Bundeskanzlerin Merkel hat sich nicht strafbar gemacht

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 13.10.2015

Mein Kollege Prof. Dr. Holm Putzke von der Uni Passau vertritt die Ansicht, die Bundeskanzlerin habe sich strafbar gemacht, als sie sich Anfang September mit Österreich darauf geeinigt habe, unter Umgehung des eigentlich vorgesehenen Grenzregimes in Europa/Schengenstaaten, Flüchtlinge in Deutschland in großer Zahl aufzunehmen. (Link: Holm Putzke, Ist die Bundeskanzlerin eine Schleuserin?)

Wie nicht anders zu erwarten hat er Beifall (teilweise von zweifelhafter Seite) und auch  Kritik für seine Beurteilung geerntet.

Zwei Dinge vorangestellt:

1. Ich stimme Putzke zu, dass die Frage der Strafbarkeit nach §§ 95, 96 AufenthaltsG nur einhellig beantwortet werden kann: Nur wenn eine Person den Tatbestand der unerlaubten Einreise erfüllt, dann können  diejenigen strafbar sein, die dieser Person bei der illegalen Einreise Hilfe leisten. Dies ist wohl auch die eigentliche Stoßrichtung der Analyse von Putzke: Er will klarstellen, dass es nicht angeht, immer noch "Schleuser" zu bestrafen (selbst solche, die dies aus rein humanitären Gründen  tun), zugleich aber die Handlungen Merkels als strafrechtlich irrelevant anzusehen.

2. Ich stimme Putzkes Antwort, Frau Merkel habe sich wohl strafbar gemacht, nicht zu.  Putzke hat das Pferd von der falschen Seite her aufgezäumt und dabei die Akzessorietätslehre missachtet. Die Strafbarkeit nach § 96 AufenthaltsG steht entgegen seiner Annahme in entscheidenden Punkten ("Passpflicht") eben doch zur Disposition der Exekutive, die von der Bundeskanzlerin angeführt wird. Um die Straflosigkeit zu begründen ist m.E. auch keine Änderung des AufenthaltsG erforderlich, wie Putzke annimmt.

Die Erfüllung des § 96 AufenthaltsG  ist – wie ja auch Putzke betont – akzessorisch orientiert an der tatbestandlichen, vorsätzlichen und rechtswidrigen Erfüllung der „Haupttat“ des § 95 AufenthaltsG.

Dazu gehört die  unerlaubte Einreise eines Ausländers nach § 14 Abs.1 Nr.1 AufenthaltsG. Dies setzt wiederum voraus, dass der Ausländer einen nach § 3 AufenthaltsG „erforderlichen Pass“ nicht besitzt.

Putzke prüft nicht, ob eine unerlaubte Einreise vorliegt – es genügt ihm vielmehr, dass Polizei und Staatsanwaltschaften einen Anfangsverdacht  routinemäßig bejahen, ohne dass dabei die besondere Lage seit Anfang September überhaupt berückichtigt wird. Putzke verkennt dabei, dass das Aufenthaltsgesetz mit seiner Bestimmung der unerlaubten Einreise selbst wieder akzessorisch ist zu dem Pass- und Grenzregime, welches von der Exekutive gestaltet werden kann und wird.

Meines Erachtens spricht alles dafür, dass die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland infolge der von Merkel initiierten humanitären Handlungen gegenüber den in oder bei Ungarn bzw. auf dem Westbalkan feststeckenden Flüchtlingen schon objektiv tatbestandlich (ausnahmsweise) erlaubt war und ist. Aus dem Gesamtverhalten der Exekutive der Bundesrepublik ist erkennbar, dass in dieser gesonderten Situation auf Einreisedokumente verzichtet wurde, also § 3 AufenthaltsG („Passpflicht“) realiter ausgesetzt ist. Der objektive Tatbestand der unerlaubten Einreise hängt direkt an dieser Passpflicht. Diese ist etwa auch § 14 AufenthaltsVO ("Befreiung von der Passpflicht in Rettungsfällen") in Unglücks- und Katastrophenfällen ausgesetzt. Es handelt sich nach ganz verbreiteter Meinung derzeit in und um die Kriegsgebiete in Syrien, Irak und Afghanistan um Flüchtlingskatastrophen, die m. E. durchaus unter  § 14 AufenthaltsVO subsumierbar sind, und bis an die deutsche Außengrenze reichen. Ob bei einer jedenfalls faktischen Aussetzung der Passpflicht die interpretatorischen  Grenzen dieser Verordnung eingehalten wurden, kann einem Ausländer aber strafrechtlich ohnehin nicht vorgeworfen werden, wenn jedenfalls faktisch erkennbar beim Grenzübertritt seitens der deutschen Behörden auf  Pässe bzw. andere Reisedokumente verzichtet wurde.

Zudem müssten, selbst wenn man annimmt, die unerlaubte Einreise bleibe unabhängig vom konkreten Verhalten der Exekutive objektiv unerlaubt, die vielfach von der Bahn im Auftrag der Bundes- bzw. Landesregierungen über die Grenze transportierten und willkommen geheißenen Flüchtlinge auch noch  vorsätzlich und rechtswidrig unerlaubt eingereist sein. Nicht nur die objektiv tatbestandsmäßige, sondern auch die vorsätzliche Handlung ist Gegenstand der Akzessorietät.

Wer eingeladen ist, eine Wohnung zu betreten, der kann nicht wegen Hausfriedensbruch verfolgt werden. Wer vom deutschen Staat nicht nur eingeladen wird, sondern sogar von Personenbeförderungsunternehmen in dessen Auftrag über die Grenze transportiert wird, ohne dass ein Pass von ihm verlangt wird, der reist nicht unerlaubt ein, schon gar nicht tut er dies vorsätzlich. Strafanzeige und Strafverfolgung (auch wenn die Verfahren  in den allermeisten Fällen ohne weiteren Ermittlungen eingestellt werden) stellen ein venire contra factum proprium dar.

Putzke prüft schließlich nicht, ob einreisende Flüchtlinge (wenn denn vorsätzlich unerlaubt) auch „rechtswidrig“ unerlaubt eingereist sind. Putzke spricht zwar § 34 StGB (Notstand) an, jedoch wendet er die Notstandsnorm nur auf das Verhalten der Bundeskanzlerin, nicht aber auf das Verhalten der Flüchtlinge selbst an. Bei diesen ist aber eine Rechtfertigung einer unerlaubten Einreise unter den im September und Oktober 2015 bestehenden Voraussetzungen sogar recht naheliegend, denn ihnen stand nicht zu Gebote, mit Ungarn oder anderen Drittstaaten Verhandlungen aufzunehmen.

Ergebnis: Beim Grenzübertritt der Flüchtlinge in Folge der derzeitigen Politik der Bundeskanzlerin handelt es sich nicht um unerlaubte Einreise im Sinne des § 14 AufenthaltsG. Es handelt sich in den meisten Fällen wohl weder um eine objektiv tatbestandsmäßige, noch um eine vorsätzliche, noch um eine rechtswidrige Handlung nach § 95 AufenthaltsG. Infolge dessen ist auch die Hilfe zu dieser Einreise kein tatbestandliches Handeln im Sinne des § 96 AufenthaltsG. Weder die Bundeskanzlerin noch andere, die Flüchtlingen bei Einreise und Aufenthalt behilflich sind, haben sich strafbar gemacht.

Ergänzung (13.10.2015, abends):

Holm Putzke hat reagiert auf seiner Website, hier.

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489 Kommentare

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In § 49 ist § 13 nicht genannt. Ebensowenig in § 95.

Muss es doch gar nicht. § 13 definiert die Einreise. Und nicht der Grenzübertritt und das Vorbeibummeln am Grenzhäusschen stellt schon die Einreise dar.

In der Konsequenz bedeutet das, dass man im Zug sitzend als Flüchtling dieselbe Entscheidungsfreiheit hat, wie wenn man zu Fuss angedackelt kommt.

Dort gilt  ja auch, ohne Papiere kann man problemlos am Zoll vorsprechen oder sonstwie seinen Willen zum Asylgesuch kund tun.

Oder man robbt halt über die grüne Grenze. Das ist dann eine unerlaubte Einreise.

 

Aufgrund der grossen Zahl geht es schlecht, die in Reihe vor dem Schlagbaum aufzustellen. Also verlagert man die Registrierung ins Innere. 

 

Solange man sich also an das vorgeschriebene Verfahren hält ist alles gut.

Oder aber man versteift sich drauf, man setzt selber die Bedingungen in einem Rechtsstaat und macht einen auf grossen Zampano in Budapest. Weil man ja weiss, dass eine Registrierung die Möglichkeit der Rückführung nach Ungarn bedeuten könnte.

 

Und wenn man halt lieber nach Schweden will, lässt man sich in Deutschland auch nicht registrieren. Den Deutschen scheint es ja auch egal zu sein, die setzen ja den regulären Zugverkehr noch nicht mal aus....

 

Und wenn man mit einem zugewiesenen Landkreis nicht zufrieden ist, setzt man sich halt ins Taxi und fährt weiter. Da kann doch der de Maziére sich wundern wie er will, der wird ja sowieso niedergebrüllt.

 

Willkommen in Europa! Hier ist Freiheit Menschenrecht...

 

 

Ausländer in den Sonderzügen sind natürlich nach Deutschland bereits eingereist und halten sich inzwischen hier auf. Das sollte man hier nicht ernsthaft problematisieren. Das wäre wohl nur etwas für die Titanic-Redaktion, vor allem in der Folgenbetrachtung. § 13 II 2 AufenthG meint offensichtlich völlig andere Fallkonstellationen.

Gast schrieb:

Aber jeder Flüchtling, der sich den deutschen Behörden entzieht, z.B. indem er den Zug verlässt, der macht sich damit strafbar.

Herr lass Hirn regnen, damit die Menschen lesen lernen!

 

In § 95 kommt § 13 nicht vor. In § 49 steht nichts von "Zug verlassen". Es gilt keine Strafe ohne Gesetz, Art. 103 GG. Damit ist die Theorie haltlos.

1

 

 § 13 II 2 AufenthG meint offensichtlich völlig andere Fallkonstellationen.

Welche sollen das denn sein?

Hier gilt nur die grosse Distanz aufgrund der organisatorischen Notwendigkeit der grossen Zahl.

Oder wollen sie die Leute aus dem fahrenden Zug schmeissen?

Die halten ja nur deshalb nicht an der Grenze, weil es dann in kürzester Zeit wieder zu unschönen Szenen käme. Also werden die Massnahmen der Bundespolizei im Hinterland durchgeführt.

Außerdem fehlt es für die Strafbarkeit nach § 95 immer noch am objektiven Tabestand, Vorsatz, etc.
 

4

§ 13 die Fälle, wo sich der Ausländer nicht frei bewegen kann. " Eine Einreise im

ausländerrechtlichen Sinne liegt in den in § 13 Absatz 2 Satz 2 genannten Fällen nicht vor. So- lange der Ausländer sich danach im Falle einer näheren Überprüfung, im Falle der Festnahme, im Rahmen der Zurückweisung, aus Anlass der medizinischen Versorgung oder aus anderen Gründen noch in der Obhut der Grenz- behörden befindet, sich also nicht frei bewegen kann, ist er nicht eingereist, auch wenn er kör- perlich die Kontrollstationen überschritten hat."  Verwaltungsvorschrift zum AufenthG
5

Die Diskussion um § 13 AufenthG ist für die Strafbarkeit nur ganz am Rande relevant.

Einzige Rechtsfolge von § 13 Abs. 2 AufenthG, ob nun an oder hinter der Grenze, ist die Einreise im Sinne des Gesetzes.

Niemand bestreitet die Einreise der Flüchtlinge, genausowenig wie - entgegen anderslautender Behauptungen -  der Vorsatz bezüglich der Einreise bestritten wurde.

Nicht richtig ist eine Folgerungskette ähnlich "Die Flüchtlinge verstoßen durch Springen vom Zug gegen § 13, sind deshalb illegal eingereist, und haben sich deshalb strafbar gemacht".

Die Strafbarkeit ist in § 95 AufenthG geregelt.

Der § 95 AufenthG verweist in Abs. 1 Nr. 3 für die Strafbarkeit der Einreise auf § 14 AufenthG. Da setzen die Einwände gegen die Strafbarkeit (u.a.) an, nicht bei § 13 AufenthG. Die Einreise ist zwar auch eine Voraussetzung der Strafbarkeit, aber eben nicht die einzige.

Eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 95, 49 AufenthG ist für die (eigenlich hier interessierende) Frage nach der Strafbarkeit der Schleuserei nicht relevant, weil § 96 AufenthG insoweit nicht auf §§ 95, 49 AufenthG Bezug nimmt.

Wenig hilfreich sind Äußerungen wie "Lesen Sie doch bitte noch mal:" oder "Herr lass Hirn regnen, damit die Menschen lesen lernen!" Da kann ich nur nochmal an die Ausführungen von Prof. Müller erinnern. Außerdem muss man sich fragen lassen, ob einem Prof. für Strafrecht ein solch eklatanter Lesefehler unterlaufen würde. Ich für meinen Teil halte die Wahrscheinlichkeit für gelinde gesagt nicht sehr hoch.

Dementsprechend werde ich mich in die Diskussion ab jetzt nur noch einschalten, wenn rechtlich substantielle Einwände, die den Stand der Diskussion wiederspiegeln, vorgebracht werden.

 

@ Waldemar Robert Kolos

Danke für den Hinweis bzgl. Art. 31 GFK. Ich stimme in beiden Punkten mit Ihnen überein.

