Loveparade 2010 - nach sechs Jahren noch kein Hauptverfahren

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 24.07.2016

Von jüngeren Ereignissen fast in den Hintergrund gedrängt: Die tödliche Massenturbulenz bei der Duisburger Loveparade jährt sich heute zum sechsten Mal. Was man am Tag danach noch nicht ahnen konnte: Auch nach sechs Jahren gibt es noch kein strafrechtliches Hauptverfahren, trotz eines riesigen Ermittlungsaufwands und obwohl Fahrlässigkeiten bei der Planung, Genehmigung und Durchführung der Veranstaltung offensichtlich zu dem Unglück beitrugen.

Dass noch kein Hauptverfahren eröffnet wurde, hat viele Gründe, über die ich hier im Beck-Blog ebenso wie über die möglichen Ursachen der Katastrophe mit vielen regelmäßigen Kommentatoren intensiv diskutiert habe.

Betroffen von dem schleppenden Verfahren sind v.a. die Angehörigen der tödlich Verletzten und die damals zum Teil schwer verletzten Besucher der Loveparade.

Ihrer Empörung hat die Mutter eines der Opfer, Gabriele Müller,  durch eine Unterschriftenaktion auf Change.org Geltung verschafft. Die derzeit mehr als 360.000 Unterschriften sollen morgen dem OLG Düsseldorf übergeben werden.

Es handelt sich um einen Appell an das Gericht, das über die Beschwerde gegen den Nichteröffnungsbeschluss zu entscheiden hat. Natürlich darf eine solche Aktion, selbst wenn sie 360.000 Unterschriften trägt, wohl keinerlei Einfluss auf die richterlich unabhängige Entscheidung des Senats haben. Ich denke aber auch, die Richter werden sich ohnehin ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit bewusst sein.

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Wer sich über die bisherigen Diskussionen im Beck-Blog informieren möchte, kann die Links hier finden - unmittelbar darunter noch einige Links zu den wichtigsten Informationen im Netz.

April 2016: Loveparade Duisburg 2010 - Fahrlässigkeiten, 21 Tote, keine Hauptverhandlung? (252 Kommentare, ca. 20000 Abrufe)

Juli 2015: Fünf Jahre und kein Ende – die Strafverfolgung im Fall Loveparade 2010 (98 Kommentare, ca. 10000 Abrufe)

Februar 2015: Was wird aus dem Prozess? (72 Kommentare, ca. 7000 Aufrufe)

August 2014: Zweifel am Gutachten (50 Kommentare, ca. 8200 Abrufe)

Februar 2014: Anklageerhebung (50 Kommentare, ca. 14500 Abrufe)

Mai 2013: Gutachten aus England (130 Kommentare, ca. 15500 Abrufe)

Juli 2012: Ermittlungen dauern an (68 Kommentare, ca. 12800 Abrufe)

Dezember 2011: Kommt es 2012 zur Anklage? (169 Kommentare, ca. 28200 Abrufe)

Juli 2011: Ein Jahr danach, staatsanwaltliche Bewertung sickert durch (249 Kommentare, ca. 37800 Abrufe)

Mai 2011: Neue Erkenntnisse? (1100 Kommentare, ca. 33600 Abrufe)

Dezember 2010: Fünf Monate danach (537 Kommentare, ca. 24600 Abrufe)

September 2010: Im Internet weitgehend aufgeklärt (788 Kommentare, ca. 40300 Abrufe)

Juli 2010: Wie wurde die Katastrophe verursacht - ein Zwischenfazit (465 Kommentare, ca. 46600 Abrufe)

Ergänzend:

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade2010Doku

speziell: Illustrierter Zeitstrahl

Link zur Seite von Lothar Evers: DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Link zur Prezi-Präsentation von Jolie van der Klis (engl.)

Weitere Links:

Große Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag NRW

Kurzgutachten von Keith Still (engl. Original)

Kurzgutachten von Keith Still (deutsch übersetzt)

Analyse von Dirk Helbing und Pratik Mukerji (engl. Original)

Loveparade Selbsthilfe

Multiperspektiven-Video von Jolie / Juli 2012 (youtube)

Multiperspektiven-Video von Jolie / September 2014 (youtube)

Interview (Januar 2013) mit Julius Reiter, dem Rechtsanwalt, der eine ganze Reihe von Opfern vertritt.

