Der Adblocker: Eine Antwort auf den Offenen Brief der FAZ

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 12.10.2015

Sehr geehrter Herr Müller von Blumencron, Chefredakteur für Digitale Produkte,

seit einiger Zeit erhalte ich Ihren Brief beim Online-Besuch der FAZ:

"Liebe Leserin, lieber Leser,

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Sehr geehrter Herr Müller von Blumencron,

Sie möchten also verstehen, warum ich den Adblocker benutze. Das erläutere ich Ihnen gerne, zumal ich als langjähriger FAZ-Abonnent und FAZ-Autor Ihre Zeitung sehr schätze.

Zunächst einmal möchte ich Ihre Aussage in Frage stellen, dass die FAZ nur klassische Anzeigen im Web schaltet. Mein Lieblingstool Ghostery zeigt, dass Sie nicht weniger als sieben Trackingtools einsetzen, die umfassend mein Nutzerverhalten mitprotokollieren und in Werbedaten umformen. Und upps, mit Ghostery habe ich diese Trackingtools alle ausgeschaltet.

Nun aber zum Adblock selbst: Das Laden der Werbung auf meinen Rechner kostet mich Rechenzeit, Arbeitsspeicher und Traffic; warum sollte ich das wollen? Die Rechtsordnung gibt mir die Chance, mich frei zu entscheiden, ob und wieviel Werbung ich  im Web sehen wll - warum sollte ich diese Option ncht nutzen? UNd wieso soll ich mich dann als "Schmarotzer" behandeln lassen müssen?

Ihre Strategie erinnert an die Zeiten der Fernsehfee, der Box zum Umgehen von Fernsehwerbung, die der BGH ausdrücklich erlaubt hat (BGH, Urteil vom 24. 6. 2004 - I ZR 26/02, Rdnr. 28):

"Die von der Klägerin gesendete Werbung erreicht, wenn der Werbeblocker der Beklagten zum Einsatz kommt, nur diejenigen Fernsehzuschauer nicht, die sich bewußt dafür entschieden haben, keine Werbung sehen zu wollen."

Diese bewußte Entscheidung gilt es zu respektieren! Nichts für ungut - herzlichen GRuss TH

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54 Kommentare

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Der BGH hat bisweilen ganz vernünftge Momente. Vor allem hier auch dann, wenn schlichte Fragen der Freiheit von Belang sind. Irgendein Verlagspimpel eines "Qualitätspresse"-Organs wirft aus Angst vor dem Bankrott im Markte wie ein Häufchen Scheiße eine Werbeanzeige in seine Internetdarstellung. Darf er das ? Ja klar, frei. Darf ich das Scheißhäufchen unterdrücken, weil ich ich es weder lesen noch sehen will? Ja, klar, frei. Darf ich dafür elektrische Hilfe verwenden, so einen adBlocker? Ja klar, frei. Darf der adBlocker seinerseits mir dabei helfen? Ja klar, frei. Ich darf doch auch einen Hausmeister beschäftigen, der vor der Haustür abgelegten Werbemüll entsorgt. Mein Risiko, wenn ihm dabei etwas durchflutscht. Und wenn ich erfahre, dass es sich von einigen Leuten Geld dafür geben lässt, dass er einiges doch hereinbringt? Tja, dann werde ich - immer noch frei - darüber zu befinden haben, ob ich ihn rausschmeiße oder damit zufrieden bin, dass er wenigstens den Großteil des Mülls vorab entsorgt. Und wenn er's mir nicht sagt? Das ist nicht so schön , aber ich merke ja eventuell, dass da doch Werbemüll kommt. Willy Brandts "mündiger Bürger" wird sich dann doch auch damit zurechtfinden.

Liebe Internetgemeinede, Liebes Faz.Net Team,

Ob man nun Werbung blockiert oder nicht, ist doch egal. die Werbeindustrie interessiert sich nicht dafür, was die User wollen, sondern wie man stink-reich werden kann. Wer erlaubt Unternehmen wie Ihres, ungefragt Nutzerprofile (wenn auch anonymisiert) zu verkaufen. Haben die Verbraucher/ User hier kein Mitspracherecht?

Nein? Dann juckt es mich auch nicht, wenn Firmen wie Ihres Pleite gehen.

