Schön: In OWi-Sachen tut sich was. Wie führt man denn nun das Datenfeld in das Verfahren ein? OLG Hamm gegen das Kammergericht

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.02.2016
Rechtsgebiete: datenfeldStrafrechtVerkehrsrecht|2174 Aufrufe

Manchmal denkt man: Irgendwie sind alle wesentlichen Probleme im verkehrsrechtlichen OWi-Verfahren geklärt. Und dann: Dann macht ein Gericht "ein Fass auf". Genauso war das mit dem Kammergericht bzgl des Datenfeldes im Messfoto. Irgendwie wissen (hoffentlich) alle Verkehrsrechtsprofis, dass das Datenfeld per Urkundsbeweis einzuführen ist und man auch nicht darauf nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verweisen kann. Die Berliner Richter waren da großzügiger. Der mittlerweile auch in OWi-Sachen stärker veröffentlichende 4. Senat des OLG Hamm hat jetzt aber nochmals klargestellt: "Da machen wir nicht mit!"

Im Hinblick auf den Verweis nach § 46 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils bzgl. der aus der im Datenfeld des Lichtbildes dokumentierten Messgeschwindigkeit weist für zukünftige Fälle vorsorglich darauf hin, dass ein solcher Verweis nur auf die Abbildung selbst, nicht aber auf die Informationen im eingeblendeten Messprotokoll möglich ist. Hierbei handelt es sich um urkundliche Informationen, nicht um Abbildungen (vgl. nur: OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2004 – 1 Ss (OWi) 210 B/04 – juris; OLG Hamm, Beschl. v. 20.03.2012 – III – 3 RBs 438/11 – juris m.w.N.). Soweit das KG Berlin – bei grundsätzlicher Anerkennung dessen, dass es sich bei dem in ein Radarfoto eingeblendeten Datenfeld um eine Urkunde handelt - meint, eine Verweis sei in solchen Fällen „ausnahmsweise zulässig“, wenn sich – wie hier - der gedankliche Inhalt der Urkunde „auf einen Blick erfassen“ lässt (KG Berlin, Beschl. v. 12.11.2015 – 3 Ws (B) 515/15 - 122 Ss 111/15 –juris), vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Ausnahme kann er in den o.g. Vorschriften nicht erblicken. Eine solche Rechtspraxis müsste dann konsequenter-weise auch in anderen Fällen gelten (etwa, wenn in einem Brief neben – kurzen – beleidigenden Textzeilen auch noch beleidigende Zeichnungen enthalten sind). Sie birgt dann aber die Gefahr, dass die Grenzen eines noch zulässigen Verweises nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verschwimmen, denn es hinge dann letztendlich von der Auffassungsgabe des jeweiligen Tatrichters und davon ab, ob diese vom Richter des Rechtsbeschwerde- oder Revisionsgerichts geteilt wird, ob ein „ausnahmsweise“ noch zulässiger Verweis (im o.g. Beispiel: auch bzgl. des Textes) vorliegt.

Im vorliegenden Fall wäre der fehlerhafte Verweis aber (auch bei Zulassung der Rechtsbeschwerde) unschädlich gewesen, da in der Beweiswürdigung auch ausdrücklich mitgeteilt wird, dass im Datenfeld des Lichtbildes ein Messwert von 99 km/h ausgewiesen ist.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 21.1.2016 - 4 RBs 324/15

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