Neue Assekuranz Gewerkschaft e.V. (NAG) nicht tariffähig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 16.04.2015

Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung stellt an die Tariffähigkeit von Arbeitnehmervereinigungen gewisse Mindestanforderungen (Stichwort: soziale Mächtigkeit). Neue gegründete Arbeitnehmervereinigungen haben es daher nicht leicht, sich als tariffähige Gewerkschaften durchzusetzen. Vor allem müssen Sie mit einer durch andere Gewerkschaften initiierten Überprüfung ihrer Tariffähigkeit rechnen. So verhielt es sich auch in einem gerade vor dem Hessischen LAG (Beschluss vom 9. April 2015, Az. 9 TaBV 225/14, Pressemitteilung 1/2015) abgeschlossenen Verfahren, dass auf Antrag der Gewerkschaft ver.di in Gang gekommen war. Zu befinden war in dem Verfahren nach § 97 ArbGG für die Tariffähigkeit der Ende 2010 gegründete Neue Assekuranz Gewerkschaft e.V. (NAG). Dieses Verfahren ist seit dem 16. August 2014 gesetzlich teilweise neu geregelt. Die Landesarbeitsgerichte entscheiden jetzt zur Beschleunigung des Verfahrens als erste Instanz. Ist eine Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss zugelassen, urteilt darüber das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Liegt eine rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung (Gewerkschaft, Arbeitgeberverband) vor, wirkt dieser Beschluss für oder gegen jedermann, nicht nur für die Beteiligten des Verfahrens. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat nunmehr in diesem Verfahren festgestellt, dass die Neue Assekuranz Gewerkschaft e.V. (NAG) keine tariffähige Gewerkschaft ist. Die Organisation sei derzeit nicht mächtig genug, Tarifforderungen im Versicherungsgewerbe durchzusetzen. Da die NAG noch keine Tarifverträge abgeschlossen hat und ihre Mitgliederzahl in dem Verfahren nicht konkret mitteilte, sah sich das Hess. LAG außerstande, eine positive Prognose zur Durchsetzungsfähigkeit der NAG bei Tarifforderungen anzustellen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Interessant ist noch der Hinweis in der Pressemitteilung, wonach das Hess. LAG dem Antrag der NAG nicht gefolgt ist, das Verfahren auszusetzen und die Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelung des § 97 ArbGG wegen der Verkürzung des Instanzenzugs dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Da der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich kein Verfahren über drei Instanzen erfordert, dürfte diese Rechtsansicht des LAG von der ganz h.M. gedeckt sein. 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen