EuGH: Generalanwalt meint, „EU/US Safe Harbor“ müsse für „unwirksam“ erklärt werden

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 23.09.2015

Generalanwalt Bot des EuGH hat heute seine Schlussanträge vorgelegt (“opinion“ - hier auf Englisch, noch nicht auf Deutsch).

Er kommt zu dem für die Beobachter nicht unerwarteten Ergebnis, dass mittels EU/US Safe Harbor (hierzu im Blog mehr hier) übermittelten personenbezogenen Daten von EU-Bürgern in den USA nicht sicher sind. Er kommt zu dem Entschluss, dass die Existenz einer Entscheidung der Kommission, mit der festgestellt wird, dass ein Drittland ein angemessenes Schutzniveau für die übermittelten personenbezogenen Daten gewährleistet (Safe-Harbor-Abkommen), die Befugnisse der nationalen Kontrollstellen nach der Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten weder beseitigen noch auch nur verringern kann. Er ist der Ansicht, dass die Entscheidung der Kommission „ungültig“ ist. Re meint auch, die Kommission sei nicht ermächtigt, die Befugnisse der nationalen Datenschutzbehörden zu beschränken, Safe Harbor auszusetzen. Aus den sowohl vom irischen High Court als auch von der Kommission selbst getroffenen Feststellungen ergebe sich, dass das Recht und die Praxis der USA es gestatten, die übermittelten personenbezogenen Daten von Unionsbürgern in großem Umfang zu sammeln, ohne dass sie über einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz verfügen.

Hintergrund: Nach der Richtlinie 95/46/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten ist die Übermittlung solcher Daten in ein Drittland dann zulässig, wenn es ein angemessenes Schutzniveau für diese Daten gewährleistet. Ferner kann die Kommission nach der Richtlinie feststellen, dass ein Drittland ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet. Sobald die Kommission eine Entscheidung in diesem Sinne erlassen hat, kann die Übermittlung personenbezogener Daten in das betreffende Drittland erfolgen. Die Richter des EuGH folgen häufig den Schlussanträgen der Generalanwälte. Brüssel verhandelt derzeit mit der US-Regierung über Safe Harbor (im Blog hier).

Was halten Sie von dieser Opinion?  Unter anderen: Für die Linie des Generalanwalts nicht zuende gedacht zur Rechtswidirgkeit der DatenschutzRiLi, in der ja auch Ausnahmen für die National Security festgelegt sind? Das britische GCHG und andere Geheimdienste von EU-Ländern sind in der Opinion nicht erwähnt, obwohl sie sicherlich auch Daten sammeln. 

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5 Kommentare

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Das wäre dann auch auf europäischer Ebene wieder der Versuch, dass das oberste Gericht korrigiert, was die Politik falsch gemacht hat. Erleben wir in .de durch das BVerfG auch (viel zu) oft.

 

Ich frage mich allerdings, ob das mittelfristig überhaupt noch Bedeutung hat, oder im Rahmen von TTIP die Möglichkeit einer Einschränkung von Datensammlung zumindest gegenüber amerikanischen Unternehmen kaum noch bestehen wird. ("In den USA ist das erlaubt, also dürfen wir es auch hier - es gehört zu unserem Geschäftsmodell und ist deshalb geschützt.")

I.S. schrieb:

Das wäre dann auch auf europäischer Ebene wieder der Versuch, dass das oberste Gericht korrigiert, was die Politik falsch gemacht hat. Erleben wir in .de durch das BVerfG auch (viel zu) oft.

Zur Klarstellung: das ist kein Vorwurf in Richtung BVerfG, ganz im Gegenteil.

Danke. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass der EuGH den Unternehmen, die sich auf die Geltung von Safe Harbor verlassen, Vertrauensschutz einräumt? Müßte der EuGH nicht längere Übergangsfristen zur Anpassung vorsehen?

Und wie steht es mit den andren Mitteln zum internationalen Datentransfer (Binding Corporate Rules, Model Clauses)? Müßten die nicht konsequenterweise auch aufgehoben werden, weil die abstrakte Gefahr die Abhörens uder Datensammelns in den USA besteht?

Was meinen Sie?

Hier das Neueste vom EuGH: In der Rechtssache C-362/14 (Schrems) soll am Dienstag, dem 6. Oktober 2015, um 9.30 Uhr, das Urteil verkündet werden. Wir sind gespannt.

Zwischenzeitlich hat sich auch die US-Vertretung bei der Europäischen Union zu der überraschend eindeutigen Absage des EuGH-Generalanwalts Yves Bot in einem Statement geäußert : http://useu.usmission.gov/st-09282015.html

 

Insbesondere kritisieren die US-Vertretung die Erklärung des Generalanwalts, dass die Schlussfolgerungen des irischen High Courts zu akzeptieren seien, denn in diesem Verfahren habe es keine Untersuchung gegeben. Das Gericht habe lediglich unter Berufung auf eidesstattliche Erklärungen des Klägers festgestellt, dass die Massenüberwachung der USA nicht angezweifelt werde.

Auch zum US-Überwachungsprogramm PRISM führen die USA aus, dass das Programm gesetzlich genehmigt sei und sich nur gegen konkrete, sinnvolle Ziele der Auslandsüberwachung richte. Ebenfalls erfolgen nicht näher konkretisierte Hinweise auf neuerlichen Maßnahmen von Präsident Obama zu Gunsten einer verbesserten Transparenz und öffentliche Kontrolle.

 

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