begutachtung_von_Kindern_als_Opfer.pdf
http://www.psychologie-aktuell.com/index.php?id=220&tx_ttnews[tt_news]=1367&tx_ttnews[backPid]=221&cHash=2d69d3ea84

3

Gast schrieb:

#6

Wenn Herr Sponsel versucht, mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden diese Parallelwelt zu erfassen

"Mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden" meinen Sie aber nicht die Aussagepsychologie?

http://www.dgfpi.de/tl_files/pdf/medien/Probleme_der_psychologischen_Begutachtung_von_Kindern_als_Opfer.pdf
http://www.psychologie-aktuell.com/index.php?id=220&tx_ttnews[tt_news]=1367&tx_ttnews[backPid]=221&cHash=2d69d3ea84

Es ist im Grundsatz so, dass Psychologie bei Testverfahren mit Wahrscheinlichkeiten arbeitet, die für den Einzelfall nur bedingt anwendbar sind. Die Testverfahren können und sollten wissenschaftlich auf ihre Qualität geprüft sein (Validität, Reliabilität etc.). Die durchschnittliche Fehlerrate kann also errechnet werden. Da es um Wahrscheinlichkeiten geht, kann mit Testverfahren im Einzelfall keine absolut gültige Wahrheit festgestellt werden. Bei allgemeinen psychologischen Fragestellungen und auch bei der therapeutischen Behandlung ist das wohl ein beherrschbares Problem und Risiko.

Das mit der Wahrscheinlichkeit wird bei den Forensikern aber scheinbar gerne ausgeblendet und mit  Leerformeln und Meinung zu Gewissheiten aufgefüllt. 

In der Aussagepsychologie wird auch noch mit Logik gearbeitet. So können sich zu verschiedenen Zeiten gemachte Aussagen unvereinbar widersprechen oder ergänzen. Ich bin kein Experte, aber ich denke die mögliche, methodische Qualität logischer Analysen von Aussagen in der Psychologie hat nichts mit der der juristischen Aussagelogik zu tun, wie sie auch in diesem Prozess sich offenbart. Die Gründe dafür kann ich nur vermuten. 

5

Bei Literaturzitaten wäre es hilfreich zu sagen, wozu man welchen Inhalt zitiert

Gast schrieb:

#6

Wenn Herr Sponsel versucht, mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden diese Parallelwelt zu erfassen

"Mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden" meinen Sie aber nicht die Aussagepsychologie?

http://www.dgfpi.de/tl_files/pdf/medien/Probleme_der_psychologischen_Begutachtung_von_Kindern_als_Opfer.pdf
http://www.psychologie-aktuell.com/index.php?id=220&tx_ttnews[tt_news]=1367&tx_ttnews[backPid]=221&cHash=2d69d3ea84

Der Artikel von Plaum, ein guter Mann der Psychologie, hat 20 Seiten und enthält schätzungsweise ein paar hundert Aussagen. Wären Sie so nett mittzuteilen, welche Aussage Sie mit der psychologischen Autortität Plaum vertreten möchten oder erwarten Sie, dass wir das für Sie tun?

Bei Literaturzitaten wäre es hilfreich zu sagen, wozu man welchen Inhalt zitiert

http://www.sgipt.org/wisms/ZitWis.htm

besonders:

http://www.sgipt.org/wisms/ZitWis.htm#Zwecke%20des%20Bezuges

 

 

Am Fall Mollath scheiden sich die Geister Juristen und Aktivisten müssen naturgemäß aneinander vorbeireden, da erstere, ihrer Profession entsprechend, auf die Gesetze und das Strafverfahren fokussieren, letztere mit Mollath von der Geschichte hinter der Geschichte ausgehen und die Gesetze und das Strafverfahren als probates Mittel mißverstehen, dieser Thematik gerecht zu werden. Dieses Missverständnis zieht sich wie ein roter Faden durch den "Fall Mollath", angefangen von der ersten Hauptverhandlung im September 2003 bis in die Gegenwart. Wie es aussieht, wird noch sehr viel zeitliche und emotionale Distanz, sehr viel Selbstreflexion, auch die Ergänzung bisher nicht oder nur ungenügend zur Kenntnis genommener Fakten notwendig sein, um den "Fall Mollath" abschließend zu bewerten. Aber dass dieser in seiner medialen Wirkung herausragende Fall bereits Veränderungen in Forensik und Justiz zumindest auf den Weg gebracht hat, sollte man auch nicht ganz verkennen.      

 

 

4

Sehr geehrte Kommentatoren,

zum Konflikt um die Äußerung von O.G.:

Aus meiner Sicht handelt es sich beim Fall Mollath um einen wegen der Kumulation von Fehlern, Rechtsbeugungshandlungen und Nachlässigkeiten herausragenden Justizskandal, dessen einzelne Elemente aber keine Einzelfälle sind, sondern eine grundlegende Kritik am Zusammenwirken zwischen Justiz und Psychiatrie herausfordern sowie eine Kritik daran, dass rechtswidriges Verhalten von Richtern und Staatsanwälten derzeit mangelhaft  kontrolliert und kaum rechtzeitig korrigiert wird.

Das Skandalöse erstreckt sich aber nicht im gleichen Maße  auf die Hauptverhandlung im Sommer 2014, in der keine wesentlichen Fehler gemacht wurden und wo man - wenn man "normale" Maßstäbe anlegt an Fälle häuslicher Gewalt (insofern handelt es sich tatsächlich um keinen herausragenden Fall) -  mit der Sachaufklärung sehr zufrieden sein kann.

Im Urteil ist allerdings wiederum ein Kritikpunkt virulent geworden, der sich auf die Wahrnehmung des Zeugenisverweigerungsrechts bei gleichzeitigem Verzicht auf das Verwertungsverbot (§ 252 StPO) und die daraus folgende Beweiswürdigung bezieht. Zudem entspricht die Herleitung zur Anwendung des § 20 StGB (in dubio pro reo) nicht den allg. Standards.

Dass in diesem Prozess nicht auch die (mögliche) Verwicklung von Banken und Politik thematisiert wurde, liegt am begrenzten Prüfumfang solcher Strafprozesse, dazu hatte ich in einem früheren Beitrag auch schon Stellung genommen. Daran wird sich auch bei erfolgreicher Revision nicht ändern.

http://blog.beck.de/2014/07/23/m-glichkeiten-und-grenzen-des-strafprozes...

Dass das Zustandekommen des Attests (Rechtschreibfehler)  am 14.08.2001  nicht mehr näher untersucht wurde bzw. werden musste, lag daran, dass der Angeklagte selbst einen Vorfall am 12.08.2001 eingeräumt hat. Insofern irritiert mich auch, dass hier mit Verve dem Gericht und der Verteidigung Versäumnisse angelastet werden, ohne dass das Urteil überhaupt gelesen wurde (f&f) - solche Kommentare kann ich dann gar nicht ernst nehmen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Mollath hat sich zum 12.8.2001 nicht geäußert

Henning Ernst Müller schrieb:

Dass das Zustandekommen des Attests (Rechtschreibfehler)  am 14.08.2001  nicht mehr näher untersucht wurde bzw. werden musste, lag daran, dass der Angeklagte selbst einen Vorfall am 12.08.2001 eingeräumt hat. Insofern irritiert mich auch, dass hier mit Verve dem Gericht und der Verteidigung Versäumnisse angelastet werden, ohne dass das Urteil überhaupt gelesen wurde (f&f) - solche Kommentare kann ich dann gar nicht ernst nehmen.

Mollath hat keinen Vorfall zum 12.08.2001 eingeräumt. Und Sie haben bislang versäumt, für Ihre Behauptung eine einwandfreie Ableitung vorzulegen. Im Laufe des WE werde ich Ihnen auf Ihre Kritik noch ausführlicher antworten.

 

@ Gast #7: es ist richtig, psychologische Methoden kritisch zu hinterfragen. Den Inhaltsangaben der Beiträge im "Psychologie Aktuell"-Heft entnehme ich aber, dass es zwar Grenzen der Methode gibt (die bei einem korrekt erstellten Gutachten auch transparent gemacht werden), diese aber bei einem richtig formulierten Gutachtenauftrag und richtiger Würdigung durch die Juristen auch erkannt werden können, was die Methode selbst nicht in Frage stellt.

Ihre diskreditierende Frage könnten Sie genauso gut über Medizin stellen: nur weil es schlechte Ärzte, schlechte Rechtsmediziner und schlechte Juristen, die rechtsmedizinische Gutachten falsch interpretieren, gibt, steht die evidenzbasierte Medizin noch lange nicht als wissenschaftliche Methode im Zweifel. 

