Erregung ärgert Jugendrichter - Jugendarrest

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 09.06.2015

"Erregung öffentlichen Ärgernisses" nach § 183a StGB ist eine im Universitätsstudium wenig beachtete Norm. Ein Verstoß dagegen - also die Vornahme von sexuellen Handlungen in der Öffentlichkeit - erregt in Zeiten der allgegenwärtigen Sexualisierung in Werbung, Medien, Internet kaum noch Aufmerksamkeit. Staatsanwaltschaft und ein Jugendrichter in Augsburg sahen das lt. Bericht der SZ () anders:

Ein 19 und 18 Jahre altes Paar hatte sich im Erlebnisbad  (genauer in der "Erlebnisgrotte") körperlich miteinander vergnügt - jedenfalls nach Überzeugung des Bademeisters, der die beiden erwischt hatte, und des Richters, der beide verurteilte.

Ob der Tatbestand bei dem in der SZ geschilderten Sachverhalt überhaupt vorlag, erscheint auf Anhieb sehr fraglich. Wurde nicht der Taterfolg "öffentliches Ärgernis" durch den Bademeister gerade verhindert? Oder ist der Bademeister schon die Öffentlichkeit?

Dass für diese Tat ein Jugendarrest - also ein stationäres Zuchtmittel - als Reaktion verhängt wurde, erregt allerdings mein Ärgernis. Der Jugendarrest ist im Gegensatz zur Darstellung der SZ, keine ganz "kleine Strafe". Wer dieses Mittel schon bei einer Tat anwendet, die am untersten Rand der Strafwürdigkeit anzusiedeln ist, der begibt sich vorschnell der "Waffen" des Jugendstrafrechts. 70 % der Jugendstrafverfahren werden informell erledigt nach §§ 45, 47 JGG (60 % sind es in Bayern) - und dies sollte kein Verfahren sein, das eingestellt werden konnte?

Andererseits gibt die Verurteilung nun dem LG Gelegenheit, die Verwirklichung des Tatbestands rechtlich noch einmal zu prüfen, wenn denn Berufung eingelegt wird.

 

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215 Kommentare

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Schwache Leistung der Verteidigung.

Das Gefühl habe ich wirklich auch, wobei der eine Verteidiger, Robert Hankowetz, sich offensichtlich ohnehin eher bellstristisch versteht, sofern es sich im Verhältnis zum Autor Robert Hankowetz des gegoogelten Werkes "Der Tod der Staatsanwältin" (2002) nicht nur um eine blosse Namensgleichheit handeln sollte, vgl.:

http://www.amazon.de/Der-Staatsanw%C3%A4ltin-Kriminalroman-Robert-Hankow...

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wie geht es denn jetzt hier weiter.

Weiß jemand Beratungsstellen, die bei einer VG unterstützen oder kann man Prozeßkostenhilfe für eine VG beantragen?

Ich würde die Beiden gerne mehr unterstützen bei diesem Justizirrtum.

 

Weiß jemand vielleicht rat.?

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Falls Sie mit "VG" eine "VB" meinen sollten, also eine "Verfassungsbeschwerde", so gibt es zwar grundsätzlich Prozeßkostenhilfe, aber nur unter sehr engen Voraussetzungen, weil es ja überhaupt keines Rechtsanwalts bedarf, vgl.:

http://www.bverfg.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/04/rk20150429_2bv...

Wie aussichtsreich allerdings eine solche (selbst eingelegte) Verfassungsbeschwerde wäre, dazu sage ich lieber mal nichts. Wenn man einen Anwalt will, der das ordentlich macht, wären wohl mindestens einige TEUR fällig, da der dann so ziemlich für einige Wochen voll ausgelastet wäre...

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wenn man so etwas schon mal gemacht hat, wäre eine VB (Danke) nicht so aufwenig, weil der Fall doch relativ klar ist. Man muss nur das Bamberger Urteil vorlegen und sich darauf beziehen. Hier kommt auf jeden Fall Artikel 101 GG, Artikel 2GG und vermutlich auch Art 103 (kommt auf die schriftliche Begründung an) in Betracht. Hoffentlich denkt der Anwalt rechtzeitig an eine Anhörungsrüge.

 

Schade für die Beiden. Zu Unrecht hinter Gitter und das vor den Agen der Öffentlichkeit.

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kabo schrieb:

wenn man so etwas schon mal gemacht hat, wäre eine VB (Danke) nicht so aufwenig, weil der Fall doch relativ klar ist. Man muss nur das Bamberger Urteil vorlegen und sich darauf beziehen. Hier kommt auf jeden Fall Artikel 101 GG, Artikel 2GG und vermutlich auch Art 103 (kommt auf die schriftliche Begründung an) in Betracht. Hoffentlich denkt der Anwalt rechtzeitig an eine Anhörungsrüge.

 

Schade für die Beiden. Zu Unrecht hinter Gitter und das vor den Agen der Öffentlichkeit.

 

Glauben Sie mir bitte, so einfach ist es nicht eine erfolgreiche VB einzulegen.

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tizian schrieb:

kabo schrieb:

wenn man so etwas schon mal gemacht hat, wäre eine VB (Danke) nicht so aufwenig, weil der Fall doch relativ klar ist. Man muss nur das Bamberger Urteil vorlegen und sich darauf beziehen. Hier kommt auf jeden Fall Artikel 101 GG, Artikel 2GG und vermutlich auch Art 103 (kommt auf die schriftliche Begründung an) in Betracht. Hoffentlich denkt der Anwalt rechtzeitig an eine Anhörungsrüge.

 

Schade für die Beiden. Zu Unrecht hinter Gitter und das vor den Agen der Öffentlichkeit.

 

Glauben Sie mir bitte, so einfach ist es nicht eine erfolgreiche VB einzulegen.

 

Das hat nichts mit einfach oder schwer zu tun, sondern mit der Berechtigung. Dies meisten glauben in ihren Rechten verletzt zu sein und legen VB ein. Begründen es auf 100 Seiten ohne das eine Grundrechtsverletzung überhaupt vorliegt. Viele wehren sich mit der VB gegen ein Bußgeld im Straßenverkehr.

Wenn eine VB berechtigt ist, dann wird sie auch gehört. Der Anwalt muss sich allerdings im Verfassungsrecht auskennen. Ohne die erforderlichen Erkenntnisse ist eine VB fast unmöglich. Sie scheidtert schon an formalen Hürden abgesehen von der falschen Begründung. Eine VB kann schon scheitern, wenn man trotz klarer Grundrechtsverletzung die falsche Begründung liefert. Oft wird eine VB -  vor  allem von Laien - zu allgemein begründet. Dann wird sie auch zurückgewiesen.

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kabo schrieb:

tizian schrieb:

kabo schrieb:

wenn man so etwas schon mal gemacht hat, wäre eine VB (Danke) nicht so aufwenig, weil der Fall doch relativ klar ist. Man muss nur das Bamberger Urteil vorlegen und sich darauf beziehen. Hier kommt auf jeden Fall Artikel 101 GG, Artikel 2GG und vermutlich auch Art 103 (kommt auf die schriftliche Begründung an) in Betracht. Hoffentlich denkt der Anwalt rechtzeitig an eine Anhörungsrüge.

