"Erst kiffen wir, dann fahren wir bekifft nach Hannover und machen uns eine schöne Zeit da...mit dem restlichen Marihuana"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.11.2014
Rechtsgebiete: OLG BraunschweigStrafrechtVerkehrsrecht|2825 Aufrufe

...und dann kam es, wie es kommen musste: Kontrolle, Vorwurf des § 24a StVG, Vorwurf des Besitzes von BtM im Auto. Wie so oft wurde das Verfahren ungünstigerweise auseinandergetrennt in ein OWi-Verfahren (§ 24a StVG) und das BtM-Strafverfahren. Nach Einspruch wurde das OWi-Verfahren durch verurteilendes Sachurteil beendet. Da kann man dann schonmal auf die Idee kommen, dass Strafklageverbrauch hinsichtlich des BtM-Deliktes eingetreten ist. Das OLG Braunschweig meint, dass das aber nicht der Fall sei:

 Aus der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts sowie dem Inhalt der Akten, die dem Senat zwecks Prüfung, ob ein Verfahrenshindernis besteht, als Erkenntnisquelle zur Verfügung stehen, ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Angeklagte ist am 22.04.2013 gegen 16:15 Uhr in B. als Führer des Kraftfahrzeugs Opel Vectra mit dem amtlichen Kennzeichen BS_... im Rahmen einer sog. allgemeinen Verkehrskontrolle in Braunschweig angehalten worden. Die Polizeibeamten erkannten bei ihm vorherigen Drogengenuss und stellten Marihuana sicher, das er in seiner Jacke verwahrt hatte. Mit Verfügung vom 28.06.2013 trennte die Staatsanwaltschaft Braunschweig den Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit (Führen eines Kfz unter Drogeneinfluss - § 24a Abs. 2 StVG) ab und leitete ein selbstständiges Verfahren ein, das an die zuständige Verkehrsbehörde (Stadt Braunschweig) abgegeben wurde, die es mit Bußgeldbescheid vom 27.09.2013 abschloss. Die Abtrennung des Verfahrens begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass der (später) Angeklagte das aufgefundene Rauschgift nur zufällig bei sich geführt und es sich nicht um eine Beschaffungsfahrt gehandelt habe.

Wegen des damit im vorliegenden Verfahren allein verbleibenden Vorwurfs eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzes beantragte die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Verhängung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,- € wegen Erwerbs des - später beim Angeklagten anlässlich der Verkehrskontrolle aufgefundenen Marihuanas -den Erlass eines Strafbefehls. Nach Einspruch des Angeklagten hat ihn das Amtsgericht Braunschweig mit Urteil vom 17.12.2013 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unter Vorbehalt der Verurteilung zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 40 € verwarnt. Den Erwerb von Betäubungsmitteln sah das Amtsgericht als nicht erweisbar an, weil der Angeklagte - auf dessen Aussage der angebliche Erwerbsvorgang, also der Kauf des Marihuanas im August 2012 auf einem Musikfestival in P. allein beruhte - diese Angaben nicht weiter aufrechterhalten hatte und andere Beweismittel nicht zur Verfügung standen.

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit dem Ziel der Verhängung einer vorbehaltlosen Geldstrafe wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln rechtzeitig Berufung eingelegt.
Die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Braunschweig hat das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 17.12.2013 auf die Berufung der Staatsanwaltschaft Braunschweig aufgehoben und das Verfahren gegen den Angeklagten wegen eines Verfahrenshindernisses - Strafklageverbrauch - eingestellt.
Dieser Entscheidung der Berufungskammer liegen folgende Feststellungen zugrunde (ULG Seite 3, 5. Absatz, bis Seite 4 3. Absatz einschl.):

„Der Angeklagte ist auf eine Weise, zu der er keine näheren Angaben machen wollte und zu der mangels weiterer Erkenntnismöglichkeiten keine weiteren Feststellungen getroffen werden konnten, in den Besitz von in einem Schraubglas verpackten Marihuana-Blüten gelangt. Diese wiesen einen Wirkstoffgehalt von 11,2% THC auf. Der Angeklagte rauchte einen Teil der Marihuanablüten. Die verbleibende Gesamtmenge betrug 6,68 g, entsprechend einem Wirkstoffgehalt von 0,75 g THC. Das Schraubglas packte er in seine Jacke und legte sie auf die Rückbank seines Pkw Opel Vectra, BS_... Der Angeklagte plante, mit dem Pkw und den Marihuanablüten nach Hannover zu fahren, wo er sich mit einem Freund eine „schöne Zeit“ machen wollte, indem u. a. das Marihuana gemeinsam konsumiert werden sollte. Zu diesem Zweck trat er die Fahrt am 22.04.2013 an, bis er auf der Hamburger Straße in Höhe des Schützenplatzes von der Polizei kontrolliert wurde. Bei der Kontrolle händigte er den kontrollierenden Beamten freiwillig das Marihuana aus, ohne dass eine Durchsuchung erforderlich war.