4

Sehr geehrte Kommentatoren,

als ich den obigen Beitrag vorbereitete, habe ich auch die Einreisedefinition nach § 13 AufenthaltsG in den Blick genommen. Danach liegt eine Einreise (und ggf. auch eine unerlaubte Einreise nach § 14 AufenthaltsG) nicht allein im physischen Grenzübertritt, sondern es gilt zusätzlich folgende Regelung:

Lassen die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden einen Ausländer vor der Entscheidung über die Zurückweisung (§ 15 dieses Gesetzes, §§ 18, 18a des Asylgesetzes) oder während der Vorbereitung, Sicherung oder Durchführung dieser Maßnahme die Grenzübergangsstelle zu einem bestimmten vorübergehenden Zweck passieren, so liegt keine Einreise im Sinne des Satzes 1 vor, solange ihnen eine Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt.

Die Norm ist ersichtlich nicht für die jetzt gegebene außergewöhnliche Situation gedacht gewesen, kann aber auch nicht einfach ignoriert werden. Interpretiert man sie so, wie Mustermann oben meint, dann ist der Grenzübertritt ins Hinterland verlegt worden - wer dann auf dem Weg "aussteigt", würde erst zu diesem Zeitpunkt "einreisen" (also auch frühestens dann unerlaubt einreisen), alle anderen erst mit/nach der Registrierung. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass sich auf diese Weise zwar etliche Fälle aufschieben  lassen (mit der Folge, dass auf dem Weg zur Kontrolle noch keine unerlaubte Einreise vorliegt, also auch kein "Schleusen" der BKin), aber dass sich das Problem der Unerlaubtheit der Einreise dadurch nur nach hinten verschiebt. 

Ich halte deshalb nach wie vor eine Aussage zur objektiven  "Unerlaubtheit" für ausschlaggebend und ich halte auch an der Antwort fest, dass die Bundesregierung die Passpflicht faktisch ausgesetzt hat, also die Einreise "erlaubt" hat. Beruft man sich auf § 13 AufenthaltsG, dann liegt allerdings "erst Recht" keine Strafbarkeit der BKin vor. Denn dann muss auch die Vorsatzproblematik noch stärker berücksichtigt werden. Dass jemand, der sich im Zug hundert(e) Kilometer im Landesinneren befindet, denken soll, er sei noch gar nicht eingereist, wäre jedenfalls begründungsbedürftig. 

Art. 31 GFK sorgt hingegen nicht für die Entlastung der Schleuser, weil es sich (nur) um einen Strafausschließungsgrund handelt, der keinen Einfluss auf die "Unerlaubtheit" der Einreise hätte und damit eine Schleusung nicht straffrei machte, insofern stimme ich Herrn Kolos zu.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Dass jemand, der sich im Zug hundert(e) Kilometer im Landesinneren befindet, denken soll, er sei noch gar nicht eingereist, wäre jedenfalls begründungsbedürftig.

 

Es ist davon auszugehen, dass jeder Flüchtling, der in den Sonderzug (o.ä.) gesetzt wird, über das weitere Procedere zumindest informiert wird.

Also wird man ihm sagen:

Wir haben im Moment nicht die Kapazitäten an der Grenze und müssen Sie deshalb erst mal ins Landesinnere transportieren. Dort gibt es Unterkünfte und dort ist eine genaue Überprüfung der vorhandenen Dokumente, eine Registrierung und ggf. die Benennung des Einreisegrundes und das Stellen des Asylantrages vorgesehen. Sie müssen bis ins vorgesehene Lager fahren und diese Prozedur bis zum Ende absolvieren"

Wer sich dann vorher absetzt, weil er nicht in ein Lager gebracht werden will, sondern sich lieber frei in Deutschland bewegen will oder nach England oder Schweden weiterreisen will, der hat vorsätzlich das Prinzip einer legalen Einreise abgelehnt und ist damit illegal in Deutschland. Und hat sich natürlich auch strafbar gemacht des illegalen Grenzübertritts. Denn er weiß ja, wie die Grenzbeamten zur Zeit die Einreiseprozedur organisiert haben.

Es steht doch jedem Staat frei, wie er die Einreise organisiert, ggf. in solchen Ausnahmesituationen auch in der oben beschriebenen Weise.

Wenn ich von Grenzbeamten in einem anderen Land die Anweisung erhalte, wie ich mich bei der Einreise zu verhalten habe, so richte ich mich doch auch danach und weiß genau, dass ich mich bei Zuwiderhandlung ggf. strafbar mache. Warum soll für unsere Flüchtlinge etwas anderes gelten?

2

@MT

Und den Stand der Diskussion bestimmen Sie?

Ich find die Lösung allerdings elegant. Erstens ist es vom Wortlaut gedeckt und zweitens beantwortet es die Frage nach der Schleuserei vortrefflich. 

Schleusen kann man nur einen Einreisenden, wenn der Zug der Zurführung der Kontrolle dient und nicht der Einreise...also zumindest Mutti würde meiner Rechtsauffassung zustimmen.

Schlichte Rechtsfindung im Gesetz erscheint mir praktikabler als darüber zu sinnieren, ob es den Flüchtlingen zumutbar wäre, mit Drittstaaten Verhandlungen aufzunehmen...

Hat doch kein Mensch verlangt. Die hätten sich registrieren lassen sollen! 

Da die "Neubürger" als erstes aber mal demonstrativ gegen die Rechtsordnung opponieren wollten, musste Orbán den Zugverkehr aussetzen.

Und Mutti öffnet ihr Herz...

Ist schon lustig. Helmut Kohl hat uns ja noch vor der Frau gewarnt: "Die macht mir mein schönes Europa kaputt." und "Die Frau ist gewissenlos."

Der Modus operandi der EU funktioniert ja seit Jahren nur nach dem Prinzip, dass wer das Recht und Verträge bricht, am lautesten nach "Solidarität" schreien darf.

Nun nach diesem kleinen Exkurs kommen wir zurück zu den von Ihnen so ungeliebten Fallunterscheidungen.

Bei Ihrer Lösung ist völlig ungeklärt, wie Sie Menschen einordnen wollen, die einfach hinter der Grenze aus dem Zug hoppsen.

Also eleganter ist die Lösung der Verlagerung der Grenzkontrolle allemal, als sich einen Murks zu überlegen, was wohl die Absicht des Kollektivs sein könnte.

Wir wollten sie doch an ihren Taten erkennen.

Und wer die Angaben zu seiner Identität nicht macht, ärgert unsere Gesellschaft nach § 49 genauso wie er es mit Orbán gemacht hat. Andere Tatbestände sind damit ja noch gar nicht ausgeschlossen.

Und nebenbei auf Orbán zu schimpfen, halte ich für verfehlt. Wussten Sie eigentlich, dass der 8 Millionen Fragebögen schon im Mai an sein Volk geschickt hat, um in Erfahrung zu bringen, welches Regierungshandeln sein Volk in dieser Situation bevorzugt? Also zumindest Mutti hat uns nicht gefragt, stattdessen wird auf gesellschaftliche und mediale Ausgrenzung gesetzt, falls mal einer nach den Folgen fragt.

 

 

Denn dann muss auch die Vorsatzproblematik noch stärker berücksichtigt werden. Dass jemand, der sich im Zug hundert(e) Kilometer im Landesinneren befindet, denken soll, er sei noch gar nicht eingereist, wäre jedenfalls begründungsbedürftig. 

So wie vorliegend formuliert, halte ich das nicht für die  notwendige Fragestellung.

Nehmen wir doch einfach an, man verfrachtet eine Gruppe 5 km in eine Turnhallehinter der Grenze, um die zu erfassen und zu filzen. Und dann macht einer den Houdini durch das Klofenster.

Alternativ könnten wir uns auch in einem geschlossenen Lastwagen zwischen den Banananen verstecken. Da ist ja auch eine Lücke im Wissen um die geografische Lage der Grenze nicht massgeblich.

Wichtig beim Zug ist, dass der vorher nicht aussteigt und irgendwann den Entschluss fasst, jetzt spring ich raus. Der setzt sich ja in ein bewegtes Objekt. Die Steuerungsfähigkeit den Zug anzuhalten, ist ihm gar nicht gegeben.

 Dass jemand, der sich im Zug hundert(e) Kilometer im Landesinneren befindet, denken soll, er sei noch gar nicht eingereist, wäre jedenfalls begründungsbedürftig. 

 

Ich halte das für absolut unproblematisch und frage mich, ob es unabdingbare Voraussetzung sein muss, dass der Beschuldigte sich vorstellt, er wäre noch gar nicht eingereist.

Der Vorsatz umfassend ja nur den Entschluss zur Einreise.

Die gedachte Grenzlinie, welche wir mit dem Zug "mitlaufen" lassen, ist durchaus geeignet, einem solchen Tatentschluss zugänglich zu sein.

 

Es kommt nur darauf an, dass er die Tat durch Aussteigen verwirklichen will.

Der letzte Satz von §13 Abs. 2 gibt uns ja den Hinweis, wie ein Abbruch der Ausnahmeklammer in Abs. 2 durch den Grenzgänger zu handhaben ist.

 

Im Übrigen ist ein Ausländer eingereist, wenn er die Grenze überschritten hat.

Der wird im Moment dann so behandelt als wäre er über die grüne Grenze gekommen, obwohl es auf seine Vorstellung an der geografischen Grenze nicht ankommt.

 

@ Danny

Quote:

2. und deshalb eventuelle allgemeine Befreiungen nur aus bereits erlassenen Rechtsverordnungen, z.B. der AufenthV, hervorgehen können?

Oder aus spezielleren Gesetzen, so wie § 1 Abs. 1 S. 5 AufenthG iVm § 64 AsylVfG.

Quote:

3. und dass die Katastrophenbestimmungen des AufenthV zumindest nicht auf alle Flüchtlinge zutreffen?

Da könnten wir drüber reden, wenn Sie mal genau subsumieren, was Sie meinen.

Ihr "Fragestil" ist nicht gerade förderlich für eine Diskussion.

0

PS:

Quote:

Somit also der Tatbestand der illegalen Einreise (rechtswidrig oder nicht) zumindest in einigen Fällen erfüllt worden ist?

Nicht den Vorsatz vergessen (subjektiver Tatbestand).
0

@MT:

 

Naja, die Idee war erstmal den obj. Tatbestand sozusagen abschliessend zu behandeln.

 

Quasi als erster Teil eines Programms aus:

1. obj. Tatbestand bzgl. der Haupttat

2. subj. Tatbestand bzgl. der Haupttat

3. Rechtswidrigkeit der Hauptat

    (Schuld und Strafbarkeit müssen wir ja nicht zeigen) 

4. Konsequenzen in Bezug auf den Schleusungsvorwurf (was dann eventuell analog aufzuspalten wäre)

 

Dabei würde Vorsatz und der Umfang des nötigen Vorsatzes unter Punkt 2 fallen. Rechtswidrigkeit ist Erfüllung des obj. Tatbestand ohne Vorliegen von Rechtsfertigungsgründen, also würde das Prüfen von Rechtsfertigungsgründen unter Punkt 3 fallen. Bei vielen Einwänden war z.B. unklar, ob sie Rechtfertigungsgrund sein sollten oder ob sie den Tatbestand (sprich die Passpflicht) entfallen lassen sollten, deshalb macht eine klarere Trennung denk ich Sinn.

 

Daher die Art der Fragestellung. Ich möchte sie nicht (nur) auf etwas festlegen, sondern eher die Diskussion etwas strukturieren und rausfinden wie weit wir übereinstimmen, erstmal bzgl. dem obj. Tatbestand.

 

Bevor wir den Rest besprechen würd ich mich wie gesagt gerne mit Ihnen über die obj. Tatbestandserfüllung durch Standardflüchtlinge einigen. Diese hängt m.E. v.a. daran, ob es passende existierende Rechtsverordnungen/Gesetze gibt und ob Frau Merkel ggf. die Kompetenz hätte im Alleingang welche zu erlassen. Eventuell könnten Sie sich bzgl letzterem äussern und ggf. bzgl ersterem eine Liste möglicher Passbefreiungsvorschriften posten.

 

Gemeint in meiner dritten Frage war übrigens AufenthV § 14. Als relevante Flüchtlingsgruppe ("merkelscher Standardflüchtling") würde ich folgende Definition vorschlagen: die Gruppe von Flüchtlingen, die in nicht unerheblicher Zahl auftritt und die Frau Merkel strafrechtlich so schlecht wie möglich stellt. Deshalb die Frage, ob sich ihrer Meinung nach alle Flüchtlinge auf § 14 (Befreiung von der Passpflicht in Rettungsfällen) berufen können oder nicht.

 

Meiner Ansicht nach spielt die merkelsche Einladung bzgl. dem obj. Tatbestand nur dann eine Rolle, wenn sie gesetzlich ermächtigt war eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen. Nur dann entfällt der obj. Tatbestand aufgrund Vorhandensein einer gültigen Befreiung, ansonsten entfällt maximal die individuelle Schuld (wegen unvermeidbarem Erlaubisirrtum), eventuell auch die Rechtswidrigkeit (fraglich), aber sicher nicht die Tatbestandserfüllung.

