Auslandszusammenschlüsse und internationale Zuständigkeit für Kartellschadensersatzklagen – zur Veranstaltung der Regionalgruppe Stuttgart der Studienvereinigung Kartellrecht

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 06.03.2015

Der letzte Blogbeitrag zum Kartellrecht liegt doch einige Zeit zurück. Mal wieder hat mich die Fusionskontrolle abgehalten.

Heute kann ich von der gestrigen Veranstaltung der Regionalgruppe Stuttgart der Studienvereinigung Kartellrecht berichten.

Nach einem Termin beim Bundeskartellamt habe ich es abends noch - leider mit leichter Verspätung - zu der Veranstaltung geschafft. Die Kollegen von Oppenländer hatten in ihre schönen Räumlichkeiten am Börsenplatz eingeladen.

Es war ein interessantes Programm geboten.

Herr Dr. Andreas Bardong, der Referatsleiter Deutsche und Europäische Fusionskontrolle beim Bundeskartellamt, stellte das neue Merkblatt "Inlandsauswirkungen in der Fusionskontrolle" vor. Er führte sehr anschaulich und nachvollziehbar anhand von Beispielen Schritt für Schritt die Vorgehensweise in die Prüfung von Inlandsauswirkungen ein. Zu jedem Prüfungsschritt, den das Bundeskartellamt in der Mitteilung nennt, stellte er die Erwägungen des Bundeskartellamts dar und ging auf die im Konsultationsverfahren von verschiedenen Stellen erhaltenen Hinweise und deren Behandlung durch das Bundeskartellamt ein. Sehr ausführlich begründete er auch den - aus Praktikersicht kaum zu beanstandenden - Hinweis des Bundeskartellamts, dass, wenn nach Durchlaufen des kompletten Prüfungsprogramms noch Zweifel an der Anmeldepflicht verblieben, einfach angemeldet werden solle. Das Bundeskartellamt werde die Frage dann offen lassen und einfach freigeben. Angesichts der Nichtigkeitsfolge des § 41 GWB und der Tatsache, dass es keinen Sinn macht, in materiell einfachen Fällen viel Aufwand für die formelle Seite zu treiben, ist das die richtige Lösung.

Die Erläuterungen von Herrn Dr. Bardong waren so überzeugend, dass sich kein Diskussionsbedarf ergab und der wesentliche Hinweis aus dem Kreis der Teilnehmer dahin ging, das Bundeskartellamt möge diesen Ansatz auch der Europäischen Kommission nahelegen. Diese geht – im vermeintlichen Einklang mit der Rechtsprechung – selbst in Fällen, in denen weltweit tätige Unternehmen eine gemeinsame Betriebskantine in Venezuela gründen – bei Erreichen der Umsatzschwellen der EG-Fusionskontrollverordnung (durch die Mutterunternehmen) – von einer Anmeldepflicht aus. Das ist natürlich kein sehr sinnvolles Ergebnis, zumal, wenn man den Aufwand betrachtet, der mit einer Anmeldung bei der Kommission verbunden ist.

In einem zweiten Referat stellte Herr Dr. Christian Steinle von der Kanzlei Gleiss Lutz die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 11.12.2014 in der Rechtssache CDC / Evonik Degussa u.a. (Rs. C-352/13) vor (vgl. Kurzfassung hier). Er arbeitete sehr klar und anschaulich die Sicht des Generalanwalts auf die sich ihm stellenden Rechtsfrage heraus. Einen Schwerpunkt legte er dabei auf die Frage, wie der Deliktsgerichtsstand der Brüssel-1-Verordnung in Kartellschadensersatzfällen zu interpretieren ist (bzw. ob die Vorschrift überhaupt anzuwenden ist, was der Generalanwalt verneint) und welche Folgen die denkbaren Auffassungen zur Auslegung haben würden. Der zweite Teil seines Vortrags widmete sich der von dem Generalanwalt untersuchten Frage, ob bzw. unter welchen Umständen die internationale Zuständigkeit des Gerichts entfällt, wenn der Beklagte, in dessen Sitz geklagt wurde, mit dem Kläger einen Vergleich schließt und sich die beim Gericht anhängige Klage nur noch gegen Beklagte richtet, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten haben.

Das Referat ließ keine Fragen offen. Die kurze Diskussion im Anschluss drehte sich um die Frage, wie sich das Auslegungsergebnis des Generalanwalts mit dem Normtext vereinbaren lässt und darum, welche Schlussfolgerungen sich für das deutsche Zivilprozessrecht (§ 32 ZPO) ziehen lassen.

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