 

Schade für die Beiden. Zu Unrecht hinter Gitter und das vor den Agen der Öffentlichkeit.

 

Glauben Sie mir bitte, so einfach ist es nicht eine erfolgreiche VB einzulegen.

 

Das hat nichts mit einfach oder schwer zu tun, sondern mit der Berechtigung. Dies meisten glauben in ihren Rechten verletzt zu sein und legen VB ein. Begründen es auf 100 Seiten ohne das eine Grundrechtsverletzung überhaupt vorliegt. Viele wehren sich mit der VB gegen ein Bußgeld im Straßenverkehr.

Wenn eine VB berechtigt ist, dann wird sie auch gehört. Der Anwalt muss sich allerdings im Verfassungsrecht auskennen. Ohne die erforderlichen Erkenntnisse ist eine VB fast unmöglich. Sie scheidtert schon an formalen Hürden abgesehen von der falschen Begründung. Eine VB kann schon scheitern, wenn man trotz klarer Grundrechtsverletzung die falsche Begründung liefert. Oft wird eine VB -  vor  allem von Laien - zu allgemein begründet. Dann wird sie auch zurückgewiesen.

 

Sie merken aber schon, dass Sie mit dem letzten Absatz Ihre Aussage aus Ihrem ersten von mir kommentierten Post erheblich einschränken? Genau auf diese Schwierigkeiten wollte ich hinweisen.

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tizian schrieb:

kabo schrieb:

tizian schrieb:

kabo schrieb:

wenn man so etwas schon mal gemacht hat, wäre eine VB (Danke) nicht so aufwenig, weil der Fall doch relativ klar ist. Man muss nur das Bamberger Urteil vorlegen und sich darauf beziehen. Hier kommt auf jeden Fall Artikel 101 GG, Artikel 2GG und vermutlich auch Art 103 (kommt auf die schriftliche Begründung an) in Betracht. Hoffentlich denkt der Anwalt rechtzeitig an eine Anhörungsrüge.

 

Schade für die Beiden. Zu Unrecht hinter Gitter und das vor den Agen der Öffentlichkeit.

 

Glauben Sie mir bitte, so einfach ist es nicht eine erfolgreiche VB einzulegen.

 

Das hat nichts mit einfach oder schwer zu tun, sondern mit der Berechtigung. Dies meisten glauben in ihren Rechten verletzt zu sein und legen VB ein. Begründen es auf 100 Seiten ohne das eine Grundrechtsverletzung überhaupt vorliegt. Viele wehren sich mit der VB gegen ein Bußgeld im Straßenverkehr.

Wenn eine VB berechtigt ist, dann wird sie auch gehört. Der Anwalt muss sich allerdings im Verfassungsrecht auskennen. Ohne die erforderlichen Erkenntnisse ist eine VB fast unmöglich. Sie scheidtert schon an formalen Hürden abgesehen von der falschen Begründung. Eine VB kann schon scheitern, wenn man trotz klarer Grundrechtsverletzung die falsche Begründung liefert. Oft wird eine VB -  vor  allem von Laien - zu allgemein begründet. Dann wird sie auch zurückgewiesen.

 

Sie merken aber schon, dass Sie mit dem letzten Absatz Ihre Aussage aus Ihrem ersten von mir kommentierten Post erheblich einschränken? Genau auf diese Schwierigkeiten wollte ich hinweisen.

 

VB's sind ungerecht, weil sie Kenntnisse voraussetzen die nur Fachleute haben. Die Beschwerde hängt also von der Kompetenz des Anwaltes ab. Aber ein Anwalt wird wissen, wie man so eine Beschwerde richtig aufbaut. Und es geht hier ja nicht um ein Grundsatzurteil oder das widerlegenen einer richterlichen Überzeugung sondern um 101 GG:

Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt unter anderem dann vor, wenn sich eine Entscheidung des Gerichts bei der Auslegung und Anwendung einer Zuständigkeitsnorm so weit von dem sie beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen, also willkürlich ist (vgl. BVerfGE 3, 359 <363 f.>; 29, 45 <49>).
(1 BvR 2790/04)

Bisher ist der Tatvorsatz und damit die eigentliche Straftat ungeklärt, es sei denn bei der schriftlichen Urteilsbegründung werden nachträglich noch Vorsätze aus dem Hut gezaubert. Daher weicht das Urteil von höherer Rechtssprechung ab. Sie können nicht den einen freisprechen und den Anderen für dasselbe einsperren. Das wäre willkür.

 

Ich kann überhaupt nicht verstehen wie ein so schwerwiegender Rechtsbruch hier so wenig Empörung hervorruft. Ob wir in einem Rechtsstaat leben oder nicht scheint nur wenige überhaupt zu interessieren.

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kabo schrieb:

Ich kann überhaupt nicht verstehen wie ein so schwerwiegender Rechtsbruch hier so wenig Empörung hervorruft. Ob wir in einem Rechtsstaat leben oder nicht scheint nur wenige überhaupt zu interessieren.

Ich sehe da keine mangelnde Empörung. Der fehlende Vorsatz ist doch von Beginn an einer der Hauptkritikpunkte gewesen, der hier lang und breit diskutiert wurde.

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kabo schrieb:

Ich kann überhaupt nicht verstehen wie ein so schwerwiegender Rechtsbruch hier so wenig Empörung hervorruft. Ob wir in einem Rechtsstaat leben oder nicht scheint nur wenige überhaupt zu interessieren.

 

Falls Sie meine anderen Posts zu dem Thema gelesen haben, können Sie diesen Satz jedenfalls nicht auf mich beziehen. Ich finde eine Menge Dinge an diesem Verfahren empörend. 

a) Nichtausschluß der Öffentlichkeit bei der Videovorführung

b) Verurteilung wg. § 183a StGB, meiner Meinung nach wäre es nur ein Hausfriedensbruch gewesen

c) Höhe der Sanktion, da das Landgericht nicht die weiteren Auswirkungen nach dem Urteil auf die beiden geprüft hat und ob sie mittlerweile davon so beeindruckt sind, dass die Anordnungen aus dem Ausgangsurteil noch erzieherisch notwendig  sind

d) Veröffentlichung des Videos auf der Bezahlplattform der Bild

e) Unterwasseraufzeichnungen in einer Therme/Schwimmbad, dass selbst FKK-Events anbietet

Aus meiner Sicht hätte das Verfahren jetzt mit einer Ermahnung wegen Hausfriedensbruches an Beide enden können, höchstens mit einem Freizeitarrest auch für ihn, aber nicht Dauerarrest. 

Weiter schuldet meiner Meinung nach die Bild und die Therme wegen der Veröffentlichung des Videos den beiden Schmerzensgeld, und auch das Gericht. Und die Therme gehört von den örtlichen Behörden aufgefordert, die Aufzeichnung insbesondere bei FKK-Events zu unterlassen. 

