ArbG Bonn: Post darf im Streik Beamte einsetzen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.05.2015
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtPostStreikBeamteArbG Bonn3|3212 Aufrufe

Der Einsatz von Beamten im Streikfall ist seit langem ein hoch umstrittenes Thema (aus der Rechtsprechung BAG 10.9.1984, NJW 1986, 210 und BVerfG 2.3.1993, NJW 1993, 1379). Berührt ist der Grundsatz der Kampfparität und der Neutralität des Staates. In der aktuellen Tarifauseinandersetzung bei der Post war jetzt das Arbeitsgericht Bonn mit der Thematik befasst. Es hat aber offenbar von einer grundsätzlichen Stellungnahme abgesehen. Jedenfalls hat das Gericht den Antrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen bei der Deutschen Post AG zurückgewiesen. Die Gewerkschaft hatte mehr als zwei Dutzend Einzelfälle als Beleg angeführt, dass die Deutsche Post während der Warnstreiks der vergangenen Wochen rechtswidrig Beamte auf bestreikten Arbeitsplätzen eingesetzt habe. Das Unternehmen hatte diesen Vorwurf zurückgewiesen und dagegen betont, dass alle geltenden rechtlichen Regeln eingehalten und in jedem Einzelfall geprüft würde, ob ein Beamter während einer Arbeitskampfmaßnahme auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden dürfe. Hintergrund: Auslöser des Arbeitskampfes war die von der Post beschlossene Auslagerung von Paketzustellern in neu gegründete Regionalgesellschaften, wo sie weniger verdienen als im Mutterkonzern. Bei dem ehemaligen Staatsmonopolisten Post sind noch rund 38 000 Beamte beschäftigt, die sich am Streik nicht beteiligen dürfen. In dem Bonner Verfahren hatte Ver.di kritisiert, dass die Post besonders in Frankfurt und Wiesbaden massiv Beamte auf bestreikte Angestellten-Stellen abgeordnet und diese so als "Streikbrecher" eingesetzt habe. Laut Verdi ließ das Bonner Gericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Streitfalls Berufung gegen seine Entscheidung zu. In dem Verfahren habe die Post einen Vergleichsvorschlag abgelehnt, erklärte die Gewerkschaft weiter. "Ein Vergleich hätte für beide Seiten Rechtssicherheit geschaffen." Das Gericht sei davon ausgegangen, dass der Einsatz von Beamten freiwillig erfolgt sei und daher kein Rechtsverstoß aus der Vergangenheit vorliege. Die Rechtsauffassung von Verdi sei hingegen, dass ein Einsatz auf vermeintlich freiwilliger Basis nicht zulässig sei. Die Post begrüßte die Entscheidung: "Wir freuen uns, dass das Gericht unsere Rechtsauffassung bestätigt hat", sagte Post-Vorstand Jürgen Gerdes. 

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3 Kommentare

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Wie soll eine solche "Ausgliederung" funktionieren außer über Massenentlassungen?
"Ich will meinen Angestellten weniger zahlen, weil ich mehr Gewinn machen will" ist ja wohl kaum ein betrieblicher Grund, der vor einem ArbG Bestand hat.

In den von der Post neu gegründeten Gesellschaften mit niedrigeren Löhnen sollen wohl nur neue Mitarbeiter angestellt werden. Für die Stammbelegschaft würde sich danach nichts ändern.

Quote:

Die Deutsche Post will neuen Mitarbeitern in ihrem boomenden Paketgeschäft künftig niedrigere Löhne zahlen als der Stammbelegschaft. Im Gegenzug will der Bonner Konzern Tausende Arbeitsplätze schaffen. „Wir rechnen im Paketgeschäft mit 10.000 neuen Stellen bis 2020 und wahrscheinlich 20.000 in Summe bis 2025“, sagte der für das Brief- und Paketgeschäft zuständige Vorstand Jürgen Gerdes am Donnerstag. Gerdes will aber auf die Kostenbremse treten: Neue Mitarbeiter sollen in neu gegründeten Gesellschaften arbeiten, der Hausvertrag der Post gilt für sie damit nicht. Vielmehr sollen sich die Löhne der neuen Zusteller an den Tarifen der Logistikbranche orientieren. Diese liegen vielfach unter denen des Bonner Konzerns.

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/ups-und-tnt-machen...

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Vielen Dank für die Klarstellung. Die Formulierung "Auslagerung von Paketzustellern" ließ etwas anderes vermuten.

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