Mindestlohn für Bereitschaftsdienst

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 15.12.2015

Das LAG Köln hatte zu entscheiden, ob für Zeiten des Bereitschaftdienstes der Mindestlohn nach dem MiLoG zu zahlen ist. Der Kläger ist im Rettungsdienst tätig und verdient monatlich 2.680 Euro. Der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag sieht vor, dass Zeiten des Bereitschaftsdienstes mit einem Zeitfaktor (von <1) zu multiplizieren sind. Die Summe aus "Vollarbeitszeit" und "faktorisiertem Bereitschaftsdienst" beträgt 39 Stunden in der Woche, die Summe aus Vollarbeitszeit und - nicht faktorisiertem - Bereitschaftsdienst maximal 48 Stunden/Woche. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erhalte sein Tabellenentgelt für 39 Wochenstunden, die sich aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit errechneten. Die darüber hinausgehenden Bereitschaftszeiten von 9 Stunden pro Woche würden nicht vergütet. Dies sei nach dem MiLoG unzulässig. Die Arbeitgeberin schulde für diese 9 Wochenstunden die übliche Vergütung in Höhe von 15,86 Euro/Stunde.

Das LAG hat - wie schon das Arbeitsgericht - die Klage abgewiesen. Zu seiner Überzeugung schuldet der Kläger nach dem Tarifvertrag nicht 39, sondern 48 Stunden wöchentliche Arbeitszeit. Innerhalb dieses Rahmens müsse lediglich dem Bereitschaftsdienst ein so großes Gewicht zukommen, dass unter Berücksichtigung der "Faktorisierung" dieser Zeiten zuzüglich der Vollarbeitszeit lediglich 39 Wochenstunden erreicht würden. Das Entgelt des Klägers unterschreite den in § 1 Abs. 2 MiLoG genannten Betrag von 8,50 Euro/Stunde nicht:

Der gesetzliche Mindestlohnanspruch nach § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG wird durch die Zahlung des Tabellenentgeltes erfüllt. Insofern kann sogar dahinstehen, ob die an den Kläger zusätzlich gezahlten Zulagen auf den Mindestlohn anzurechnen wären. Wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich der Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 MiLoG auf die Zeitstunde. Der nach Monaten vereinbarte Zeitlohn des Klägers muss umgerechnet werden, indem die vereinbarte Bruttomonatsvergütung einschließlich aller berücksichtigungsfähigen Vergütungsbestandteile durch die individuelle regelmäßige monatliche Arbeitszeit geteilt wird (vgl. ErfK/Franzen, 15. Auflage, § 1 MiLoG Rn. 8). Dabei ist die Arbeitszeit i. S. v. § 611 Abs. 1 BGB maßgeblich, die im Synallagma zur vereinbarten Vergütung steht. Der Kläger erhielt im Januar und Februar 2015 eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.680,31 Euro brutto. Hierfür schuldet er - wie bereits ausgeführt - eine Arbeitszeit i. S. v. § 611 Abs. 1 BGB (bestehend aus Vollarbeit und Bereitschaftszeit) von 48 Stunden pro Woche, d. h. 208,7 Stunden pro Monat - und nicht lediglich von 39 Stunden, wie der Kläger meint. Demnach erhielt der Kläger im Januar und Februar 2015 einen Stundenlohn in Höhe von 12,84 Euro brutto (2.680,31 Euro für 208,7 Stunden/Monat). Der Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro brutto pro Stunde ist damit gewahrt.

LAG Köln, Urt. vom 15.10.2015 - 8 Sa 540/15, BeckRS 2015, 72909

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