Eher kann man sich die Frage stellen, warum die Rechtsprechung so intransparent ist und warum es keine Bestrebungen gibt, eine bessere Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit herzustellen. Richterliche Unabhängigkeit bedeutet nicht, dass richterliche Willkür durch Vertuschung oder Verschleierung nicht erkannt werden soll und an wissenschaftlichen Maßstäben gemessen (d.h. Veröffentlichung der Rohdaten und Methoden zur Nachvollziehbarkeit - lesen Sie dazu z.B. diesen Artikel über Thomas Herndon) genügt zwar die juristische Ausbildung, nicht aber die Rechtsprechung den Ansprüchen an Qualitätssicherung, wie sie in nahezu allen Bereichen, die für ein funktionierendes Gemeinwesen wichtig sind, im 21. Jahrhundert als selbstverständlich angesehen werden. 

Sehr geehrter Herr Sponsel,

Sie schreiben:

Mollath hat keinen Vorfall zum 12.08.2001 eingeräumt.

Da sind Sie anderer Auffassung als viele unmittelbare Beobachter im Gerichtssaal. Auf welchen Zeitpunkt hat sich dann die Äußerung "ich habe mich nur gewehrt" wohl bezogen, wenn es im ganzen Prozess genau um diesen einen Tag ging?

Und Sie haben bislang versäumt, für Ihre Behauptung eine einwandfreie Ableitung vorzulegen.

Ich weiß, dass ich Ihrer Methode nicht genüge, auch wenn ich Ihnen sehr ausführlich geantwortet habe. Mit Ihrer Methode sind Sie aus meiner Sicht auch nicht zu einwandfreien Ergebnissen gekommen. Aber ich fürchte, in diesem Punkt kommen wir nicht zusammen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Zwischenmitteilung

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Herr Sponsel,

Sie schreiben:

Mollath hat keinen Vorfall zum 12.08.2001 eingeräumt.

Da sind Sie anderer Auffassung als viele unmittelbare Beobachter im Gerichtssaal. Auf welchen Zeitpunkt hat sich dann die Äußerung "ich habe mich nur gewehrt" wohl bezogen, wenn es im ganzen Prozess genau um diesen einen Tag ging?

Und Sie haben bislang versäumt, für Ihre Behauptung eine einwandfreie Ableitung vorzulegen.

Ich weiß, dass ich Ihrer Methode nicht genüge, auch wenn ich Ihnen sehr ausführlich geantwortet habe. Mit Ihrer Methode sind Sie aus meiner Sicht auch nicht zu einwandfreien Ergebnissen gekommen. Aber ich fürchte, in diesem Punkt kommen wir nicht zusammen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

Ich finde unsere doch sehr sachliche Auseinandersetzung nicht schlecht und ich nehme Ihre Argumente auch sehr ernst, weil Sie eine besondere vielfältige Autorität im Fall Mollath sind. Deshalb wollte ich mir für meine Antwort ausreichend Zeit nehmen. Wir müssen ja auch gar nicht zusammenkommen. Ich gehe noch mal auf Sie ein und dann haben Sie von meiner Seite aus in dieser Frage (hat Mollath zum 12.8.2011 ausgesagt oder nicht) das letzte Wort. Es gibt ja noch viele Themen zu dieser schriftlichen Urteilsbegründung durchzuarbeiten. Dauerndes Hin und her bringt ja auch nichts, da ist Tischtennis besser und gesünder ;-)

 

Sehr geehrter Prof. Müller,

die Kontroverse mit Dr. Sponsel beruht nach meiner Ansicht darauf, dass es für eine sorgfältige Befragung unverständlich erscheint, dass die Aussage von G.M. "ich habe mich nur gewehrt" nur implizit bei persönlicher Anwesenheit in der HV auf den 12.08.2001 bezogen werden kann. Es ging um lebensgefährliche Körperverletzung. Die Antwort auf eine mögliche Nachfrage: "Meinen Sie damit, dass Sie sich am 12.08.2001 nur gewehrt haben" hätte diese implizite Annahme eindeutig klargestellt.

Wenn in einem Verfahren regelmäßig persönliche Daten verlesen und auf Richtigkeit abgefragt werden, obwohl die Personen (implizit) bekannt sind, handelt es sich um eine selbstverständliche und formale Sicherstellung des Verfahren. Solche Formalitäten gelten teilweise als unverzichtbar. Eine offensichtlich für die Beweiswürdigung so wesentliche Zuordnung der Aussage von G.M. wird dann aber implizit aus den Verfahrensumständen gefolgert, obwohl eine einfache Frage auch formal Klarheit geschaffen hätte. Das verstehe wer will. Für mich deutet das auf methodische Mängel und nur scheinbarer Korrektheit.  

5

"Meinen Sie damit, dass Sie sich am 12.08.2001 nur gewehrt haben"

Kürzer und prägnanter geht es kaum. Danke.

Lutz Lippke schrieb:

Sehr geehrter Prof. Müller,

die Kontroverse mit Dr. Sponsel beruht nach meiner Ansicht darauf, dass es für eine sorgfältige Befragung unverständlich erscheint, dass die Aussage von G.M. "ich habe mich nur gewehrt" nur implizit bei persönlicher Anwesenheit in der HV auf den 12.08.2001 bezogen werden kann. Es ging um lebensgefährliche Körperverletzung. Die Antwort auf eine mögliche Nachfrage: "Meinen Sie damit, dass Sie sich am 12.08.2001 nur gewehrt haben" hätte diese implizite Annahme eindeutig klargestellt.

Wenn in einem Verfahren regelmäßig persönliche Daten verlesen und auf Richtigkeit abgefragt werden, obwohl die Personen (implizit) bekannt sind, handelt es sich um eine selbstverständliche und formale Sicherstellung des Verfahren. Solche Formalitäten gelten teilweise als unverzichtbar. Eine offensichtlich für die Beweiswürdigung so wesentliche Zuordnung der Aussage von G.M. wird dann aber implizit aus den Verfahrensumständen gefolgert, obwohl eine einfache Frage auch formal Klarheit geschaffen hätte. Das verstehe wer will. Für mich deutet das auf methodische Mängel und nur scheinbarer Korrektheit.  

Der Fall Mollath - ein Fall von häuslicher Gewalt. Genau. Ein Fall von vielen tausenden. Exakt. Fälle, für die sich niemand wirklich interessiert. Richtig. Fälle, in denen mal schon die Kirche im Dorf lassen kann. Mehr richterliches Fingerspitzengefühl ist den Beteiligten nicht selten bessere Hilfe als sture Rechtsanwendung. Es ist aber nicht die Tat an sich, die das Interesse weckte, sondern die Maßlosigkeit der Rechtsfolgen, die kein Ende nehmen wollte. Das gilt auch für das Urteil des LG Regensburg. Genauso wenig wie die Tat an sich, interessiert der Freispruch an sich. Es geht um den maßlosen Umgang mit dem rechtsstaatlichen Fairnessgebot. 

In der Strafverfolgung schwerer und organisierter Kriminalität können schon mal besondere Umstände dazu beitragen, dass das faire rechtsstaatliche Verfahren durch Zulassung mittelbarer Beweisführung auf das verfassungsrechtlich zulässige Minimum reduziert wird (z.B. Fall Monika Haas). Denn eine solche Beweisführung steht in Konflikt mit elementaren rechtsstaatlichen Verfahrensrechten. Dass das LG Regensburg im Fall Mollath auf Beweissurrogate zugreifen, verwerten und auf 120 Seiten so würdigen musste, dass von dem rechtsstaatlichen Fairnessgebot nichts übrig blieb, um anschließend den Angeklagten trotzdem und entgegen aller Regel freizusprechen, damit muss man nicht einverstanden sein. Damit muss man sich nicht abfinden. Schließlich ging es eben nur um häusliche Gewalt und nicht um Straftaten organisierter Terrorvereinigung. Für so etwas hätte das LG Regensburg nicht unbedingt die Existenz des rechtsstaatlichen Fairessgebots in Frage stellen müssen.

@ Sponsel

@ Lippke

 

Wollen Sie bitte das Wortprotokoll der HV vom 8.8.14 lesen?

Die Frage von VRiinLG Escher ist doch ganz eindeutig auf den 12.8.2001 bezogen!

"Wollen Sie etwas dazu sagen, was sich beispielsweise an diesem 12.08.2001 überhaupt zugetragen hat, oder war da gar nichts, oder wie war die Situation? Wollen Sie dazu etwas sagen?"

http://strate.net/de/dokumentation/Mollath-Hauptverhandlung-2014-08-08-v... , S. 27

Die Antworten von G.M. zeigen, daß er diese Frage auch verstanden hat und sie beantwortet mit

"Unter „ich habe mich gewehrt“ ist zu verstehen, dass ich mich vor Schlägen zu schützen versucht habe. "

und, auf nochmalige eindeutige Bezugnahme auf den 12.8. seitens Escher:

"Die Darstellung ist umfangreich in den Akten zu entnehmen. Da habe ich nichts weiter hinzuzufügen, und ich möchte Sie auch gar nicht groß damit belasten. "

S. 28

 

Was für eine absurde Diskussion!

 

 

3

Sehr geehrter Herr Lippke,

hier nochmal für alle, die es nicht selbst nachschauen können/wollen, der Auszug aus dem Protokoll (kopiert von der Dokumentationsseite von Herrn Strate, 15. Tag, S. 27 f.)