Ich nutze keinen AdBlock Plus von Eyeo, sondern ich nutze uBlock Origin und Raspberry Pi 3B+ und Pi-Hole fürs gesamte Netzwerk. Mich interessieren Firmen nicht, die Geld mit Userdaten verdienen. Die die User tracken (verfolgen) um noch mehr Werbung ausspielen zu können. Bezahlschranken? Kein Hinternis! Wenn ich Content will, dann blockiere ich einfach JavaScript oder nutze HTTRACK und downloade die gesamte Website und entferne die Bezahlschranke. Was kümmert mich das, Privatkopie ist zulässig!

Werbung nervt, Tracker nervt, und Cookies nerven auch. Niemand will verfolgt werden, nur um hinterher mit "personalisierte" Werbung bombardiert zu werden. Mehr Werbung bringt mehr Blockraten, so einfach geht die Rechnung.

Datenhandel mit personenbezogenen Informationen (IP, System, Browser, besuchte Sites) gehen Euch einen feuchten Sch***ß an. Daher blockieren viele Menschen euren Mist.

Ich biete inzwischen vorkonfigurierte Pi's an inkl. Anleitung dazu, wie der Pi als Primärer DNS und DHCP Server eingerichtet werden muss (Routerseitig) und schon ist Ruhe im Web. Da kann Axel Springer gerne eine Klage gegen mich einreichen, in meinem Netzwerk bin ich der Boss und da hat die Werbeindustrie ihre Pfoten rauszulassen.

Wenn User kommen, die sich bei den AdBlockern bedanken möchten für Bezahlschranken -- Bitteschön, gerne geschehen. So hat der Datenschutz und die persönlichen Interessen gewonnen, und der Siegeszug der AdBlocker schmeckt keinem Blogger, Unternehmer, Verlag und und und.... wem interessiert das? Mich? Niemals!

Für alle interessierten, der vorkonfigurierte Pi kostet nicht mehr als ein roher Pi, ist aber dafür sofort einsatzbereit.

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Sehr beachtlich. Entspricht im Wesentlichen wohl dem, was ich zuvor bei rechtlicher Betrachtung dargetan habe. 

@ Dr. Egon Peus... nicht der BGH hat dies gesagt (wobei HTTRACK kein Mittel der Wahl darstellen soll), sondern auch diverse Amts- Land- und Oberlandgerichte haben ähnlich entschieden. Raspberry Pi mit Pi-Hole ist ein hardwareseitiger, netzwerkgesteuerter Werbefilter. Was wollen die Werbenden dagegen unternehmen? Eine legale Hardware mit legale Software verbieten lassen? Eher unmöglich durchzusetzen, da der einzelne Mündige Mensch entscheiden darf, welche Hardware wie und zu welchem Zweck er sie verwenden möchte.

Ich erinnere mich an eine Aussage des WUV Vorstands, das AdBlocker die Monetarisierung gefährden würden und andere Lösungen nicht bestehen. Moment einmal, Paywall keine akzeptable ALternative zu Tracking und Co.? 

Na dann haben die Damen und Herren der Werbewirtschaft viel zu lernen, denn Fakt wird sein, dass irgendwann sehr viele Menschen Werbung nicht mehr akzeptieren werden, und nach Lösungen zur Unterdrückung suchen werden. Ich kann nur sagen dass ich viele Pi's verkauft habe, für die es zuvor kaum Interesse gab. 

Natürlich habe ich meinen "Kunden" die Vorzüge der Werbeunterdrückung aufgezählt, auch wenn jeder weiß dass Werbung zwar wichtig ist, aber nicht Überlebensnotwendig, sondern ein kommerzielles Mittel dass verändert werden kann, wenn es nicht mehr wirkt.

Klar ist, Bezahlschranken halten mich z.B. niemals auf, ich kann Bild+ Artikel aufrufen ohne ein Abo haben zu müssen. Die Umwege sind zwar groß und nur für versierte User anwendbar, aber selbst dass ist eine Frage der Zeit, bis es Tools geben wird, die Bezahlschranken umgehen werden. Anyway, auf langer Sicht haben die Werbeindustrie und jene das Nachsehen, die sich nicht auf die User konzentrieren wollen, sondern auf den Profit achten. Das sind für mich keine Menschen, sondern Geldgeiler Abschaum des Volkes.

Ich betreibe ein Pi im Netzwerk, reicht vollkommen, selbst wenn AVM das künftig verbieten wollen würde, die Firmware lässt sich genauso schnell anpassen wie eine kopierte Website :-).

Lg

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