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76 Kommentare

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Zivilverfahren LG Duisburg

Presseerklärung 03. März 2017
Seite 1 von 3
Loveparade-Zivilverfahren: Aktueller Stand
Termine zur mündlichen Verhandlung:
08.03.2017, 11:45 Uhr, Sitzungssaal 112
29.03.2017, 09:30 Uhr, Sitzungssaal 247
1. Zwei neue Verhandlungstermine
Am 08.03.2017 verhandelt die 3. Zivilkammer über die Klage eines 46jährigen Mannes aus Duisburg (s. Presseerklärung vom 16.09.2016). Der Termin war zunächst für den 05.10.2016 vorgesehen, musste aber verlegt werden (Az. 3 O 389/14).
Am 29.03.2017 verhandelt die 10. Zivilkammer erneut die Klage einer 49 Jahre alten Frau aus Essen. Der erste Termin hatte am 11.05.2016 stattgefunden (s. Presseerklärung vom .4. April 2016; Az. 10 O 344/14).
In beiden Fällen ist das persönliche Erscheinen der Kläger nicht ange-ordnet und eine Beweisaufnahme nicht vorgesehen.
2. Klageabweisendes Urteil der 8. Zivilkammer
Mit Urteil vom 23.02.2017 hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts die Klage eines 28jährigen Mannes aus Herne (s. Presseerklärung vom 16.09.2016) abgewiesen. Dabei ist die Kammer der Frage, wie es zu den tragischen Ereignissen am 24.07.2010 kommen konnte, nicht nach-gegangen. Denn selbst wenn die Beklagten hierfür die Verantwortung tragen müssten, hätte der Kläger nach Auffassung des Gerichts keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Kammer hat bei der rechtlichen Würdigung Bezug auf die Entscheidung über die Klage eines Feuerwehrmanns genommen, über die die Kammer im September 2015 entschieden hatte. Grund für die Klageabweisung sei wie damals insbesondere, dass grundsätzlich nur der unmittelbar Verletzte Ansprüche auf Schadensersatz habe (s. hierzu auch Presseerklärung vom 28.09.2015). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann Be-rufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen (Az. 8 O 344/14).
3. Aktueller Verfahrensbestand
Derzeit sind noch sechs Klagen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit den tragischen Ereignissen der Loveparade 2010 anhängig. Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stehen nicht mehr zur Entscheidung an.
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Grüß Gott Herr Rohn,

ich hatte bereits dargelegt, was ich davon halte, die Ansprüche der Geschädigten und Hinterbliebenen zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf dem Zivilrechtsweg verfolgen zu wollen: Der 8. Zivilkammer lag offenbar eine Klageschrift vor, die wohl bereits als unschlüssig einzustufen ist. Ich hatte auch bereits darauf hingewiesen, dass das Führen eines von Anfang an offensichtlich aussichtslosen Zivilprozesses den Prozessbevollmächtigten gegenüber seinem Mandanten schadensersatzpflichtig machen kann. Es wäre in diesem Fall die Verpflichtung des Prozessbevollmächtigten gewesen, seinem Mandanten in aller Form von dem Führen des Zivilprozesses explizit abzuraten. Hat der Prozessbevollmächtigte dies nicht getan, haftet er seinem Mandanten u.U. auf Ersatz der Kosten des von Anfang an aussichtslosen Zivilprozesses. Selbstverständlich hat der Prozessbevollmächtigte in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Gebührenzahlung gegenüber seinem Mandanten.

