ArbG Berlin: Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach Geltendmachung des Mindestlohnes unwirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.05.2015

Beim gesetzlichen Mindestlohn gibt es in der Praxis offenbar immer noch beträchtliche Akzeptanzprobleme. Die Unternehmen entfalten mitunter eine beachtliche Kreativität, um Kostensteigerungen durch den gesetzlichen Mindestlohn entgegenzuwirken. Die legalen Möglichkeiten sind allerdings sehr begrenzt. Wie es nicht geht, zeigt eine neue Entscheidung des ArbG Berlin (Urteil vom 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15, Pressemitteilung Nr. 11/15). Im entschiedenen Fall ging es um einen Hausmeister, der bislang mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden bei einer Vergütung von monatlich 315,00 EUR beschäftigt war, was einen Stundenlohn von 5,19 EUR ergab. Nach Inkraftreten des Mindestlohngesetzes forderte er von seinem Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR. Darauf bot der Arbeitgeber eine Herabsetzung der Arbeitszeit auf monatlich 32 Stunden bei einer Monatsvergütung von 325,00 (Stundenlohn 10,15 EUR) anbot. Nachdem der Arbeitnehmer die Änderung der Vertragsbedingungen abgelehnt hatte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, ob es sich um eine Änderungs- oder Beendigungskündigung handelte. Jedenfalls hat das Arbeitsgericht die Kündigung als eine nach § 612 a BGB verbotene Maßregelung angesehen. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder – wie hier – bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat. Der Arbeitgeber habe – so das ArbG Berlin - das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil der Kläger in zulässiger Weise den gesetzlichen Mindestlohn gefordert habe; eine derartige Kündigung sei unwirksam. In der Praxis dürfte dieser Zusammenhang allerdings nicht immer so klar zu Tage treten, so dass sich Beweisprobleme stellen können. Die Darlegungs- und Beweislast trägt dabei grundsätzlich der Arbeitnehmer, wobei allerdings anerkannt ist, dass zu seinen Gunsten ein Anscheinsbeweis in Betracht kommt, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen der benachteiligenden Maßnahme und der Rechtsausübung besteht (vgl. ErfK-Preis, § 612a BGB Rdnr. 22 m.w.N.).

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