 

Ansonsten wär das so, wie wenn Sie Leute in fremde Wohnungen (zB in die ihrer Stiefmutter) einladen:

Das Betreteten gegen den Willen des Berechtigten bleibt Hausfriedensbruch und auch rechtswidrig; nur die Schuld und Strafbarkeit entfällt u.U. wg. Irrtum, nämlich wenn der Eingeladene nicht wissen konnte, dass Sie nicht Hausrechtsinhaber sind. An der Strafbarkeit der Einladungshandlung wegen Beihilfe und/oder Anstiftung zum Hausfriedensbruch würde das garnichts ändern. Die Hausrechtsmetapher ist also durchaus eine sehr gute, man muss sie nur auch konsequent zuende denken (kleine Seitenbemerkung in Richtung Prof. Müller).

4

So real wie das Staatsgebiet ist die Einreise ein realer Vorgang. Daran wird auch im 13 AufenthG festgehalten. Durch Einfügung des 13 II 2 AufenthG soll aus Gründen, die in der Person des Ausländers liegen (z.B. medizinische Versorgung), die Einreise nicht dadurch erzwungen werden, weil seine vorübergehende Versorgung im Inland zwecks Schadensabwendung notwendig wird und ihm die Betretung des Staatsgebiets deshalb nicht verweigert werden darf. Keinesfalls soll es mittels dieser Vorschrift zur Disposition der Grenzbehörden stehen, die Einreise von einem Rechtsakt wie der Registrierung und Erlaubniserteilung abhängig zu machen und das Staatsgebiet zu einer einzigen Staatsgrenze ohne Staatsgebiet zu fingieren. 

Es wundert mich überhaupt nicht, dass diese Fiktion bei einigen Gefallen findet. Zumal sie doch so praktische Konsequenzen zur Folge haben kann. Denn die Grundrechtsträgerschaft von Ausländern setzt Gebietskontakt voraus. Ohne Gebietskontakt kein Grundrecht auf Asyl und auch kein Rechtsweg. 

WR Kolos schrieb:

So real wie das Staatsgebiet ist die Einreise ein realer Vorgang. Daran wird auch im 13 AufenthG festgehalten. Durch Einfügung des 13 II 2 AufenthG soll aus Gründen, die in der Person des Ausländers liegen (z.B. medizinische Versorgung), die Einreise nicht dadurch erzwungen werden, weil seine vorübergehende Versorgung im Inland zwecks Schadensabwendung notwendig wird und ihm die Betretung des Staatsgebiets deshalb nicht verweigert werden darf.. 

Ihre Lesart verengt den Wortlaut des §13 II in irritierender Weise.

vor der Entscheidung über die Zurückweisung  oder während der Vorbereitung, Sicherung oder Durchführung dieser Maßnahme

WR Kolos schrieb:

Es wundert mich überhaupt nicht, dass diese Fiktion bei einigen Gefallen findet. Zumal sie doch so praktische Konsequenzen zur Folge haben kann. Denn die Grundrechtsträgerschaft von Ausländern setzt Gebietskontakt voraus. Ohne Gebietskontakt kein Grundrecht auf Asyl und auch kein Rechtsweg. 

In Anbetracht der Tatsache, dass man Sonderzüge von Budapest in den Münchner HBF unkontrolliert duchfahren lässt, ist Ihr Argument doch ein wenig abseitig.

Die Diskussion dreht sich hier schliesslich um die strafrechtliche Bewertung.

Man kann diesen Vorgang nun so deuten, dass faktisch die Passpflicht ausgesetzt wurde.

Offensichtlich findet sich aber kein Richter, der diese Wahrnehmung ebenso teilt.

Mutmasslich aus dem Grund, dass eine einheitliche Rechtssprechung sich bei einer solchen Annahme schwierig gestalten könnte.

Die Idee, die Einreise über eine Fiktion des Grenzübertrittes nach § 13 II in die Münchner Innenstadt zu verlegen, löst das Problem pragmatisch über die faktische Aussetzung der Zurückweisung.

Wo Sie  einen unterbundenen Gebeitskontakt sehen möchten, ist kaum begreiflich.

Der umgekehrte Fall ist viel eher anzunehmen, dass eine faktische Aussetzung der Passpflicht zu einem Staatsgebiet ohne Grenze führt. Derartige Erosionsbemühungen sind vielleicht zur Zeit politisch en vogue, dennoch drängt sich mir der Verdacht auf, dass die Bundesrepublik noch existiert.

Das AufhG ist in seiner sprachlichen Schönheit ein typisch deutsches Produkt, irgendwas muss also irgendwo noch vorhanden sein. 

 

Max Mustermann schrieb:

WR Kolos schrieb:

So real wie das Staatsgebiet ist die Einreise ein realer Vorgang. Daran wird auch im 13 AufenthG festgehalten. Durch Einfügung des 13 II 2 AufenthG soll aus Gründen, die in der Person des Ausländers liegen (z.B. medizinische Versorgung), die Einreise nicht dadurch erzwungen werden, weil seine vorübergehende Versorgung im Inland zwecks Schadensabwendung notwendig wird und ihm die Betretung des Staatsgebiets deshalb nicht verweigert werden darf.. 

Ihre Lesart verengt den Wortlaut des §13 II in irritierender Weise.

Schon mal etwas von Gesetzesauslegung gehört? Dabei geht es doch immer um Wortlautbegrenzung, egal, ob in enger oder weiter Auslegung. Mich wunderts, dass Sie nicht von Ihrer eigenen Lesart irritiert sind:

die Grenzbehörden in Passau hätten nach Ihrer Lesart die Flüchtlinge im Sonderzug nach München, Köln oder Berlin in Anwendung des 13 II 2 AufenthG an der Grenzkontrolle passieren lassen, ohne die Entscheidung nach 18 AsylG getroffen zu haben und sie seien deswegen solange noch nicht eingereist, solange die Entscheidung nicht getroffen sei. Mithin sei also demnach ihre Rückkehr nach Passau von vornherein geplant gewesen, damit sie dort nach Entscheidung ggf. zurückgewiesen werden können, vor allem wenn sich herausstellen sollte, dass sie aus einem sicheren Drittland - wie Österreich oder Ungarn - eingereist seien.

Max Mustermann schrieb:

Die Idee, die Einreise über eine Fiktion des Grenzübertrittes nach § 13 II in die Münchner Innenstadt zu verlegen, löst das Problem pragmatisch über die faktische Aussetzung der Zurückweisung.

 

Nichts wird damit gelöst, dafür aber alles nur ins Groteske entstellt.

@Danny,

Das Betreteten gegen den Willen des Berechtigten bleibt Hausfriedensbruch und auch rechtswidrig; nur die Schuld und Strafbarkeit entfällt u.U. wg. Irrtum, nämlich wenn der Eingeladene nicht wissen konnte, dass Sie nicht Hausrechtsinhaber sind. An der Strafbarkeit der Einladungshandlung wegen Beihilfe und/oder Anstiftung zum Hausfriedensbruch würde das garnichts ändern.

Ich (und die große Mehrheit der Strafrechtslehrer in D) sind da anderer Auffassung, ganz ohne Seitenbemerkung. Wer in ein Haus eintritt, in das er eingeladen wird in dem Irrtum, der Einladende sei dazu berechtigt, der begeht keinen vorsätzlichen Hausfriedensbruch (§ 16 StGB).

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

@Danny,

Das Betreteten gegen den Willen des Berechtigten bleibt Hausfriedensbruch und auch rechtswidrig; nur die Schuld und Strafbarkeit entfällt u.U. wg. Irrtum, nämlich wenn der Eingeladene nicht wissen konnte, dass Sie nicht Hausrechtsinhaber sind. An der Strafbarkeit der Einladungshandlung wegen Beihilfe und/oder Anstiftung zum Hausfriedensbruch würde das garnichts ändern.

Ich (und die große Mehrheit der Strafrechtslehrer in D) sind da anderer Auffassung, ganz ohne Seitenbemerkung. Wer in ein Haus eintritt, in das er eingeladen wird in dem Irrtum, der Einladende sei dazu berechtigt, der begeht keinen vorsätzlichen Hausfriedensbruch (§ 16 StGB).

Das seh ich doch (glaube ich jedenfalls) genauso:

 

Der Irrtum schliesst ggf. die Vorsätzlichkeit oder Schuld aus, aber die Tat bleibt dennoch Hausfriedensbruch und rechtswidrig.

Rechtswidrig bleibt die Tat weil sie den obj. Tatbestand erfüllt und kein Rechtfertigungsgrund (z.B. Nothilfe) gegeben ist. Es entspricht ja auch der moralischen Intuition, dass unbewusster Hausfriedensbruch dennoch Unrecht ist, wenn auch kein dem Täter vorwerfbares Unrecht. Können wir uns soweit einigen?

 

Ob nun die Einladung wegen Beihilfe oder Anstiftung strafbar ist, hängt aber wohl tatsächlich an der Vorsätzlichkeit der Hauptat.

Ist es wirklich herrschende Meinung, dass es sich in dem Fall beim Hausfriedensbruch um einen Tatumstandsirrtum (§ 16 StGB) und nicht um einen Verbotsirrtum (§ 17 StGB) handelt? Und in Folge auch die Einladung nicht strafbewehrt ist? Ich darf meine Stiefmütter also derart beglücken? 

 

Zumindest erscheint mir das nicht zwingend, weil das Betreten der fremden Wohnung ja sicherlich vom tatsächlichem Vorsatz des Haupttäters umfasst ist und er sich nur über die rechtliche Bewertung (seine Befugnis) irrt, auch wenn der Irrtum zweifellos durch seine Wahrnehmung (und damit Vorstellung) der Umstände ausgelöst wurde. Trotzdem ist die Berechtigung des Einladers (das Innehaben des Hausrechts) ja nichts was in der objektiven materiellen Realität existieren oder nicht existieren kann, sondern es ist etwas was unsere Rechtsordnung dem Einlader zuordnet (oder eben nicht zuordnet), also letztlich eine Frage der rechtlichen Bewertung. Entsprechend ist die Berechtigung an sich also auch nicht wahrnehmbar in der Situation enthalten, sondern allenfalls Indizien die (bei Kenntnis der Rechtsordnung) darauf hinweisen können wahrgenommen (und somit Teil der Tätervorstellung) werden. Und über diese Indizien irrt der Täter ja auch nicht, der Irrtum liegt in seiner Verwertung der Indizien aus denen er (fälschlich, aber nicht vorwerfbar) seine Berechtigung ableitet. 

 

In der Tat ist das wohl ein ähnliches Abgrenzungsproblem wie bei der illegalen Einwanderung, also die Frage ob der Vorsatz die Kenntnis der Illegalität umfassen muss oder nicht. Soweit mir bekannt gibt es nur wenige Ausnahmen bei denen die subjektive Vorstellung des Täters über die rechtliche Bewertung überhaupt eine Rolle spielt, z.B. beim Diebstahl die Fremdheit. Diese Ausnahmen sind dann entsprechend auch viel diskutiert. Für einen Hinweis auf einschlägige Literatur in Bezug auf Hausfriedensbruch oder illegale Einreise wäre ich sehr dankbar.

 

Aber auch wenn §16 Stgb dort anwendbar ist entfällt dadurch m.E. noch nicht die Strafbarkeit wegen Schleusung, denn die Haupttat zum §96 ist im Regelfall rechtswidrig und - soweit beschrieben - auch vorsätzlich (will sagen: der §96 fordert im Wortlaut keine vorsätzlich rechtswidrige Hauptat, nur eine bestimmte beschriebene Handlung). Und ja, mir ist bewusst dass der BGH das in einem anderem Kontext anders gesehen hat, allerdings nur nebenbei im Begründungstext und als Rechtfertigung zur Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit, ob er in diesem Fall dabei bleiben würde ist wohl zumindest fraglich.

 

2

Lieber Herr Müller,

Henning Ernst Müller schrieb:

(...)

Ich (und die große Mehrheit der Strafrechtslehrer in D) sind da anderer Auffassung,

(...)

1. Nun, mit Mehrheiten ist das so eine Sache. Als zweite Meinung eines Juraprofessors ist mir nur jene von Herr Putzke bekannt, die in wesntlichen Punkten der Ihrigen widerspricht. Dass sich immerhin zwei von dutzenden Rechtsprofessoren zu einen Thema mit Relevanz für den Fortbestand unseres Landes melden, dafür bin ich in diesen Tagen ja schon dankbar ...

2. Falls es noch nicht genannt wurde: Nach BGH Urteil Nr. 25/2015 wirkt Artikel 31 der GFK beim Thema Schleusertätigkeit nicht entlastend: "Soweit die Asylbewerber selbst wegen ihrer Flüchtlingseigenschaft nach Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention straflos bleiben, kommt dies den Schleusern nicht zugute, weil es sich dabei um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund handelt."

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0025/15

3. Von der Bundesregierung selbst gibt es allenfalls widersprüchliche Aussagen und Handlungen. Für eine Aussetzung des Rechts in einer Notsituation fehlt die Definition worin die Notsituation besteht und wann sie endet. Für eine Ministeranordnung nach Asylg §18 Absatz 4 Nr. 2 liegt schriftlich nichts vor und es fehlt ein zitierter mündlicher Wortlaut.

 

Deshalb steht nichts einer Strafbarkeit von Angela im Sinne von § 96 AufenthG entgegen, auch wenn es selbstverständlich nicht zu einer Anklage kommen wird.