 

Und nochmal, eine Verfassungsbeschwerde ist ein hochkomliziertes Verfahren, dass formell so überfrachtet ist, dass ich Ihrer Aussage im Ausgangspost weiter widersprechen muss und Sie dies ja selbst auch konkludent machen, indem Sie selber die Schwierigkeiten aufzählen. Es gibt in diesem Staat kaum ein Verfahren, dass -auch noch ohne Anwaltszwang!- so derart kompliziert ist, dass der kleinste förmliche Fehler zum Verlust dieses Rechtsbehelfes führt. Und selbst gute Anwälte können Fehler über Fehler machen und selbst wenn diese nicht gemacht werden, kann man das Gefühl haben, dass eine Beschwerde anzunehmen von der Laune der dortigen Mitarbeiter abhängt, die die Verfahren für das Gericht vorfiltern. Und genau deswegen habe ich mich gegen Ihre Aussage im Ausgangspost gewandt, es wäre so einfach in diesem Fall, weil ich die Gefahr gesehen habe, dass die Personen hier mitlesen oder jemand anders dies liest und denen so sagt wie es von Ihnen zunächst geschrieben wurde, und die das dann einfach mal so unbedarft machen und scheitern.

 

Ich wünsche den beiden wirklich alles Gute, sollten sie sich für eine Verfassungsbeschwerde entscheiden, es wird aber ein kostenintensiver und statistisch wenig aussichtsreicher Weg sein. 

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tizian schrieb:

Ich finde eine Menge Dinge an diesem Verfahren empörend.

[...]

c) Höhe der Sanktion, da das Landgericht nicht die weiteren Auswirkungen nach dem Urteil auf die beiden geprüft hat und ob sie mittlerweile davon so beeindruckt sind, dass die Anordnungen aus dem Ausgangsurteil noch erzieherisch notwendig  sind

Wenn ich die §§ 55, 13 JGG richtig lese, konnte das Landgericht diese Punkte nicht überprüfen.

§ 55 JGG:

Quote:

(1) Eine Entscheidung, in der lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln dem Familiengericht überlassen sind, kann nicht wegen des Umfangs der Maßnahmen und nicht deshalb angefochten werden, weil andere oder weitere Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel hätten angeordnet werden sollen oder weil die Auswahl und Anordnung der Erziehungsmaßregeln dem Familiengericht überlassen worden sind. Diese Vorschrift gilt nicht, wenn der Richter angeordnet hat, Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 in Anspruch zu nehmen.

§ 13 JGG:

Quote:

(2) Zuchtmittel sind

[...]

3. der Jugendarrest

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tizian schrieb:

kabo schrieb:

Ich kann überhaupt nicht verstehen wie ein so schwerwiegender Rechtsbruch hier so wenig Empörung hervorruft. Ob wir in einem Rechtsstaat leben oder nicht scheint nur wenige überhaupt zu interessieren.

 

Falls Sie meine anderen Posts zu dem Thema gelesen haben, können Sie diesen Satz jedenfalls nicht auf mich beziehen. Ich finde eine Menge Dinge an diesem Verfahren empörend. 

a) Nichtausschluß der Öffentlichkeit bei der Videovorführung

b) Verurteilung wg. § 183a StGB, meiner Meinung nach wäre es nur ein Hausfriedensbruch gewesen

c) Höhe der Sanktion, da das Landgericht nicht die weiteren Auswirkungen nach dem Urteil auf die beiden geprüft hat und ob sie mittlerweile davon so beeindruckt sind, dass die Anordnungen aus dem Ausgangsurteil noch erzieherisch notwendig  sind

d) Veröffentlichung des Videos auf der Bezahlplattform der Bild

e) Unterwasseraufzeichnungen in einer Therme/Schwimmbad, dass selbst FKK-Events anbietet

Aus meiner Sicht hätte das Verfahren jetzt mit einer Ermahnung wegen Hausfriedensbruches an Beide enden können, höchstens mit einem Freizeitarrest auch für ihn, aber nicht Dauerarrest. 

Weiter schuldet meiner Meinung nach die Bild und die Therme wegen der Veröffentlichung des Videos den beiden Schmerzensgeld, und auch das Gericht. Und die Therme gehört von den örtlichen Behörden aufgefordert, die Aufzeichnung insbesondere bei FKK-Events zu unterlassen. 

 

Und nochmal, eine Verfassungsbeschwerde ist ein hochkomliziertes Verfahren, dass formell so überfrachtet ist, dass ich Ihrer Aussage im Ausgangspost weiter widersprechen muss und Sie dies ja selbst auch konkludent machen, indem Sie selber die Schwierigkeiten aufzählen. Es gibt in diesem Staat kaum ein Verfahren, dass -auch noch ohne Anwaltszwang!- so derart kompliziert ist, dass der kleinste förmliche Fehler zum Verlust dieses Rechtsbehelfes führt. Und selbst gute Anwälte können Fehler über Fehler machen und selbst wenn diese nicht gemacht werden, kann man das Gefühl haben, dass eine Beschwerde anzunehmen von der Laune der dortigen Mitarbeiter abhängt, die die Verfahren für das Gericht vorfiltern. Und genau deswegen habe ich mich gegen Ihre Aussage im Ausgangspost gewandt, es wäre so einfach in diesem Fall, weil ich die Gefahr gesehen habe, dass die Personen hier mitlesen oder jemand anders dies liest und denen so sagt wie es von Ihnen zunächst geschrieben wurde, und die das dann einfach mal so unbedarft machen und scheitern.

 

Ich wünsche den beiden wirklich alles Gute, sollten sie sich für eine Verfassungsbeschwerde entscheiden, es wird aber ein kostenintensiver und statistisch wenig aussichtsreicher Weg sein. 

 

Ich glaube nicht, dass gefiltert wird.

Ich bin auch mal mit einer VB nicht durchgekommen. War natürlich enttäuscht und verwundert aber im nachhinein mußte ich mir erklären lassen, ich hatte keinen Rechtsanspruch. Die Fehler kamen aus den Vorinstanzen und konnten mit der VB nicht mehr korrigiert werden. So etwas erkennt aber nur der Anwalt. Und so geht es vielen. Man fühlt sich im Recht, ist es objektiv aber nicht. Eine richterliche Überzeugung läßt sich z.B. auch nicht so ohne weiteres angreifen, auch nicht das Strafmaß. Rechtliches Gehör setzt voraus, dass ein entscheidungserheblicher Beweisantrag ignoriert wurde, nicht irgendeiner. Die meisten Fehler werden in den Vorinstanzen gemacht. Dies kann das Verfassungegericht nicht rückgängig machen. Daher entsteht oft der Eindruck eine VB bringe nichts. Viele wissen nicht, was dem Verfassungsericht überhaupt möglich ist und was nicht. Aber deshalb sollte man nicht an ihm zweifeln.

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@kabo

Die Entscheidung des OLG Bamberg (http://dejure.org/2011,10130) bekräftigt im Wesentlichen das, was ohnehin klar im Gesetz steht und was hier auch von Anfang an diskutiert wurde. Sie können davon ausgehen, daß auch die Strafkammer sich der Voraussetzungen für die Verurteilung bewußt ist und sie entsprechend geprüft hat (zumal der Vorsitzende selbst die große öffentliche Beachtung des Verfahrens hervorgehoben hat). Um so interessanter wird der Inhalt der Urteilsgründe sein. Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind angebracht und es ist gut möglich, daß es auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufgehoben wird. Daß aber die Erfolgsaussichten so klar wäre, wie Sie es behaupten, läßt sich ohne Kenntnis der Begründung nicht sagen.

