BAG zum Anspruch auf Teilzeitarbeit

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 01.07.2015

Seit 2001 hat jeder Arbeitnehmer Anspruch darauf, seine Arbeitszeit nach Maßgabe des § 8 TzBfG zu reduzieren. Nach Inkrafttreten dieser Bestimmung gab es zunächst zahlreiche Streitigkeiten, insbesondere um die "betrieblichen Gründe", die den Arbeitgeber zur Ablehnung des Antrags berechtigen. In den letzten Jahren hat die Zahl der Verfahren jedoch deutlich abgenommen. Die betriebliche Praxis hat sich offenbar auf den Teilzeitanspruch eingestellt.

Aber noch nicht überall, wie ein neues Urteil des BAG belegt:

1. Die Ablehnung eines von dem Arbeitnehmer geäußerten Teilzeitverlangens durch den Arbeitgeber ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ob der Arbeitgeber eine solche Erklärung abgegeben hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.

2. Lehnt der Arbeitgeber den auf § 8 TzBfG gestützten Antrag des Arbeitnehmers nicht binnen eines Monats vor dem gewünschten Beginn der Teilzeittätigkeit ab, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG) und die von ihm begehrte Verteilung der reduzierten Arbeitszeit gilt als festgelegt (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG). Das Gesetz fingiert auf diese Weise eine Vertragsänderung. Der Arbeitgeber muss sich so behandeln lassen, als hätte er der angetragenen Vertragsänderung zugestimmt.

3. Erklärt der Arbeitgeber eine Änderungskündigung mit dem Ziel, den Rechtszustand, der gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG eingetreten ist, zu beseitigen, kann er im Kündigungsschutzrechtsstreit zur Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen grundsätzlich nur solche Tatsachen vortragen, die er dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers vor Ablauf der einmonatigen Frist des § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG nicht hätte entgegenhalten können.

BAG, Urt. vom 20.1.2015 - 9 AZR 860/13, BeckRS 2015, 68834

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