 

4. Betrachtet man sich den Offenen Brief der BAMF-Personalvertretung vom Dienstag dieser Woche (11.11.2015) in dem unter anderem steht, dass es

"eine aktualle Weisungslage gibt" nach der "nicht nur Verfahren aus den Herkunftsländern Syrien, Irak und Eritrea mit ganz überwiegend positiver Bescheidung in den Entscheidungszentren bearbeitet werden sollen, sondern nunmehr auch der gesamte Länderbereich Balkan, der (…) positive Entscheidungen aus verschiedenen Gründen kaum zulässt"

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/brandbrief-bamf-105~_origin-f6ce9f91-72e7-44f4-8685-ac9f20fbdf5e.pdf

dann muss man zum Schluss kommen: Diese Regierung hat sich von unserer Rechtsordnung verabschiedet!

Und zu keinem anderen Schluss kommt in seinem Urteil der Richter aus Passau: "Angesichts der Zustände an den Grenzen ist die Rechtsordnung von der deutschen Politik ausgesetzt, ...".

 

Angela Merkel hat sich nach den Buchstaben des Strafgesetzes schuldig gemacht und befindet sich mindestens auf dem Weg zum Hochverrat.

 

Herzliche Grüße

Gerold Keefer

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GK schrieb:

4. Betrachtet man sich den Offenen Brief der BAMF-Personalvertretung vom Dienstag dieser Woche (11.11.2015) in dem unter anderem steht, dass es

"eine aktualle Weisungslage gibt" nach der "nicht nur Verfahren aus den Herkunftsländern Syrien, Irak und Eritrea mit ganz überwiegend positiver Bescheidung in den Entscheidungszentren bearbeitet werden sollen, sondern nunmehr auch der gesamte Länderbereich Balkan, der (…) positive Entscheidungen aus verschiedenen Gründen kaum zulässt"

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/brandbrief-bamf-105~_origin-f6ce9f91-72e7-44f4-8685-ac9f20fbdf5e.pdf

 

Zitat aus der Reaktion von Weise auf den Brief:

"Ich kann wirklich großzügig darüber hinwegsehen, dass es in Stil und Form vielleicht nicht passt."

 

Schön, dass Herr Weise das grundlegende Problem direkt erkannt hat. Das wird also so sicher nicht noch einmal passieren! (zumindest nicht durch die selben Leute ... !)

 

 

Auch sein Verständnis vom Rechtsstaat ist einwandfrei:

"Die Politik hat in dem Fall die Rahmenbedingungen zu nennen. Wenn sie uns Orientierung in dieser Form gibt, dann ist das gesetzlich und regel-einwandfrei."

 

Wozu Gesetze? Wir haben doch die Politik, die uns sagt wer Asylwürdig ist und wer nicht!

Es wäre nur schön wenn das AsylG dann auch entsprechend wie folgt an die aktuelle Rechtslage angepasst wird: "Einziger Artikel. Wer Asylberechtigt ist bestimmt die Bundeskanzlerin nach freiem Ermessen."

 

Und nein, das ist keine Satire. Das steht so auf www.br.de. Leider nur Ausschnitte, die komplette Antwort von Weise suche ich noch.

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Sehr geehrter Danny,

Der Irrtum schliesst ggf. die Vorsätzlichkeit oder Schuld aus, aber die Tat bleibt dennoch Hausfriedensbruch und rechtswidrig.

Rechtswidrig bleibt die Tat weil sie den obj. Tatbestand erfüllt und kein Rechtfertigungsgrund (z.B. Nothilfe) gegeben ist. Es entspricht ja auch der moralischen Intuition, dass unbewusster Hausfriedensbruch dennoch Unrecht ist, wenn auch kein dem Täter vorwerfbares Unrecht. Können wir uns soweit einigen?

...

Aber auch wenn §16 Stgb dort anwendbar ist entfällt dadurch m.E. noch nicht die Strafbarkeit wegen Schleusung, denn die Haupttat zum §96 ist im Regelfall rechtswidrig und - soweit beschrieben - auch vorsätzlich

Ich weiß nicht, wann und wo Sie Jura studiert haben (vor 50 Jahren?). Meine Antwort: Nein, darauf können wir uns nicht einigen. Der Vorsatz wird  seit Jahrzehnten zur Tatbestandsmäßigkeit, nicht zur Schuld gezählt. Eine Tat kann auch nicht gleichzeitig vorsätzlich und unvorsätzlich sein.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Der Irrtum schliesst ggf. die Vorsätzlichkeit oder Schuld aus, aber die Tat bleibt dennoch Hausfriedensbruch und rechtswidrig.

Rechtswidrig bleibt die Tat weil sie den obj. Tatbestand erfüllt und kein Rechtfertigungsgrund (z.B. Nothilfe) gegeben ist. Es entspricht ja auch der moralischen Intuition, dass unbewusster Hausfriedensbruch dennoch Unrecht ist, wenn auch kein dem Täter vorwerfbares Unrecht. Können wir uns soweit einigen?

...

Aber auch wenn §16 Stgb dort anwendbar ist entfällt dadurch m.E. noch nicht die Strafbarkeit wegen Schleusung, denn die Haupttat zum §96 ist im Regelfall rechtswidrig und - soweit beschrieben - auch vorsätzlich

Ich weiß nicht, wann und wo Sie Jura studiert haben (vor 50 Jahren?). Meine Antwort: Nein, darauf können wir uns nicht einigen. Der Vorsatz wird  seit Jahrzehnten zur Tatbestandsmäßigkeit, nicht zur Schuld gezählt. 

 

Ja, der Vorsatz gehört zum subjektiven Tatbestand. Etwas Gegenteiliges habe ich auch nicht behauptet.

Je nachdem ob man in der Situationen den Irrtum als Tatbestandsirrtum oder als Verbotsirrtum sieht entfällt entweder Vorsatz (§16 Stgb) oder Schuld (§17). Entsprechend schrieb ich "..schliesst Vorsätzlichkeit oder Schuld aus" und nicht "..schliesst Vorsätzlichkeit und deshalb Schuld aus".

 

Worauf ich an der Stelle eigentlich nur hinauswollte war, dass Vorsatzdefekte normalerweise nicht die rechtliche Missbilligung der Handlung entfallen lassen. Auch ohne Vorsatz und damit ohne Strafbarkeit ist es rechtswidrig und unerlaubt in fremde Wohnungen gegen den Willen des Hausrechtinhabers einzudringen, denn auch ohne Vorsatz wird der Hausfriede gestört. Ich verstehe nicht was daran kontrovers sein könnte.

 

Dass man hingegen unterschiedliche Auffassungen darüber haben kann, ob bei Einladung durch Unberechtigte die Strafbarkeit wegen Tatbestandsirrtum oder wegen Verbotsirrtum entfällt ist mir schon klar. Nur wer erstere Auffassung vertritt muss dann auch erklären wie er die entstehenden (sicher nicht gewollten) Strafbarkeitslücken bei der Anstiftung zum Hausfriedensbruch repariert (vermutlich über mittelbare Täterschaft, was aber auch nicht alle strafwürdigen Fälle umfasst). Es ergibt sich das strukturell das gleiche Problem wie bei der Schleusung.

All das spricht jedenfalls dagegen die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand zu überdehnen indem man das Bewusstsein der Illegalität oder sonstige rechtliche Wertungen ohne Not mit hereinnimmt. Wenn man jeden Strafbestand in dem "rechtswidrig", "unerlaubt", "widerrechtlich", etc. steht so auslegen würde, könnte man kaum mehr jemanden bestrafen, weil sich die meisten Straftäter irgendwie subjektiv gerechtfertigt fühlen.

 

Quote:

Eine Tat kann auch nicht gleichzeitig vorsätzlich und unvorsätzlich sein.

Warum sollte dieselbe Tat im Hinblick auf unterschiedliche Strafbestände nicht auch unterschiedlich vorsätzlich sein können?

Vorsatz kann z.B. bei der selben Tat bzgl. Körperverletzung bestehen aber bzgl. Mord nicht bestehen (letztens in den Medien z.B. der Fall wo jemand an einer Ohrfeige gestorben ist).

Die Frage ergibt sich hier auch nur, wenn man bei der illegalen Einreise das Wissen um die Illegalität in den subj. Tatbestand mit hineinnehmen möchte. Selbst wenn man dem nun bzgl. der Straftat der illegalen Einreise folgt muss man dem aber nicht unbedingt auch bzgl. der "Hauptat" (besser: Referenzhandlung) der Schleusung folgen. Zumindest ergibt sich aus dem Gesetzestext für mich nicht, dass da mehr gefordert ist als die Hilfeleistung zur "Handlung" eines Ausländers, welche im Überschreiten der Grenze ohne Pass/Passersatz besteht. Im §96 steht nicht, dass diese Referenzhandlung vorsätzlich, rechtswidrig, strafbar oder eine Tat sein muss, es muss nur eine Handlung sein. Der Begriff "Handlung" bezeichnet (für mich) das äusserlich wahrnehmbares Verhalten soweit es gewollt ist, aber umfasst weder den Willen selber noch die subjektive rechtliche Bewertung des Handelnden.

 

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 @ Danny

Also die Grundpfeiler der heutigen Vorsatzlehre sollte man m.E. stehen lassen. Ich behaupte ja auch nicht "for argument's sake" Art. 31 GFK sei ein Rechtfertigungsgrund (was aber vertretbar wäre).

Was den objektiven Tatbestand angeht stimme ich noch immer nicht damit überein, einfach nur das AufenthG zu prüfen. Das ist m.E. nicht mit § 1 Abs. 1 S. 5 AufenthG in Einklang zu bringen. Danach genießen speziellere Vorschriften in anderen Gesetzen Vorrang. Eines dieser Gesetze ist das Asyl(verfahrens)gesetz, siehe Gesetzesbegründung.

http://dipbt.bundestag.de/doc/brd/2003/0022-03.pdf#154

Das Asyl(Vf)G sieht neben einer speziellen Vorschrift für die Passpflicht, § 64 Asyl(Vf)G, besondere Vorschriften für die Einreise vor, siehe Verwaltungsvorschrift AufenthG 1.1.5.1.

http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/pdf/BMI-MI3-20091026-S...

Hier einschlägig ist § 18 Asyl(Vf)G, wobei ein BMI-Schreiben vorliegt, nach dem die Anordnung zur Erlaubnis der Einreise nach § 18 Abs. 4 Asyl(Vf)G getroffen wurde. Der § 18 Abs. 1 Asyl(Vf)G setzt voraus, dass der Ausländer um Asyl nachgesucht hat.

Knackpunkt bei der Argumentation ist m.E. die Frage, ob ein Asylantrag vorliegt. Das regelt § 13 Asyl(Vf)G. Dort wird nicht nur der schriftliche oder mündliche Antrag, sondern ausdrücklich auch ein Antrag durch den auf andere Weise geäußerten Willen zugelassen.

Die Bundesregierung organisiert den Zugtransport nach Deutschland explizit für Flüchtlinge. Setzt sich jemand in einen solchen Zug, gibt er damit den Willen zu erkennen, als Flüchtling anerkannt werden zu wollen und demenstprechend um Asyl nachzusuchen. Wenn nun Nicht-Flüchtlinge auch in dem Zug sitzen, mag der Asylantrag materiell-rechtlich bei diesen Personen unbegründet sein. Das ändert aber nichts an dem nach außen erkennbaren Verhalten, und damit an der Antragstellung. Die Frage nach dem Verbleib in Deutschland ist dann im Asylverfahren zu klären.

Man könnte § 18 Abs. 1 Asyl(Vf)G auch so auslegen, dass ein "Nachsuchen" noch kein Antrag sein muss. Ein solches Nachsuchen läge nach der obigen Argumentation erst recht vor, da daran niedrigere Anforderungen zu stellen wären als an den eigentlichen Antrag.

Die Einreisebestimmungen des Asyl(Vf)G verdrängen als speziellere Vorschriften i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 5 AufenthG die Einreisebestimmungen des AufenthG, siehe nochmals Verwaltungsvorschrift AufenthG 1.1.5.1.

Quote:

1.1.5       Andere Gesetze i. S. d. § 1 Absatz 1 Satz 5 mit
eigenständigen Regelungen für bestimmte Aus-
länder sind derzeit insbesondere das
–  FreizügG/EU,
–  AsylVfG,
–  HAuslG,
–  SkAufG.
1.1.5.1     Für die Einreise von Asylsuchenden sind ins-
besondere Artikel 16a GG sowie §§ 18, 18a, 19
Absatz 3
AsylVfG maßgeblich.

Damit fällt eine Strafbarkeit der Einreise nach §§ 95, 14 AufenthG mangels unerlaubter Einreise weg, denn die Einreise ist nach dem auch für das Aufenthaltsrecht maßgeblichen § 18 Abs. 4 Asyl(Vf)G erlaubt worden. Und somit fehlt es wiederum an der Haupttat für § 96 AufenthG.

 

 

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MT schrieb:

 @ Danny

Also die Grundpfeiler der heutigen Vorsatzlehre sollte man m.E. stehen lassen. Ich behaupte ja auch nicht "for argument's sake" Art. 31 GFK sei ein Rechtfertigungsgrund (was aber vertretbar wäre).

Dafür bin ich ja auch!

Grundpfeiler ist nur eben auch, dass Vorsatz kein Wissen über die Illegalität verlangt nur weil im Tatbestand "rechtswidrig", "unerlaubt", usw. drinn steht. Mit meinen weiteren Ausführungen will ich nur zeigen, dass es selbst dann fragwürdig wäre, ob der Schleuser davon profitieren würde.

Wer der heute üblichen Vorsatzlehre folgt wird Vorsatz bei §95 schon bejahen, wenn der Ausländer 1. die Greze absichtlich überquert hat und 2. dabei wusste, dass er keinen Pass dabei hatte und 3. wusste kein Deutscher (Ausländer) zu sein.