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Hauptverhandlung-2014-08-...

Es geht los mit Frau VRiin Escher:

- Danke schön! Herr Mollath, jetzt haben Sie hier sehr viel vorgetragen. Zu den Tatvorwürfen selber haben Sie gesagt, die Straftaten haben Sie nicht begangen. Meine Frage jetzt dazu – denn es ist sehr pauschal -: Wollen Sie etwas dazu sagen, was sich beispielsweise an diesem 12.08.2001 überhaupt zugetragen hat, oder war da gar nichts, oder wie war die Situation? Wollen Sie dazu etwas sagen?

Sie fragt eindeutig nach dem 12.08.2001 - der war auch vorher 14 Tage lang Thema des Prozesses hins. der Verletzungen, die am 14.08. Gegenstand der ärztlichen Untersuchung wurden, nicht irgendein  anderer Tag oder andere Vorfälle.

Herr Mollath antwortet:

Sehr geehrte Frau Richterin, das ist auch eindeutig meiner Stellungnahme aus dem Aktenmaterial zu entnehmen. Da habe ich auch nichts weiter hinzuzufügen. Ich gehe davon aus, nachdem Sie sich wirklich umfangreich und aufwendig Arbeit gemacht haben, dass Ihnen das auch alles bekannt ist, und ich glaube, ich brauche nichts weiter hinzuzufügen. Es ist so: Die Taten habe ich nicht getan. Die Dinge sind teilweise so an den Haaren herbeigezogen. Das spricht, glaube ich, alles für sich.

Wieder die Richterin:

Es ist halt teilweise in den Akten gestanden: Ich habe mich nur gewehrt oder so etwas. Wollen Sie etwas Klärendes dazu sagen?

Dass Frau Escher dies anspricht, entspricht 1. der Aufklärungspflicht und 2. ist es eine Bezugnahme auf die Akten, die Herr Mollath soeben angesprochen hat.

Mollath:

Das kann ich Ihnen gerne darlegen. Unter „ich habe mich gewehrt“ ist zu verstehen, dass ich mich vor Schlägen zu schützen versucht habe. Das war ganz genauso wie damals, als mich der Bruder der jetzigen Frau Petra Maske, dieser Robert Müller angegriffen hat. Da habe ich mit Händen versucht, zum Beispiel seine Fußtritte abzuwehren. Und wenn ich sage „ich habe mich leider gewehrt“, dann ist das dieser Punkt: Es wäre vielleicht besser gewesen, ich lasse mich wirklich richtig zusammenschlagen und kann das dann besser nachweisen. Aber das ist natürlich im Nachhinein eine ganz andere Situation. Und ich möchte hinzufügen: Ich habe im Fall von Robert Müller zum Beispiel die nachweisbaren Verletzungen dokumentieren lassen, und es hat mir nichts geholfen.

Herr Mollath antwortet nicht direkt, sondern stellt einen Vergelich an zu einer anderen Situation an, da habe er sich auch nur gewehrt. "Ganz genauso" war es bei der von der Richterin gefragten Situation.

Richterin:

Mich würde dieser 12.08. interessieren, ob Sie noch wissen oder sagen wollen – Sie müssen sich als Angeklagter ja nicht dazu äußern -, was sich da konkret zugetragen hat.

Nochmals der Hinweis auf den 12.08.2001! Dies ist nötig, weil Herr Mollath einen ganz anderen Fall geschildert hat.

Mollath:

Wie gesagt: Die Darstellung ist umfangreich in den Akten zu entnehmen. Da habe ich nichts weiter hinzuzufügen, und ich möchte Sie auch gar nicht groß damit belasten.

Anmerkung: Es trifft nicht zu, dass diese Situation (Mollath wehrt sich gegen Attacken seiner Frau) umfangreich aus den Akten zu entnehmen wäre. Aus den Akten lässt sich allenfalls folgern: Frau M. behauptet eine Verletzung durch ihren Mann und lässt diese (angeblichen) Verletzungen zwei Tage später ärztlich dokumentieren, Herr Mollath sagt, er habe sich gewehrt. Konkreteres von Seiten Herrn Mollaths steht nirgendwo in den Akten.

Richterin:

Nein. Es wäre das gewesen, was mich interessiert hätte, wirklich sehr interessiert hätte. Aber es reicht. Wollen Sie dazu nichts sagen?

In der Interpretation dieser Frage streite ich mich mit Herrn Sponsel. Er sagt, dies sei eine unklare Ansage der Richterin und könnte bedeuten: Ihre Angaben reichen uns. Aber die Frage unmittelbar danach (und die resignative Intonation der Frage) zeigt: Frau Escher hat noch nicht aufgegeben, sie hakt noch einmal nach.

Mollath:

Ich muss Ihnen sagen: Ich wirke im Moment natürlich vom Äußeren her sehr gefasst, aber ich bin innerlich sehr am Boden. Sie wissen ganz genau, welche Schwierigkeiten ich leider Gottes auch mit meinen Verteidigern habe, und ich muss Ihnen sagen: Jetzt ist es für mich mal gut.

Richterin:

Eine Hauptverhandlung ist immer anstrengend; das ist ganz klar.

Mollath:

Ich bitte um Verständnis.

Richterin:

Okay. Ich frage einfach noch einmal ab. Zum 31.05., dem Tag nach dem Auszug, wollen Sie da noch etwas ergänzen?

Mollath:

Nein. Ich nichts mehr weiter hinzuzufügen. Es ist umfangreich in den Akten. Damals – was vielleicht auch höher zu bewerten ist als in der Nachschau – habe ich sofort immer reagiert. Sie haben auch vieles schon vorgelesen. Da sehen Sie die eindeutigen Darstellungen. Das kann ich auch nicht anders behaupten, weil es war damals so. Ich muss Ihnen auch wirklich sagen: Gäbe es ein Interesse an der Wahrheit, gäbe es keinerlei Problem, dass der Anklagevertreter auf seine Mandantin einwirkt, auf die Frau Maske, dass man zum Beispiel ordentlich ermitteln kann.

Soweit diese Passage aus der Hauptverhandlung.

Herr Lippke, natürlich hätte Frau Escher auch noch ein drittes und viertes mal erwähnen können, dass es um den 12.08.2001 geht. Ich behaupte: Herr Mollath wusste, dass es um genau diesen Tag geht und er hatte genügend Zeit sich auf diese Frage vorzubereiten, die in keiner Hinsicht suggestiv war. Zudem hatte er keinerlei Pflicht, darauf überhaupt zu antworten.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Professor Müller, werte Kommentatoren, insbesondere mit juristischer Vorbildung!

Für mich ist es nicht verständlich, dass die entscheidende Frage an den Angeklagten, wie es zu der körperlichen Auseinandersetzung gekommen ist und was sich ereignet hat , erst am vorletzten Verhandlungstag nach 14 vorhergehenden Verhandlungstagen gestellt wurde.

Diese Klärung hätte zur Rechtsfindung in den ersten Verhandlungen erfolgen müssen und nicht am vorletzten Tag, an dem nachmittags bereits die Plädoyers anstanden. Insofern war nach meinem Dafürhalten der Angeklagte m.E. überrascht auf diese entscheidende Frage am Ende des Strafprozesses eingehen zu sollen. Darüber hinaus gibt es weitere menschlich nachvollziehbare Gründe für die Äußerungen und das Verhalten von Herrn Mollath, vorausgesetzt man versucht dies empathisch zu verstehen.

Weitere Frage: Es war erkennbar, daß bei den Fragen und Antworten zwischen der vorsitzenden Richterin und Herrn Mollath,  es zu keiner Klärung dieser Frage kommen würde. Auch der Mehrzahl der

nichtjuristischen Zuschauer dürfte die Bedeutung dieser Fragen n i c h t bewußt gewesen sein und ich gehe davon aus, dass in dieser Stresssituation nach so langer Prozessdauer auch G.M. die Bedeutung dieser Thematik nicht realisiert hat.

Wäre es möglich und auch im Rahmen einer Verteidigung notwendig gewesen, dass der Verteidiger Dr. Strate notwendigerweise vermittelnd interveniert hätte oder sogar den Antrag auf Unterbrechung der Verhandlung hätte stellen können, um sich mit seinem Mandanten in dieser Frage zu besprechen, die offensichtlich und für mich nicht überzeugend den Ausgang des Verfahrens wesentlich mitbestimmt hat.

Weitere Frage: Im Landgerichtsverfahren von 2006 wurde der Aussage des Angeklagten, dass es sich bei ihm um eine Notwehr gehandelt hat, nicht vom Gericht nachgegangen. Wurde im Rahmen des WA-Ver-fahrens die angegebene Notwehrsituation angemessen aufgeklärt? Bislang hat mein Recherchieren in den Verhandlungsprotokollen von Dr. Strate dazu kein Ergebnis gebracht. Kann mir

jemand Passagen benennen, wo über die mögliche Notwehrsituation verhandelt wurde? Auch später

wurde weder im Plädoyer des Herrn Oberstaatsanwalts, auch nicht in dem Plädoyer des Verteidigers

 m.E. auf die mögliche, wenn nicht sogar  sehr wahrscheinliche Notwehrsituation für Gustl Mollath eingegangen wurde. Wahrscheinlich, weil am zweiten Tag nach der angeblichen Körperverletzung sp P3M durch den Arztbesuch und an diesem Tag, die von ihr ausgehende Psychiatrisierung erfolgt ist.

