Das Geschenk des Schwiegervaters

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 14.09.2015
Rechtsgebiete: Familienrecht11|4936 Aufrufe

1999 kauften die "jungen Leute" ein Haus und nahmen dafür gesamtschuldnerisch Darlehen in Höhe von 240.000 € auf.

Die Frau war Alleininhaberin eines Girokontos. Ihr Ehemann hatte für dieses Konto Vollmacht.

In den Jahren 2006 und 2009 überwies der Vater der Frau auf dieses Konto  insgesamt 224.320 €, wobei er als Verwendungszweck jeweils angegeben hat, dass das Geld zur Rückzahlung von Darlehen dienen solle. Die jungen Leute zahlten die aufgenommenen Darlehen zurück

Mitte 2012 ging die Ehe in die Brüche. Der Vater verlangt von seinem (ehemaligen) Schwiegersohn anteilig Rückzahlung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Der Schwiegersohn meint, es lege eine Kettenschenkung vor (Vater schenkt an  Tochter, Tochter an ihn), so dass ein Anspruch des Schwiegervaters gegen ihn nicht bestehe.

Hat er recht?

OLG Bremen v. 17.08.2015 - 4 UF 52/15

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11 Kommentare

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Man kann den Beteiligten nur wünschen, dass das Finanzamt nicht hellhörig wird. Eine Schenkung von Schwiegervater an Schwiegersohn ist bei den Beträgen nicht unproblematisch.

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Die Schenkung (Bereicherung) liegt offenbar in der Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber der Bank. Der Vater wollte das Geld weder seiner Tochter, noch ihr und ihrem Ehemann schenken und ihnen die Entscheidung darüber nicht frei überlassen, was sie damit machen wollen. Das ergibt sich schon aus der Zweckbindung in der Überweisung. 

@MT

Wieso "den Beteiligten"? Erklärungspflichtig dürfte wohl nur der Ex sein, oder nicht? Eine Selbstanzeige wäre auf jeden Fall kein Fehler. Interessant wäre auch zu wissen, wie das FA die Höhe der Zuwendung berechnet. Schließlich ist er von der gesamten Verbindlichkeit befreit worden, aber auch die Tochter.

@ Waldemar Robert Kolos

Erklärungspflicht und Steuerschuldnerschaft sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Steuerschuldner sind Erwerber und Schenker, § 20 Abs. 1 ErbStG, die als Gesamtschuldner haften, § 44 Abs. 1 AO (interessant wäre die Frage nach dem Innenausgleich). Der Erwerber und derjenige, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt, müssen den Erwerb anzeigen, § 30 ErbStG. Das Finanzamt kann dann von jedem Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung verlangen, § 31 ErbStG. Danach wären alle Beteiligten (Vater, Tochter, Schwiegersohn) sowohl Steuerschuldner als auch anzeigepflichtig.

Eine Befreiung von einer Verbindlichkeit liegt m.E. nicht vor. Das wäre dann der Fall, wenn der Schwiegervater das Geld direkt an die Bank überwiesen hätte. Für die Bewertung der Schenkung ist deshalb, wenn ich das richtig sehe, der Nennwert maßgeblich, § 12 Abs. 1 ErbStG iVm § 12 Abs. 1 BewG.

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@MT

Danke für für Ihre Aufklärung. Wer hätte das gedacht? Ich jedenfalls nicht. Da kann man auch als Schenker bei der Verwendung des eigenen und bereits versteuerten Vermögens in große Schwierigkeiten geraten, wenn man sich über die steuerlichen Pflichten nicht informiert oder fachlich beraten lässt.

Ok, wenn man mit Ihnen die Schenkung nicht in der Befreiung von der Verbindlichkeit sieht, sondern in der Überweisung des Geldbetrages. Dann wäre das eine zweckgebundene Geldschenkung. Im Steuerrecht spricht man in diesem Zusammenhang von einer "mittelbaren Schenkung". So auch, wenn Geld geschenkt wird zum Erwerb eines Grundstücks oder die Beiträge zu einer Lebensversicherung. Die Finanzgerichtsbarkeit nimmt in diesen Fällen die Bewertung an dem erworbenen Gegenstand vor: Verkehrswert des Grundstücks oder Rückkaufwert der Lebensversicherung. Entsprechend müsste dann die Höhe der Verbindlichkeit in Ansatz gebracht werden. Interessant wirds - wie hier - bei Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft.