Zudem stellt sich für den Prozessbevollmächtigten u.U. ein zusätzliches Problem im sog. Deckungsverhältnis gegenüber seiner Berufshaftpflichtversicherung. Eine Eintrittspflicht der Berufshaftpflichtversicherung besteht dann nicht, falls es sich um eine wissentliche Pflichtverletzung handeln sollte. Das Vorliegen einer solchen wissentlichen Pflichtverletzung ist hier zumindest zu diskutieren. Es kommt dabei rein auf kognitive, nicht auf voluntative Elemente des subjektiven Tatbestands auf Seiten des Prozessbevollmächtigten an. In einem etwaigen Deckungsprozess zwischen dem Prozessbevollmächtigten und seiner Berufshaftpflichtversicherung wird also danach zu fragen sein, welche rechtlichen und tasächlichen Sachverhaltsumstände der Prozessbevollmächtigte zum Zeitpunkt seiner fehlerhaften Beratung positiv kannte und welche nicht.    

Zusammenfassend stellen sich also in der Folge u.U. noch sehr verzwickte Probleme, was den Regress des Mandanten gegenüber dem Prozessbevollmächtigten betrifft. Insofern darf man auf die weitere haftungsrechtliche Entwicklung der Angelegenheit gespannt sein. 

Viele Grüße nach Duisburg

Loveparade-Strafverfahren: Kein Haftbefehl gegen den Angeschuldigten Jürgen D.

Kammer lehnt Antrag zweier Nebenkläger ab

Mit Beschluss vom 20.03.2017 hat die 5. Große Strafkammer den Antrag zweier Nebenkläger im Loveparade-Strafverfahren, gegen den Angeschuldigten Jürgen D. einen Haftbefehl zu erlassen, abgelehnt.

Der Angeschuldigte hatte zuvor in der Öffentlichkeit und in einem Brief an den mit der sofortigen Beschwerde gegen die Nichteröffnung des Strafverfahrens befassten 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf seine Absicht mitgeteilt, nach Namibia umzuziehen.

Die Kammer verneint bereits den für den Erlass eines Haftbefehls erforderlichen dringenden Tatverdacht. Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung besteht. Unter Bezugnahme auf ihren Beschluss vom 30.03.2016 führt die Kammer aus, dass schon ein einfacher (hinreichender) Tatverdacht, der deutlich geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung stellt als der dringende Tatverdacht, nicht vorliege.

Auch für einen Haftgrund sieht die Kammer keine hinreichenden Anhaltspunkte. In Betracht käme hier die Gefahr, dass sich der Angeschuldigte im Falle der Eröffnung des Strafverfahrens durch das Oberlandesgericht Düsseldorf diesem Verfahren nicht stellen würde. Diese Gefahr bestehe aber nicht, solange der Angeschuldigte für eine etwaige Ladung zur Hauptverhandlung zur Verfügung stehe. Zudem habe er seine Umzugspläne selbst angezeigt und ein beachtliches Eigeninteresse, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gerichtlich geklärt werden.

Die Kammer führt weiter aus, dass der Erlass eines Haftbefehls auch nicht verhältnismäßig wäre. Auch bei Berücksichtigung der Bedeutung der Sache müssten für die Frage der Verhältnismäßigkeit die Straferwartung und die im Fall einer Eröffnung des Hauptverfahrens zu erwartende Verfahrensdauer berücksichtigt werden. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte sei eine Inhaftierung des Angeschuldigten derzeit nicht zu rechtfertigen.

Aktenzeichen: Landgericht Duisburg, 35 KLs 5/14

Können Sie sich erinnern, wie ich mir den Mund fusselig geredet habe über den Rechtsanspruch der Opfer und Hinterbliebenen auf ernsthafte strafrechtliche Ermittlung der Ursachen des Unglücks? Nein? Dann lesen Sie mal folgenden Aufsatz:  Dirk Diehm: Der subjektive Anspruch auf effektive Strafverfolgung in: Fabian Scheffczyk und Kathleen Wolter: Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Band 4, ISBN 978-3-11-042644-1, S. 223–246 (online).

Grüß Gott Herr Rohn,

ich habe auch schon den Wikipedia-Artikel an der passenden Stelle auf den aktuellen Stand gebracht.

Viele Grüße nach Duisburg

... und da heißt es sogar:

Dem OLG zufolge "drängt es sich nach dem Ermittlungsergebnis auf", dass die den Angeschuldigten vorgeworfenen Pflichtverletzungen Ursache für den Tod oder die Verletzungen der Love-Parade-Besucher waren.