4

@ Menschenrechtler:

Bitte nicht vergessen: Mollath selbst wollte sich erst zu den Tatvorwürfen äußern, nachdem Prof. Nedopil nicht mehr anwesend war.

Es mag schon "nichtjuristische Zuschauer" geben, denen die Bedeutung dieser Fragen nicht bewusst war. Aber viele Beobachter haben gerade darauf gewartet, dass Herr Mollath sich endlich einmal klar und konkret zu den Tatvorwürfen äußert, was er in der Vergangenheit nie getan hat. Ich denke, man kann schon davon ausgehen, dass Herr Mollath spätestens von Herrn Dr. Strate auf die Verhandlung vorbereitet wurde, und er hat sich ja auch intensiv vorbereitet.

Angaben zur Notwehr finden sich auch in den AG-Protokollen, jedoch gibt es da auch keine konkreten und eindeutigen Angaben.

4

@ Menschenrechtler #23: auch als juristischer Laie kann (eigentlich: sollte!) man wissen, dass ein Beschuldigter zur Sache nichts aussagen muss. Ein Gericht kann sich daher in seiner Verhandlungsplanung nicht auf die Kooperationsbereitschaft eines Angeklagten verlassen, sondern muss zuerst die Zeugen laden und ihnen Termine nennen, die kein Aussageverweigerungsrecht haben.

Mein Name schrieb:

@ Menschenrechtler #23: auch als juristischer Laie kann (eigentlich: sollte!) man wissen, dass ein Beschuldigter zur Sache nichts aussagen muss. Ein Gericht kann sich daher in seiner Verhandlungsplanung nicht auf die Kooperationsbereitschaft eines Angeklagten verlassen, sondern muss zuerst die Zeugen laden und ihnen Termine nennen, die kein Aussageverweigerungsrecht haben.

Danke für den Kommentar, der sicherlich eine Teilwahrheit erhellt, gleichwohl nicht überzeugend ist,

wie anhand dreier Beispiele deutlich wird,  Kein Krimalermittler würde bei einem festgenommen

Brandstifter oder einem Mörder, zuerst die Zeugen befragen, sondern versuchen die Täter mit seiner

Tat konfrontieren und versuchen ein Geständnis zu erreichen. Falls dieser die Tat nicht gesteht werden lebensnah und logischerweise die Zeugen befragt. Kein Baumeister beginnt das Dach und die Etagen zu bauen,sondern beginnt beim Fundament.

Die Basis, der Grund eines Strafverfahrens ist der Angeklagte und seine Tat und ausgehend von

seinen Aussagen ist nach meinem Dafürhalten ein so aufwendiges WA-Verfahren von Anfang an zu

planen und nicht am Ende den Angeklagten nach v i e r z e h n  Verhandlungstagen in seiner Schlußerklärung mit der Hauptfrage zu konfrontieren. Dies ist für mich völlig paradox, es sei denn ist anders abgelaufen und dies gilt es nachzuweisen. Wegen der Aussageverweigerung wegen der fragwürdigen psychiatrischen Beobachtung mag sich dieses Vorgehen nicht ohne Weiteres realisieren lassen. Trotzdem hätte Herr Mollath am Anfang des Prozesses diese Fragestellung erfolgen müssen oder umgehend nach der Verabschiedung von Dr. Nedopil. Auf die Antwort von Prof. Müller bin ich gespannt.

3

Ja es mag so sein, dass der Bezug zum 12.08. offensichtlich war. Herr Sponsel wird das sicher überprüfen.

Ich selbst habe als Nichtjurist in den letzten Jahren unzählige Stellungnahmen geschrieben, Anträge gestellt, mit Anwälten gearbeitet, an mündlichen Verhandlungen teilgenommen, Beschlüsse und Urteile entgegen genommen und unzählige Recherchen zu Gesetzen und Rechtssprechung durchgeführt. Nicht selten merke ich erst später, was versäumt wurde, von mir, von Anwälten, von den Gerichten.

Gegen die Umstände der früheren Verfahren gegen GM mag die Wiederaufnahme für Juristen wie ein Durchbruch zum Rechtsstaat erscheinen. Mich erinnert aber auch dieses Verfahren trotzdem noch an die ziellos und jahrelang siechenden Verfahren, denen ich beiwohnen durfte und darf. Das lässt sich nicht nur an isolierten Fakten und ausschließlich rational festmachen. Menschenrechtler versuchte diesen Aspekt ja schon darzustellen.   

4

@f&f @ An Alle  für einen aufmerksamere Kommunikation im Blog!

Hallo f&f, es entsteht bei Ihnen unguterweise der Eindruck, dass Ihre kritischen Beiträge nicht verstanden und von einigen Kommentatoren nicht akzeptiert werden. Dem ist nicht so, ich kann

Ihre Beiträge nachvollziehen. Die anonyme unverbindlich Kommunikation in einem Blog ist leider

sehr unpersönlich. Dem könnte nicht nur durch aufmerksamere Bewertungen gegengesteuert werden, sondern auch durch ein kurzes Eingehen auf die Argumente, Beiträge zustimmend oder

kritisch bis ablehnend. Diese Mühe aufeinander einzugehen, machen sich viele Kommentare nicht und

, zumal ich bei für mich wichtigen Kommentaren öfter nicht einmal einen Stern bekommen habe.

Dies interpretiere ich teilweise so, dass die Aussagen zu kritisch sind und evtl. den Vorstellungen

vieler Kommentare stark zu widerlaufen.

Bezüglich der immensen Bedeutung der Atteste der Praxis Reichl (zwei oder nur ein Attest) mögliche Fälschungen, Manipulationen über die EDV teile ich Ihre Auffassungen. Lassen Sie sich bitte also nicht irritieren!
 

5

Sehr geehrter "Menschenrechtler",

Sie schreiben:

Kein Krimalermittler würde bei einem festgenommen

Brandstifter oder einem Mörder, zuerst die Zeugen befragen, sondern versuchen die Täter mit seiner

Tat konfrontieren und versuchen ein Geständnis zu erreichen.

Ich denke, es ist Zeit, Sie über ein Menschenrecht aufzuklären, dessen Bedeutung Sie noch nicht erfasst haben: Der Beschuldigte darf schweigen, von Anfang an. Und anders als uns der "Tatort" jeden Sonntag weismachen will, braucht ein Verdächtiger vor der Polizei gar nichts auszusagen und schon gar nicht  ein Geständnis zu liefern. Und anders als viele Menschen denken, ist ein erstes Gebot der Strafverteidigung: Keine Aussage ohne Akteneinsicht. Und noch etwas: Sie haben ein weiteres Menschenrecht nicht verstanden, wenn Sie von einem "festgenommenen Brandstifter, Mörder" etc. schreiben, denn ein Festgenommener ist erst einmal nur ein Verdächtiger, der als unschuldig zu gelten hat.

Wenn der Beschuldigte/Angeklagte schweigt (wie Herr Mollath ganz zutreffend in den ersten 14 Tagen des Prozesses) heißt das aber nicht, dass dann ein Gericht gehindert wäre fortzufahren mit seiner Aufklärung. Verurteilung nur bei Geständnis, das führt zur mittelalterlichen Folter, die Sie hoffentlich nicht wieder einführen wollen. Ja, das Gericht darf sich auch eine Überzeugung bilden, wenn ein Angeklagter schweigt und es darf auch einen schweigenden Angeklagten verurteilen.

Die Basis, der Grund eines Strafverfahrens ist der Angeklagte und seine Tat und ausgehend von

seinen Aussagen ist nach meinem Dafürhalten ein so aufwendiges WA-Verfahren von Anfang an zu

planen und nicht am Ende den Angeklagten nach v i e r z e h n  Verhandlungstagen in seiner Schlußerklärung mit der Hauptfrage zu konfrontieren.

Das Gericht hatte, anders als es Mein Name darstellt, sehr wohl Zeit für Herrn Mollaths Vernehmung eingeplant - am ersten Tag. Da Herr Mollath von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, weil er nicht in Anwesenheit des Psychiaters sprechen wollte (sein gutes Recht), war der erste Tag der Hauptverhandlung dann früher zu Ende.

Herr Mollath hat sich am Ende des Prozesses entschlossen, doch zu den Vorwürfen etwas zu sagen. Ich denke mir, das entsprach nicht dem Rat seiner Verteidiger. Er hätte gefahrlos weiter schweigen können. Und das mit gutem Grund (obwohl er den gar nicht brauchte), schließlich schwieg auch die Nebenklägerin. Wir wissen nicht, wie das Urteil dann gelautet hätte, möglicherweise genauso. Aber er hat durch seine Aussage seine Chancen jedenfalls nicht verbessert, wahrscheinlich verschlechtert.

