Der falsche Familienrichter

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 11.08.2015
Rechtsgebiete: Familienrecht5|3532 Aufrufe

Zum vorherigen Beitrag passend:

Auf eine Kontaktanzeige der Klägerin antwortete der Beklagte:

"Beruflich engagiere ich mich als Richter am Familiengericht und ordne mich der neuen Richtergeneration zu. Das besagt, daß ich kein sturer Paragraphenhengst bin, sondern die Rechtsprechung mit jedem einzelnen Fall neu auszulegen und anzuwenden versuche."

Auch dann, als sich die Parteien näher kennen lernten, stellte sich der Beklagte der Klägerin immer wieder als Familienrichter vor. Tatsächlich aber hatte der Beklagte ohne Examina Jura studiert. Ob sich der Beklagte auch im Bekanntenkreis der Klägerin als Familienrichter vorgestellt hat, ist zwischen den Parteien streitig.

Tatsächlich arbeitete er als kaufmännsicher Angestellter. Das AG Krefeld hat eine arglistige Täuschung bejaht:

Zwar ist in der Literatur anerkannt, daß der Irrtum über den Beruf kein Aufhebungsgrund im Sinne des § 32 EheG darstellt. (Vorgängernorm zu § 1314 BGB). Ob demgegenüber der Beruf als persönliche Eigenschaft im Sinne des § 32 EheG von Seiten des Gerichts angenommen wird, bedarf keiner abschließenden Erörterung. Jedenfalls ist die in dem Vorspiegeln eines falschen Berufs und dem Verschweigen des wahren Berufs zum Ausdruck kommende Unwahrhaftigkeit des Beklagten so gravierend, daß hier von einer persönlichen Eigenschaft des Beklagten gesprochen werden muß. Wer seine zukünftige Ehe auf eine solche erhebliche Lebenslüge gründet, kann nicht von dem Ehepartner erwarten, daß dieser diesen Umstand ohne weiteres hinnimmt. Entscheidend ist letztendlich für die Klägerin gewesen, daß der Beklagte seinen wahren Beruf nicht offenbart hat, sondern an der einmal begonnenen Lüge auch nach der Eheschließung festgehalten hat. Daß möglicherweise die Klägerin auch von einem höheren Einkommen mit dem eines Angestellten und von einem gewissen Sozialstatus ausgegangen ist, ist für die hier zu entscheidende Frage ohne Bedeutung.

AG Krefeld FamRZ 1987, 815

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5 Kommentare

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Ein gutes Urteil für Frauen, die vorwiegend den Status ehelichen wollen, und nicht so sehr den männlichen Träger. Es schafft Rechtssicherheit für ehrgeizige Heiraterinnen.

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Das wird einen Aufschrei geben, wenn mit Berufung auf dieses Urteil der erste Mann die Eheaufhebung verlangt, weil die Braut anders als zugesichert doch keine Jungfrau war.

... und was soll die Frau Doktor sagen, die einen Plagiator geheiratet hat? 

Gut, dass man mit diesem alten und merkwürdigen Urteil nicht einverstanden sein muss. Ich bezweifle, dass es viele Anhänger hat.

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