Da kann man sich ja fast schon die Verhandlung sparen und gleich den Schuldspruch verhängen ...

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Das ist schon das, was man umgangssprachlich eine "Klatsche" nennt. Normalerweise liest man eine solche Kritik zwischen den Zeilen, das ist hier gar nicht notwendig, da sie so offen formuliert ist.

Was das in den handelnden Richtern bewirkt, bleibt abzuwarten. In der Regel sind Richter sehr professionelle Menschen, der eine oder andere könnte aber auch den Versuch der Ehrenrettung starten, indem am Ende doch wieder ein Freispruch rauskommt. Letzteres ist aber hier kaum zu erwarten, weil 

a) auch die Staatsanwaltschaft ihre Ehre retten möchte

b) das Verfahren nunmehr bereits durch das OLG deutlich in eine Richtung "geschupst" wurde

c) das Verfahren im hohen Maße öffentlichkeitswirksam ist.

Insofern bin ich guter Dinge, dass nun ein ordentliches Verfahren anläuft. Dass das fast 7 Jahre gedauert hat, ist für alle Beteiligten unschön.

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Im Beschluss finden sich eine Reihe sehr interessanter Feststellungen, die über die reine Verfahrensfrage hinausgehen.

Auch an dieser Stelle wurde ja diskutiert, ob die Hauptverhandlung nicht auch trotz der Fehler des Still-Gutachtens zugelassen werden sollte. Das OLG hat nun das Still-Gutachten bzw. den Gutachter selbst rehabilitiert und das Gutachten als zulässiges Beweismittel angesehen.

Diese und andere inhatliche Anmerkungen geben dem LG nicht nur auf, das Hauptverfahren zu eröffnen. Sie geben auch eine inhaltlich bedeutsame Marschroute vor. Das LG wird nun nicht einfach dieselben Argumente, die es in seinem Beschluss anführte zur späteren Urteilsbegründung anführen können, ohne dass Sekunden später ein Rechtsmittel eingelegt wird.

Ungeachtet dessen, wie das Verfahren ausgeht - vermutlich wird es über mehr als eine Instanz laufen. Dem Bedürfnis der Öffentlichkeit auf eine juristische Aufarbeitung einer solchen Katastrophe im Anschluss an eklatante, auch für den Laien erkennbare Planungsmängel, konnte niemals mit einem Beschluss im Vorverfahren der 1. Instanz Genüge getan werden.

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Nicht zuletzt sei auch Herrn Professor Müller im Namen aller gedankt, die ein Interesse an einem funktionierenden Rechtsstaat haben. Durch Ihren Einsatz, auch hier im Blog, haben Sie dazu beigetragen, dass die Diskussion auch in juristischen Kreisen nicht abriss. Auch Ihre frühe Festlegung darauf, dass es sich das LG mit seinem Beschluss zu einfach gemacht habe, war hilfreich für alle Beteiligten, den notwendigen langen Atem zu behalten. Auch die Richter am OLG haben ganz sicher diesen Blog gelesen und die Diskussion verfolgt und in ihre umfangreiche Analyse und Würdigung einfließen lassen.

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Was wohl der gute Gerichtspräsident Ulf-Thomas Bender nunmehr sagt? Ist der Prozess in seinem Landgericht wirklich gut aufgehoben, wenn doch der Präsident selbst seinerzeit die Einstellung als "juristisch unumgänglich" bezeichnet hat? Ist da nicht das ganze Gericht befangen?

Gerichtspräsident Ulf-Thomas Bender hatte damals auch Verständnis für die Enttäuschung der Opfer geäußert, die Entscheidung jedoch als "juristisch unumgänglich" bezeichnet.

Das war eine ziemlich vorschnelle, zudem in seiner Absolutheit juristisch völlig schwachsinnige Behauptung. Man konnte jedenfalls trefflich über den Fall streiten, wenn man nicht voreingenommen war. Was jetzt wirklich "juristisch unumgänglich" ist, ist einzig und allein der Prozess, den es ohne Befangenheit in Duisburg durchzuführen gilt.