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OG schrieb:

@kabo

Die Entscheidung des OLG Bamberg (http://dejure.org/2011,10130) bekräftigt im Wesentlichen das, was ohnehin klar im Gesetz steht und was hier auch von Anfang an diskutiert wurde. Sie können davon ausgehen, daß auch die Strafkammer sich der Voraussetzungen für die Verurteilung bewußt ist und sie entsprechend geprüft hat (zumal der Vorsitzende selbst die große öffentliche Beachtung des Verfahrens hervorgehoben hat). Um so interessanter wird der Inhalt der Urteilsgründe sein. Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind angebracht und es ist gut möglich, daß es auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufgehoben wird. Daß aber die Erfolgsaussichten so klar wäre, wie Sie es behaupten, läßt sich ohne Kenntnis der Begründung nicht sagen.

 

da haben Sie völlig recht.

Ich wäre mir aber nicht sicher, ob das Urteil wirkich bekannt war, denn die Argumentation der Staatsanwalt widerspricht dem.

Sollten also in den Urteilsgründen Beweise vorliegen, die ein bewußtes Vorgehen bescheinigen können, dann hätten diese in der öffentlichen Verhandlung genannt und die Täter hätten sich dazu äußern dürfen.

"Die Staatsanwaltschaft dagegen hält den Arrest, den das Amtsgericht verhängt hatte, für gerechtfertigt. Der Bademeister und ein Gast hätten sich gestört gefühlt. Die Angeklagten hätten durch Schilder und sichtbare Kameras an anderen Stellen wissen müssen, dass sie für andere zu sehen waren. Eine Erregung öffentlichen Ärgernisses sei folglich gegeben. Das Strafmaß des Amtsgerichts sei angemessen."

http://www.stadtzeitung.de/nachrichten/augsburg/Sex-im-Titania-Von-der-G...

 

Ein möglicher Vorsatz wird nicht einmal vermutet. Der fällt hier völlig unter den Tisch. Die Straftat bezieht sich auf die Tatsache, dass Beide für andere Sicht waren. Das war der in Bamberg auch.

 

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Das junge Pärchen (aus m&w) hatte ganz klar Pech! Denn nach den mir zugrundeliegenden Fällen werden höchstenfalls 2% aller Verurteilungen nach § 183a gegen aus m&w zusammengesetzten Pärchen ausgesprochen. Die anderen 98% aller 183a-Verurteilungen werden gegen männliche Einzeltäter oder gegen  Pärchen aus m&m verhängt.

Vielleicht ist das eine Erklärung, warum gerade dieser Fall so enormes mediales Interesse erreicht hat? Wegen der weiblichen Komponente?

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@kabo, "Empörung" hatten wir hier schon genug, wenn Sie den Thread einmal von Anfang an lesen würden. Irgendwann muss Schluss sein mit "Empörung" und zu neuen Ufern aufgebrochen werden. Und Ihre Vorstellung davon, wie leicht eine Verfassungsbeschwerde einzulegen ist, ist geradezu kindisch. Sie könnten sich, wenn sie wollen, bei Zuck, Das Recht der Verfassungsbeschwerde,

http://www.amazon.de/Das-Recht-Verfassungsbeschwerde-NJW-Praxis-Band/dp/...

ein wenig einlesen und damit ihre malbuchähnlichen Vorstellungen über die Verfassungsbeschwerde etwas ernsthafter werden lassen...

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@MT

Ganz genau. So sehe ich das auch. Oder m.a.W.: Wäre die Berufung auf die Anordnung des Jugendarrests beschränkt gewesen, dann wäre sie unzulässig.

Dem Vernehmen nach habe das LG aber die Anordnung des AG nur überprüft: 

"Die Staatsanwaltschaft dagegen hält den Arrest, den das Amtsgericht verhängt hatte, für gerechtfertigt. [...] Das Strafmaß des Amtsgerichts sei angemessen. 
Das Gericht schließt sich letztendlich den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an."

http://www.stadtzeitung.de/nachrichten/augsburg/Sex-im-Titania-Von-der-G...

Bin gespannt, was dazu im Urteil stehen wird.

Zum Schwierigkeitsgrad einer VB gegen Strafurteil: Ich möchte dem bisher Gesagten nicht generell widersprechen. Ich kann mich aber an eine VB erinnern, die ein juristischer Laie mit Erfolg selbständig aus der Haft heraus verfasst und eingelegt hatte. Also, so etwas gibts auch. Auch Laien können mit ihrer Rüge einer Grundrechtsverletzung - wohl ihrem gesunden Menschenverstand folgend - mitten ins Schwarze treffen, ohne das verletzte Grundrecht explizit genannt zu haben und ohne sich über die (vermeintlich) einschlägige Rechtsprechung des BVerfG seitenlang ausgelassen zu haben, die in Karlsruhe ohnehin niemand lesen will. Nur dürfte die Gefahr, sich eine Missbrauchsgebühr abzuholen, ungleich größer sein. 

Hinzu kommt, dass wegen der zügigen Vollstreckung im Jugendstrafrecht der Zeitfaktor eine erhebliche Rolle spielen wird. Die VB hemmt die Vollstreckung nicht. Also muss auch noch ein Antrag auf Erlass einer AO gestellt werden. Und auch dann dürfte das sehr knapp sein. 

Aber, vielleicht haben die Beiden Glück und finden einen zweiten "Strate", der die VB pro bono schreibt :-)

WR Kolos schrieb:

Aber, vielleicht haben die Beiden Glück und finden einen zweiten "Strate", der die VB pro bono schreibt :-)

Könnten sie nicht auch an Waldemar Robert Kolos für einen Beschwerdeentwurf herantreten? Die wesentlichen Punkte haben Sie ja schon erarbeitet.

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OG schrieb:

WR Kolos schrieb:

Aber, vielleicht haben die Beiden Glück und finden einen zweiten "Strate", der die VB pro bono schreibt :-)

Könnten sie nicht auch an Waldemar Robert Kolos für einen Beschwerdeentwurf herantreten? Die wesentlichen Punkte haben Sie ja schon erarbeitet.

wer soll an wen herantreten? Oder ist mit etwas entgangen. Hier regt sich Widerstand. Finde ich gut und bin dabei.

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OG schrieb:

WR Kolos schrieb:

Aber, vielleicht haben die Beiden Glück und finden einen zweiten "Strate", der die VB pro bono schreibt :-)

Könnten sie nicht auch an Waldemar Robert Kolos für einen Beschwerdeentwurf herantreten? Die wesentlichen Punkte haben Sie ja schon erarbeitet.

 

Im Prinzip ja. Nur habe ich mir für die Beiden schon Besseres gewünscht. Eigentlich habe ich dabei an einen Herrn Oliver Garcia gedacht, der bei der VB voll in seinem Element ist, das einfach drauf hat und darin auch erfolgreich ist.

Vielleicht stellt das Pärchen aber zunächst einmal das Urteil bei dejure.de ins Netz. Am besten gleich am Tag der Zustellung. Dann sehen wir mal, was sich machen lässt.

Sorry Leute! Eine VB ist hier nicht angesagt, weil Willkür einer Amtsperson, hier Richter und Staatsanwalt ein Verbrechen ist.

