Zulässige Verweisung auf ein Messfoto: "Da muss man dann nicht mehr viel beschreiben!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.04.2016
Rechtsgebiete: FahrereigenschaftStrafrechtVerkehrsrecht|2127 Aufrufe

Typischer Fall: Das Messfoto ist gut. Man kann als Richter nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO darauf verweisen. Natürlich muss es irgendwo im Urteil nicht nur heißen, dass Bezug genommen wird. Es muss auch gesagt werden: Anhand des Messfotos guter qualität konnte das Gericht durch Vergleich mit dem Betroffenen dessen Fahrereigenschaft feststellen. Im Fall des OLG Hamm war das wohl etwas unklar geraten. Reichte aber trotzdem:

 Die Feststellung der Fahrereigenschaft des Betroffenen ist (noch) rechtsfehlerfrei. Der Senat konnte von dem Messfoto aufgrund eines zulässigen Verweises nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Kenntnis nehmen. Daraus ergibt sich, dass nicht nur die Stirn des Betroffenen durch den Rückspiegel verdeckt ist, sondern auch dessen Augenpartie durch eine Sonnenbrille. Auch wenn die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil sich darin erschöpft, erkennbare Gesichtspartien auf dem Messfoto zu benennen und nicht ausdrücklich dargelegt wird, dass das Aussehen dieser Gesichtspartien auf dem Messfoto dem Aussehen des Betroffenen entsprach, entnimmt der Senat dies - und (vor allem) dass das Amtsgericht tatsächlich einen Abgleich zwischen der auf dem Messfoto abgebildeten Person und dem Betroffenen vorgenommen hat - dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe. Eine bloß deskriptive Darlegung der erkennbaren Gesichtspartien hätte im vorliegenden Fall keinen Sinn gemacht, wenn der Tatrichter nicht damit zum Ausdruck hätte bringen wollen, dass er gerade diese Partien in identischer Form beim Betroffenen wiedererkannt hat. Dass der Tatrichter die beim Betroffenen wiedererkannten Merkmale nicht näher beschrieben hat oder den Grad der Übereinstimmung mit den auf dem Messfoto erkennbaren Merkmalen nicht näher dargelegt hat, ist unschädlich. Denn die Überprüfung, ob der/die Betroffene mit dem/der abgebildeten Fahrzeugführer/in identisch ist, steht dem Rechtsmittelgericht ohnehin nicht zu und wäre diesem zudem unmöglich. Vielmehr steht dem Rechtsmittelgericht ausschließlich die Überprüfung der generellen Ergiebigkeit der in Bezug genommenen Lichtbilder zu, welche es aufgrund der durch die Inbezugnahme ermöglichten eigenen Anschauung vornimmt (BGH, Beschl. v. 19.12.1995 - 4 StR 170/95 - juris; OLG Hamm, Beschl. v. 28.08.2013 - III-5 RBs 123/13, 5 RBs 123/13 - juris).

  OLG Hamm, Beschluss vom 08.03.2016 - 4 RBs 37/16
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