Im Interesse des Vaters dürfte es gewesen sein, vor allem seine Tochter von der Gesamtverbindlichkeit zu befreien. Dass zugleich auch sein Schwiegersohn davon jedenfalls gegenüber der Bank befreit wurde, das ist nur ein rechtlich zwingender Nebeneffekt. Es käme also wohl dann darauf an, ob der Schwiegersohn auch im Innenverhältnis der Gesamtschuldner von seiner Verbindlichkeit durch die Geldschenkung befreit werden sollte, also auf die Zweckbindung. Eine so weitgehende Zweckbindung kann man dem Sachverhalt ohne Weiteres nicht entnehmen. Steuerrechtlich wäre es für alle Beteiligte von Vorteil, wenn die Tochter frei darüber entscheiden konnte, wie sie es im Innenverhältnis mit ihrem Ehemann regelt. In diesem Fall hätte der Schwiegersohn aber recht, dass er nicht von seinem Schwiegervater, sondern von seiner Ehefrau beschenkt wurde.

Sie haben ja weitgehend recht, Herr Burschel. Den Steueraspekt braucht die Lösung nicht. Es geht um den in der Überweisungen liegenden Erklärungsinhalt und insbesondere um die Person des Erklärungsempfängers. An wen wurde das Schenkungsangebot gerichtet? Nur an die Kontoinhaberin, die Tochter oder auch an den Schwiegersohn? Nebenabreden sind nicht bekannt. Und es geht um die Annahmeerklärung. Worin soll die Annahmeerklärung des Schwiegersohns liegen? Schweigen hat grundsätzlich keinen Erklärungswert und bei Schenkung nur dann, wenn der Begünstigte zur Erklärung aufgefordert wurde. 

Wenn man das Steuerrecht auch nicht braucht, so hilft es doch besser zu verstehen, dass die Eheleute kein Interesse daran haben konnten, beide die Schenkung anzunehmen. Denn sie waren wirtschaftlich besser gestellt, wenn nur die Tochter die Annahme erklärte. Dieser Aspekt darf durchaus in die Auslegung der Willenserklärung mit einfließen, wenn überhaupt die Annahme erklärt wurde, was der Sachverhalt aber nicht hergibt.

Wenn aber keine Schenkung zustande gekommen ist, so kommt trotzdem ein Anspruch aus Bereicherung in Betracht. Dass der Schwiegersohn bereichert wurde, ist unproblematisch. Ein Rechtsgrund ist nicht ersichtlich. Über eine Schenkung der Ehefrau an den Ehemann sind bis auf eine bloße Behauptung keine Details bekannt. 

Das Schenkungsversprechen befarf der notariellen Form (§ 518 I BGB), der Formmangel wird jedoch durch die Bewirkung geheilt (§ 518 II BGB). Nach der geänderten Rechtsprechung des BGH sind Zuwendungen an die Kinder und Schwiegerkinder "echte" Schenkungen, so dass die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gelten. Geschäftsgrundlage für den Vater war das Fortbestehen der Ehe seiner Tochter mit dem Schwiegersohn. Diese ist mit der endgültigen Trennung weggefallen.

Fragt sich nur, an wen der Vater geschenkt hat. An die Tochter allein oder an beide? Nach Auffassung des OLG Bremen liegt keine Kettenschenkung vor, weil die Tochter das Geld nicht frei verwenden durfte, sondern die Hausschulden tilgen sollte. Das ist ein geschenk auch an den Schwiegersohn. Dieser hat die Schenkung stillscheigend angenommen.

Mit der Trennung hat der Schwiegervater einen Anspruch gegen den Schwiegersohn. Bei der Höhe des Anspruchs ist jedoch zu bedenken, dass die Ehe bis 2012 gehalten hat. Der im Rahmen des § 313 BGB vorzunehmende Abschlag wegen teilweiser Zweckerreichung ist nach der sog. Eheerwartung des Schenkers zu bemessen. Angesichts der auf Lebenszeit eingegangenen Ehe wird sich diese Erwartung regelmäßig an der statistischen Lebenserwartung der Ehepartner im Zeitpunkt der Zuwendung orientieren. Im Ergebnis gelangt der Senat zu einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 86.139,50 €

Hopper schrieb:

Mit der Trennung hat der Schwiegervater einen Anspruch gegen den Schwiegersohn. Bei der Höhe des Anspruchs ist jedoch zu bedenken, dass die Ehe bis 2012 gehalten hat. Der im Rahmen des § 313 BGB vorzunehmende Abschlag wegen teilweiser Zweckerreichung ist nach der sog. Eheerwartung des Schenkers zu bemessen. Angesichts der auf Lebenszeit eingegangenen Ehe wird sich diese Erwartung regelmäßig an der statistischen Lebenserwartung der Ehepartner im Zeitpunkt der Zuwendung orientieren. Im Ergebnis gelangt der Senat zu einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 86.139,50 €

 

Wäre es nicht realistischer, von einer "statistischen durchschnittlichen Dauer einer Ehe" auszugehen? Der Schwiegervater muss doch zum Zeitpunkt der Schenkung wissen, dass eine Ehe heutzutage in aller Regel nicht mehr bis zum Lebensende dauert. Wenn die Ehe also so lange hält wie eine durchschnittliche Ehe heutzutage eben hält, dann hat er keinen Rückzahlungsanspruch.

 

Wenn er in jedem Fall eine Rückzahlung haben will, dann kann er dies ja in einem Schenkungsvertrag so vereinbaren.

 

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Nach 421 BGB war die Tochter zur Bewirkung der ganzen Leistung, also zur vollständigen Rückzahlung des Kredits verpflichtet. Die mit der Schenkung verbundene Auflage hat sie an die Tilgung des Kredits gebunden. Die Auflage hatte sie aber nicht zu einem Verzicht auf den Ausgleichsanspruch aus 426 BGB verpflichtet. Gemäß der Auflage konnte (sollte?) die Tochter also allein den Kredit tilgen. Dass ihr Ehemann und der Schwiegersohn des Schenkers neben ihr als Gesamtschuldner auch zur vollständigen Rückzahlung des Kredits verpflichtet war, machte den Schwiegersohn nicht ohne Weiteres zum Beschenkten. 

Zur Annahmeerklärung: Gewiss kann der Kontoinhaber eine auf sein Konto überwiesene Geldschenkung konkludent annehmen. Aber kann das auch derjenige tun, der nur Kontovollmacht hat - auch in eigenem Namen? Erscheint jedenfalls zweifelhaft, auch wenn das Konto faktisch als Ehegattenkonto geführt wurde. 

Dazu führt das OLG Bremen aus:

Soweit der Antragsgegner meint, Schenkungsverträge seien schon allein deshalb nicht zustande gekommen, da er die von seinem Schwiegervater stammenden Zahlungen nicht angenommen habe, kann dem nicht gefolgt werden. Der Antragsgegner musste für die Darlehensrückführungen als Mitdarlehensnehmer jeweils die Aufhebungsverträge mit der Bank mitunterzeichnen. Ihm war auch bewusst, dass die Rückzahlungsbeträge nur von seinem Schwiegervater stammen konnten. Dadurch, dass er mit den Darlehensrückführungen mithilfe der Zahlungen seines Schwiegervaters einverstanden war, hat er die entsprechenden Schenkungen somit angenommen.

Ja, was ist davon zu halten?

Wenn die Annahme der Schenkung durch den Schwiegersohn im Abschluss des Aufhebungsvertrages und in seinem Einverständnis zu "Darlehensrückführungen mithilfe der Zahlungen seines Schwiegervaters" hätte erklärt werden sollen, dann hätte auch das Schenkungsversprechen (-angebot) und die geschuldete Leistung in der "Darlehnsrückführung" und nicht in der Geldüberweisung liegen müssen. Rein theoretisch wäre das denkbar.

Zuvor aber hatte das OLG Bremen den Schenkungsvertrag noch seitenlang als eine Geldschenkung ausgelegt, die mit einer Auflage verbunden war, die Hausschulden zu tilgen. Danach sollte die Schenkung nicht erst in der Tilgung der Hausschulden liegen, sondern schon in der Übereignung des Geldes. Das ist ein beachtlicher Unterschied. Auch für die Heilung des Formmangels ist das von Bedeutung. Denn die Schenkung wird dann unterschiedlich bewirkt.

Es ist grotesk falsch, die Annahme der Geldschenkung mit der Einverständniserklärung zur "Darlehnsrückführung" zu begründen. Bei der Geldschenkung hätte das Geld dem Schwiegersohn mit übereignet werden müssen bzw. hätte er durch die Überweisung eine entsprechende Geldforderung gegenüber der Bank oder gegenüber seiner Ehefrau erlangen müssen. Nur so hätte die Schenkung ihm gegenüber bewirkt, die Annahme von ihm erklärt und der Formmangel geheilt werden können. 

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