Dieses nennt sich Rechtsbeugung....

Hier muss unbedingt der Richter angezeigt werden..

Dann muss auch bei Verurteilung, dass Urteil als nichtig gesehen werden..

Während der Laufzeit dieses Verfahrens, kann bestimmt beantragt werden das Urteil auszusetzen.

Eine VB ist aber generell angesagt in den § 183 und auch § 183a, weil die nur deshalb vorhanden sind, um Moralvorstellungen zu verurteilen zu können ohne zu sagen hier wird die Moral verurteilt. Moralvorstellungen haben Lt. GG aber nichts im Strafrecht verloren.

Begründung: Der § 183a existiert erst seit 1973 im Zuge der Strafrechtsreform und wurde nur eingeführt, um schwule sexuelle öffentliche Handlungen, sowie sexuelle Handlungen der 68 er bestrafen zu können. Eine sachliche Begründung gibt es nicht..

Dieses ist bei § 183 anders, denn dort wird behauptet, dass nackte Männer oder masturbierende Männer emotionale Neurotiker seien und somit krank. Also wird hier eine angebliche Krankheit bestraft. Die es selbstverständlich nicht gibt und reine Erfindung ist.. Um diese angeblich kranken Männer heilen zu können, ist die schwarze Regierung

( Alt-Nazis ) darauf gekommen, dass diese ángeblich kranken nur durch Androhung einer Gefängnisstrafe dazu bewegt werden können sich behandeln zu lassen..

Allein diese Annahme ist so skuril wie fehlerhaft, weil eine erzwungene Therapie niemals einen Erfolg verspricht. Bestes Beispiel § 175 Schwule sexuelle Handlungen werden bestraft mit Gefängnis und die Schwulen zwangstherapiert. Nicht 1 schwuler Mann wurde durch diese Menschenrechtsverletzende Freiheitsberaubung und Zwangstherapie heterosexuell.

Ähnliches gilt für Männer die nach § 183 oder § 183a bestraft werden, außer erhebliche Schäden, die bis zum Tod führen können, hat dieser § konstruckt nichts erreicht. Es ist ein Mörder § der Menschen aufwiegelt, als Pöbel gegen harmlose Männer tätig zu werden. Weiterhin behauptet die Polizei, dass solche Männer neigen Vergewaltiger zu werden, dieses sie anhand der Kriminalstatistik nicht nachweisen können. Mit Sicherheit gibt es auch unter diesen Männer mutmaßliche Vergewaltiger aber eben nicht mehr wie unter der normal Bevölkerung oder gar Polizisten selbst. Deshalb ist die Anwendung der § 183 und § 183a, des Staates gegen diese Männer reine Volkshetze und Verstößt massiv gegen § 130, sowie das Völkerrecht, eine schwere Straftat dieses Staates gegen harmlose nackte oder masturbierende Männer.

 

 

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@ tizian #14

Es ist auf der einen Seite schon richtig, dass sie scheitern können. Auf der anderen Seite ist aber auch das Kostenrisiko überschaubar, da ggf. nur ein Anwalt bezahlt werden muss.

Scheinbar gibt es beim BVerfG - wenn auch nur in sehr seltenen Fällen - Prozesskostenhilfe: https://de.wikipedia.org/wiki/Verfassungsbeschwerde#Zul.C3.A4ssigkeitsvo...

@ Waldemar Robert Kolos #17

Ich habe eher den umgekehrten Eindruck: Wenn man als Anwalt nicht seitenlang Ausführungen zur Rechtsprechung des BVerfG macht, wird die VB mangels Substantiierung verworfen*. Ggf. erfolgt das dann nach außen ohne Begründung. Die Missbrauchsgebühr dagegen ist, soweit ich das überblicke, wenigen Ausnahmefällen vorbehalten.

*z.B. Rn. 18 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/201...

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MT schrieb:
Seit 1962 wurde 3.062 mal eine Missbrauchsgebühr verhängt, im Schnitt also ca. 58 mal im Jahr. https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresstatistiken/2...

 

..und haben Sie sich auch die Begründungen vom Verfassungsgericht durchgelesen. Die meisten Missbrauchsgebühren waren ja wohl auch berechtigt. Ein Anwalt mit abgeschlossenem Examen wird beurteilen können, ob eine VB nur ansatzweise berechtigt ist oder nicht. Ich kenne nur ganz wenige Fälle, wo Privatpersonen überhaupt eine Gebühr erhalten haben. Meist wegen grober Ungehörigkeit.

Da wurden Richter der Vorinstanzen schwer und unsubstanziert beleidigt und sowas geht auch nicht. Das Verfassunsgericht ist kein Meckerkasten. 

 

Privatpersonen werden vorher darauf hingeweisen, ob ihre VB Erfolg haben wird oder nicht. Bis dahin passiert niemandem etwas.

 

Ich finde es super, dass jemand versucht zu helfen. Ich kann mich gerne an einem Spendenaufruf beteiligen und eine Webseite dafür einrichten.

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@ kabo #24

Abgesehen von einer Presseerklärung* ist mir noch keine Veröffentlichung des BVerfG zu Missbrauchsgebühren untergekommen.

Es ging bei meinem Beitrag #23 lediglich darum darzulegen, dass es sich bei der Verhängung von Missbrauchsgebühren um Ausnahmefälle handelt (s. Beitrag #22).

* https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE...

 

@topic

Bezüglich der Anhörungsrüge: Gilt der Rechtsweg erst als erschöpft, wenn die Anhörungsrüge zurückgewiesen wurde? Oder beginnt die Frist für die Verfassungsbeschwerde schon vorher zu laufen?

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MT schrieb:

@ kabo #24

Abgesehen von einer Presseerklärung* ist mir noch keine Veröffentlichung des BVerfG zu Missbrauchsgebühren untergekommen.

Es ging bei meinem Beitrag #23 lediglich darum darzulegen, dass es sich bei der Verhängung von Missbrauchsgebühren um Ausnahmefälle handelt (s. Beitrag #22).

* https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE...

 

@topic

Bezüglich der Anhörungsrüge: Gilt der Rechtsweg erst als erschöpft, wenn die Anhörungsrüge zurückgewiesen wurde? Oder beginnt die Frist für die Verfassungsbeschwerde schon vorher zu laufen?

 

Die Frist gilt nach der Anhörungsrüge, da hier ja noch eine neue Entscheidung getroffen werden kann. Die Anhörungsrüge muss der beauftragte Anwalt vornehmen. Die gehört zum Prozeß.

Missbrauchsbegründungen finden Sie in den Entscheidungen. Stichwort Missbrauchsgebühr.

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kabo schrieb:

Die Frist gilt nach der Anhörungsrüge, da hier ja noch eine neue Entscheidung getroffen werden kann. Die Anhörungsrüge muss der beauftragte Anwalt vornehmen. Die gehört zum Prozeß.

Wie ist denn die Vorgehensweise, wenn neben rechtlichem Gehör auch noch andere Grundrechtsverletzungen gerügt werden sollen? Muss dann beim BVerfG fristwahrend Verfassungsbeschwerde wegen der anderen Grundrechtsverletzungen eingelegt werden? Oder läuft die Frist insgesamt erst ab der Entscheidung über die Anhörungsrüge?