Quote:

Was den objektiven Tatbestand angeht stimme ich noch immer nicht damit überein, einfach nur das AufenthG zu prüfen. Das ist m.E. nicht mit § 1 Abs. 1 S. 5 AufenthG in Einklang zu bringen. Danach genießen speziellere Vorschriften in anderen Gesetzen Vorrang. Eines dieser Gesetze ist das Asyl(verfahrens)gesetz, siehe Gesetzesbegründung.

http://dipbt.bundestag.de/doc/brd/2003/0022-03.pdf#154

Dem würde ich unter engen Voraussetzungen folgen, aber nicht weil es in dem Zielbestimmungsartikel steht (den würde ich nur heranziehen zur Auslegung wenn der Wortlaut unklar ist), sondern weil man ohnehin jedes Geesetz im Kontext der gesamten Rechtsordnung sehen muss.

Relevant wären demnach andere Gesetze oder (entsprechend der gesetzlichen Vorschriften erlassene) Rechtsverordnungen, die entweder Befreiungen von der Passpflicht anordnen oder die dem AufenthG widersprechen.

 

Quote:

Das Asyl(Vf)G sieht neben einer speziellen Vorschrift für die Passpflicht, § 64 Asyl(Vf)G, besondere Vorschriften für die Einreise vor, siehe Verwaltungsvorschrift AufenthG 1.1.5.1.

http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/pdf/BMI-MI3-20091026-S...

Ich stimme zu, dass das Asyl(Vf)G potentiell eine Einreise legalisieren kann, nämlich dann wenn es diesbzgl. speziellere Vorschriften enthält (steht ja auch so in der Begründung).

§ 64 Asyl(Vf)G hilft da aber nicht, denn es betrifft überhaupt nicht die Passpflicht sondern die Ausweispflicht. Der Asylbewerber muss demnach keinen Personalausweis beantragen sondern kann seine Ausweispflicht mit einer speziellen Bescheinigung, die ausdrücklich nicht zum Grenzübertritt berechtigt, erfüllen. Der Artikel will die Passpflicht also sogar grade nicht regeln.

Quote:

Hier einschlägig ist § 18 Asyl(Vf)G, wobei ein BMI-Schreiben vorliegt, nach dem die Anordnung zur Erlaubnis der Einreise nach § 18 Abs. 4 Asyl(Vf)G getroffen wurde. Der § 18 Abs. 1 Asyl(Vf)G setzt voraus, dass der Ausländer um Asyl nachgesucht hat.

Selbst wenn eine solche Anordnung rechtmässig ergangen ist hätte das nur den Effekt, dass bestimmte Ausländer bei Kontrollen nicht zurückgewiesen werden dürfen. Von Passpflicht oder Einreiseerlaubnis ist in §18 garnicht die Rede.

Das klingt erstmal widersprüchlich, ist es aber nicht. Hintergrund ist, dass die GFK lediglich echte Asylanten vor der Bestrafung wegen illegaler Einreise schützt, aber keine Ausländer die sich zu Unrecht auf Asyl berufen. Man will nicht allen Ausländern die das Wort Asyl sagen können die Einreise erlauben. Um Asylanträge trotzdem prüfen zu können wird darauf verzichtet den Antragsteller mit Gewalt an der Einreise zu hindern. Gleichzeitig wird folgerichtig ein Ermittelungsverfahren wegen Verdacht der illegalen Einreise eingeleitet. Bei Asylanerkennung wird eingestellt, bei Ablehnung kann der Täter wegen illegaler Einreise bestraft werden. In der Theorie soll das wohl Ausländer davon abschrecken sich auf Asyl zu berufen obwohl sie garnicht verfolgt werden.

Kurz: § 18 Asyl(Vf)G regelt nicht die Erlaubnis zur Einreise sondern verplichtet lediglich die Grenzbehörde zu bestimmten Realakten (Verweigerung oder Nicht-Verweigerung der Einreise in den jeweiligen Fällen). Die Befreiung von der Strafbarkeit für echte Asylanten ist an anderer Stelle geregelt.

Selbst wenn man meint, dass die Nicht-Zurückweisung eine Erlaubnis ist hat § 18 noch ein anderes Problem:

Quote:

Knackpunkt bei der Argumentation ist m.E. die Frage, ob ein Asylantrag vorliegt. Das regelt § 13 Asyl(Vf)G. Dort wird nicht nur der schriftliche oder mündliche Antrag, sondern ausdrücklich auch ein Antrag durch den auf andere Weise geäußerten Willen zugelassen.

Ein Asylersuchen muss zwar vorliegen aber reicht nicht aus um den Anwendungsbereich von § 18 zu eröffnen!

(1) Ein Ausländer, der bei einer mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde (Grenzbehörde) um Asyl nachsucht, ist unverzüglich an die zuständige oder, sofern diese nicht bekannt ist, an die nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weiterzuleiten.

(2) Dem [ersuchenden] Ausländer ist die Einreise zu verweigern, wenn [..]

(4) Von der Einreiseverweigerung oder Zurückschiebung ist im Falle der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) abzusehen, soweit [..]

Es reicht also nicht, dass der Ausländer irgendwie um Asyl nachsucht, er muss bei einer Grenzbehörde darum ersucht haben. Darin liegt eine gewisse Logik, denn einem Ausländer der nicht kontrolliert wird kann man schwerlich die Einreise verweigern (oder gar davon absehen die Einreise zu verweigern). Die dt. Bahn ist übrigens keine Behörde mehr.

Auf jedenfall gibt es auch hier genug Flüchtlinge, die überhaupt nicht bei Grenzbehörden um Asyl ersuchen und auf die §18 somit auch nicht anwendbar ist.

 

Und richtig: ein Ersuchen ist kein Antrag. Denn ein Antrag kann ohnehin nur persönlich beim BAMF gestellt werden. Einen Antrag in einer BAMF-Aussenstelle persönlich durch konkludentes Bahnfahren zu stellen dürfte schwierig sein. Das Ersuchen nach §18 indes hat gänzlich andere Anforderungen, insbes. kann es nur bei Grenzbehörden erfolgen.

Selbst die Einrichung von Grenzbehörden mit eingebauten BAMF inkl. Konkludenzschienenanlage (vielleicht kreisförmig um die Sacharbeiter herum) würde nicht helfen, weil ein putativ einreiseerlaubendes Asylersuchen VOR der Einreise (Realakt) erfolgen müsste, ansonsten hätte sich der nicht-asylberechtigte Ausländer bereits beim Grenzübertritt strafbar gemacht. Für den Fall des Ersuchens NACH dem Grenzübertritt spricht ja sogar §18 Absatz 3 von "unerlaubter Einreise".  

Quote:

Die Bundesregierung organisiert den Zugtransport nach Deutschland explizit für Flüchtlinge. Setzt sich jemand in einen solchen Zug, gibt er damit den Willen zu erkennen, als Flüchtling anerkannt werden zu wollen und demenstprechend um Asyl nachzusuchen.

Mangels Grenzbehörde ist es ohnehin egal, aber durch das In-den-Zug-setzen kann man wohl höchstens auf einen Transportwillen schliessen. Viele wollen z.B. nur durchreisen nach Dänemark oder Schweden und nur dort Asyl beantragen. Andere sind vielleicht sogar EU-Bürger, die v.a. die kostenlose Bahnfahrt schätzen. Ich hab sogar schon von Frauen gehört, die sich aus Temperatur oder Toilettenverfügbarkeitsgründen in Züge begeben haben, also nichtmal einen Transportwillen hatten. Auch wenn der Asylantragswille bei vielen da sein mag, eindeutig genug erkennbar wird er durch das Zugfahren jedenfalls nicht.

Quote:

Die Einreisebestimmungen des Asyl(Vf)G verdrängen als speziellere Vorschriften i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 5 AufenthG die Einreisebestimmungen des AufenthG, siehe nochmals Verwaltungsvorschrift AufenthG 1.1.5.1.

Ja, aber nur die Vorschriften bzgl. der Pflicht der Grenzbehörden bestimmte Ausländer zurückzuweisen. Schützenswerte echte Asylanten werden schon wegen der GFK nicht bestraft. Für Unechte besteht keine Notwendigkeit ihnen die Einreise zu erlauben, weil ihr Rechtsmissbrauch nicht schützenswert ist (im Gegenteil). Die Nichtzurückweisung ist notwendig um diese Fälle zu unterscheiden, die Erlaubnis nicht.

 

Kann eine Anordnung nach § 18 Asyl(Vf)G gleichzeitig den Strafbestand der Schleusung erfüllen?

Ich würde sagen es spricht nichts dagegen dass die verantwortlichen Personen sich dabei der Schleusung schuldig machen können. Analog erlaubt die Weisungsbefugnis der Regierung ggü. Staatanwaltschaften ja auch nicht die Verfolgung Unschuldiger.

Es heisst eben nur, dass die Regierung dafür sorge tragen muss, die Anordnung so zu fassen, dass aufgrunddessen keine Personen einreisen, die nicht Asylberechtigt sind. Wäre eine solche Anordnung z.B. auf zweifellos asylberechtigte Syrier beschränkt wäre das nicht zu beanstanden. Anscheinend lässt man aber z.Z. alle einreisen (was da genau angeordnet wurde weiss ich leider nicht). 

 

 

Nun will ich auch mal etwas aus dem Gesetzbegründung zu §3 AufenthG zitieren:

Die Erfüllung der Passpflicht ist grundsätzlich eine zwingende Voraussetzung für die erlaubte Einreise (§ 14 Absatz 1 Nummer 1)

[..]

Durch Rechtsverordnung von der Passpflicht befreit sind Ausländer nur in den Fällen des § 14 AufenthV (Rettungsfälle). Diese Befreiung endet, wenn dem Ausländer situationsbedingt die Beschaffung eines Passes oder Passersatzes (ggf. eines deutschen Dokuments) zumutbar ist.

Das spricht dagegen, dass es an anderen als der genannten Stelle Befreiungs- oder Erlaubnistatbestände gibt. 

(Nicht das ich viel von solchen Begründungen halte..)

Es dürfte auch schwierig sein für mehr als ein paar Dutzend Flüchtlinge die Auffassung zu vertreten, dass es ihnen wegen eines Rettungsfalls nicht zumutbar gewesen ist in einem der vielen durchquerten Länder, darunter mind. zwei sichere Drittstaaten, sich einen gültigen Pass oder Passersatz zu besorgen. Man mag vielleicht eher vermuten, dass ihnen der für Deutschland notwendige Sichtvermerk ohnehin nie erteilt worden wäre.

3

@MT

Und was machen Sie, wenn die "Willenserklärung" des sich Hinsetzens gar nicht kongruent ist mit dem Willen des Passagiers?

Der Ihnen also hinter der Grenze aus dem Zug hoppst?

Wie ist denn dann sein Aufenthaltsstatus? Und wie wollen Sie den suchen gehen?

Das Problem der Zurückweisung ist, dass ihr als conditio sine qua non eine Kontrolle zugrunde liegt, mit anschliessender Eintragung ins Zentralregister.

Ebenso ist reziprok das Absehen einer Zurückweisung als begründungspflichtiger Einzelakt ausgestaltet.

Im blog Beitrag ist der Systemeingriff über § 14 AufhVO nur deshalb gemacht worden, um die Begründung einer unbestimmten Zahl unbekannter Personnen zugänglich zu machen.

 Was Sie mit in Ihrer Argumentation machen, ist die Passpflicht auszusetzen, mit einem Instrument, das dafür nicht geeignet ist.

Sie brauchen zumindest den Namen...

(Solche Beiträge kommen halt raus, wenn die Sprachpolizei meine erste Antwort kassiert und nur noch kastriert diskutiert werden darf. Eigentlich sollte doch bekannt sein, dass in einer Demokratie nicht nur lauter Goethes rumlaufen...haut halt mal auch ein Strassenclown wie ich dazwischen...und eigentlich gehe ich davon aus, dass ich den fachlichen Respekt mit der Nummer "den Arsch versohlen" in keinster Weise in Frage gestellt habe.)

 

Und nun 

@Kolos

Wir brauchen uns nicht mit der Verengung und deren Voraussetzungen des Wortlautes beschäftigen, wenn Sie selber anführen, der Wortsinn würde sich auf Gründe beziehen, die in der Person des Einreisenden liegen.

 

Dann legen Sie doch mal aus:

vor der Entscheidung über die Zurückweisung  oder während der Vorbereitung, Sicherung oder Durchführung dieser Maßnahme

 

Es liegt einzig in der Beschaffenheit der Kontrolle, nicht in der Person.

 

Wo das herkommt:

Mithin sei also demnach ihre Rückkehr nach Passau von vornherein geplant gewesen, damit sie dort nach Entscheidung ggf. zurückgewiesen werden können, vor allem wenn sich herausstellen sollte, dass sie aus einem sicheren Drittland - wie Österreich oder Ungarn - eingereist seien.

ist nun wirklich erklärungsbedürftig.

Der Unterschied zwischen Züruckweisung und Zurückschiebung ist Ihnen bekannt?

Sie mögen in Ihrer politischen Betrunkenheit vielleicht nicht in der Lage sein, meinen Kniff zu erkennen, aber wenn Sie Frau Merkel im Gefägnis sehen wollen, dann sagen Sie es doch einfach offen. 

Die Lösung des Professors ist gerichtlich erstinstanzlich schon durchgefallen.

Was ist denn Ihre Lösung?

 

@ Max Mustermann

Ehrlich gesagt ist das erfreulicherweise mal ein Fall, wo die Sprachpolizei Wirkung gezeigt hat.

