Einschlafen als Kündigungsgrund – nicht immer!

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.11.2014

Das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 19.11.2014 - Aktenzeichen 7 Ca 2114/14) hat über die Kündigungsschutzklage einer Mitarbeiterin im Bordservice der Deutschen Bahn zu entscheiden. Ihr war von der Bahn gekündigt worden war, nachdem sie in einem Zugabteil eingeschlafen war und erst nach mehreren Stunden die Arbeit aufgenommen hat. Die 30-Jährige hatte an dem fraglichen Tag schon zu Dienstbeginn gegenüber dem Zugchef und der Restaurantleitung über Unwohlsein geklagt, wollte sich aber nicht krankmelden. Kurz darauf hatte die Frau sich nach Rücksprache mit ihrer Chefin dann doch in einem Kleinkindabteil ausgeruht, aber darum gebeten, bei Bedarf gerufen zu werden. Nachdem sie erst am Zielort Basel wieder aufgewacht war, nahm sie ihre Arbeit für vier Stunden wieder auf. Gut sieben Wochen später erhielt sie von der Deutschen Bahn eine ordentliche Kündigung. Die Bashn hatte das Einschlafen als Arbeitsverweigerung gewertet und darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits abgemahnt worden war, unter anderem wegen Verschlafens des Dienstbeginns. Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt. Es hat offen gelassen, ob die Klägerin eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt hat, indem sie sich nicht förmlich krankgemeldet hat und im Abteil eingeschlafen ist. Selbst im Fall einer Pflichtverletzung hätte es einer weiteren Abmahnung bedurft. Die bereits erteilten Abmahnungen hat das Gericht für nicht einschlägig und die Kündigung damit für unverhältnismäßig gehalten. „Verschlafen“ ist offenbar etwas anderes als „Schlafen“. Ob das jeden überzeugt, ist nicht sicher. Lebensnäher demgegenüber die Frage des Vorsitzenden, weshalb in diesem Fall nicht die „ganz normale kollegiale Fürsorge“ gegriffen und niemand nach der kranken Frau geschaut habe. Die obsiegende Klägerin wird wie folgt zitiert: „Ich bin froh, dass ich wieder arbeiten gehen kann“, sagte die Bordbistro-Mitarbeiterin nach der Verhandlung. Während der Arbeit schlafen werde sie in Zukunft sicher nicht mehr. „Ich habe daraus gelernt.“ Gegen die Entscheidung kann noch Berufung beim LAG Köln eingelegt werden.

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1 Kommentar

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"Kurz darauf hatte die Frau sich nach Rücksprache mit ihrer Chefin dann doch in einem Kleinkindabteil ausgeruht, aber darum gebeten, bei Bedarf gerufen zu werden."
Die sagt also: Ich müsste mich eigentlich krank melden, das will ich aber den anderen nicht zumuten, also ruhe ich mich aus und bin da, wenn sie mich brauchen. Offensichtlich hat sie niemand gebraucht.

 

Dass aber die Chefin, mit der das Ausruhen ja anscheinend abgesprochen was, sowas zum Anlass nimmt, eine Kündigung auszusprechen/aussprechen zu lassen, spricht dafür, dass hier schon einiges im Argen liegt. Ob man ohnehin nur Gründe gesucht hatte, diese Mitarbeiterin loszuwerden, oder ob die Führungsqualitäten der Chefin nichts taugen - man weiss es nicht.

Man kann hier aber wohl nur den Rat geben: Wer sich nicht gut fühlt, bleibt ganz zu Hause und läßt sich krank schreiben. Besser gar nicht hingehen als auf Abruf bereitstehen.

Wenn man seitens der Bahn das Verhalten der Arbeitnehmerin abmahnwürdig (bzw. kündigungswürdig) findet, gehört natürlich auch die Chefin abgemahnt, wenn die Frau ihre Schlafpause in Absprache mit der Chefin genommen hat.

 

Verspätetes Erscheinen zum Dienst ist, vor allem beim Bordservice der Bahn ein deutlicher Unterschied zum Einschlafen bei der Arbeit. Wenn sie zu spät kommt, ist möglicherweise der Zug weg und es ist dann kaum noch möglich, dass sie die Arbeit wie geplant, wenn auch verspätet, aufnimmt. Es muss dann umdisponiert und sie einem anderen Zug zugewiesen werden. Wenn sie bei der Arbeit einschläft, kann man sie wecken und sie kann weiterarbeiten.

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