Die Einlegung einer Gegenvorstellung bzgl. der anderen Grundrechtsverletzung würde jedenfalls nicht ausreichen, s. https://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20081125_1bvr084807.html

0

ich kenne es nur vom Zivilrecht. Da gilt die Frist auch für die anderen Verletzung ab Anhörungsrüge.

 

Der Zweck der Anhörungsrüge ist die Heilung von Verfahrensfehlern durch die Fachgerichte zur Entlastung des BVerfG . Wenn aufgrund der Rüge das Urteil verändert wird erübrigen sich möglicherweise die anderen Verletzungen auch. 

Daher können Sie mit Ablauf der Rüge geltend gemacht werden.

 

Ich denke bem Strafrecht müßte es ähnlich sein. Weil das Prinzip das gleiche ist.

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Beim BVerfG scheint die Tendenz zu bestehen, keine parallele Einlegung von zwei Rechtsbehelfen zu fordern, weil das der Prozessökonomie widerspricht*. Dann bleibt aber die Frage, ob man in jeden Fall einfach Anhörungsrüge einlegen kann (oder sollte), selbst wenn die Verletzung rechtlichen Gehörs später nicht unbedingt hauptsächlich in der Verfassungsbeschwerde zum Tragen kommen soll.

* Rn. 42 https://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20081125_1bvr084807.html

Rn. 65 https://www.bverfg.de/entscheidungen/up20030430_1pbvu000102

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@Waldemar Robert Kolos

 

Melden Sie sich ruhig einmal bei mir.

 

@andere

 

Eine Anhörungsrüge ist eher fernliegend, zumal eine solche gegen Berufungsurteile gesetzlich nicht vorgesehen ist (man könnte allenfalls an eine Analogie zu § 356a StPO denken). Dafür, daß es hier einen Gehörsverstoß gegeben hätte (im Unterschied zu einer falschen Rechtsanwendung), ist bisher nichts bekannt. Erst recht kann von einem Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) keine Rede sein.

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OG schrieb:

@andere

 

Eine Anhörungsrüge ist eher fernliegend, zumal eine solche gegen Berufungsurteile gesetzlich nicht vorgesehen ist (man könnte allenfalls an eine Analogie zu § 356a StPO denken). Dafür, daß es hier einen Gehörsverstoß gegeben hätte (im Unterschied zu einer falschen Rechtsanwendung), ist bisher nichts bekannt. Erst recht kann von einem Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) keine Rede sein.

Ich stimme zu, dass der Gehörsverstoß nicht gerade naheliegt.

Allerdings scheint mir, falls ein Verstoß doch vorliegt, eine Anhörungsrüge wegen § 55 Abs. 4 2. Alt. JGG notwendig:

Quote:

(4) Soweit ein Beteiligter nach Absatz 1 Satz 1 an der Anfechtung einer Entscheidung gehindert ist oder nach Absatz 2 kein Rechtsmittel gegen die Berufungsentscheidung einlegen kann, gilt § 356a der Strafprozessordnung entsprechend.

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MT schrieb:

Allerdings scheint mir, falls ein Verstoß doch vorliegt, eine Anhörungsrüge wegen § 55 Abs. 4 2. Alt. JGG notwendig:

Quote:

(4) Soweit ein Beteiligter nach Absatz 1 Satz 1 an der Anfechtung einer Entscheidung gehindert ist oder nach Absatz 2 kein Rechtsmittel gegen die Berufungsentscheidung einlegen kann, gilt § 356a der Strafprozessordnung entsprechend.

Ah, danke. Also keine freie Analogie, sondern entsprechende Anwendung aufgrund gesetzlicher Anordnung.

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Dann bleibt aber die Frage, ob man in jeden Fall einfach Anhörungsrüge einlegen kann (oder sollte), selbst wenn die Verletzung rechtlichen Gehörs später nicht unbedingt hauptsächlich in der Verfassungsbeschwerde zum Tragen kommen soll.

Hier ist die Antwort auf diese Frage (BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11):

http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2013...

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Scheinbar muss man wirklich ganz genau prüfen, ob eine Verletzung von Art. 103 GG vorliegt. Verzichtet man irrtümlicherweise auf die Anhörungsrüge, ist die VB unzulässig. Umgekehrt verfristet die VB in aller Regel, wenn eine eindeutig unzulässige Anhörungsrüge erhoben wird. Kein einfaches Feld.

http://www.zaar.uni-muenchen.de/pub/vr2011-01.pdf#7 unter III. Risiken des Beschwerdeführers

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@ Leser #31

Danke. Das bestätigt das, was in dem Aufsatz (#32) beschrieben ist: man muss sofort genau den richtigen Rechtsbehelf treffen, sonst ist die VB unzulässig. Das ist m.E. kein wünschenswerter Zustand.

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https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/200...

 

hierfür brauchen Sie keine Anhörungsrüge.

 

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden; das gilt sowohl für die willkürliche Außerachtlassung einer Zuständigkeitsnorm (vgl. BVerfGE 3, 359 <363 f.>; 29, 45 <49>) als auch für die Frage der Bindungswirkung einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004, FamRZ 2004, S. 1857).

 

Grundsatzentscheidungen vom OLG haben auch Bindungswirkung. 

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@MT

Die Anhörungsrüge hält die Frist für die VB dann nicht offen, wenn die Anhörungsrüge zweifellos unzulässig ist (siehe auch 1 BvR 730/07). Ist es schwierig oder zu riskant, sich darauf festzulegen, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, die VB trotz Anhörungsrüge innerhalb der Monatsfrist einzulegen mit dem Antrag, sie zunächst in das AR-Register einzutragen. Dann ist man auf der sicheren Seite.

Eine gelingende Verfassungsbeschwerde wäre auf jeden Fall interessant und würde hoffentlich nicht nur für Zufriedenheit bei dem betroffenen Pärchen sorgen.

Könnte es nicht dann die Folge sein, dass sämtliche Verurteilungen nach 183a als sehr fragwürdig eingestuft würden und zukünftige Verurteilungen nach § 183a nahezu unmöglich würden? Denn wie kann man sich überhaupt jemals der Vorsatz-Unterstellung sicher sein!

Ich bin sehr gespannt, wie (bei Fortsetzung) dieser Fall ausgeht.

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Die Frage mit der Anhörungsrüge ist noch spekulativ.

Sollte der unbedingte Tatvorsatz in den Urteilsgründen nicht auftauchen, kann der unbeachtete Einwand des Anwaltes gerügt werden. Dann ist die Rüge auf jedenfall zulässig und verfristet die VB nicht. Sollten Tatvorsätze begründet werden können, ist die Rüge sowieso unnötig, vermutlich auch auch die VB. Richterliche Überzeugungen lassen sich schwer angreifen.

Dann stellt sich die Frage, ob die Täter Gelegenheit hatten sich zu dem Vorwurf des Vorsatzes zu äußern. Dann muss der Anwalt sehen wie er hier vorgeht.

 

Ich bin sehr gespannt auf die Begründung, wenn wir überhaupt davon erfahren.

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kabo schrieb:

Richterliche Überzeugungen lassen sich schwer angreifen.