Sie erzählen alle halbe Stunde was von Mutti Merkel und Onkel Orban, und haben dann die Chuzpe anderen politische geprägte Argumentation vorzuwerfen. Naja seis drum, jetzt scheints ja anders zu sein.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Strafbarkeit der Bundeskanzlerin.

Dafür bringt Ihre § 13 AufenthG Theorie nicht weiter. Das TBM Einreise bei §§ 95, 14 AufenthG hatte jeder hier für sich schon bejaht, bevor die § 13 Theorie aufkam. Es war unstreitig. Ob die die Einreise nun in Südbayern tatsächlich vorkommt oder im Herzen von Deutschland fingiert wird, die Kritikpunkte an der § 95er Strafbarkeit bleiben dieselben (oder verschärfen sich sogar noch, wenn man Prof. Müller folgt). Dagegen haben Sie auch noch nichts vorgebracht.

Und jetzt zu der § 13 Theorie an sich: Vom Ergebnis her hat das ja sogar was für sich. Natürlich ist Zurückschiebung einfacher als Zurückweisung. Zudem kann man das Gleichstellungsargument anführen: Bei Überlastungssituation an der Grenze können Ausländer auf einmal nur noch zurückgewiesen werden, während alle die bei normaler Grenzbelastung einreisen wollen der Zurückschiebung unterliegen.

Leider kommt man da konstruktiv nicht hin. Wir haben nunmal für Asylbewerber ein spezielles Gesetz, das jedenfalls mit den darin enthaltenen spezielleren Regeln vorgeht. Das erkennt das AufenthG auch an.

Die Zurückschiebung nach § 18 Asyl(Vf)G erfolgt an der Grenze. Von einer Fiktion wie in § 13 Abs. 2 AufenthG steht da nichts. Im Gegenteil, lassen Sie sich § 18 Abs. 3 Asyl(Vf)G mal auf der Zunge zergehen:

Quote:

(3) Der Ausländer ist zurückzuschieben, wenn er von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird und die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen

Damit hat es sich mit der Zurückschiebung selbst dann, wenn die § 13 Theorie zutreffen sollte.

Und was noch dazu kommt: Der § 20 Asyl(Vf)G regelt genau den Weg von der Grenze zur Aufnahmeeinrichtung, den Sie unter § 13 AufenthG subsumieren wollen - inklusive Rechtsfolge im Fall des Verstoßes. Da bleibt kein Raum mehr für § 13 AufenthG.

Was Ihr conditio Argument angeht: Es kann nicht zum Nachteil des Ausländers ausgelegt werden, wenn die zuständigen Behörden die eigenen Regeln nicht einhalten. Dann hätte man eben (effektives) Geleit organisieren müssen, § 20 Abs. 2 Satz 3 Asyl(Vf)G.

Was den Willen der Zuginsassen angeht ermittelt sich dieser nach den objektiven, nach außen erkennbaren Tatsachen - nach allgemeinen Grundsätzen eben. Man fragt ja auch den Angeklagten nicht, ob er denn Vorsatz gehabt hätte. An objektiven Kriterien kann man den Asylschwindler an der Grenze aber nicht erkennen. Und da für den Asylantrag der an der Grenze erkennbare Wille maßgeblich ist, kommt es auf einen (nach außen erkennbaren) Willenswechsel durch späteres Hopsen vom Zug nicht an.

Damit kommt man im Ergebnis bei aller Liebe einfach nicht zum § 13 Abs. 2 AufenthG.

Für die Strafbarkeit nach §§ 95, 49 AufenthG sehe ich übrigens auch schwarz, weil es am "Verlangen" fehlt.

Und schließlich müssen Sie Ihren "Straftäter" genauso suchen gehen wie ich meinen "Asylbewerber". Insoweit ändert sich nichts.

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PS:

§ 57 AufenthG stellt für die Zurückschiebung auch auf die Außengrenze sowie den grenznahen Raum ab, und nicht auf Bad Wildungen.
 

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MT schrieb:

PS:

§ 57 AufenthG stellt für die Zurückschiebung auch auf die Außengrenze sowie den grenznahen Raum ab, und nicht auf Bad Wildungen.
 

Das ist ja der Gag.

Lieber MT,

zwischen uns scheint mir ein Misverständnis vorzuliegen.

Wir haben keinen Dissens in dem Punkt, dass das Stellen eines Asylgesuches möglich sein muss. Ebenso die Einreise zu diesem Zweck.

Wir sind uns in weiten Teilen völlig einig.

Ich betrachte die Problemstellung nur ganz anders.

Was der Prof macht ist folgendes:

Er nimmt § 14 AufVO her und sagt, selbst wenn wir § 14 "falsch" anwenden, resp. überinterpretieren, können wir es dem Schutzsuchenden nicht zum Vorwurf machen.

Ein hübscher Taschenspielertrick...

Das Problem ist nur, dass ein Hinzuziehen von § 14 globale Auswirkungen auf das System hat, denn eine Vielzahl anderer TB sind zugleich davon betroffen 

Wir müssten also alle Schleuser frei lassen, unerlaubte Einreise gibts nicht mehr etc.

Das ist nicht gewünscht und findet sich in der Realität auch nicht wieder.

Man kann sich zwar wie ein trotziges Kind hinstellen und auf seiner Antwort beharren, noch sind wir aber im Strafrecht und Robin Hood ist und bleibt Straftäter und wenn seine Motive noch so edel sind...

Und wenn wir den Rechtsstaat aufrecht erhalten wollen, müssen wir den binären Code des Strafrechts auflösen. Entweder hat sich Merkel nicht strafbar gemacht oder sie ist halt der Kopf einer Schleuserbande. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.

Wir beide sind uns in der Intention ja einig. Der angeklagte Sachverhalt sollte straffrei sein. Wir müssen die Schalter im System aber so umlegen, dass wir es hinkriegen.

Während der Prof in letzter Konsequenz die Grenze aus der Gleichung streicht, versuche ich die zu verschieben, in dem ich die Kontrolle zeitlich und örtlich strecke.

Wenn wir § 18 Abs. 4 bemühen wollen -was Sie ja auch tun- brauchen wir den Namen (!).

Ich lasse die Kontrolle also mit der Registrierung enden.

Wenn der Richter also die Angeklagte fragt, bei wem Sie denn auf eine Zurückweisung verzichtet haben will, drückt Merkel auf den Knopf und druckt die Namensliste aus. Damit geht die als freie Frau aus dem Gerichtssaal. Das ist das Ticket.

Mir vorzuwerfen, wie es Kolos tut, ich würde schon vorab planen, die Leute nach Passau zurückverfrachten, ist doch grober Unfug.

Es hat nicht eine Zurückweisung in der Realität stattgefunden. Und witzigerweise habe ich die Leute schon in die Münchner Innenstadt transportiert. Ich kann sie gar nicht mehr zurückschieben.  :-))

Ihr Verweis auf § 20 Abs. 2 Satz 3 greift nicht, denn der bezieht sich auf einen anderen Zeitpunkt im Gesamtverfahren. § 13 II spricht nur "solange ihnen eine Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt" .

 

Ich bin dadurch abgesichert, dass einer der aus dem Zug springt, sich strafbar macht.

Dass wir nicht wissen, wen wir dann suchen sollen, das Problem haben wir beide. Nur bei Ihnen gehen Sie von einer vorherigen Willenserklärung aus. Der hätte bei Ihnen quasi falsche "Angaben" gemacht. Die Problemstelle müssten Sie aufschlüsseln.

Bei mir läuft einfach die grüne Grenze parallel zum Zug mit.

 

 

Sehr geehrte Kommentatoren,

die vorsätzliche und rechtswidrige unerlaubte Einreise bleibt Voraussetzung für eine Strafbarkeit der BKin nach § 96 AufenthG, aber natürlich müsste auch sie selbst wiederum vorsätzlich und rechtswidrig handeln.

Ich räume ein, dass ich die Frage, wann exakt unter Berücksichtigung des  § 13 AufenthaltsG die Einreise erfolgt, bewusst veranchlässigt habe. Aber dies geschah auch aus dem Grund, dass die genauen Einreise-Abläufe tatsächlich, auch von Grenzübergang zu Grenzübergang und von Tag zu Tag, verschieden ablaufen können und ich jedenfalls hierzu auch keinen Vorsatz der Kanzlerin erkennen kann: Wenn jemand dadurch unerlaubt einreist, dass er sich der Registrierung durch Ausstieg aus dem Zug entzieht, dann ist das m. E. kaum mit einem Schleusungsvorsatz der BKin geschehen.

Um einen Eindruck zu erhalten, wie derzeit die Einreise abläuft, hier ein aktueller Bericht über Passau (09.11.2015) aus einem regelmäßig sehr zuverlässigen regionalen Blog:

Auszug:

"An der Eingangsschleuse, die in das Zelt beim Güterbahnhof Passau führt, steht Azad in der Warteschlange. Der 35jährige kommt aus dem syrischen Aleppo. Das Haus, in dem er mit seiner Familie wohnte wurde zerbombt und ist niedergebrannt. Nach einer neuntägigen Flucht über die Türkei und Griechenland ist er eben mit einem Zug angekommen. Er muss sich erst einem kurzen Sicherheitscheck, der sogenannten „Fast Identification“, unterziehen, ehe er weiter in den abgetrennten Wartebereich gehen kann, wo seine Frau schon von den ehrenamtlichen Helfern mit Tee und Sandwichs versorgt wird und die dreijährige Tochter einen blauen Luftballon bekommt.

Bei Azad wird – wie bei allen Männern – vorher per Fingerabdruck-Scanner geprüft, ob er schon in der Bundesrepublik oder einem anderen EU-Land registriert wurde. Das geht flott. Nach wenigen Minuten ist er wieder bei seiner Familie. Hier erfahren die drei – eher zufällig – dass sie sich nun in Deutschland befinden. Eine Stunde später steigen sie zusammen in den Zug nach Zwickau.

Für eine umfassende Feststellung der Personalien bleibt in Passau keine Zeit, auch nicht für einen generellen Gesundheitscheck. Das wird erst gemacht, wenn die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen irgendwo im Bundesgebiet angekommen sind. „Für akute Probleme ist eine Ärztin vor Ort“, sagt Polizeisprecher Onstein. „Mehr ist hier nicht leistbar.“

Quelle: http://www.regensburg-digital.de/fluechtlinge-passau-wegscheid-mittlerwe... [Hervorhebung von mir]

(Nur) die Männer werden also an der Grenze einer Identifikation unterzogen, die Familie erfährt, sie sei nun in Deutschland, alles weitere geschieht aber im Hinterland. Wo jetzt genau (vorsätzlich) die Einreise nach AufenthaltsG stattfindet, ist schwierig zu bestimmen. Aber dass sie unerlaubt sein soll, davon erfahren diese Flüchtlinge nichts. Sicherlich ist das anders zu beurteilen bei Personen, die nur vorgeben, aus Sysrien zu stammen oder insgesamt die teilweise chaotischen Zustände nur ausnutzen, um nach Deutschland zu kommen. Aber darauf bezieht sich wiederum der Vorsatz der BKin nicht.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Sicherlich ist das anders zu beurteilen bei Personen, die nur vorgeben, aus Sysrien zu stammen oder insgesamt die teilweise chaotischen Zustände nur ausnutzen, um nach Deutschland zu kommen. Aber darauf bezieht sich wiederum der Vorsatz der BKin nicht.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Die Bundeskanzlerin weiß natürlich, dass

- eine Vielzahl von Flüchtlingen sich einer (genaueren oder grundsätzlichen) Feststellung der Personalien entziehen, z.B. indem sie die Züge vorzeitig verlassen

- eine Vielzahl von Flüchtlingen gar nicht aus Syrien oder Irak stammen, sondern sich Pässe gekauft haben und/oder lügen

- auch einige IS-Terroristen oder Sympathisanten sich darunter befinden (siehe aktuell Paris).

 

Die Bundeskanzlerin weiß das natürlich. Sie steht vor der zugegeben schwierigen Entscheidung, entweder

- billigend in Kauf zu nehmen, dass durch das aktuelle Vorgehen (man kann es durchaus chaotisch nennen) auch illegale Einreisen stattfinden

- oder eben alle Flüchtlinge zunächst an der Grenze aufzuhalten und alle ordnungsgemäß zu überprüfen, was das Chaos der Einreise eben an die österreichisch/deutsche Grenze verlagern würde.

 

Aber die BKin handelt ohne Zweifel vorsätzlich. Sie weiß genau was sie tut. Die illegale Einreise, die sie ermöglicht, ist in ihren Augen zur Zeit eben unvermeidbar und "Kollateralschaden".

M.E. könnte man das bei der Strafzumessung als mildernde Umstände berücksichtigen.

 

Sie hätte durchaus  die Möglichkeit, den Notstand auszurufen un/oder ihre Maßnahmen durch das Parlament abdecken zu lassen. Dann entfällt natürlich jegliche Strafbarkeit.  Aber das will sie seltsamerweise nicht. Sie bevorzugt einsame Entscheidungen, die zudem möglichst nicht schriftlich fixiert sein sollen. An was erinnert mich das bloß?

3

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrte Kommentatoren,

die vorsätzliche und rechtswidrige unerlaubte Einreise bleibt Voraussetzung für eine Strafbarkeit der BKin nach § 96 AufenthG, aber natürlich müsste auch sie selbst wiederum vorsätzlich und rechtswidrig handeln.