Aber dass Sie dem Gericht vorwerfen, ihn erst dann mit der Hauptfrage konfrontiert zu haben, beruht schlicht auf einer völligen Verkennung gerichtlicher Prozeduren und eben den Menschenrechten, die Sie sich auf die Fahne geschrieben haben. Meinen Sie, das Gericht hätte Mollath gar nicht sprechen lassen dürfen ("Herr Mollath, jetzt ist es zu spät, tut uns leid"), oder die Frage nach dem 12.08.2001 gar nicht stellen sollen ("Wir können uns schon denken, was Sie antworten, deshalb fragen wir erst gar nicht"). Denken Sie, dass das eine sinnvolle Vorgehensweise wäre?

Zur Aufklärung der behaupteten Notwehrsituation: Es steht Aussage gegen Aussage, was die Situation im Hause Mollath am 12-08-2001 angeht. Frau M. hat jedenfalls vor der Hauptverhandlung (nicht immer ganz übereinstimmend) einiges dazu gesagt. Ich habe mich auch schon dazu geäußert, was ich davon halte, dies überhaupt zu verwerten, wenn sie nicht mal bereit ist, in der Hauptverhandlung auszusagen.

Herr Mollath hat gesagt, "ich habe mich gewehrt". Wo sehen Sie Anhaltspunkte für eine Ermittlung? Der einzige, der genaueres dazu hätte sagen können ist Herr Mollath. Er hat aber trotz Aufforderung nichts weiteres dazu gesagt. Wen hätte das Gericht sonst fragen sollen? Wenn Sie eine Tat begehen  und sich auf Notwehr berufen, sind Sie zwar nicht beweispflichtig im strengen Sinne, aber Sie riskieren, dass Ihre Angabe nicht ernst genommen wird, wenn Sie gar keine Einzelheiten mitteilen wollen oder können. Sonst könnte jeder, der sich ohne nähere Angaben auf Notwehr beruft, recht einfach davonkommen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Prof. Müller,

Sie treffen mit Ihrer Klarstellung einen wunden Punkt bei uns Nichtjuristen. Wer nie in Strafverfahren verwickelt war, kennt die Notwendigkeiten und Gepflogenheiten eines solchen Verfahrens nicht. Und natürlich darf es nicht sein, dass ein solches Verfahren mit Ausreden oder Schweigen beliebig auszuhebeln ist. Dagegen stehen die Zumutungen, die ein zu unrecht Beschuldigter aushalten soll.

Zur Fragwürdigkeit des Tatvorwurfs bzw. der Beweiswürdigung auch im WA-Verfahren haben Sie sich ja schon selbst kritisch geäußert. Auch zur fatalen Vorgeschichte des Wegräumens hatten Sie kritisch Stellung bezogen. Auch OGarcia hatte es salopp auf den Punkt gebracht. Ein möglicher Fall von häuslicher Gewalt iim Rahmen eines Ehestreits mit der Situation Aussage gegen Aussage, der allenfalls eine räumliche Trennung und bei einseitiger Schuldfeststellung eine Bewährungsstrafe zur Folge haben durfte, wurde für GM zu einem Martyrium aufgeblasen. Es gab immer wieder Versuche diese Entgleisung der Justiz auf das angeblich sonderbare Verhalten von GM zu schieben. Was aber selbst bei einem Zutreffen keine Entlastung sondern höchstens eine Erklärung für das Justizversagen darstellen konnte.

Die rationalen Motive für das Wegräumen des unbequemen Beschuldigten (Bankengeschichte, Voreingenommenheit gegenüber dem Querulanten, Abhängigkeiten und Geschäftsbeziehungen Gutachter/Gericht usw.) und nicht zuletzt die offensichtlich verfassungswidrigen Konstruktionsfehler des juristischen Umgangs mit häuslicher Gewalt (geschlechtsabhängige Vorverurteilung und implizite Beweislastumkehr) waren nicht Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahren.

Aber das Verfahren war von diesen Vorbedingungen gezeichnet, die angestrebte Sachlichkeit m.E. nach nur eine oberflächliche Konstruktion. Es stand eine Justiz, die vor allem nach eigener Entlastung und Schadensbegrenzung strebte, einem Beschuldigten gegenüber, der bereits unmenschlich bestraft wurde und nun die harterkämpfte "Großzügigkeit" der Justiz genoss, sich erneut als allein Bezichtigter vor dieser Justiz und einer übergriffigen Öffentlichkeit verteidigen zu dürfen. Alles was ihm zuvor widerfahren war, sah das Gericht allenfalls als bedauerlich, aber in Bezug auf die Prüfung des  Tatgeschehens als verfahrensfremd an, die neue Chance als große Geste zelebriert. Angeklagter, wir beschuldigen Sie noch einmal und Sie dürfen noch einmal etwas zu Ihrer Entlastung vorbringen.

Ich habe Zweifel daran, dass GM nun zu diesem Gericht das notwendige Vertrauen in dessen Bindung an Recht und Gesetz aufbauen konnte, um durch detaillierte Aussage oder eben konsequentes Schweigen seine Interessen zu wahren. Sie sind sich selbst nicht sicher, ob das Gericht bei einem Schweigen anders entschieden hätte. Man kann ja GM Sturheit und Eigenwilligkeit vorwerfen, aber diese Eigenschaften und der grundsätzliche Glaube an die Kraft seines Rechts hat ihn erst in die Wiederaufnahme gebracht. Ohne sein Durchhalten, Kämpfen und Hoffen wäre es dazu nie gekommen. Wenn also eine solch beständige Kraft am Ende an einer taktischen Frage scheitert, ist das nicht nur ein taktisches oder persönliches Problem.

Angenommen GM hatte sich wirklich nichts vorzuwerfen, wie musste dann diese Verfahrenssituation auf ihn wirken. Die Falschbeschuldiger konnten sich einer wirklich aufklärenden Befragung entziehen und auf ihre alten Aussagen berufen. Der institutionelle Täter (Gutachten) durfte ihn erneut beobachten und als "neutraler Sachverständige" mit zweifelhaften Methoden bewerten. Ein anderer institutioneller Täter (die Justiz) fragt den zu Unrecht Beschuldigten und bereits Bestraften, ob er noch etwas zu seiner Entlastung sagen möchte. Er darf nicht fragen, ob die Täter selbst noch etwas zu ihrer Entlastung vorzutragen haben. Eine Aufarbeitung und Antwort dazu war jedenfalls ausgeschlossen. Für einen Unschuldigen eine schwer auszuhaltende Situation.

 

5

# 10, Prof. Müller vom 13.12.14

Sie schreiben:"Dass das Zustandekommen des Attests (Rechtschreibfehler) am 14.08.2001 nicht näher untersucht wurde bzw. werden musste, lag daran, dass der Angeklagte selbst einen Vorfall am 12.08.2001 eingeräumt hat. Insofern irritiert mich auch, dass hier mit Verve dem Gericht und der Verteidigung Versäumnisse angelastet werden, ohne dass das Urteil überhaupt gelesen wurde (f&f) - solche Kommentare kann ich dann gar nicht ernst nehmen."

 

Herr Mollath hat im WAV am Ende eines mehrtägigen Verhandlungsmarathons eingeräumt sich nur gewehrt zu haben.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass kurz vor den Plädoyers noch eine aufwändige forensische Untersuchung der Hard- und Software der Reichel-EDV in Auftrag gegeben worden wäre, sowie die vergleichende graphologische Attestuntersuchung wenn Herr Mollath sich zu diesem Zeitpunkt ausführlicher zu der Notwehrsituation geäußert hätte.

Meinem Verständnis nach hätten die beiden o. a. Untersuchungen vor Prozessbeginn in Auftrag gegeben werden müssen, genau wie z. B. das aufwändige Gutachten in Bezug auf die Reifenstechereien und das Gutachten des Gerichtsmediziners lange vor Prozessbeginn in Auftrag gegeben worden waren. Die Gutachterspezialisten für derartig seltene, komplexe und anspruchsvolle Untersuchungen haben Auftragsvorlaufzeiten und benötigen überdies noch ausreichend Zeit für die Gutachtenerstellungen.

Gerade nachdem das Attest und seine Merkwürdigkeiten, (incl. der Tatsache, dass es in der Praxis produziert worden ist, in welcher eine Zeugin/Verwandte aus dem Lager der Anklage beschäftigt war und ist, die Zugang zur EDV hatte), sogar einen Wiederaufnahmegrund darstellte, hätte man diese forensische EDV-Untersuchung, plus das graphologische Gutachten beauftragen müssen.

 

 

5

atropa belladonna schrieb:

# 10, Prof. Müller vom 13.12.14

Sie schreiben:"Dass das Zustandekommen des Attests (Rechtschreibfehler) am 14.08.2001 nicht näher untersucht wurde bzw. werden musste, lag daran, dass der Angeklagte selbst einen Vorfall am 12.08.2001 eingeräumt hat. Insofern irritiert mich auch, dass hier mit Verve dem Gericht und der Verteidigung Versäumnisse angelastet werden, ohne dass das Urteil überhaupt gelesen wurde (f&f) - solche Kommentare kann ich dann gar nicht ernst nehmen."