 

Das ist richtig. Aber immerhin ist es möglich. Und das ist gut so. Ich beschränke mich im Folgenden auf den Taterfolg, weil man damit auch für gewöhnlich anfängt.

Die Beweiswürdigungsrevision wird an den Darstellungsanforderungen gemessen, die der BGH für bestimmte Beweislagen aufgestellt hat. So z.B. wenn sich die Entscheidung im Wesentlichen auf eine einzige Zeugenaussage stützt. In der Regel handelt es sich um die Konstellationen Aussage gegen Aussage. Der Fall des jungen Pärchens scheint auf den ersten Blick nicht gerade dafür typisch. Gleichwohl kommt es im vorliegenden Fall im Wesentlichen auf die Aussage des Opfer-Zeugen an. Denn im Wesentlichen von seiner Aussage ist es abhängig, ob er tatbestandliche Erfolg überhaupt erfüllt wurde. Auch das begangene Unrecht, das in die Strafzumessungsschuld einfließt, ist davon abhängig. Hinzu kommt, dass es sich um einen doch sehr atypischen Fall der Rechtsgutverletzung handelt. Die "üblichen" Fälle sexueller Handlungen in Öffentlichkeit sind regelmäßig durch eine unmittelbare räumliche Nähe des Täters zu dem überraschend von seinen schamverletzenden Handlungen betroffenen Opfer gekennzeichnet. Diese Nähe soll es dem Opfer nach der Tatmotivation möglichst erschweren, den Anblick der sexuellen Handlung zu vermeiden bzw. sich der Situation unmittelbar zu entziehen. Die Anschauung am Bildschirm weicht von dem Durchschnittsfall der Ärgerniserregung und dem tatbestandlichen Erfolg aber so stark ab, dass entsprechende Ausführungen zur Überzeugungsbildung des Tatrichters nicht entbehrlich sein können.

Nun, eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig und damit auch die Beweiswürdigungsrevision. Man könnte aber meinen, dass der Gegenstand der Rüge in der Beweiswürdigungsrevision auch zum Gegenstand der Rüge in einer VB gemacht werden könnte. Schließlich sind die Anforderungen des BGH an die Darstellung der Beweiswürdigung aus dem Verfassungsrecht abgeleitet. Auch das BVerfG (2 BvR 2045/02, Rn. 36) führt dazu wie folgt aus: 

In der Revision ist der Inhalt der Beweiswürdigung mit der Sachrüge angreifbar. Die Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die Beweiswürdigung haben sich - mit der Folge einer wirksameren Sicherung der Grundrechte des Beschuldigten, auch der Unschuldsvermutung (vgl. hierzu BVerfGE 74, 358 <370 ff.>) - stark verändert (vgl. zur Entwicklung Fezer, a.a.O.; Schäfer, StV 1995, S. 147 ff.). Während die frühere Rechtsprechung Schlussfolgerungen des Tatgerichts, die nach der Lebenserfahrung möglich sind, genügen ließ (vgl. BGHSt 10, 208 <209>; 36, 1, <14>; Herdegen, in: Festschrift für Hanack 1999, S. 311 <313 ff.>), wird nunmehr vorausgesetzt, dass der Schuldspruch auf einer tragfähigen Beweisgrundlage aufbaut, die die objektiv hohe Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des Beweisergebnisses ergibt (vgl. BGH NStZ-RR 1996, S. 202 f.; 1997, S. 42 <43>; bei Kusch, NStZ 1997, S. 376 <377>; StV 1999, S. 136; Herdegen, a.a.O., S. 323 ff.; Fezer, StV 1995, S. 95 <99>; ders., in: Festschrift für Hanack 1999, S. 331 <340>; Schäfer, StV 1995, S. 147 <149 ff.>; Jähnke, in: Festschrift für Hanack 1999, S. 355 <360 ff.>).

Gleichwohl schränkt das BVerfG die VB gegenüber der Beseiswürdigungsrevision wie folgt ein (Rn. 39):

Nicht jeder Verstoß gegen § 244 Abs. 2 oder § 261 StPO und die hierzu vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze rechtfertigt dabei das Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts. Voraussetzung ist vielmehr, dass sich das Tat- und gegebenenfalls das Revisionsgericht so weit von der Verpflichtung entfernt haben, in Wahrung der Unschuldsvermutung bei jeder als Täter in Betracht kommenden Person auch die Gründe, die gegen die mögliche Täterschaft sprechen, wahrzunehmen, aufzuklären und zu erwägen, dass der rationale Charakter der Entscheidung verloren gegangen scheint und sie keine tragfähige Grundlage mehr für die mit einem Schuldspruch einhergehende Freiheitsentziehung sein kann.

Schließlich aber greift das BVerfG dennoch die Kriterien der Beweiswürdigungsrevision auf (Rn. 50):

In der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts werden die vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien für die Kontrolle der tatgerichtlichen Beweiswürdigung in Konstellationen von Aussage gegen Aussage und bei Wiedererkennensfragen außer Acht gelassen. Der Strafsenat perpetuiert den Grundrechtsverstoß durch das landgerichtliche Urteil und wird daher selbst dem verfassungsrechtlichen Maßstab nicht gerecht.

Nur Mut.

 

Sie schaffen das und würden ein ganz wichtiges Grundsatzurteil erkämpfen. Die Rechtswillkür um diesen Paragraphen ist beeindruckend.

Wenn Sie Hilfe für einen Spendenaufruf brauchen unterstütze ich gerne mit.

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kabo schrieb:

Wenn Sie Hilfe für einen Spendenaufruf brauchen unterstütze ich gerne mit.


Wenn die Bild das Video noch nicht veröffentlicht hätte, würden sich bestimmt genügend Spendewillige finden lassen ;)

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@ Waldemar Robert Kolos

Danke! Damit wird die Sache wieder rund und für die Praxis handhabbar. Ich hätte das wegen der BVerfG Rechtsprechung zu den parallelen Rechtsbehelfen zwar nicht erwartet, finde es aber umso begrüßenswerter. Damit liegt das Risiko nicht mehr beim Bürger bzw. dessen Rechtsanwalt.

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@kabo

Eine nette Geste, die Sie aber an die Verteidiger Robert Hankowetz und Thomas Winkelmeier richten sollten. Beide kommen aus Regensburg. Das ist nicht gerade aus der Nähe von Augsburg. Möglicherweise ist das kein Zufall. Möglicherweise arbeiten sie bereits pro bono. Ich denke, man sollte schon darauf vertrauen, dass sie die richtige Entscheidung bezüglich der VB treffen werden. 

Davon unabhängig können wir hier im Blog aber einige Gedanken zu den Erfolgsaussichten vorab austauschen. 

Ich halte die Aussage des Opferzeugen und die richterliche Würdigung seiner Aussage für alles entscheidend. Auch wenn ich die "Verhandlungswidrigkeit" der Urteilsgründe mit einrechne, kann ich mir zur Zeit noch kein Bild darüber machen, wie man das noch hinbiegen könnte, um dem verfassungsrechtlichen Maßstab zu genügen. 

Nach dem derzeitigen Kenntnisstand aus den Medien, soll der Zeuge wie folgt ausgesagt haben:

"Er hatte die Hose runtergezogen bis unter die Knie. Man hat alles genau sehen können", sagt einer der Zeugen und fügt sogleich an: "So was geht gar nicht, es sind auch Kinder im Bad."

