Elternunterhalt bei gleichzeitiger Verpflichtung zum Barunterhalt nach § 1615 l BGB

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 10.03.2016
Rechtsgebiete: Familienrecht2|2447 Aufrufe

Der 1941 geborene Vater des Antragsgegners ist pflegebedürftig und bezieht Sozialhilfe.


Der Sozialhilfeträger hat die Ansprüche auf sich übergeleitet und verlangt vom Sohn ab Januar 2012 Elternunterhalt.


Der Sohn ist nicht verheiratet, lebt aber in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter hervorgegangen ist. Die Lebensgefährtin des Antragsgegners ist geschieden. Zwei aus ihrer Ehe stammende minderjährige Kinder leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt.


Amtsgericht und OLG haben es abgelehnt, dem Antragsgegner den erhöhten Selbstbehalt (Familienselbstbehalt) zuzubilligen.


Das sieht der BGH genauso. ABER: Eine eventuelle Unterhaltspflicht gegenüber der Lebensgefährtin könne möglicherweise als sonstige Verpflichtung im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen sein

Weil das Oberlandesgericht einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt mit unzutreffenden Erwägungen abgewiesen habe, könne die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Ist das gemeinsame Kind, wie hier, älter als drei Jahre, stehe dem betreuenden Elternteil nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB dann weiterhin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei seien kind- und elternbezogene Gründe zu berücksichtigen. Da hier keine kindbezogenen Verlängerungsgründe festgestellt sind, kämen lediglich elternbezogene Gründe in Betracht. Solche können bei zusammenlebenden Eltern auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Eine rechtsmissbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten desUnterhaltsanspruchs des Vaters ist hier nicht ersichtlich.

Auf dieser rechtlichen Grundlage werde das Oberlandesgericht nun Grund und Höhe eines vorrangig zu berücksichtigenden Anspruchs auf Betreuungsunterhalt feststellen müssen.


BGH v. 09.03.2016 - XII ZB 693/14 (PM des Gerichts)

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