 

Herr Mollath hat im WAV am Ende eines mehrtägigen Verhandlungsmarathons eingeräumt sich nur gewehrt zu haben.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass kurz vor den Plädoyers noch eine aufwändige forensische Untersuchung der Hard- und Software der Reichel-EDV in Auftrag gegeben worden wäre, sowie die vergleichende graphologische Attestuntersuchung wenn Herr Mollath sich zu diesem Zeitpunkt ausführlicher zu der Notwehrsituation geäußert hätte.

Meinem Verständnis nach hätten die beiden o. a. Untersuchungen vor Prozessbeginn in Auftrag gegeben werden müssen, genau wie z. B. das aufwändige Gutachten in Bezug auf die Reifenstechereien und das Gutachten des Gerichtsmediziners lange vor Prozessbeginn in Auftrag gegeben worden waren. Die Gutachterspezialisten für derartig seltene, komplexe und anspruchsvolle Untersuchungen haben Auftragsvorlaufzeiten und benötigen überdies noch ausreichend Zeit für die Gutachtenerstellungen.

Gerade nachdem das Attest und seine Merkwürdigkeiten, (incl. der Tatsache, dass es in der Praxis produziert worden ist, in welcher eine Zeugin/Verwandte aus dem Lager der Anklage beschäftigt war und ist, die Zugang zur EDV hatte), sogar einen Wiederaufnahmegrund darstellte, hätte man diese forensische EDV-Untersuchung, plus das graphologische Gutachten beauftragen müssen.

 

 

Da widmet man sich mal zwei Tage ausschließlich seinem echten Leben und schwups, rast der Diskussionszug an einem vorbei ;-)

Mal im Ernst, ich finde es echt höchst befremdlich, dass einem hier die Teilnahme zur qualifizierten Diskussionsteilnahme abgesprochen wird, weil man, nicht auch noch (!!!), nach echt ALLEN dazu verfügbaren Dokumenten, die schriftliche Urteilsbegründung gelesen hat, vor allem wenn man sich, wie so viele andere Mit-Schreiber hier, auf Sachverhalte bezieht, die VOR der Urteilsbegründung liegen.

Mal noch ernster, wieviele der Mitschreiber hier haben denn die Urteilsbegründung, Wort für Wort (!) gelesen, verstanden UND unter juristischen, menschlichen und sonstigen Gesichtspunkten analysiert?

Hand hoch?

Nur weil ich, als einziger, so "blöd" war (so ehrlich) zu schreiben:

"O.k., DAS habe jetzt nicht mal ich durchgelesen" wird sich darauf auch noch argumentativ eingeschossen?

Mir geht und ging es (z.B.) um das, was hier auch Atropa gut dargestellt hat, warum wurde, nicht bereits im Vorfeld der WAV, das Attest, welches immerhin als DER Wiederaufnahmegrund, da als unecht erkannt (unecht nur als Urkunde, nicht etwa inhaltlich, ich weiß.......) wenigstens lege artis untersucht?

Hier wird begründet, dass das nicht nötig war, weil GM ja Tätlichkeiten eingeräumt habe. (Eingeräumt, in einem "gekippten" Verfahren? War ab da nicht nochmal " alles auf Null"?)

Es geht doch darum, im Detail rauszufinden, wie war was.
Vor allem, um hier mal auf die Grundprovenienzen der Rechtswissenschaft zu sprechen zu kommen, in dubio pro reo.

Und gerade Dr. Strate hat doch im Prozess die genaue Untersuchung der Atteste angeregt, weil Datei-endungen "seltsam" erschienen (Was sie definitiv auch sind, unter dem Aspekt Jahr/Monat/Tag/Minute/Sekunde)

Warum sollte das erst im Prozess untersucht werden? Und warum wurde das wenn schon, dann nicht forensisch untersucht?

Aber allein wenn man sowas hier nachfragt, und zwar WEIL man sehr genau, ALLES (bis auf die Urteilsbegründung ) mitgelesen hat, wird man ja schon, hoxi boxi zauberei, in die VT Ecke gerückt.

Ich versteh das alles nicht, ehrlich nicht.

Beinahe Blumen hinwerfen möchte ich Lutz Lippke, der es, nach meinem Eindruck, wirklich hervorragend versteht, alle Seiten der ganzen Angelegenheit sehr einfühlsam und dennoch bewundernswert sachlich zu beleuchten.

Und auch über alle anderen, hier kritisch und durchdacht mitwirkenden Teilnehmer bin ich sehr froh und bekenne bei der Gelegenheit, dass ich z.B jemand bin, der in der Tat die Möglichkeit der Bewertung der Beiträge kaum nutzt (sondern das quasi nur im Kopf erledigt ;-)

In diesem Sinne

f&f

4

Sehr geehrter Herr Professor Müller, kann es sein, dass die Seitenangaben der Kommentare, die ganz unten schwarz/fett markiert sind, nicht mit den Seitenzahlen übereinstimmen, die in der oben angeführten "blog.beck.de-Zeile" erwähnt werden.

Hier sind wir laut schwarzem Fettdruck auf der Seite 9 und oben heißt es "page=8".

0

 @ Alle Kommentatoren, insbes. Prof. Müller und Herrn Lutz Lippke

Sehr geehrter Herr Professor Müller,

Für Ihre Klarstellung über die prozessualen Rahmenbedingungen und Grenzen und für  Ihre sehr wertvolle Arbeit in diesem Blog möchte ich mich bedanken.

Herr Lutz Lippke hat in seinem umfassenden Kommentar # 30 den Fall Mollath in einen kritischen Gesamtzusammenhang gestellt  und ausgeführt, daß neben den Notwendigkeiten eines Strafverfahrens                                                                                                                                         "Die Zumutungen stehen, die ein zu unrecht Beschuldigter aushalten soll".

Das gesamte V e r f a h r e n , wie mit Herrn Mollath v e r f a h r e n  wurde, ist mehr als               v e r f a h r e n , so auch das WA-V e r f a h r e n , daß m.E. nicht zu der notwendigen Tataufklärung und nicht zu einem gerechten Urteil geführt hat !

Das es zeitlich und inhaltlich nicht bereits am Anfang zu der notwendigen Befragung, Vernehmung

von Gustl Mollath über die körperliche Auseinandersetzung gekommen ist, ist ursächlich auf das Vorgehen des WA-Gerichts zurückzuführen, Herrn Dr. Nedopil zu beauftragen, Herrn Mollath psychiatrisch zu beobachten. Die ist m.E. als eine unangemessene, nicht unbedingt notwendige  Zwangsbeobachtung zu bewerten, auch wenn dafür juristische, prozessuale Gründe bestanden haben oder vorgeschoben wurden.

Nachdem durch die Veröffentlichung des Revisionsberichts der Bank, der die Angaben von Herrn Mollath über die Schwarzgeldgeschäfte vollauf bestätigte, offenbar wurde, daß die Schwarzgeldgeschäfte nicht auf einen Wahn von Herrn Mollath zurückzuführen sind, bestand m.E. kein ausreichender, angemessener Grund Herrn Mollath zum dritten Mal psychiatrisch einer Zwangsbeobachtung in unzumutbarer Weise auszusetzen.

Wenn ich in Erinnerung bringen darf: Herr G.M wurde in der Klinik am Europakanal, dann im BKH

Bayreuth, in der Hochsicherheitsforensik Straubing und dann wieder in Bayreuth über sieben Jahre

 verfassungswidrig zwangsbeobachtet. All diese Tatsachen, die Erkenntnisse in allen Mollath Prozessen, die fragwürdigen, inhumanen Bedingungen in der Unterbringung waren dem WA-Gericht bekannt oder zugänglich, auch offiziell über den Untersuchungsausschuss und auch dem Zeugen, Herrn Oberstaatsanwalt Meindl.

Nach meinem Rechtsgefühl - ich argumentiere weniger juristisch, sondern entsprechend meines

Namens nach ethisch-menschlichen Maßstäben -  sollte ein Wiederaufnahme tatsächlich

von neu und frisch beginnen, ohne die offensichtlichen Fehler des Gerichtsverfahrens von 2006

und die voreilige, fragwürdige, tendenziöse, verdächtige, wenn nicht sogar zielgerichtete Psychiatrisierung zu w i e d e r h o l e n .

         Insofern hat sich der entscheidende Fehler bei der WA  systemimmanent wiederholt.

Es war für Herrn Mollath eine absolute unmenschliche Zumutung, dass ihm während eines WA-Verfahrens in 14 Verhandlungstagen wiederum von Anfang an ein Psychiater vor die Nase gesetzt wurde. Es dürfte im Ermessen des Gerichts gestanden haben, anders zu verfahren. Hätte es nicht zu dieser Verfahrensweise Alternativen gegeben? Beispielsweise, einen Psychiater einzubeziehen, wenn sich im Laufe des sehr langen Prozesses sich deutliche Anzeichen einer psychischen Erkrankung gezeigt hätten. Diese Anzeichen haben sich bekanntlich nicht gezeigt.

