Gewerkschaftssekretär klagt gegen Rauswurf bei Verdi

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 12.01.2015

Gewerkschaften sind nicht nur Verbände, welche die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber ihrem Gegenspieler und der Politik zur Geltung bringen, sondern auch selbst Arbeitgeber. Ob sie ein besonders guter Arbeitgeber ist, wird mitunter bezweifelt. Die sicherlich auch hier unvermeidbaren internen arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen erfreuen sich meist einer besonderen medialen Aufmerksamkeit. Über einen Fall, in dem von Gewerkschaftsseite überaus (zu?) streng durchgegriffen wurde, berichtet vor kurzem die WAZ (vom 14.12.2014). Dieser wird derzeit vor dem Arbeitsgericht Duisburg verhandelt. Es geht um einen bei Verdi angestellten Gewerkschaftssekretär, der gegen seine fristlose Kündigung klagt. Folgendes soll sich zugetragen haben: Die Jugendvertretungen von Stadtwerke und DVG hatten im September 2014 zu einem Wochenende in einem dem DGB gehörenden Haus in Hattingen eingeladen. Auf Seiten Verdis soll der Sekretär maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung beteiligt gewesen sein. Auszubildende, darunter auch Minderjährige, sollten unter anderem über den Sinn einer Gewerkschaftszugehörigkeit aufgeklärt werden. Doch eine Verdi-Kollegin belastete den Sekretär hinterher schwer: So soll er unter anderem anstößige Videos auf seinem Dienst-Handy gezeigt und zu nächtlichem Nacktbaden aufgefordert haben. Der Sekretär wandte ein, dass er schon auf seinem Zimmer gewesen sei, als das nächtliche Baden stattgefunden haben soll. Und er habe in einer Arbeitsgruppe zwar sein Handy zur Verfügung gestellt, damit Videos gezeigt werden konnten, habe sie aber nicht selbst angesteuert. Seine Anwältin trug zudem vor, dass auch die Kollegin, die die Beschuldigungen erhob, zuvor anstößige Filmchen gezeigt haben soll. Die Vorsitzende der Kammer äußert im Grundsatz Verständnis für die Kündigung. Der Kläger habe offenbar Probleme, sich gegenüber den Jugendlichen abzugrenzen, mit denen er tagtäglich zu tun habe, so die Vorsitzende. Als Vertreter eines „Tendenzunternehmens“, wie es die Gewerkschaft mit ihren klaren Zielen und Werten nun einmal sei, habe er eine besondere Vorbildfunktion, der er nicht gerecht geworden sei. Doch auch für den Arbeitgeber Verdi gab es Schelte: „Das Mittel der Abmahnung scheint es für sie nicht zu geben“, so die Vorsitzende Richtung Beklagte. Und von einer Abwägung, bei der spürbar geworden sei, dass es auch um die Existenz eines jungen Familienvaters gehe, sei nichts festzustellen. Die Richterin ließ durchblicken, dass sie sich eine Weiterbeschäftigung des Verdi-Sekretärs nur schwer vorstellen könne. Sie schlug allerdings die Umwandlung in eine fristgerechte Kündigung und eine vierstellige Abfindung als Vergleich vor. Doch davon wollte der Kläger nichts wissen: „Das kommt für mich nicht in Frage.“ Das Verfahren wird daher weiter fortgesetzt werden müssen. 

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