Kündigung in der Wartezeit

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 11.08.2015
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungWartezeit|4037 Aufrufe

Ist der Arbeitgeber der Auffassung, dass der Arbeitnehmer sich in der Probezeit nicht bewährt habe, kann er das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG kündigen, ohne einer sozialen Rechtfertigung zu bedürfen. Entscheidend ist, dass die Kündigung noch innerhalb des Sechs-Monats-Zeitraums zugeht, auch wenn sie das Arbeitsverhältnis wegen der einzuhaltenden Kündigungsfrist erst zu einem nach Ablauf dieser Frist liegenden Termin beendet. Der Arbeitgeber muss nicht zwingend zum nächstzulässigen Termin kündigen. Wählt er allerdings treuwidrig einen weit in der Zukunft liegenden Beendigungstermin, kann eine analoge Anwendung des § 162 BGB in Betracht kommen. Die Kündigung bedarf dann trotz fehlenden Ablaufs der Wartezeit vorfristig einer sozialen Rechtfertigung (BeckOK/Rolfs § 1 KSchG Rn. 49).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das LAG Baden-Württemberg die Klage eines Arbeitnehmers gegen eine Wartezeitkündigung abgewiesen:

Kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis noch in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht zum erstmöglichen Termin nach der Wartezeit, sondern mit einer längeren Kündigungsfrist, so liegt darin jedenfalls dann keine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes, wenn dem Arbeitnehmer mit der verlängerten Kündigungsfrist eine weitere Bewährungschance eingeräumt werden soll. Einer "verbindlichen" Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung bedarf es nicht.

LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 6.5.2015 - 4 Sa 94/14, BeckRS 2015, 69008

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