ArbG Frankfurt am Main: Beweisverwertungsverbot bei heimlicher Videoüberwachung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 09.06.2016
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht|6436 Aufrufe

Die Erhebung von Arbeitnehmerdaten ist nur nach Maßgabe von § 32 BDSG zulässig. Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt:

Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

Ob aus dieser Begrenzung des Beweiserhebungsrechts auch eine Begrenzung des Beweisverwertungsrechts folgt und wie weit diese reicht, ist bislang nicht abschließend geklärt. Klar positioniert hat sich dazu jetzt das Arbeitsgericht Frankfurt am Main, das aus dem Verbot der Datenerhebung für den Arbeitgeber ein Verbot der Beweiserhebung seitens des Gerichts folgert:

  1. Eine anlasslose, heimliche und dauerhafte Videoüberwachung in einem nicht öffentlich zugänglichem Büroraum ist unverhältnismäßig i.S.v. § 32 I 1 BDSG.
  2. Stützt sich ein Arbeitgeber zur Begründung einer außerordentlichen und hilfsweise ordentliche (Tat-)Kündigung ausschließlich auf unter Verstoß gegen § 32 I 1 BDSG gewonnene Videoaufnahmen, die einen Diebstahl bzw. eine (veruntreuende) Unterschlagung durch einen Arbeitnehmer belegen sollen, ergibt sich jedenfalls aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) ein gerichtliches Beweiserhebungsverbot, so dass die Videoaufnahmen nicht zum Gegenstand einer in Augenscheinnahme gemacht werden dürfen. Ein Arbeitgeber ist unter diesen Umständen als beweisfällig anzusehen, so dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausscheidet.

ArbG Frankfurt am Main, Urt. vom 27.1.2016 - 6 Ca 4195/15, BeckRS 2016, 67262

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