Es bleibt festzustellen, dass durch  diesen Beschluß, dieses unsensible Vorgehen des Gerichts in einem einmalig aufwendigen WA-Verfahren, der Anklagepunkt "körperliche Auseinandersetzung" und die von Herrn Mollath  Notwehrsituation nicht unter Einbeziehung des Angeklagten ausreichend geklärt werden konnte. Dieses Dilemma und "verfahrene Verfahren" hat m.E. nicht in erster Linie das Opfer des Justizirrtums und schwerwiegenden Psychiatriemißbrauchs, Herr Gustl Mollath zu vertreten.

Zudem verfahrenen Verfahren hat zusätzlich der Dissens zwischen Herrn Mollath und seinem Verteidiger, die rigide Ablehnung aller tauglichen, wenig tauglichen Beweisanträge von G.M. und die Weigerung der Zeugenaussage der Hauptbelastungszeugin geführt. Unter all diesen widrigen Umständen kann es schwerlich zu einem gerechten Urteil bezüglich der Körperverletzung kommen. Auch dies spricht für "in dubio pro reo" !

Sehr geehrter Herr Professor Müller, ist es denkbar, daß die fragwürdige Einbeziehung von Dr. Nedopil, die als eine Zwangsbeobachtung bewertet werden kann , ein juristischer Grund für die Zulassung der Revision darstellt?

Ich hoffe, daß Sie Verständnis aufbringen können, für meine vorwiegend weniger juristische

Argumentation.

 

5

Sehr geehrter Menschenrechtler,

Sie schreiben:

Es war für Herrn Mollath eine absolute unmenschliche Zumutung, dass ihm während eines WA-Verfahrens in 14 Verhandlungstagen wiederum von Anfang an ein Psychiater vor die Nase gesetzt wurde. Es dürfte im Ermessen des Gerichts gestanden haben, anders zu verfahren. Hätte es nicht zu dieser Verfahrensweise Alternativen gegeben? Beispielsweise, einen Psychiater einzubeziehen, wenn sich im Laufe des sehr langen Prozesses sich deutliche Anzeichen einer psychischen Erkrankung gezeigt hätten. Diese Anzeichen haben sich bekanntlich nicht gezeigt.

Es bleibt festzustellen, dass durch  diesen Beschluß, dieses unsensible Vorgehen des Gerichts in einem einmalig aufwendigen WA-Verfahren, der Anklagepunkt "körperliche Auseinandersetzung" und die von Herrn Mollath  Notwehrsituation nicht unter Einbeziehung des Angeklagten ausreichend geklärt werden konnte. Dieses Dilemma und "verfahrene Verfahren" hat m.E. nicht in erster Linie das Opfer des Justizirrtums und schwerwiegenden Psychiatriemißbrauchs, Herr Gustl Mollath zu vertreten.

Zudem verfahrenen Verfahren hat zusätzlich der Dissens zwischen Herrn Mollath und seinem Verteidiger, die rigide Ablehnung aller tauglichen, wenig tauglichen Beweisanträge von G.M. und die Weigerung der Zeugenaussage der Hauptbelastungszeugin geführt. Unter all diesen widrigen Umständen kann es schwerlich zu einem gerechten Urteil bezüglich der Körperverletzung kommen. Auch dies spricht für "in dubio pro reo" !

Sehr geehrter Herr Professor Müller, ist es denkbar, daß die fragwürdige Einbeziehung von Dr. Nedopil, die als eine Zwangsbeobachtung bewertet werden kann , ein juristischer Grund für die Zulassung der Revision darstellt?

 

Die"Zwangsbeobachtung" während des Prozesses kann durchaus als möglicher Verfahrensfehler gerügt werden. Für die Begründetheit der Revision (mit der Zulassung der Revision hat das nichts zu tun) wegen dieser Verfahrensrüge kommt es dann darauf an, ob es sich überhaupt um einen Verfahrensfehler handelt und bejahendenfalls, ob das Urteil auf diesem Fehler beruhte.  Der BGH wird dafür etwa prüfen, ob die Anwesenheit des Sachverständigen Herrn Mollath  tatsächlich in seiner Verteidigung beeinträchtigt hat. Ob die bloße Umkehung der üblichen Reihenfolge, dass also Herr Mollath nicht als erstes vernommen wurde, schon zu einem Beruhen des Urteils auf dem (möglichen) Verfahrensfehler führt, ist dann z.B. die Frage.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Was wäre wenn  die Behauptung aufkäme das Attest sei eine Fälschung ?  Sehr abwegig ?

5

 

Sehr geehrter Herr Sponsel,

Sie schreiben in Ihrer Nr.1 (auf die Sie später dann immer wieder Bezug nehmen):

1) Es geht nicht darum, was Mollath "gewusst" hat, sondern was er gesagt hat

Es geht hier nicht darum, was Mollath "gewusst" hat. Es geht schlicht und einfach darum, ob Mollath zum 12.08.2001 ausgesagt hat oder nicht. Sie meinen und behaupten, dass er, aber Sie zeigen es nicht - was mich nicht wundert, weil es angesichts der Vernehmungs- und Aussagelage auch gar nicht geht, es sei denn man griffe zu abenteuerlichen Voraussetzungen.

Für die Beantwortung der Frage, was Mollath gesagt hat, als er sagte, "er habe sich nur gewehrt", kommt es sehr wohl darauf an, wie er die vorausgegangene Frage verstanden hat.  In jeder Kommmunikation geht es darum, unter welchen Voraussetzungen geantwortet wird. Ich sage, Herr Mollath hat sich zum 12.08.2001 geäußert, weil 1. die Richterin ihn direkt und unmissverständlcih zweimal nach diesem Tag gefragt hat und 2. es in dem ganzen Prozess immer um diesen Tag ging. Daraus schließe ich, Herr Mollath wusste bei seiner Antwort, dass es um den 12.08.2001 ging. Sie sagen, ich hätte dies "nicht gezeigt" und meine Folgerung bedürfe  "abenteuerlicher Voraussetzungen". Meine Antwort: Sie haben kein Gegenargument, außer die immer wiederholte Behauptung, Mollath habe sich nicht zum 12.08.2001 geäußert - ohne nähere Begründung.

Wie gesagt, auf diesem Feld werden wir nicht zusammenkommen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Ähnliche Bedenken wie Herr Sponsel hatte ich auch. Damals noch als ich darüber zum ersten Mal in Professor Müllers Berichterstattung las, der in der HV war und seinen Eindruck so zusammenfasste: Da war doch was. Da dachte ich auch: Wer weiß, ob Mollath wirklich den maßgeblichen Tag meinte und nicht die eheliche Krise insgesamt. Als dann aber später die HV-Mitschriften bekannt wurden, war das Thema für mich abgehakt. Dann blieb nur die Frage übrig: Wie wird die Kammer dieses "da war doch was" bewerten. Bei mir hinterließ die Einlassung Mollaths aus den Mitschriften einen ähnlichen Eindruck: Da war doch was, aber nicht so. 

Wie sich aus den Urteilsgründen ergibt, würdigte die Kammer die Einlassung des Angeklagten zusammen mit seinen in den Akten befindlichen Schreiben als mit der Schilderung des Tatgeschehens für vereinbar (S. 56 UA ua). Mir stellt sich in diesem Zusammenhang nur immer wieder die Frage, welche Schilderung des Tatgeschehens ist konkret gemeint? Denn die Kammer geht in ihrer Urteilsbegründung immer wieder davon aus, dass die Schilderung gegenüber den Zeugen Simbek, Reichel und Krach (zeitnah) erfolgt sei. Dem ist aber nicht so. Das geben die Ausführungen zu den konkreten Aussagen der Zeugen in den Urteilsgründen nicht her. Man könnte schlicht sagen: Das stimmt nicht. Die Zeugen konnten sich an keine Schilderung des Tatgeschehens erinnern, bis auf die Zeugin Krach und das Würgen.

In Zusammenhang mit den Ausführungen in den Urteilsgründen zur Überzeugungsbildung macht mich außerdem der folgende Satz stutzig (S. 56-57 UA):

Die Kammer hat alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, in ihre Überzeugungsbildung miteinbezogen und entsprechend den Maßstäben, die der Bundesgerichtshof heranzieht (BGH NStZ-RR 1998, 16 f.), die möglicherweise gegen die Zuverlässigkeit der Aussage sprechenden Umstände nicht nur einzeln und gesondert geprüft, sondern auch überprüft, ob diese in einer Gesamtschau zu durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfs führen.

Aus dem Grundsatz der Unschuldsvermutung folgt, dass "Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfs" aller Anfang und Grundlage der Beweisaufnahme sind. Dabei gilt es, im Rahmen der Beweisaufnahme und der Beweiswürdigung in einer Gesamtschau die Zweifel restlos zu überwinden. Mir scheint, als hätte die Kammer ihre Überzeugung genau umgekehrt gebildet. Wenn die Kammer doch geprüft hat, ob die Beweisumstände "in einer Gesamtschau zu durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfs führen", dann kann sie zuvor an der Richtigkeit nicht gezweifelt haben. Jemand, der zweifelt, prüft doch nicht, ob die Beweise zu durchgreifenden Zweifel führen.

