Erstattung von Anwaltskosten durch Arbeitgeber nach vermeidbarer Strafanzeige

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 17.01.2015

Beim Whistleblowing stellt sich bekanntermaßen häufig die Frage, ob dem Arbeitnehmer, der von Gesetzesübertretungen Kenntnis erlangt hat, nicht vorrangig eine interne Klärung zuzumuten ist, bevor er den Sachverhalt nach außen trägt. Das ArbG Köln (Urteil vom 18.12.2014 -11 Ca 3817/14) hatte sich nun mit einem Fall zu beschäftigten, bei dem die Rollen vertauscht waren, es also um eine vorschnelle Reaktion der Arbeitgeberseite ging: Die Arbeitgeberin betreibt ein Werttransportunternehmen, bei dem der Kläger als Fahrer beschäftigt war. Der Kläger hatte einen Geldschein eines Kunden zur Überprüfung seiner Echtheit der Polizei übergeben. Nach Rückerhalt des Geldscheins gab er diesen in einer Filiale der Arbeitgeberin ab, was allerdings nicht quittiert wurde. Als der Kunde später nach dem Verbleib des Geldscheins fragte und der Vorgang nicht nachvollzogen werden konnte, erstattete die Arbeitgeberin Strafanzeige gegen den zwischenzeitlich ausgeschiedenen Kläger, ohne diesen hierzu zu befragen. Nach Aufklärung des Sachverhalts stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein. Der Kläger hatte einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt und verlangte die Erstattung der Kosten von der Arbeitgeberin. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger recht gegeben und die Arbeitgeberin zur Zahlung der Anwaltskosten verurteilt. Zwar dürfe jemand, der gutgläubig eine Anzeige erstatte, nicht mit dem Risiko eines Schadensersatzanspruches belegt werden, wenn sich der Verdacht später nicht bestätige. Dieser Grundsatz, den das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 1985 aufgestellt hat, gelte im Arbeitsverhältnis jedoch nicht uneingeschränkt. Im Arbeitsverhältnis bestünden besondere Fürsorgepflichten, nach denen die eine Partei der anderen nicht grundlos Nachteile zufügen dürfe. Die Arbeitgeberin hätte den Kläger im konkreten Fall vor Erstattung der Anzeige befragen und den Sachverhalt auf diese Weise ggf. aufklären müssen. Das Urteil erscheint im Hinblick auf die Behandlung der Whistleblowing-Fälle durchaus konsequent. 

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2 Kommentare

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Meiner Ansicht nach müsste es sich bei der Entscheidung des BVerfG um den Beschluss vom 25.02.1987 (BVerfGE 74, 257) handeln, bei der es um den Schadensersatzanspruch eines gutgläubigen Erstatters einer Strafanzeige ging.

Wenn man die zuständige StA oder KriPo fragt, wird die von der Idee eigener Ermittlungen des Arbeitgebers vielleicht weniger begeistert sein als das Arbeitsgericht. In solchen Fällen fordern die Ermittlungsbehörden vielmehr genau die Vorgehensweise, die hier kritisiert wurde.

Das ArbG kann damit drohen, dem Arbeitgeber die Kosten eines Strafverteidigers aufzudrücken.

Die StA kann damit drohen, ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung einzuleiten.

Vor diesem Hintergrund mal ganz lapidar gefragt: Was kümmert die Meinung eines Arbeitsgerichtes?

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