Am Abend des 22.04.2013 wurde der Angeklagte durch den Zeugen PHK K. vernommen, der Unterstützung bei der großangelegten Kontrolle zum Auffinden von Verkehrsteilnehmern unter Drogeneinfluss geleistet hatte. Bei der Vernehmung gab er an, dass er die sichergestellte Substanz im August 2012 auf einem Musikfestival in P. für 50,00 bis 60,00 € gekauft habe. Es habe sich um insgesamt 10 g Marihuana gehandelt. Er habe seit August 2012 jeweils etwa 2mal im Monat etwas Marihuana geraucht. Diese Angaben machte der Angeklagte, weil er - wie auch in der Hauptverhandlung - nicht offenlegen wollte, auf welchem Wege er in den Besitz des Marihuanas gelangt war. Jedenfalls waren diese Angaben erfunden; der Angeklagte hatte sich lediglich eine aus seiner Sicht plausible Geschichte ausgedacht.
Wegen dieses Vorfalls wurde zum einen das Strafverfahren gegen den Angeklagten eingeleitet, in dem ein Strafbefehl am 10.07.2013 erlassen worden ist und nach Einspruch des Angeklagten das Urteil vom 17.12.2013 ergangen ist.
Daneben wurde wegen des Führens des Pkws unter Marihuanaeinfluss am 27.09.2013 ein Bußgeldbescheid gegen den Angeklagten erlassen, in dem gegen ihn eine Geldbuße von 520,00 € und ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt wurde. Gegen diesen Bußgeldbescheid legte der Angeklagte Einspruch ein. Mit Urteil vom 15.04.2014, rechtskräftig seit dem 22.04.2014, wurde der Angeklagte wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr unter dem Einfluss berauschender Mittel zu einer Geldbuße in Höhe von 500,00 € verurteilt.“

Das Landgericht sah sich aufgrund der zuletzt erwähnten rechtskräftigen Bußgeldentscheidung des Amtsgerichts Braunschweig (Az.: 55 OWi 901 Js 51715/13) aus Rechtsgründen daran gehindert, den Angeklagten wegen des von ihm eingeräumten Vorwurfs des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu verurteilen. Unter Hinweis auf die Entscheidungen des OLG Braunschweig vom 19.01.2001 - 1 Ss 65/00 (StV 2002, 241; Bl. 139 d. A.) und des Bundesgerichtshof vom 27.04.2004 (1 StR 466/03; juris) sei die für die Annahme eines Strafklageverbrauchs notwendige und die Tatidentität begründende unlösbare innere Verbindung zwischen dem Besitz an den Betäubungsmitteln und dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln darin zu sehen, dass der Angeklagte einen Teil der Drogen vor der Fahrt konsumiert habe und den verbleibenden Rest mit seinem Freund in Hannover habe konsumieren wollen. Die Fahrt sei deshalb mit einer sog. Transportfahrt im Sinne der Beschlussentscheidung des BGH vom 05.03.2009 (3 StR 566/08; juris) vergleichbar (ULGSeiten 6,7 - Bl. 124, 125 d. A.).

Gegen das vorgenannte Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 28.05.2014, mit der diese sich unter Aufrechterhaltung des genannten Ziels ihrer Berufung gegen die Verfahrenseinstellung wendet. Die Staatsanwaltschaft begehrt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Braunschweig.
8Die Generalstaatsanwaltschaft vertritt die Revision soweit es die Frage des Strafklageverbrauchs und die Rechtsfolgenseite betrifft. Zum Schuldspruch teilt sie die Auffassung der Staatsanwaltschaft, die nach wie vor eine Verurteilung wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln erreichen möchte, nicht und hat daher beantragt wie erkannt.
Der Angeklagte hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat daher die Verwerfung der Revision beantragt.