Ich räume ein, dass ich die Frage, wann exakt unter Berücksichtigung des  § 13 AufenthaltsG die Einreise erfolgt, bewusst veranchlässigt habe. Aber dies geschah auch aus dem Grund, dass die genauen Einreise-Abläufe tatsächlich, auch von Grenzübergang zu Grenzübergang und von Tag zu Tag, verschieden ablaufen können und ich jedenfalls hierzu auch keinen Vorsatz der Kanzlerin erkennen kann: Wenn jemand dadurch unerlaubt einreist, dass er sich der Registrierung durch Ausstieg aus dem Zug entzieht, dann ist das m. E. kaum mit einem Schleusungsvorsatz der BKin geschehen.

Unserer Bundeskanzlerin dürfte bekannt sein, dass Züge Notbremsen und Mechanismen zur manuellen Öffnung der Türen enthalten. Ebenso weiss sie dass diese auch von Flüchtlingen bedient werden können. Kombiniert ergibt sich daraus die offensichtliche Gefahr, dass diese Mechanismen von den transportierten und putativ  wegen §13 AufenthaltsG noch nicht eingereisten Flüchtlingen zur unkontrollierten illegalen Einreise benutzt werden können.  

Auch falls Sie diese Möglichkeit vorher fahrlässig verdrängt hat, so hat Sie dieses Wissen spätestens nach dem erstem Vorfall positiv erlangt.

Soweit Sie danach weitere Flüchtlingszüge autorisiert hat tat Sie dies also mit Wissen um diese Gefahr, also mindestens mit bedingtem Vorsatz.

Sie wollte vielleicht nicht schleusen, nahm die Gefahr der Verwirklichung des Tatbestands aber billigend in Kauf.

(Auch z.B. bei der Beihilfe zur BTM-Einfuhr reicht im subj. Tatbestand bedingter Vorsatz sowohl in Bezug auf die Hauptat als auch in Bezug auf die Beihilfehandlung regelmässig aus. Es sassen schon Leute im Knast weil Sie sich als Beifahrer in ein Auto gesetzt haben mit dem Wissen, dass der Fahrer Kiffer ist und somit möglicherweise in den Niederlanden nicht nur Lebensmittel sondern auch BTM erwerben wird und in dem Bewusstsein, dass ihr seriöses Erscheinungsbild dann möglicherweise die Gefahr an der Grenze kontrolliert zu werden reduziert, und das obwohl sie selbst nur billig Lebensmittel kaufen wollten und Drogenkonsum missbilligen.)

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Professor Müller schrieb:

 Wo jetzt genau (vorsätzlich) die Einreise nach AufenthaltsG stattfindet, ist schwierig zu bestimmen.

Nach dem oben geschilderten Sachverhalt hatte die Familie die Grenze überschritten als sie erfahren hatte, dass sie sich in Deutschland befinde. An einer zugelassenen Grenzübergangsstelle war sie in der Regel aber erst dann eingereist, wenn sie außerdem noch die Grenzübergangsstelle passiert hatte. Wahrscheinlich befindet sich der "abgetrennte Wartebereich" erst hinter der Grenzübergangsstelle, sodass die Familie bei ihrem dortigen Zusammentreffen die Grenzübergangsstelle passiert haben dürfte und damit im Regelfall eingereist war. 

Bedenken dagegen können sich allenfalls aus dem hier problematisierten § 13 II 2 AufenthG ergeben. Denn danach könnte die Familie trotz Grenzübertritts und Passierens der Grenzübergangsstelle dennoch nicht eingereist sein. Das kommt aber in Ausnahmefällen nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung über die Zurückweisung der Familie durch die Grenzbehörde noch nicht gefallen war. 

Aus dem Passieren der Grenzübergangsstelle kann man in der Regel aber schließen, dass die Entscheidung über die Zurückweisung konkludent gefallen war. Lassen die Grenzbehörden einen Ausländer an der Grenzübergangsstelle dagegen nur ausnahmsweise "zu einem bestimmten vorübergehenden Zweck passieren" i.S.v 13 II 2 AufenthG, dann muss der Zweck in jedem Einzelfall von ihnen bestimmt werden, zeitlich und örtlich begrenzt, der zweckgebundene Aufenthalt durch die Grenzbehörden kontrollierbar und dem Ausländer erkennbar sein. Außerdem muss nach außen erkennbar sein, dass die Entscheidung über die Zurückweisung noch aussteht und nicht bereits dadurch erfolgt sei, weil der Ausländer die Grenzübergangsstelle passieren darf, und sich die Zurückweisungsentscheidung dadurch auch nicht erledigt hat. Das ist in der oben, von Professor Müller zitierten Fallschilderung nicht erkennbar. 

Die Einreise an einer zugelassenen Grenzübergangsstelle wie in Passau ist völlig unabhängig davon, ob und wie umfassend die Grenzbehörde die Kontrolle vornimmt. Abgestellt wir nur auf die Möglichkeit der Kontrolle und der Zurückweisung. 

Und zum Schluss noch ein ergänzendes Zitat aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 15/420, Seite 73) zu 13 AufenthG, aus dem man entnehmen kann, welch geringe Bedeutung der Gesetzgeber dem 13 II 2 AufenthG beigemessen hatte:

Zu § 13
Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 59 AuslG.

In § 59 AuslG war 13 II 2 AufenthG aber noch nicht enthalten. Dass Grenzbeamte die Staatsgrenze individuell für einzelne Ausländer ins Inland sollen versetzen dürfen - wie im Blog vereinzelt vertreten wird, ist dem Gesetzgeber jedenfalls entweder nicht aufgefallen oder er hielt diesen Umstand nicht für so bedeutsam, dass ihm nötig erschien, darauf einzugehen. Vielleicht sollten aber einige Kommentatoren ihre Ansicht daraufhin noch überprüfen. 

Meine Ausführungen hatten nur die Sonderzüge aus Budapest im Blick, auf welche sich die Strafanzeige der AfD ja gerichtet hat, soweit mir erinnerlich ist.

Einen Strafvorwurf bezüglich der Sitaution an den Grenzübergängen in Hinblick auf die Kanzlerin oder Schleuserei zu formulieren, überfordert mich ehrlich gesagt. Solange die Busse der Österreicher nicht falsch abbiegen und die zu Fuß an der Pforte anklopfen, scheint doch alles unproblematisch zu sein.

Die Situation war doch so: Orbán setzt den Zugverkehr aus, die Leute marschieren über die Autobahn los, Mutti sieht das und schickt Sonderzüge und die fahren in den Münchner HBF ein und die dortigen Passanten traktieren die Aussteigenden mit Teddybären.

Vor lauter Jubel denkt keiner nach, was da gerade passiert.

In dem Falle bevorzuge ich meinen Lösungsansatz, denn das mit dem Vorsatz/Verbotsirrtum muss nicht unbedingt funktionieren. Verstecken sich ja nicht nur Feingeister in diesen Roben.

Merkel hat sich in einer nobelpreisverdächtigen Art und Weise ihrer Taten gerühmt, dass man trotz aller Mutterliebe schwerlich den Vorsatz verneinen kann.

Ich würde ihr raten, zu beteuern, alles diente nur der Zuführung in ein rechtsstaatliches Verfahren und ansonsten auf ihre üblichen Flötentöne zu verzichten.

Denn anhand der Registrierungskartei hat der Staatsanwalt eine hübsche Zeugenliste.

 Und wenn es blöd läuft antwortet einer auf die Frage des Richters, was er denn gemacht hätte, wenn Merkel den Zug nicht hingestellt hätte. "Ich hätte halt eine Lücke gesucht und wär rübergegangen, so wie ich es seit Griechenland schon ein halbes Dutzend mal gemacht habe."

 

Und bei der hemdsärmeligen Metzgermentalität mancher Richter kann die Beweisaufnahme dann schon geschlossen sein und es ist Bescherung.

 

Auf sowas verzichte ich lieber. Denn dass die auf Biegen und Brechen nach Deutschland rein wollen, kann man kaum in Abrede stellen. Das weiss sogar die Kanzlerin. Deshalb möchte sie ja unbedingt auf Grenzsicherung verzichten...

Im Hinblick auf die Geschehnisse von Paris sollte man vielleicht mal überlegen, ob die "Notsituation" auf deren Basis angeblich gehandelt wird, hinter den absehbaren Notsituationen, die uns bald ins Haus stehen werden, nicht langsam als Begründung etwas lächerlich wirkt.

Das eine oder andere Einreisegesetz macht doch Sinn und könnte wieder in Kraft gesetzt werden.

 

Herzliche Grüße

Gerold Keefer

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Das eine oder andere Einreisegesetz macht doch Sinn und könnte wieder in Kraft gesetzt werden.

Die "Geschehnisse von Paris" machen im Gegenteil deutlich, mit welcher notstandsähnlichen Berechtigung die Menschen aus den vom IS-Terror beherrschten Gebieten in den Westen fliehen und wie dringend ihnen geholfen werden muss...

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Leser schrieb:

Die "Geschehnisse von Paris" machen im Gegenteil deutlich, mit welcher notstandsähnlichen Berechtigung die Menschen aus den vom IS-Terror beherrschten Gebieten in den Westen fliehen und wie dringend ihnen geholfen werden muss...

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass der IS-Terror nicht von irgendwelchen Aliens ausgeübt wird, sondern von Menschen - meist irakischer oder syrischer Nationalität, meist Sunniten. Der IS ist in diesen Ländern auch deshalb so erfolgreich, weil weite Teile der Bevölkerung mehr oder weniger offen mit ihm sympathisieren. Der IS tut andererseits viel "Gutes" für seine Anhänger und die sympathisierende Bevölkerung und versorgt diese z.B. mit Lebensmittel (im Gegensatz zum Assad-Regime).

Es ist nicht ganz einfach für die Behörden, an der Grenze zu erkennen, ob der Einreisewillige nun irakischer (oder syrischer) Sunnit ist, der lupenreiner Demokrat ist und bisher tapfer gegen den IS gestanden ist oder nicht doch eher zu den IS-Sympathisanten gehört oder eben irgendwo dazwischen (lupenreine gute Demokraten wird es dort ohnehin kaum geben, jeder ist im Clan- und Stammesdenken verhaftet und somit Teil und Ursache des Bürgerkriegs).

Deshalb: Hilfe ja, aber keine chaotische unkontrollierte Grenzöffnung wie zur Zeit. Deutschland, Europa muss wissen, welche Menschen da kommen.

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Deshalb: Hilfe ja, aber keine chaotische unkontrollierte Grenzöffnung wie zur Zeit. Deutschland, Europa muss wissen, welche Menschen da kommen.

Jetzt kommt also das mit der inneren Sicherheit...

Mutti meint ernsthaft, sie könnte uns mit ihrer "Asyl kennt keine Obergrenze" rhetorisch in die Enge treiben.

Als Bundeskanzlerin hat sie Sorgfaltspflichten zu erfüllen.

Was ist denn, wenn wir einen Reaktorunfall haben?

Wir kriegen nicht mal eine Kleinstadt mehr evakuiert, geschweige denn einen ganzen Landkreis.

Alle Betten sind weg, alle Turnhallen bis obenhin belegt, die Hilfswerke arbeiten schon seit Monaten im Katastrophenmodus.

Wir haben die Kapazitäten schlicht nicht mehr, bei einer kleinen Flut irgendwie den eigenen Bundesbürgern zu helfen.

Die hat mir den Puffer aber gefälligst vorzuhalten!

Nur weil die ihre Politik ohne Krise nicht mehr verkaufen kann, kann sie nicht die Flanke so offen lassen.

 

Unserer Bundeskanzlerin dürfte bekannt sein, dass Züge Notbremsen und Mechanismen zur manuellen Öffnung der Türen enthalten. Ebenso weiss sie dass diese auch von Flüchtlingen bedient werden können. Kombiniert ergibt sich daraus die offensichtliche Gefahr, dass diese Mechanismen von den transportierten und putativ  wegen §13 AufenthaltsG noch nicht eingereisten Flüchtlingen zur unkontrollierten illegalen Einreise benutzt werden können.  

Auch falls Sie diese Möglichkeit vorher fahrlässig verdrängt hat, so hat Sie dieses Wissen spätestens nach dem erstem Vorfall positiv erlangt.

Soweit Sie danach weitere Flüchtlingszüge autorisiert hat tat Sie dies also mit Wissen um diese Gefahr, also mindestens mit bedingtem Vorsatz.

Sie wollte vielleicht nicht schleusen, nahm die Gefahr der Verwirklichung des Tatbestands aber billigend in Kauf.

Das sehe ich anders. 

Mein Dreh liegt darin, dass die Bundeskanzlerin nur die Zuführung zur Kontrolle organisiert hat.

Da wir keine Strafbarkeitslücken lassen dürfen, bin ich aber gezwungen diese Fälle zu berücksichtigen.

Da der Zug weiterfährt, hat für alle anderen keine Einreise stattgefunden. 

Der Aussteigende verwirklicht die unerlaubte Einreise also völlig selbsttätig und auf eigenen Entschluss hin.

Der geht einfach während der Kontrolle stiften.

Die Handlung selbst wird aber so subsumiert als wäre er 100 m neben dem Grenzhäusschen über die grüne Grenze gegangen.

Unter der Voraussetzung, dass Merkel die Züge nur zum Zwecke der Zuführung der Kontrolle, sprich Entscheidung über die Zurückweisung, hat fahren lassen, ist es auf keinen Fall von ihrem Vorsatz irgendwie geartet umfasst.

