Das Hickhack zwischen Zschäpe und ihren Verteidigern wirft die heikle Frage nach dem Anwaltsgeheimnis auf

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 23.06.2015


Der Streit, an dem die Öffentlichkeit teilweise wörtlich über die über alle Schrifstücke verfügenden Medien teilnehmen kann (vgl faz.net), wirft folgende heikle Frage auf:

 

Darf ein Pflichtverteidiger, wenn um seine Entbindung gestritten wird, Internas aus den Gesprächen mit seinem Mandanten freigeben, ohne damit das Anwaltsgeheimnis zu verletzen, wie im Fall Zschäpe durch den Hinweis darauf, dass Zschäpe ihr exklusives Wissen nur fragmentarisch an die Verteidiger weitergebe, weshalb schon aus diesem Grund eine optimale Verteidigung gar nicht möglich sei (nach SPIEGEL ONLINE; Link geändert am 24.6.2015, weil der urspüngliche Link versehentlich den verkehrten Beitrag ausgewählt hat, s. #1 und #2)? (Nebenbei bemerkt: Aus dem, was ich aus den Medien entnehme, vermag ich eine aktive Verteidigung nicht zu erkennen. Vielleicht bestätigt eines Tages das Urteil die bislang verfolgte Verteidigungsstrategie; ich befürchte allerdings, dass die Verteidigung nicht erkennt, in welche Richtung die Beweisaufnahme läuft).

 

Die Rechtsprechung verlangt, damit ein Pflichtverteidiger entpflichtet werden kann, dass der Verteidiger und/oder der Beschuldigte aus dem „forum internum des Mandats“ berichtet, verlangt also diesen „Verrat im Mandat und am Mandanten.“ Diese Rechtsprechung kritisiere ich grundsätzlich nicht. Aber, was den Verteidiger betrifft, dieser hat gegenüber seinem Mandanten auch eine Beistandsfunktion, die ein „Wehren gegen die Vorwürfe“ deshalb verbieten könnte, weil der Verteidiger dann ersichtlich gegen den Willen seines Mandanten handelt. Gelöst werden kann dieses Spannungsverhältnis dadurch, dass der Pflichtverteidiger wegen des gestörten Vertrauensverhältnisses mit seinem Mandanten seine Entbindung beantragt (und damit dem Gericht "den Ball zuspielt").

 

Die Verteidiger Zschäpes gehen diesen Weg nicht, sondern kleben (aus welchen Gründen?) am Mandant – und es wird in beispielloser Weise in aller Öffentlichkeit die „schmutzige Wäsche“  zwischen Verteidigung und Mandantin gewaschen.

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51 Kommentare

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BrainBug2 schrieb:

Ich wußte nicht, dass § 203 StGB auf Fragen der Schuld oder Unschuld des Mandanten beschränkt ist.

Der § 203 StGB ist leider nicht sehr beliebt bei den Staatsanwaltschaften, auch wenn man einen Arzt oder andere Personen aus dem medizinischen Bereich deswegen anzeigt.

Die Staatsanwälte brauchen doch auch häufig deren Informationen, oder irre ich mich da etwa?

Warum also eine Kuh schlachten, die man doch irgendwann einmal wieder melken will, werden sich da die Staatsanwälte wohl insgeheim fragen .......

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