Darlegungslast für Abwehrmöglichkeit bei Baulärm

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 14.04.2016

Durch die Bolzplatz-Entscheidung vom 29.04.2015 (BGH v. 29.4.2015 – VIII ZR 197/14) hat der BGH die Grundsätze zur Relevanz von Umweltmängeln an § 906 BGB orientiert und das Prinzip aufgestellt, dass der Mieter jedenfalls wegen Imponderabilien im Sinne von § 906 BGB nur noch mindern kann, wenn dem Vermieter Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gegen den Verursacher der Beeinträchtigungen zustehen. Dass diese Grundsätze nicht nur auf Lärm, der von einem Bolzplatz ausgeht, anwendbar sind, sondern insbesondere auch für Baulärm herangezogen werden müssen, erscheint logisch und unstreitig (LG Berlin v. 9.2.2016 – 63 S 177/15; LG München I v. 14.01.2016 – 31 S 20691/14; Selk, NZM 2015, 855).

Problematisch ist jedoch die Frage, wie sich die Darlegungs- und Beweislast verteilt. Wenn der Vermieter vorträgt, er habe keine Abwehr- oder Entschädigungsansprüche geltend machen können, soll ihn dafür die Darlegungslast treffen (LG München I v. 14.01.2016 – 31 S 20691/14). Dafür spricht die größere Nähe des Vermieters, der z.B. durch die Einbeziehung in das Baugenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren, die dem Bauvorhaben vorausgingen, über bessere Kenntnisse verfügt als der Mieter, der über derartige Verfahren noch nicht einmal informiert wird.

Indessen hat der BGH die Frage der Risikoverteilung auf der Tatbestandsebene angesiedelt, nämlich bei der Frage der Sollbeschaffenheit. Damit berührt das Problem, ob Abwehr- oder Entschädigungsansprüche bestanden haben, die Frage des Mangels der Mietsache. Dafür ist nach den allgemeinen Grundsätzen jedoch der Mieter darlegungs- und beweispflichtig (ebenso Selk, NZM 2016, 239). Demnach muss der Mieter vortragen, aus welchen Tatsachen sich ein entsprechender Anspruch des Vermieters ergeben hat. Diesen Vortrag kann der Vermieter dann nicht einfach bestreiten. Wegen seines Wissens muss er vielmehr substantiiert vortragen, warum eine Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit gerade nicht bestand.

Der Mieter muss also inzidenter § 906 Abs. 2 BGB prüfen und die nach seiner Wahrnehmung bestehenden Verhältnisse darstellen, die  

  • wesentliche Einwirkungen begründen, die ortsüblich und mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen nicht zu verhindern sind,

sowie

  • eine Beeinträchtigung der ortsüblichen Benutzung des Grundstücks oder dessen Ertrags, die über das zumutbare Maß hinausgehen.

Viel Spaß!

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