II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Hinsichtlich des Schuldspruchs führt sie allerdings zur Verwerfung der staatsanwaltlichen Berufung und damit zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Im Einzelnen:

1. Die amtsgerichtlichen und landgerichtlichen Feststellungen, die sich vollumfänglich an der geständigen Einlassung des Angeklagten ausrichten, belegen sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht allein einen rechtswidrig und schuldhaft begangenen unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln; die Beweiswürdigung hierzu ist fehlerfrei und trifft in ihrem Fazit, dass weitere Erkenntnisquellen nicht gegeben sind und die früheren Angaben des Angeklagten einen Schuldspruch wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln allein nicht tragen könnten, in jeder Hinsicht zu. Daher kann eine Änderung des Schuldspruchsaufgrund anderer Feststellungen ausgeschlossen werden, so dass die Berufung der Staatsanwaltschaft insoweit ohne Erfolg bleiben muss und der Schuldspruch des Amtsgerichts wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln Bestand hat.

2. Soweit das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und das Verfahren eingestellt hat, ist die Revision erfolgreich. Entgegen der Ansicht der Strafkammer steht das in der Bußgeldsache rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 15.04.2014 der Verfolgung des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht entgegen. Es ist kein Strafklageverbrauch eingetreten. Zwischen der vorliegenden Tat nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG und derjenigen gem. § 24a Abs. 2 StVG besteht weder materiell-rechtliche Tateinheit noch liegt eine Tat im prozessualen Sinn (§ 264 StPO) vor.

a) Ausgangspunkt der Bewertung ist die materiell-rechtliche Betrachtung. Zwar ist der prozessuale Tatbegriff im Verhältnis zum materiellen Recht selbstständig (BGH, Beschluss vom 24. Juli 1987 - 3 StR 86/87, BGHSt35, 14, 19; BGH, Urteil vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 154); jedoch sind materiell-rechtlich selbstständige Taten in der Regel auch prozessual selbstständig (BGHSt a. a. O.), falls nicht weitergehende Umstände die Annahme einer Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO rechtfertigen (BGH, Urteile vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, und vom 29. September 1987 - 4 StR 376/87, BGHSt 35, 60, 64; OLG Braunschweig, Beschluss vom 2. Mai 2012 - Ss (OWi) 72/11; juris). Letzteres wird angenommen, wenn die Handlungen innerlich so verknüpft sind, dass nur ihre gemeinsame Würdigung erlaubt ist, eine getrennte Würdigung sowie Aburteilung in verschiedenen Verfahren mithin als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2004 - 5 StR206/04, BGHSt 49, 359, 362 m .w. Nw., BGH, Beschluss vom 15. März 2012 - 5 StR 288/11).
b) Zwischen beiden Taten - der Rauschtat und dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln - besteht schon keine Tateinheit, was grundsätzlich voraussetzen würde, dass mehrere Strafgesetze durch eine einzige Handlung verletzt werden und sich die objektiven Ausführungshandlungen der mehreren Tatbestände vollständig decken (vgl. Sternberg-Lieben/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., Rdnrn. 6/8 zu § 52).

Die objektiven tatbestandlichen Ausführungshandlungen der vorliegend zu betrachtenden beiden Delikte decken sich aber nicht einmal teilweise; sie stellen bei natürlicher Betrachtungsweise - ungeachtet der zeitlichen Überschneidung bei der Tatbegehung - zwei selbstständige, auf gesondert gefassten Tatentschlüssen beruhende körperliche Willensbetätigungsakte dar. Eine einheitliche Handlung liegt den beiden gegen den Beschwerdeführer ergangenen Schuldsprüchen deswegen nicht zugrunde, weil der Angeklagte die tatsächliche Gewalt über die Betäubungsmittel nicht dadurch ausübte, dass er seinen PKW unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln führte. Dass er bei Gelegenheit seiner Fahrt mit dem PKW im Besitz von Betäubungsmitteln angetroffen wurde, stellt einen zufälligen äußeren Umstand dar. Eine innere Verknüpfung beider Handlungen, die über die bloße Gleichzeitigkeit hinausginge, ist darin nicht zu sehen. Denn der Angeklagte hätte die tatsächliche Sachherrschaft über das Rauschgift auch dann nicht verloren, wenn er nicht als Führer eines PKW am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen, sondern das in seiner Jacke verwahrte Marihuana auf der Fahrt zu seinem Freund, mit dem er die Drogen gemeinsam konsumieren wollte, als Passagier eines beliebigen Verkehrsmittels mit sich geführt hätte.

