LAG Düsseldorf: Firma muss für Arbeitsausfall durch Sturm "Ela" aufkommen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 17.05.2015

Tausende Bäume waren am 9. Juni 2014 durch den Sturm Ela umgestürzt und hatten in Düsseldorf Straßen und Schienen blockiert. Einige Mitarbeiter eines Versicherungsunternehmens trafen an diesem Tag zum Teil gar nicht, zum Teil mit erheblichen Verspätungen an ihrem Arbeitsplatz ein. Es war ihnen auf Grund von umgestürzten Bäumen nicht oder nicht rechtzeitig möglich, ihre Arbeitsplätze zu erreichen. Fraglich war, ob die ausgefallene Arbeitszeit zum Nachteil der Arbeitnehmer auf den Arbeitszeitkonten verrechnet werden durfte. Grundsätzlich gilt der Grundsatz, dass das Wegerisiko von den Arbeitnehmern zu tragen ist. Allerdings hatte die Versicherung eine Betriebsvereinbarung zur flexiblen Arbeitszeit (BV) abgeschlossen, die u.a. folgende Regelung (§ 13) enthielt:

 „Unberührt der Regelung des § 616 BGB, des MTV für das private Versicherungsgewerbe und der BV „Arbeitsordnung und Sozialleistungen“ werden die Zeiten folgender Arbeitsausfälle dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben:

g) Naturkatastrophen (Nachweis nur bei lokalem Auftreten erforderlich).“

Der Betriebsrat meinte, bei dem Unwetter und seinen Folgen handele es sich um eine Naturkatastrophe im Sinne der BV. Er beantragt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Mitarbeitern die Arbeitsausfälle in Folge des Sturms vom 09.06.2014 im Gleitzeitkonto gutzuschreiben und hilfsweise festzustellen, dass eine solche Zeitgutschrift zu erfolgen hat. Die Arbeitgeberin meinte, dass eine Zeitgutschrift gemäß § 13 g) BV nur zu erteilen sei, wenn wegen einer Naturkatastrophe in ihrem Betrieb nicht gearbeitet werden könne. Dies sei möglich gewesen, weil u. a. Arbeitnehmer, die am Arbeitsort wohnhaft sind, ihre Arbeitsplätze – wenn auch verspätet erreichen konnten. Das ArbG Düsseldorf hat die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Der Hauptantrag sei unzulässig, weil der Betriebsrat keine individualrechtlichen Ansprüche der Arbeitnehmer für diese geltend machen könne. Der Hilfsantrag sei unbegründet, weil kein Anspruch auf eine Zeitgutschrift bestehe. § 13 g) BV sei dahingehend auszulegen, dass dem Arbeitnehmer damit nicht das ihm grundsätzlich obliegende Wegerisiko bei Naturkatastrophen abgenommen werden solle. Gemeint seien vielmehr Fälle, in denen der Betrieb selbst von einer Naturkatastrophe betroffen sei. Das Wegerisiko sei nicht gemeint.

Das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 23.03.2015 - 9 TaBV 86/14) hat hingegen dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Er könne von der Arbeitgeberin die Durchführung der BV aus eigenem Recht verlangen. Diese begründe abweichend von den allgemeinen Grundsätzen einen Anspruch auf Zeitgutschrift wegen eines Arbeitsausfalls bei Naturkatastrophen, der das Wegerisiko mit einschließe. Grundsätzlich trage der Arbeitnehmer das Wegerisiko auch bei Naturkatastrophen. Gelange er deshalb nicht zur Arbeit, habe er keinen Vergütungsanspruch. § 13 g) BV enthiele indes eine für die Arbeitnehmer günstigere Regelung. Der verwandte Begriff des Arbeitsausfalls sei weit zu verstehen und umfasse das Wegerisiko, zumal dieses auch in anderen Buchstaben von § 13 BV angesprochen ist. 

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