Quelle: kis/dpa: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/sex-im-schwimmbad-junges-paar-muss...

Unter einer "tragfähigen Beweisgrundlage" verstehe ich jedenfalls etwas anderes. 

... Dabei drängt sich auch noch eine "Falschbelastungshypothese" bezüglich des Taterfolges (Ärgerniserregung) auf, die in den Darstellungen auch nicht fehlen darf. 

Sind die Bademeister in Österreich cooler als die in Deutschland?

Ein aktueller Fall: In einem Freibad in Österreich hat sich ein Liebespärchen ähnlich wie das in Augsburg öffentlich vergnügt. Dabei wurde es offenbar von vielen Menschen gesehen. Der Bademeister schritt ein und forderte das Pärchen auf, die intimen Handlungen zu beenden. Da sich nun weder der Bademeister noch eine andere Person persönlich im "Scham- und Anstands- oder Ärgernisgefühl" verletzt sah, erfolgte in Österreich keine Anzeige und somit keine Anklage gegen das Liebespärchen.

Frage: Sind wir hier in Deutschland prüder oder heucheln wir hier in Deutschland relativ grundlos Ärgernis?

http://www.news.de/panorama/855617170/bademeister-stoppt-blow-job-coitus...

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Na ja, das deutsche Pärchen war weniger obrigkeitshörig. Die beiden folgten nicht den Bademeistern, kamen zu spät zur Verhandlung,  leugneten die Intimitäten auch noch und zollten der richterlichen Autorität nicht den nötigen Respekt! Solche obrigkeitsvergessene Gesellen/innen sind unerwünscht und gehören abgestraft...

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Das sehe anders als der @Blogger, wenn ein Staat jemanden wegen einer Lächerlichkeit verurteilt und einsperren will, dann hat dieser Staat auch damit zu Leben, dass die betroffenen ihn nicht den nötigen Respekt verleien. Das kann man nicht erwarten. Bei einem Verbrechen ist das etwas ganz anderes, da weis der Täter, dass er etwas falsch gemacht hat und wird sich dementsprechend meistens klüger Verhalten und dem Gericht dem nötigen Respekt zugestehen. Wobei solche lächerlichen Verurteilungen gerade dazu einladen, den Gerichten den nötigen Respekt zu verwehren, denn wer soll jetzt noch an Gerechtigkeit der Gerichte glauben können. Die gibt es einfach nicht.. Dafür sorgen solche Verfahren, die auch noch breit in der Öffentlichkeit ausgelacht werden und zwar zu Recht.

Denn eines sollte jedem aus diesem Thread klar sein, hier hat das Gericht einen riesen Bock geschossen und ist der Täter, nicht die jugendlichen. Tat:  Freiheitsberaubung aus niederen Beweggründen, sowie verunglimpfung dieser Person durch veröffentlichung von intimen Bildmaterial. Weiterhin ist auch das Bad und die Bild als Täter zu sehen und sollten dafür abgestraft werden und wie das Gericht und zur Schmerzensgeldzahlung verurteilt werden. Erst dann könnte die Justiz in diesem Lande ihr Gesicht etwas verbessern. Denn was Gerichte in den letzen Jahren für gravierende Fehler begannen haben, ist schon als Unrechtsstaat oder reine Bananenrepublik zu recht zu betiteln.

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@Andreas Hiller

Sie haben @Blogger wahrscheinlich falsch verstanden. Man könnte ihn zwar für einen Zyniker halten. Doch er ist es in diesem Fall nicht. Er beschreibt nur den Zynismus der Augsburger Justiz. Das wird schon an der Äußerung des Amtsrichters deutlich.

Richter Kugler: "Ich muss schon sagen, ich bin als Richter schockiert über die Art, wie sich Herr R. hier verhalten hat. Respektlosigkeit ist noch dezentes Umschreiben. Das war Pornografie, was wir da gesehen haben, nichts anderes. Wie man das leugnen kann, ist mir unverständlich. Das Gericht wäre bei einem Geständnis zur Einstellung des Verfahrens bereit gewesen. Aber nein, man führt sich auf und macht auf offene Hose. Ich hätte Lust gehabt, Sie heute schon drei Tage in den Keller zu stecken, damit Sie nachdenken, wie man sich vor Gericht verhält."

http://www.bild.de/news/inland/erregung-oeffentlichen-aergernisses/paar-...

In Deutschland und in Europa und in vielen anderen Teilen der Welt ist es selbstverständlich ein gutes Recht des Angeklagten, den Tatvorwurf zu leugnen. Aber eben nicht in Augsburg. Das sollte das Verfahren und die drakonischen Strafen demonstrieren. Auch das Landgericht bekam durch die sehr ungewöhnliche Anwesenheit des Präsidenten und des LOStA, also der Behördenleiter des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft, unter den Zuschauern Rückendeckung. 

Im Berufungsverfahren haben die Angeklagten die sexuellen Handlungen durch Erklärung ihrer Verteidiger gestanden. Während der Amtsrichter noch erklärt hatte, dass er das Verfahren unter diesen Umständen eingestellt hätte, hatte das Teilgeständnis für die Kammer wohl keine Relevanz mehr. 

Die Augsburger Justiz und die Medien haben dafür gesorgt, dass die Strafbarkeitvoraussetzungen in der Öffentlichkeit völlig verdreht dargestellt wurden. Alles drehte sich nur um den Sex des jungen Paares im Lichte der Sittlichkeit. So ist öffentlich der falsche Eindruck entstanden, dass Sex in einem öffentlich zugänglichen Bad strafbar sei. Dass es dabei vor allem auf eine gezielte Verletzung des Persönlichkeitsrechts mindestens einer Person ankommt, davon wollte die Augsburger Justiz offenbar nichts wissen. So sagte noch der Amtsrichter: "Das war Pornografie, was wir da gesehen haben, nichts anderes." Was er und "wir" auch immer da gesehen haben wollen, das ist strafrechtlich völlig irrelevant, weil er und "wir" nicht die Verletzten sind. Ob überhaupt jemand durch das Pärchen tatsächlich verletzt wurde, das ist bisher offen geblieben. 

 

@Gast#47

Dass hier in Deutschland

 eine andere Person persönlich im "Scham- und Anstands- oder Ärgernisgefühl" verletzt

wurde, das kann ich noch nicht erkennen. Einer der Augsburger Bademeister meinte nur: "Das geht nicht." Das meine ich aber auch. Und das werden auch in Österreich viele so sehen. Die einzigen, die sich dabei verletzt fühlten, sind offenbar die Augsburger Sittenrichter. 

Übrigens möchte ich zum Thema "Deutsche Sexualmoral" noch auf eine interessante Ausstellung im Haus der Geschichte in Bonn hinweisen: "Schamlos". Wer also zufällig in der Nähe sein sollte ... Eintritt ist wie immer frei.

http://www.hdg.de/bonn/ausstellungen/wechselausstellungen/ausstellungen/...

Siehe dazu auch:

http://www.zeit.de/news/2015-05/29/geschichte-deutsche-sexualmoral-im-ha...

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