3 Jahre Pistenverbot: Der schnelle Schönheitschirurg und der verletzte Anwalt (LESERTIPP!)

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.11.2014
Rechtsgebiete: PistenverbotStrafrechtVerkehrsrecht9|3629 Aufrufe

Blogleser "Mein Name" hat sich an mich gewandt. Es geht um die vorletzte Skisaison. In Kitzbühel hatte sich damals ein Unfall zugetragen, der nun die Münchener Gerichte beschäftigte und zu einem dreijährigen Pistenverbot führte. "Mein Name" schreibt (auszugsweise):


Ein Münchner Schönheitschirurg (wer kann sich Skifahren in Kitzbühel denn sonst leisten) fuhr am Silvesternachmittag 2012 auf der Griesalmabfahrt einen ebenfalls Münchner Anwalt über den Haufen (schlecht getroffen im doppelten Sinne sozusagen); Bericht vom Mai 2014:http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.amtsgericht-skiunfall-muenchn...

Sein Fahrtempo lag wohl bei bundesstraßentauglichen 100 km/h (!), Bericht vom Juni:http://www.welt.de/regionales/muenchen/article128648298/Schoenheitschiru...

Er leistete Schadensersatz für die Behandlungskosten (u.a. Nierenriss) und den nicht geringen Verdienstausfall des Opfers, was ihn im Strafverfahren nicht gerade in eine gute Verhandlungsposition brachte. Auch dass er wohl Mitglied einer Facebook-Gruppe war, die den Austausch über besagtes Renntempo mittels selbstgedrehter Videos pflegt, war sicher nicht hilfreich - http://www.focus.de/panorama/welt/wegen-ski-unfall-auf-der-piste-faceboo....

(Hintergrundinfo "Early Bird": in manchen Skigebieten gibt es so genannte "Early Bird"-Skipässe, die - gegen einen entsprechenden Aufpreis - eine halbe oder ganze Stunde früher als zur regulären Öffnungszeit Zutritt zu den Liften verschaffen bzw. das Mitfahren mit dem Bedienungspersonal, das auf den Berg zur Arbeit muss, gestatten. So hat man tatsächlich bei der ersten Abfahrt völlig freie Bahn bzw. die Gewissheit, dass sich sonst niemand auf der Piste befindet und kann das bei entsprechender Streckenkenntnis nutzen.)

Entscheidung des Münchner Amtsgerichts: 6 Monate auf Bewährung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Und das Verbot, sich in den nächsten 3 Jahren auf deutschen Skipisten blicken zu lassen, ansonsten gesiebte Luft: http://www.merkur-online.de/lokales/muenchen/stadt-muenchen/schoenheitsc...

Leider ist über das weitere Verfahren - insbesondere die Berufungsverhandlung - nichts bekannt. Vielleicht kann ein Blogleser aushelfen? Blieb es bei dem Pistenverbot?

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9 Kommentare

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Gern geschehen und vielen Dank zurück :-)

Colorandi causa: der Verurteilte hat sich wohl nicht besonders diplomatisch vor Gericht verhalten und wurde in der FB-Gruppe angeschrieben mit dem Text "Alle warten auf dein Crash-Video". (Link)

Ich finde das Verfahren aus zwei Gründen interessant: selbst bei fahrlässigen Tötungen durch Kollision auf der Skipiste gibt es auch bei Missachtung der FIS-Regeln eigentlich nie mehr als die 6 Monate, die hier verhängt worden sind - das Gericht sah in diesem Fall wohl ein besonders rücksichtsloses Verhalten als erwiesen an. Und ein Pistenverbot als Auflage ist mir in diesem Zusammenhang auch noch nicht untergekommen (oder kennt sonst jemand Beispiele?).

Was mich wundert, ist die Dauer der Weisung: 3 Jahre (falls die Presseberichte stimmen), denn nach § 56c StGB darf die Weisung die Dauer der Bewährungszeit (2 Jahre) nicht übersteigen. Und für eine Maßregel braucht es m.E. vorsätzliche KV und eine Verurteilung zu zwei Jahren. Hat sich das AG München hier vertan?

P.S.: Grund Nummer 3 ist der Klischeebonus - Schönheitschirurg, Anwalt, Kitzbühel ... fehlen nur noch die Russen (aber deren Ferien beginnen erst an Neujahr).

Im Internetbericht stand die Bewährungszeit nicht dabei, vielleicht waren es 3 Jahre?

Eine Maßregel (welche?) kommt sicherlich nicht in Betracht.

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Die Maßregel ist hier das Verbot des Skifahrens auf deutschen Pisten.

Generell wird eine Maßregel bei einer positiven Gefährlichkeitsprognose des Täters angeordnet.

Neben der allgemein bekannten Maßregel der Besserung und Sicherung (ich denke die hatten Sie bei Ihrem KOmmentar im Kopf @Sams), ist bspw. auch der Entzug der Fahrerlaubnis (Pkw) eine häufig anzutreffende Sanktion.

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@Wiss. MA

Und welche Maßregel der Besserung und Sicherung im Sinne des § 61 StGB ist das Verbot, Ski zu fahren?

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@ Bob Andrews: § 61 4. Führungsaufsicht, detailliert in § 68b (1) 2.: sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können

@ Sams: Dass die Bewährungszeit auf 3 Jahre festgelegt wurde, kann natürlich auch sein. Ich hatte - aus welchen Gründen auch immer - 2 Jahre im Kopf.

Eigentlich könnte es dem "schnellen Schnippler" ja egal sein, offensichtlich hat er die Mittel, um nicht auf deutsche Skigebiete angewiesen zu sein. Vielleicht hat er ja ein Appartement in Garmisch oder er fühlt sich einfach ungerecht behandelt.

@ meinname

fahrlässige KV sieht keine Führungsaufsicht vor.

@Wiss MA

es gibt ja nicht "die" Maßregel sondern mehrere enumerativ bezeichnete.

Hier geht der Weg nur über eine Bewährungsauflage und btw finde ich diese hier gut, weil es mal was Originelles ist. Stellt sich halt die Frage der Überwachung...

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@ Sams: das habe ich in meinem ersten Beitrag bereits geschrieben -  für eine Maßregel braucht es m.E. vorsätzliche KV und eine Verurteilung zu zwei Jahren.

Das Problem der Überwachung stellt sich bei vielen Bewährungsauflagen, aber bei einem Verstoß ginge er das Risiko ein, bei einer erneuten Beteiligung an einem Skiunfall seine Personalien angeben zu müssen und evtl. in einem Polizeibericht aufzutauchen.

Das "Pistenverbot" ist natürlich keine Maßregel. Diese sind tatsächlich abschließend aufgezählt. Hier war es eine ganz normale Regelung im Bewährungsbeschluss. Dieser kann alle möglichen Auflagen und Weisungen enthalten. Diese sind dann auch für die Zeit der Bewährung einzuhalten. Im Führungsaufsichtsrecht gibt es entsprechende Regelungen. Hier war es aber keine Führungsaufsichtssache.

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