c) Die somit sachlich-rechtlich selbstständige Taten sind grundsätzlich auch prozessual selbstständig. Eine unlösbare innere Verknüpfung zweier Handlungen, die über die bloße Gleichzeitigkeit ihrer Ausführung hinausginge, liegt nicht vor, wenn der Täter - wie hier - mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung berauschender Mittel fährt und hierbei Betäubungsmittel ohne einen erkennbaren Beziehungs- bzw. Bedingungszusammenhang als Teil seines persönlichen Gewahrsams mit sich führt. Beide Tatbestände knüpfen zwar an die Existenz eines Betäubungsmittels (im Blut bzw. als körperliche Sache) an, greifen aber in ihrer Struktur nicht ineinander. Die Fahrt verfolgt in einem solchen Fall - anders als in den Transport- oder Fluchtfällen - nicht den Zweck, den Drogenbesitz aufrechtzuerhalten bzw. abzusichern; die Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit dient nicht dazu, die Betäubungsmittel zu transportieren, zu finanzieren, an einen sicheren Ort zu bringen, sie zu verstecken oder dem staatlichen Zugriff zu entziehen. Die Verlagerung des Besitzes an einen anderen Ort unter Verwendung des Kraftfahrzeugs ist lediglich die zwangsläufige Begleitfolge der Entscheidung, auf der Besuchsfahrt zum Freund dieses private Verkehrsmittel und keine öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Auf das Weiterbestehen des zeitgleichen Besitzes der BTM hat dies aber keinerlei Auswirkungen, weil - wie bereits ausgeführt - der Angeklagte die tatsächliche Sachherrschaft über das Rauschgift auch dann gleichermaßen behalten hätte, wenn er das in seiner Jacke verwahrte Marihuana als Passagier eines beliebigen Verkehrsmittels mit sich geführt hätte.
Da die Mitnahme der Betäubungsmittel sich auch nicht auf die Fahrtätigkeit als solche ausgewirkt hat und auch nicht auswirken sollte, was zu bedenken gewesen wäre, wenn der der Angeklagte das Marihuana deshalb bei sich geführt hätte, um sich durch den Konsum der Drogen als Genuss- oder Aufputschmittel die Fahrt zu erleichtern, gibt es daher insgesamt keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte, die die Annahme einer einheitlichen Tat rechtfertigen könnten (vgl. insgesamt: BGH, Beschluss vom 27. April 2004 - 1 StR 466/03 -, juris).

d) Die Entscheidung des OLG Köln vom 05.10.2004 (8 Ss-OWi 25/04; juris), der ein vergleichbarer Fall zugrunde lag, macht keine Divergenzvorlage notwendig, weil die Rechtslage schon durch den Bundesgerichtshof im Sinne der vorstehenden Senatsentscheidung geklärt ist.

d) Schließlich gebieten auch rein rechtliche Erwägungen, hier insbesondere der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der bei der Anwendung des Art. 103 Abs. 3 GG im Einzelfall die Annahme einer einheitlichen Tat erforderlich machen kann, keine andere Beurteilung, weil dem Angeklagten aufgrund des ihm (aufgrund Akteneinsicht seines Verteidiger - siehe Bl. 38/43 d. A.) zur Kenntnis gelangten Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 28.06.2013 frühzeitig bekannt geworden war, dass den Vorwürfen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz einerseits und der Verkehrsordnungswidrigkeit andererseits in getrennten Ermittlungsverfahren nachgegangen wurde. Der Angeklagte konnte daher nicht davon ausgehen, dass das zuerst in der Bußgeldsache rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 15.04.2014 den Vorwurf des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz miterfasst hat.

e) Ob der Senat an seiner Entscheidung vom 19.01.2001 (1 Ss (S) 65/00 - Strafverteidiger 2002, Seite 241 - es geht dort um einen Ladendiebstahl unter Drogeneinfluss), die das Landgericht zur Begründung der gegenteiligen Ansicht herangezogen hat, angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2004 (1 StR 466/03 -, juris) weiter festhalten würde, muss nicht entschieden werden, weil die Sachverhalte nicht identisch sind.

f) Da somit ein Verfahrenshindernis nicht besteht, muss auf die Berufung der Staatsanwaltschaft über die Rechtsfolgenentscheidung erneut entschieden werden, wobei die Feststellungen zum äußeren und inneren Tatbestand, die dem aufgrund der Senatsentscheidung rechtskräftig geworden Schuldspruch zugrunde liegen, durch damit nicht im Widerspruch stehende weitere Feststellungen ergänzt werden dürfen. Zur Entscheidung ist insgesamt eine neue kleine Strafkammer des Landgerichts Braunschweig berufen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).

OLG Braunschweig, Urteil vom 10.10.2014 - 1 Ss 52/14 = BeckRS 2014, 19751

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