Die Kammer hat alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, in ihre Überzeugungsbildung miteinbezogen und entsprechend den Maßstäben, die der Bundesgerichtshof heranzieht (BGH NStZ-RR 1998, 16 f.), die möglicherweise gegen die Zuverlässigkeit der Aussage sprechenden Umstände nicht nur einzeln und gesondert geprüft, sondern auch überprüft, ob diese in einer Gesamtschau zu durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfs führen.

Klasse. Ich übersetze mal:

Lieber BGH: wir führen zwar nicht detailliert aus, was wir wie gewürdigt haben, aber wir versichern euch, dass das schon alles seine Richtigkeit hat. Nehmt einfach diese Formulierung als Kopiervorlage, um eine Revision abzuschmettern.

@ Prof. Müller

"Die"Zwangsbeobachtung" während des Prozesses kann durchaus als möglicher Verfahrensfehler gerügt werden" - käme das nicht einem Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gleich, wenn das Gericht in der Entscheidung, einen Gutachter hinzuzuziehen, beschränkt würde? Was sollte denn geschehen, wenn der Angeklagte die Anwesenheit eines Gutachters kategorisch ablehnt, das Gericht sich aber gerne beraten ließe? Ist da eine Grundsatzentscheidung des BVerfG denkbar analog zur stationären Beobachtung eines nicht kooperierenden Untergebrachten?

5

Gast schrieb:

@ Prof. Müller

"Die"Zwangsbeobachtung" während des Prozesses kann durchaus als möglicher Verfahrensfehler gerügt werden" - käme das nicht einem Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gleich, wenn das Gericht in der Entscheidung, einen Gutachter hinzuzuziehen, beschränkt würde? Was sollte denn geschehen, wenn der Angeklagte die Anwesenheit eines Gutachters kategorisch ablehnt, das Gericht sich aber gerne beraten ließe? Ist da eine Grundsatzentscheidung des BVerfG denkbar analog zur stationären Beobachtung eines nicht kooperierenden Untergebrachten?

@ An Alle:

Um die Rechtssprechung weiterzuentwickeln wäre es nach meinem Dafürhalten notwendig, die

Praxis bei Strafverfahren unter der Beobachtung von Psychiatern  ernsthaft einschließlich  der Verfassungsmäßigikeit zu prüfen und eindeutig Strafverfahren so regeln, dass

logischer- und vernünftigerweise zuerst über die Straftat verhandelt und geurteilt wird.

Wenn Zweifel an der Schuldfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung besteht, könnte dies von der Strafprozeßordnung so geregelt werden, dass in einem darauffolgenden ergänzenden Verfahren aufgrund eines eingeholten Gutachtens über die Schuldfähigkeit entschieden wird. Dies vorallem  aus prozeßökonomischen und strafprozessualen Gründen nicht auseinander zu halten, die Grenzen zu verwischen, ist m.E. rechtstaatlich und auch von den Grundrechten sehr fragwürdig.

Stellen wir uns vor, wie es das WA-Verfahren von G.M. auch drastisch gezeigt hat.

Ein Angeklagter sitzt monatelang in Untersuchungshaft oder wie Mollath jahrelang in der Forensik.

Dann kommt er als schwer verunsicherter noch unschuldiger Verdächtigter in eine Gerichtsverhandlung mit einem Richter oder mehreren, einem Staatsanwalt, evtl. Nebenkläger und einem großen mitunter kritischen, feindlich gesinnten Publikum. Und dann wird der Angeklagte im vornherein auch noch verdächtigt psychisch krank zu sein und wird von einem Psychiater zwangsbeobachtet.

Dieses  Gerichtsforum in Verbindung mit einer Begutachtung  ist vom menschlichen  Standpunkt und dem emotionalen Empfinden für den Beschuldigten eine Art Pranger, der den Angeklagten schwer ängstigt, verunsichert und möglicherweise von seinem Verhalten als verdächtig, auffällig oder annormal erscheinen lässt.

Wenn dann  bei dieser existenzentscheidenden Belastungsituation noch ein Psychiater den Angeklagten "beäugt" und jede Äußerung  des Beschuldigten kritisch aufnimmt, kann diese

Extremsituation zu einer fatalen und falschen Psychiatrisierung führen. Die Mehrzahl

der später Untergebrachten sind  nachweisbar bei der Verhandlung außerdem durch starke Neuroleptika sediert und in ihrem Bewußtsein nicht mehr ausreichend in der Lage den Prozeß bewußtseins klar wahrzunehmen und sich zu verteidigen. Dies widerspricht der gesetzlichen Regelung, dass Aussagen, die unter Drogen zustandegekommen sind, nicht legal sind und auch nicht verwendet werden dürfen.

Dies hat positiverweise auch der Bayerische Richterverein kürzlich beanstandet.

Diese beschriebene Grenzsituation hat Herr Mollath in dem verfahrenen WA-Verfahren erlebt und dies hat die Rechts- und Wahrheitsfindung nachweislich verhindert und sicherlich auch dazu beigetragen, dass  trotz seiner Intelligenz nicht adäquat auf die Fragen der vorsitz. Richterin eingegangen ist.

Der Gesetzgeber ist aufgerufen eine rechtstaatlich einwandfreie strafprozessuale Regelung zu schaffen!

 

 

5

@Mein Name

Ihr Kommentar ist vieldeutig und kann so oder so interpretiert werden. Wenn ich Sie bitten darf,

was naheliegend ist, auf meine Kommentare adäquat und konkret einzugehen, erst dann ist

ein wirklicher, konstruktiver Dialog möglich. Danke im voraus!

3

Ein grundlegendes Problem dieses Verfahrens war wohl auch die gleichzeitige Bearbeitung der Fragen rechtwidrige Veräumung, Klärung der Tatvorwürfe und der Schuldfähigkeit, die vom Gericht erst zusammen am Ende beurteilt wurde. Wäre zunächst die Frage der rechtswidrigen Verräumung und Entschädigung, sowie zum Ausschluss der nicht anklagbaren Tatvorwürfe entschieden worden, hätte GM vielleicht Vertrauen in das Bemühen um Rechtstaatlichkeit schöpfen können und sich auf die entscheidenden offenen Sachverhalte fokussieren können. Ob und wie eine solche Trennung der Verfahrensgegenstände und Teilurteile möglich gewesen wäre, kann ich als Nichtjurist nicht einschätzen. Vielleicht hätten schon gerichtliche Hinweise und ein Rechtsgespräch in der Verhandlung Misstrauen abbauen können. Andererseits hätte das Gericht bei einer Offenbarung der eigenen Überzeugungen bereits vor dem Urteil auch eine Ablehnung wegen Befangenheit riskieren können. Aber es ist wohl unstrittig, dass ein Beschuldigter auf Fairness in einem Strafverfahren vertrauen können muss, um seine Rechtsschutzinteressen wahren zu können. Überraschungsurteile soll es eigentlich nicht geben.

Ein weiteres Problem ist die Ungenauigkeit der Sachverhaltsklärung und -darstellung, wie auch die fehlende Wortprotokollierung in polizeilichen Vernehmungen und gerichtlichen Verhandlungen. Dadurch kommen erhebliche Interpretationsspielräume und subjektive Vorabbewertungen in die Entscheidungsgrundlagen, die wohl einen erheblichen Teil des "vor dem Gericht, wie auf hoher See" ausmachen. Dass Genauigkeit am Aufwand scheitert, kann ich nicht nachvollziehen. Nach meiner Erfahrung könnten Gerichte ganz allgemein bei der Dokumentation von Fakten durch den Umstieg von Prosa auf tabellarische Darstellung den Aufwand erheblich verringern und gleichzeitig Genauigkeit und Übersichtlichkeit signifikant erhöhen. Die erklärungsbedürftigen oder nicht eindeutig geklärten Sachverhalte würden damit ebenfalls offensichtlicher, weil sie aus dem Tabellarischen herausfallen bzw. darin deutlich zu kennzeichnen wären.

Diese und andere Aspekte zeigen für mich, dass Gerichtsverfahren die Qualität eines stark eingeschränkten Brainstormings haben, aus dem dann aber von den "moderationsführenden" Richtern unmittelbar abschließende und weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Ob und wie eine Bewertung, Strukturierung und Systematisierung im Kopf des Richters stattfindet, kann nicht nachvollzogen werden. So kann selbst bei ehrlichem Bemühen kaum überprüfbare Qualität zustande kommen. Ein gesellschaftliches Brainstorming zu allgemeinen Methoden der Entscheidungsfindung, deren Dokumentation und Anwendbarkeit in der Justiz könnte daher hilfreich sein.   

5

Seiten

Die Kommentare sind für diesen Beitrag geschlossen.