Jugendlicher zieht um - kann das Gericht das Verfahren einem anderen Gericht "aufdrücken"?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.07.2016
|1940 Aufrufe

Zieht ein angeklagter Jugendlicher im laufenden Gerichtsverfahren weg, so stellt sich für das befasste Gericht die Frage: "Soll/kann man das Verfahren abgeben?" Antwort, wie immer: "Kommt drauf an." Nur, wenn nach Erhebung der Anklage ein Umzug stattfindet, ist die Abgabe noch möglich. Hierzu gerade der BGH:

Die Jugendgerichte der Amtsgerichte Gießen und Berlin-Tiergarten
streiten um die Zuständigkeit in einer Jugendstrafsache. Als gemeinsames
oberes Gericht nach § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG ist der Bundesgerichtshof
zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen. […]
Die Voraussetzungen für eine Abgabe gemäß § 42 Abs. 3 JGG sind
nicht gegeben, denn diese setzt voraus, dass die Angeklagte ihren Aufenthalt
nach Erhebung der Anklage gewechselt hat (st. Rspr., vgl.
BGHSt 13, 209, 218; BGHR JGG § 42 Abs. 3 Abgabe 2). Das ist vorliegend
nicht der Fall. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom
2. September 2015 ging am 11. September 2015 (siehe Blatt 115 d. SA)
bei dem Amtsgericht Tiergarten ein. Unter der Anschrift in Berlin war sie
indes bereits seit dem 1. August 2015 nicht mehr gemeldet (siehe Blatt
133 d. A.).
Im Übrigen erscheint eine Abgabe […] aus den vom Amtsgericht Gießen
mit Beschluss vom 4. Dezember 2015 aufgeführten Gründen auch nicht
zweckmäßig (§ 12 Abs. 2 StPO).

BGH, Beschl. v. 27.4.2016 - 2 ARs 24/16

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