Streng genommen, reisen die ja erst ein, wenn sie aus dem Zug hüpfen. Die Vorsatzfrage der Kanzlerin muss gar nicht geprüft werden, hat ja gar nicht mitgeholfen. Das ist mein Gag.

 

Alles was ankommt unterschreibt mit der Registrierung Merkels "Geh-aus-dem-Gefägnis"-Karte und was unterwegs verloren geht, handelt eigenständig.

Ob das 1 oder 100 mal passiert und ob Merkel das weiss oder nicht, ist unbeachtlich.

 

Kann eine Anordnung nach § 18 Asyl(Vf)G gleichzeitig den Strafbestand der Schleusung erfüllen?

Ich würde sagen es spricht nichts dagegen dass die verantwortlichen Personen sich dabei der Schleusung schuldig machen können. Analog erlaubt die Weisungsbefugnis der Regierung ggü. Staatanwaltschaften ja auch nicht die Verfolgung Unschuldiger.

Es heisst eben nur, dass die Regierung dafür sorge tragen muss, die Anordnung so zu fassen, dass aufgrunddessen keine Personen einreisen, die nicht Asylberechtigt sind. Wäre eine solche Anordnung z.B. auf zweifellos asylberechtigte Syrier beschränkt wäre das nicht zu beanstanden. Anscheinend lässt man aber z.Z. alle einreisen (was da genau angeordnet wurde weiss ich leider nicht). 

Deswegen brauch ich nach meiner Theorie die Registrierung. Da § 18 IV ein begründungspflichtiger Einzelakt ist, brauch ich die Liste der Namen.

Als Begründung kann man meintewegen inhaltlich die Begründung von § 14 AufVO hernehmen und automatisch hinter jeden Namen einfügen, ganz egal wo der herkommt.

Hauptsache Mutti muss nicht in Knast. Wäre doch Schade um das geistige Potenzial, dass uns sonst vorenthalten würde...

Max Mustermann schrieb:

Da § 18 IV ein begründungspflichtiger Einzelakt ist, brauch ich die Liste der Namen.

 

Liste der Namen? Wozu das denn?

 

Das Absehen von der Einreiseverweigerung ist methodisch nicht immer einfach einzuordnen. Aber:  Die Anordnung des BMI aus humanitären Gründen ist eine politische Entscheidung und einer Überprüfung nicht zugänglich. Ich halte sie für einen nicht justiziablen Regierungsakt. Das Absehen von der Einreiseverweigerung durch die Grenzbehörde an sich hat keine Regelungswirkung und kann daher auch kein (Verwaltungs)Akt sein . Dadurch wird die Einreise doch nicht unmittelbar erlaubt. 

Kann eine Anordnung nach § 18 Asyl(Vf)G gleichzeitig den Strafbestand der Schleusung erfüllen?

Nein. Denn es fehlt an einer rechtswidrigen Haupttat. Die Einreise eines Ausländers, der nach 18 Abs. 1 AsylG einreist und und sie ihm danach erlaubt wurde, ist auch dann nicht unerlaubt, wenn sie materiell-rechtlich rechtswidrig sein sollte, weil sie hätte ihm verweigert werden müssen. Für die Beurteilung strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen kommt es nur auf die formelle Betrachtung an, nicht auf die materiell-rechtliche. BGH begründet das mit dem Bestimmtheitsgebot.

 

Siehe auch BGH 2 StR 457/04 - 27. April 2005 (LG Darmstadt) [= HRRS 2005 Nr. 459]

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/04/2-457-04.php

 

Eine formell wirksame Einreise nach 18 AsylVfG ist aber auch meteriell-rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Absehen von der Einreiseverweigerung aufgrund einer Anordnung gem. 18 IV AsylVfG erfolgte.

WR Kolos schrieb:

Kann eine Anordnung nach § 18 Asyl(Vf)G gleichzeitig den Strafbestand der Schleusung erfüllen?

Nein. Denn es fehlt an einer rechtswidrigen Haupttat. Die Einreise eines Ausländers, der nach 18 Abs. 1 AsylG einreist und und sie ihm danach erlaubt wurde, ist auch dann nicht unerlaubt, wenn sie materiell-rechtlich rechtswidrig sein sollte, weil sie hätte ihm verweigert werden müssen. Für die Beurteilung strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen kommt es nur auf die formelle Betrachtung an, nicht auf die materiell-rechtliche. BGH begründet das mit dem Bestimmtheitsgebot.

 

Siehe auch BGH 2 StR 457/04 - 27. April 2005 (LG Darmstadt) [= HRRS 2005 Nr. 459]

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/04/2-457-04.php

 

Eine formell wirksame Einreise nach 18 AsylVfG ist aber auch meteriell-rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Absehen von der Einreiseverweigerung aufgrund einer Anordnung gem. 18 IV AsylVfG erfolgte.

 

Sie vermischen zu unrecht (wie leider viele hier) das Absehen von der Zurückweisung bei Grenzkontrollen mit der Erlaubnis der Einreise (hier durch VISA-Erteilung). Das Gericht hat zurecht entschieden, dass eine Einreise mit einem tatsächlich erteiltem VISA (Sichtvermerk im Pass) nicht dadurch unerlaubt werden kann, dass die Behörde bei der VISA-Erteilung Fehler gemacht hat. VISA stellen demnach eine Art eigenständiger Titel dar, deren Gültigkeit nachdem sie formal korrekt erteilt wurden nicht mehr davon abhängt ob sie auch materiell rechtlich erteilt werden hätten dürfen (so ähnlich wie bei der Zwangsvollstreckung).

 

Bei der aktuellen Flüchtlingskrise wurden aber überhaupt keine VISA erteilt.

Wenn jemand an der Grenze nicht zurückgewiesen wird ist darin keine Einreiseerlaubnis zu sehen.

Genausowenig hätte übrigens eine fälschlicherweise erfolgte Zurückweisung das Erlöschen einer formal korrekt erteilten Einreiseerlaubnis (VISA) zur Folge. Zurückweisung oder deren Unterlassung nach 18 AsylVfG sind Realakte der Grenzpolizei und keine rechtsgestaltenden Verwaltungsakte. Nur die dazu gesetzlich ermächtigten Behörden (Botschaften, etc.) dürfen Einreiseerlaubnisse erteilen. Die Grenzpolizei ist lediglich für den (möglichst fehlerfreien) Vollzug zuständig.

Der merkelsche Standardflüchtling macht sich deshalb unproblematisch nach §95 AufenthG strafbar, da er nichtmal einen Pass mit nur formal korrekt erteiltem VISA besitzt.

 

Dass dem Verhalten von Vollzugsbeamten (ausser in gesetzlich bestimmten Fällen) keine legalisierende Wirkung zukommt kann man sich gut an einem anderem Beispiel klarmachen:

Wenn man z.B. den neuen Liebhaber der Ehefrau verprügelt hat, entfällt dann die Strafbarkeit wegen Körperverletzung wenn ein Polizist dabei zugeschaut hat? Nein, selbst wenn der Beamte zu der Tat aufgefordert hat oder sie sogar durch aktives Handeln erst ermöglicht hat entfällt die Strafbarkeit nicht.

2

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zugelassen und sogar veranlasst, daß tausende sich in Ungarn aufhaltende Syrer nach Deutschland kommen, und zwar ohne Visa und ohne kontrolliert zu werden.

Zu den Aufgaben einer Bundeskanzlerin gehört es, Gefahren und Schaden vom Staat und vom Staatsvolk abzuwenden, sie hat also eine Art Garantenstellung.

Dennoch hat sie fahrlässig Risiken und Gefahren billigend in Kauf genommen, um sich in den Massenmedien als scheinbar mitfühlende christlich-humanitäre menschenfreundliche sympathische nette Person darstellen zu können (quasi als "Gutmensch").

Die Risiken die sie pflichtwidrig eingegangen ist haben sich realisiert - wie zu befürchten war haben Terroristen die fehlenden Konrollen ausgenutzt.

Angela Merkel dürfte somit aus dem Gesichtspunkt der fahrlässigen Tötung strafbar sein.

In Deutschland wird sie zwar wohl kaum angeklagt werden, aber wenn Amerikaner unter den Opfern sind und diese vor einem Gericht in den USA Klage erheben, wird Frau Merkel es wohl schwer haben einer Verurteilung zu entgehen.

 

3

Das Absehen von der Einreiseverweigerung ist methodisch nicht immer einfach einzuordnen. Aber:  Die Anordnung des BMI aus humanitären Gründen ist eine politische Entscheidung und einer Überprüfung nicht zugänglich. Ich halte sie für einen nicht justiziablen Regierungsakt. Das Absehen von der Einreiseverweigerung durch die Grenzbehörde an sich hat keine Regelungswirkung und kann daher auch kein (Verwaltungs)Akt sein . Dadurch wird die Einreise doch nicht unmittelbarerlaubt. 

Ich stimme Ihnen nicht zu.

Die Anordnung des BMI muss aber in Form eines Einzelaktes ergehen.

Der Knackpunkt ist, das eine solche (wahrscheinlich) zwar ex tunc möglich ist und mithin die unerlaubte Einreise "legalisiert", nur davon hätte Merkel nichts. Die hängt dann akzessorisch trotzdem.

Ich muss also eng am Wortlaut des §18 bleiben und die Entscheidung noch im Rahmen der Kontrolle einholen.

P.S:

Ich stimme Ihnen schon zu, nur mein Trick geht so, dass Merkel zwar 1000 Menschen in die Müncher Innenstadt gefahren hat, aber mit der Einreise absolut nichts zu tun hatte.

Sie hat sie ja nur an die Grenze gebracht... ;-)

Wenn jemand an der Grenze nicht zurückgewiesen wird ist darin keine Einreiseerlaubnis zu sehen.

Wer aber durch den humanitären Akt des BMI nicht zurückgewiesen wird, obwohl er das Kriterium der Passpflicht nicht erfüllt, kann nicht unerlaubt eingereist sein.

 

Keine Haupttat--> kein Schleusen

 

Da dieser Akt aber Personenspezifisch ist und nicht Typspezifisch, muss vor Einreise die Person festgestellt werden. Ich brauche also die Namensliste...

astroloop schrieb:

Wenn jemand an der Grenze nicht zurückgewiesen wird ist darin keine Einreiseerlaubnis zu sehen.

Wer aber durch den humanitären Akt des BMI nicht zurückgewiesen wird, obwohl er das Kriterium der Passpflicht nicht erfüllt, kann nicht unerlaubt eingereist sein.

 

Keine Haupttat--> kein Schleusen

 

Da dieser Akt aber Personenspezifisch ist und nicht Typspezifisch, muss vor Einreise die Person festgestellt werden. Ich brauche also die Namensliste...

 

Wie kommen Sie darauf?

Die Unerlaubtheit der Einreise ist generell unabhängig davon, ob der Ausländer überhaupt kontrolliert wird. Sie hängt v.a. daran, ob die zuständige Behörde eine Einreiseerlaubnis (VISA) erteilt hat und ggf. bei Ermanglung dessen ob es sich um einen (echten) Asylanten handelt.

Nirgends wird in § 18 das BMI ermächtigt Einreisen zu erlauben. Es wird nur ermächtigt anzuordnen, dass in bestimmten Fällen der Ausländer trotz fehlender Erlaubnis nicht mit Gewalt an der Einreise gehindert werden soll.

Ein Verzicht auf Zurückweisung ohne Erlaubniserteilung wäre z.B. sinnvoll, wenn Deutschland von seinem Eintrittsrecht nach Dublin gebrauch machen möchte:

 

Erklärt Deutschland erfolgreich seine Asylantragsbearbeitungszuständigkeit nach Dublin bzgl. eines Ausländers, der sich momentan in einem sicherem Nachbarstaat von Deutschland befindet, besteht das Problem, dass die Grenzbehörden ihn nach §18 dennoch zurückweisen müssten. Mit einer Anordnung kann das BMI die Zurückweisung verhindern und damit die Stellung des Asylantrags ermöglichen. Sofern das BAMF den Antrag positiv bescheided, wenn es sich also um einen echten Asylanten handelt, war er ohnehin nicht unerlaubt eingereist (wegen GFK etc.); eine zusätzliche Einreiseerlaubnis durch das BMI war also ohnehin nicht nötig. Andernfalls - wenn er z.B. die nicht-Zurückweisungs-Anordnung durch Täuschung erwirkt hat - ist eine Bestrafung gerechtfertigt und geboten. Deshalb wäre es schädlich, wenn die nicht-Zurückweisungs-Anordnung automatisch die Einreise erlaubt. (Und deshalb steht davon auch nichts im Gesetz).

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@Danny

Ich muss Ihnen entschieden widersprechen.

Wenn jemand am vorgesehen Grenzübergang bei der Kontrolle der Bundespolizei auf Weisung des BMI einen "Passierschein" erhält, kann nicht unerlaubt eingereist sein.

 

Sollte das nämlich den Einreisestatus qualititativ nicht ändern, stehen Sie vor dem Problem, dass Behörden im Landesinneren weiterhin verpflichtet sind, die Strafverfolgung nach § 95 einzuleiten und den festzusetzen. 

 

Die conditio des Asylantrages ist  nicht Teil des BMI Aktes. Was machen Sie denn, wenn der nie einen Antrag stellt, sondern wieder ausreist, weil er mal kurz den Eiffelturm sehen wollte?

 

Der Umkehrschluss, dass eine Verzichtung auf Zurückweisung (durch das BMI) eine "erlaubte" Einreise darstellt, ist geradezu zwingend. Auf alle Fälle kommt hernach §95nicht zur Anwendung.

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