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Kennen Sie denn den vollständigen Wortlaut der "juristisch unumgänglich"-Äußerung? Ich gehe davon aus, daß der LG-Präsident damit nicht den Inhalt der Entscheidung meinte (wie käme er auch dazu, den Fall quasi parallel zur Kammer eigenständig zu prüfen und zu beurteilen?), sondern um die Rahmenbedingungen: Es ist unumgänglich, daß ein Gericht die Eröffnung ablehnt, wenn es keine ausreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit sieht. Auch wenn dadurch die Chance einer gründlichen Aufklärung in öffentlicher Verhandlung verlorengeht. Denn eine Gerichtsverhandlung ist keine "Wahrheitskommission".

Das ist weder eine vorschnelle noch eine "in ihrer Absolutheit juristisch völlig schwachsinnige Behauptung".

Ebenso wird es "juristisch unumgänglich" sein, daß im weiteren Verlauf das (neue) Gericht die Angeklagten freispricht, wenn sich keine 2/3-Mehrheit für eine zweifelsfreie Verurteilung findet.

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Gast schrieb:

Kennen Sie denn den vollständigen Wortlaut der "juristisch unumgänglich"-Äußerung? Ich gehe davon aus, daß der LG-Präsident damit nicht den Inhalt der Entscheidung meinte (wie käme er auch dazu, den Fall quasi parallel zur Kammer eigenständig zu prüfen und zu beurteilen?), sondern um die Rahmenbedingungen (...)

Ja, ich kenne den Wortlaut, seine Stellungnahme ist problemlos als Video im Netz zu finden.

Er bezieht sich insbesondere auf die sorgfältige umfangreiche Prüfung durch die Kammer und das angeblich im Ergebnis fehlerhafte Gutachten des Prof. Still. Das Gutachten war fehlerhaft, die Kammer konnte trotz intensiven Nachfragens keine Nachbesserung erzielen, deshalb war es "unumgänglich", die Eröffnung abzulehnen.

Man kann natürlich auch jetzt darüber streiten, ob er ganz trivial mit "juristisch unumgänglich" nur die Rahmenbedingungen meinte ("falls das Gutachten fehlerhaft war, dann ...")  oder aber das Gutachten auch in seinen Augen als "rechtsfehlerhaft" anzusehen war und deshalb die Ablehnung der Eröffnung "juristisch unumgänglich" war.

Warum können sich Juristen nicht einfach mal klar und deutlich ausdrücken und müssen stattdessen immer so ein Geschwurbel von sich geben? "Unumgänglich" und "alternativlos" und "zwingend" sollte man allerdings aus seinem Wortschatz streichen, wenn man nicht ganz deutlich zuvor kenntlich macht, dass man von Formalien spricht (Eröffnungsbeschluss dann, wenn ...)

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Gast schrieb:

Ja, ich kenne den Wortlaut, seine Stellungnahme ist problemlos als Video im Netz zu finden.

Zur Kurzfassung und dem, was der Landgerichtspräsident unmittelbar vor seiner "unumgänglich"-Aussage so plapperte.

Er stützt sich bei seiner Bewertung ganz eindeutig auf ein auch in seinen Augen fehlerhaftes Gutachten. Aufgrund dieses fehlerhaften Gutachtens war es dann "juristisch unumgänglich", die Eröffnung abzulehnen. Wir wissen jetzt, das Gutachten ist völlig in Ordnung, die Kammer und auch der Landgerichtspräsident lagen falsch. Er hat völlig unverständlich inhaltlich Stellung bezogen, eine absolut unnötige und zudem fehlerhafte Einmischung.

http://www.n-tv.de/panorama/Loveparade-Strafprozess-zunaechst-geplatzt-article17398296.html

Der Experte habe sich auf zweifelhafte Zahlen gestützt und darüber hinaus die verfügbaren Unterlagen nie vollständig gesichtet, kritisierte Gerichtspräsident Ulf-Thomas Bender. So habe die Staatsanwaltschaft nicht nachweisen können, dass Fehler bei der Planung oder Genehmigung der Loveparade zu den Todesfällen führten.

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Könnten Sie den Link für das Video mitteilen?

