Dickes Auto? Dann gibt es auch keine PKH!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.04.2016
Rechtsgebiete: PKHVerkehrsverwaltungsrechtVerkehrsrecht3|9157 Aufrufe

Mal eine ganz andere Ecke des Verkehrsrechts: Dem Betroffenen droht wegen psychischer Erkrankung der entzug der Fahrerlaubnis. Um sich dagegen zu wenden, möchte er PKH. "Schön und gut", meint der VGH München. Der Betroffene soll dann aber die Prozesskosten selbst tragen. Er kann ja sein Auto verkaufen und sich kleiner setzen:

  Trotz der hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage ist die Beschwerde gleichwohl zurückzuweisen, da der Kläger in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung durch Einsatz seines Vermögens (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 115 Abs. 3 ZPO) aus eigenen Mitteln aufzubringen. Zum einzusetzenden Vermögen gehört grundsätzlich auch ein PKW, soweit nicht Anhaltspunkte für dessen Unverwertbarkeit (§ 90 Abs. 2 SGB XII) oder für die Unzumutbarkeit der Verwertung (§ 90 Abs. 3 SGB XII) vorliegen (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2011 - 5 C 11.254 - juris; OLG Hamm, B. v. 11.9.2013 - II-2 WF 145/13 - juris). Den vom Kläger erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass er im September des Jahres 2013 ein Neufahrzeug BMW 320i für einen Kaufpreis von 35.000 Euro erworben hat, dessen Kilometerleistung er am 22. Januar 2015 mit ca. 12.000 angegeben hat. Dieses Fahrzeug dürfte derzeit noch einen Wert von ca. 20.900 Euro (ADAC, Gebrauchtwagenpreise 2015) bzw. 22.300 Euro (AutoScout24) haben. Eine genaue Ermittlung des Werts kann dahinstehen, denn mit einem Wert von 20.000 Euro oder mehr liegt das Fahrzeug jedenfalls weit oberhalb der Schonvermögensgrenze (vgl. hierzu BayVGH a. a. O. Rn. 3, OLG Hamm a. a. O. Rn. 21). Ebenfalls dahinstehen kann, ob der Kläger oder seine Ehefrau aus beruflichen Gründen auf ein Fahrzeug angewiesen ist, denn hierfür wäre die Beschaffung eines kleineren und günstigeren Ersatzfahrzeugs (ggf. gebraucht) möglich. Den durch eine Veräußerung erzielbaren Überschuss könnte der Kläger für die Kosten des Klageverfahrens einsetzen. Daher mangelt es an der wirtschaftlichen Bedürftigkeit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

    VGH München, Beschluss vom 08.02.2016 - 11 C 15.2611
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3 Kommentare

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Schwierige Sache.

Wenn der Betroffene einer legalen Berufstätigkeit nachgeht, und dazu täglich für längere Fahrten auf einen PKW angewiesen ist, kann man von ihm wohl nicht verlangen, auf ein Rückenschmerzen auslösendes unbequemes Billigvehikel, oder auf ein pannenanfälliges Altauto umzusteigen.

Auch von einem Renter sollte man nicht verlangen, daß er zuerst sein Auto verkaufen muß, bevor er sich zur Verteidigung gegen eine unberechtigte Klage oder zur Erhebung einer berechtigten Klage einen Anwalt nehmen und sich beim Landgericht vertreten lassen darf.

Es ist allerdings erstaunlich und nicht billigenswert, daß in Geld schwimmende Zuhälter und Drogenhändler mit Fahrzeugen im Wert über hunderttausend Euro durch die Gegend fahren, für alle Welt erswichtlich mit Geld um sich werfen und protzen, und dann dennoch Hartz-IV und PKH bekommen.

Die Behörden und Justizbehörden schauen wohl bloß recht rouletteartig oder selektiv genauer hin, wem sie Geld bewilligen und wem nicht.

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Schönfelderleser, Maßstab muss wohl der der Austauschpfändung sein, und da kann unter Umständen auch auf ein preiswertes Zweirad (Fahrrad) verwiesen werden. Es ist wohl kaum die Aufgabe des Steuerzahlers, die Möglichkeit der Nutzung eines hochwertigen Kraftfahrzeugs abzusichern.

Im Übrigen haben Sie, was die Überprüfung des Bezugs von Sozialleistungen angeht, sicher recht. Insbesondere erstaunlich ist es, wenn Dauer-Hartz-IV-Empfänger PKW fahren können.

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Wenn "Dauer Hartz 4 Empfänger" Aufstocker sind, da Ihr Lohn trotz 40h Woche nicht ausreicht

oder diese aufgrund von Kindererziehung nur Teilzeit arbeiten können

oder nur 450 € Jobs angeboten bekommen,  (AG drohen Arbeitslosen den schecht bezahlten Job anzunehmen,  da diese wissen, dass Hartz 4 Empfänger sonst sanktioniert werden, wenn die sich weigern und nutzen diese als billige Arbeitskräfte aus)

, finde ich es schon angebracht,  dass diese ein Auto besitzen dürfen, welches vom Wert und Unterhalt angemessen ist.  Immer so pauschal gegen ALG2 Empfänger zu schießen,  obwohl viele davon Aufstocker oder alleinerziehend sind, finde ich moralisch total daneben!! Meckert doch mal lieber über AG, die keine Lösungen finden, Eltern Arbeitszeiten zu geben, wo die Kids betreut sind oder Löhne zahlen, so dass AN nicht aufstocken müssen..Nein Deutschland benötigt billige Arbeitskräfte und das sind nunmal auch Leistungsempfänger.

Denkanstoß: Warum darf keine 2. Ausbildung gemacht werden , wo das Azubi Gehalt gegen ALG2 angerechnet wird und der Azubi bekommt zumindest das Existenzminimum. Jeder darf aber "sein Leben" lang auf 450€ Niveau  arbeiten, ohne sich weiter zu bilden und nicht weiter zu kommen? Aber teure Umschulungen werden bezahlt. Es gibt Gründe, die eine 2.Ausbildung erforderlich machen, aber genau die Leute werden dabei nicht unterstützt?! 

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