Zur Jahreswende: Der Sichtbarkeitsgrundsatz

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 31.12.2014
Rechtsgebiete: SchildVerkehrsrecht1|4452 Aufrufe

Sicher haben die meisten Blogleser schon mal etwas vom "Sichtbarkeitsgrundsatz" im Straßenverkehr gelesen - Einzelheiten hat man natürlich nicht sofort hierzu parat. Ich habe mal im Burmann/Heß/Jahnke/Janker geschaut, wie der denn da beschrieben wird. Einige Zeilen rücke ich mal  hier ein:

Der Sichtbarkeitsgrundsatz (sofortige Erkennbarkeit des Regelungsgehalts von Verkehrszeichen; BVerwG DAR 08, 656 = zfs 08, 714) besagt im Einzelnen: Der VT braucht nur solche AOen zu beachten, die ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sind (§§ 41, 43 VwVfG; VG Berlin NZV 89, 168; OLG Köln NZV 93, 406), dh ihm auf seiner Fahrt in Gestalt sichtbarer VZ begegnen (BGHSt 11, 7) u die er bei Anwendung der nötigen Sorgfalt ohne weiteres wahrnehmen kann (OVG NW VBl 90, 387), zumal der dadurch verkörperte VA erst durch die Wahrnehmungsmöglichkeit eröffnet u damit wirksam wird

Janker in:    Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht
23. Auflage 2014    § 39 StVO Rn. 15

Nun habe ich von einem Verkehrschild unweit der Kanzlei des bloggenden Anwalts Hoenig in diesem Herbst mal das beigefügte Foto gemacht, das mir den Sichtbarkeitsgrundsatz wieder ins Gedächtnis rief .... wie steht es nun an der Stelle mit der Beschilderung? 

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Zum sog. Sichtbarkeitsgrundsatz bei Verkehrszeichen erlaube ich mir einen Auszug aus dem demnächst erscheinenden Werk

"Strassenverkehrssachen", 2. Auflage, im Beck-Verlag, anzufügen

www.hansklausweber.de

 

3. Sog. Sichtbarkeitsgrundsatz1

 

a) Verkehrszeichen mit der Rechtsqualität von Verwaltungsakten müssen bekanntgegeben werden, damit ihre Wirksamkeit eintritt (§§ 41, 43 VwVfG).2

Dabei genügt zur wirksamen Bekanntgabe das Aufstellen des Verkehrszeichen in der Form, dass sie dem Adressaten (Verkehrsteilnehmer) die Wahrnehmung der Regelung bei Zugrundelegung des Sorgfaltsmaßstabes nach § 1 StVO ermöglicht.

 

 

Dazu äußerte sich das BVerwG mit Urteil vom 23.9.20103

 

„Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen (Spezial-)Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung durch Aufstellen des Verkehrsschildes (vgl. insbesondere § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 4 StVO). Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht.

Das gilt unabhängig davon, ob die Bekanntgabe in Form starrer Verkehrszeichen erfolgt oder mithilfe einer Anzeige über eine Streckenbeeinflussungsanlage oder einen Prismenwender“.

 

 

Vorausgegangen war ein Beschluß des BVerfG vom 10.9.20094, der sich auch mit dem Sichtbarkeitsgrundsatz auseinandersetzte (im wesentlichen sich aber mit der Frage beschäftigte, welche Frist für die Anfechtung eines Verkehrszeichens gilt .

 

b) Problematisch sind dabei sog. Schilderkombinationen.

 

 

BVerwG, DÖV 2008, 680

 

„Ein Verstoße gegen die Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes ergibt sich aus der Vielzahl der gleichzeitig verwendeten Verkehrszeichen. Die angegriffenen Verkehrsverbote wurden durch eine Kombination aus 5 Einzelzeichen, nämlich dem Z. 253 und 4 Zusatzzeichen umgesetzt. Bei dieser Vielzahl war das Gebot einer raschen und zuverlässigen Erfassbarkeit der Regelung

nicht mehr erfüllt“

.

 

c) Zu einem mit Schnee bedeckten Verkehrszeichen (Halteverbot) äußerte sich das BayObLG im Jahre 1984:5

„Ein Verkehrszeichen, das in solcher Weise mit Schnee bedeckt ist, dass eine Bedeutung nicht mehr zu erkennen ist, für Verkehrsteilnehmer, die in seinen Wirkungsbereich gelangen, während sich das Zeichen in einem Zustand befindet, zumindest i.d.R. schon objektiv keine rechtsverbindliche Anordnung“.

 

1 VGH München, SVR 2013, 398; BVerwG DÖV 2008, 680; Hentschel/König/Dauer, Anm. 247 zu § 41 StVO

2 Rebler, Der Rechtsschutz im Bereich verkehrsrechtlicher Anordnungen; BayVBl. 2004, 554, 555

3 3 C 37.09

4 NZV 2009, 622, mit Anmerkung Weber in NZV 2010, 165

5 Beschluss vom 16.5.1984, 1 Ob OWi 127/84

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