Worin ich Ihnen in jedem Fall recht gebe: es ist ein Unding, daß ein Gerichtspräsident überhaupt eine Pressekonferenz gibt und in ihr die Entscheidung eines Spruchkörpers seines Gerichts bespricht. Auch dann, wenn er sie sich zu eigen macht (oder dies auch nur so scheint). Das ist qualitativ nicht anders zu bewerten, wie wenn er gegen sie opponieren würde. Dies schon deshalb, weil der Gerichtspräsident im Verhältnis zur Spruchkörper die Gerichtsverwaltung repräsentiert, also die Exekutive.

Das gilt für den LG-Präsidenten vor einem Jahr und für die OLG-Präsidentin heute (https://goo.gl/6TTzAt), die es ebenso magisch ins Blitzlichtgewitter gezogen hat. Es ist völlig ausreichend, wenn an einer solchen Pressekonferenz der Pressesprecher des Gerichts teilnimmt, um - inhaltlich neutral - auf Nachfragen das Juristendeutsch der Entscheidung in Journalisten-Deutsch zu übersetzen.

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Liebe Kommentatoren,

das mag ja in der Sache alles richtig sein. Es ist aber keine Einmischung, wenn ein Gerichtspräsident als Pressesprecher auftritt. Das ist nämlich unter anderem seine Aufgabe, die er natürlich an einen Pressesprecher delegieren kann und das heutzutage in der Regel auch tut. Der macht aber auch nichts anderes, als im Namen des Präsidenten zu sprechen. Denn da redet eben gerade nicht die Kammer / der Richter in seiner richterlichen Unabhängigkeit, sondern die Gerichtsverwaltung.

Ob das sinnvoll ist und ob jeder zum Pressesprecher geboren ist, nur weil er Gerichtspräsident ist, steht auf einem anderen Blatt. Genauso wie die Frage, ob die Formulierungen des Duisburger Präsidenten so glücklich waren. Frau Paulsen (Präs'inOLG D'dorf) hat die Sache heute aber sehr gut gemacht, oder findet Ihr nicht?

Viele Grüße!

Wenn man ein paar Erfahrungen mit DA-Beschwerden gesammelt hat, dann ist man von kognitiver Dissonanz in Stellungnahmen von Gerichtspräsidien nicht überrascht. Kurz gefasst wird 1. Die Nichtzuständigkeit in der Sache wegen der richterlichen Unabhängigkeit vorgetragen und bedauert, nicht helfen zu können und dann aber 2. die Entscheidungsinhalte der gerügten Richter als vollkommen richtig behauptet. Beides geht eigentlich nicht zusammen, ist aber die Standard-Reaktion auf DA-Beschwerden.

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Sehr geehrte Leser und Kommentatoren,

ich mache mich gerade schlau und versuche dann zeitnah einen neuen Beitrag zu veröffentlichen. 

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Und das ist der Text von Frau Kollegin Pia Lorenz auf LTO:

http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/loveparade-unglueck-katastrophe-...

Der Pferdefuß an dem Text besteht darin, dass er zwar als Einführung für jemanden, der sich noch nie mit der Thematik befasst hat, taugt. Mehr aber auch nicht. Dem Text fehlt es bedauerlicherweise an jeder juristischen Tiefe. Es ist nicht falsch, was da steht, aber ein bisschen sehr vordergründig.  

Nun wird mit irrem Aufwand ein Prozess begonnen, in dem es letztlich um Zeitgeschichte geht. Enden wird der gar nicht handhabbare Prozess dann vermutlich mit der Einstellung wegen Verjährung. Halbwegs handhabbbar wäre eine schnelle Anklage gegen den OB gewesen. Was jetzt ansteht, ist genauso absurder Unsinn wie die NS-Prozesse gegen 90-Jährige. Die Aufklärung von Zeitgeschichte gehört nicht zu den Aufgaben der Justiz. Schade, dass die Strafkammer des Landgerichts keinen Erfolg gehabt hat.

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Auf Ihren Unsinn, Herr Schulze, erwarten Sie doch jetzt nicht ernsthaft eine Antwort?

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