Benachteiligung von Amazon-Betriebsräten – LAG weist Klagen ab

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 20.01.2016

In den letzten Jahren hatte es eine Diskussion gegeben, ob Betriebsratsmitglieder, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen, einen Anspruch auf Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses haben, so dass sie ihr Amt bis zum Ende der Mandatszeit wahrnehmen können. Mitunter wurde hier ein Schutzdefizit im Vergleich mit dem ausgebauten Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern konstatiert. Das BAG (25.6.2014, NZA 2014, 1209) hat jüngst jedoch entschieden, dass die nach § 14 II TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse von Betriebsratsmitgliedern ebenso wie diejenigen anderer Arbeitnehmer grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Befristung enden.  Werde mit einem Betriebsratsmitglied während dessen Amtszeit eine – weitere – Befristungsabrede getroffen, könne diese unwirksam sein, wenn dem Betriebsratsmitglied nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit lediglich ein befristetes Arbeitsverhältnis (anstelle eines unbefristeten) angeboten werde. Benachteiligt der Arbeitgeber – so das BAG - ein befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied, indem er wegen dessen Betriebsratstätigkeit den Abschluss eines Folgevertrags ablehne, könne das Betriebsratsmitglied gemäß § 78 S. 2 BetrVG in Verbindung mit §§ 280 I, 823 II, 249 I BGB den Abschluss des Folgevertrags als Schadensersatz beanspruchen. § 15 VI AGG steht einem solchen Anspruch nicht entgegen. Allerdings – und das ist die Krux - trage grundsätzlich das Betriebsratsmitglied, das den Arbeitgeber auf Abschluss eines Folgevertrags in Anspruch nehme, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung. Etwas abgemildert wird dies dadurch, dass das BAG die Grundsätze der abgestuften Darlegungs-, Einlassungs- und Beweislast zur Anwendung bringen möchte. Wie schwer es in der Praxis erfolgreich einen Folgevertrag einzuklagen, zeigen anschaulich zwei aktuelle Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg (vom 13.1.2016 - 23 Sa 1445/15 und 23 Sa 1446/15). Klagegegnerin war in diesem Fall die Amazon Logistik Potsdam GmbH. Diese stellt jeweils für das Weihnachtsgeschäft mehrere hundert Arbeitnehmer befristet ein, von denen ein Teil – abhängig von Arbeitsbedarf und Beurteilung – zum Jahresende in weitere befristete oder unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden. Die Kläger, denen nur eine auf einen Monat befristete Beschäftigung angeboten worden war, hatten geltend gemacht, sie seien wegen ihres Betriebsratsamtes unberücksichtigt geblieben. Die Klagen blieben auch vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Zwar könne ein Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehen, wenn diese nur wegen einer Betriebsratstätigkeit verweigert werde; denn dies stellte eine verbotene Benachteiligung wegen des Betriebsratsamts dar (§ 78 BetrVG). Die Kläger hätten in dem vorliegenden Fall jedoch nicht konkret vortragen können, dass eine derartige Benachteiligung erfolgt sei, zumal bei der Arbeitgeberin weiterhin ein Betriebsrat bestehe, die Auswahl der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer nach einem formalen Verfahren erfolgt sei und zu ihnen auch Betriebsratsmitglieder gehört hätten. Allein die Vermutung der Kläger, sie seien wegen ihrer Betriebsratstätigkeit nicht übernommen worden, genüge nicht.

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