Sicherheit bringt die elektronische Fußfessel nicht!

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 28.07.2016

Dem französischen Priester Jacques Hamel half die elektronische Fußfessel, die seinem Mörder angelegt war, nicht. Trotz dieser Vorkehrungsmaßnahme konnte Adel Kermiche zusammen mit einem anderen während seines täglichen Ausgangs von 8:30 bis 12:00 Uhr den Priester töten. Kermiche hatte der Untersuchungsrichterin beteuert, ein „guter Muslim“ zu sein, für den „Barmherzigkeit und Nächstenliebe“ zähle – und sie hatte diesen Beteuerungen Glauben geschenkt.

Gegen 285 Personen läuft in Frankreich ein Terrorverfahren, von denen sieben Personen mit elektronischer Fußfessel sich in Freiheit befinden. Innerhalb von sechs Jahren wechselten die französischen Justizbehörden viermal den Hersteller. Jedes Mal soll das System billiger und die Fußfessel störanfälliger geworden sein, kritisiert das französische Justizpersonal.

In Deutschland kann nach dem am 1.1.2011 im Rahmen der Führungsaufsicht eingefügten § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 12, S. 2 und 3 StGB das Gericht die verurteilte Person (also nicht schon während eines Ermittlungsverfahrens) für die Dauer der Führungsaufsicht oder für kürzere Zeit anweisen, „die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.“

Die elektronische Aufenthaltsüberwachung (umgangssprachlich: elektronische Fußfessel) sieht aus wie ein großes schwarzes Handy, das knapp oberhalb des Gelenks angebracht wird. Das Gerät sendet stetig Informationen an die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Hessen. Eine Software gleicht die Signale mit den Auflagen für den Träger ab. Verlässt der Verurteilte einen festgelegten Aufenthaltsbereich oder nähert sich einem ihm verbotenen Ort, dann wird er von der GÜL angerufen, zumal auch eine Signalstörung vorliegen kann. Ist dies nicht der Fall, informiert die Überwachungsstelle die Behörden vor Ort – bis dann aber etwas geschieht, kann es dauern!

Das kann man hinnehmen, wenn ein Hassprediger eine bestimmte Moschee nicht aufsuchen darf, weil auf den Verstoß im Nachhinein reagiert werden kann. Zumal bei Terrorverdächtigen aber auch bei Sexualtätern besteht jedoch die Gefahr, dass die elektronische Fußfessel eine erneute Straftat nicht verhindert, wenn auf den Alarm nicht rechtzeitig reagiert wird.

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2 Kommentare

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Die von Ihnen gewählte Überschrift ist provokativ und in der Sache nicht zutreffend.

Die elektronische Fußfessel bringt Sicherheit, sofern sie richtig angewendet wird.

Wenn ein Täter seine Wohnung nicht verlassen darf (außer für 1 Stunde am Tag im Garten vor dem Haus spazieren gehen) so ist das genauso sicher wie eine tatsächliche Inhaftierung. Und die Beschränkung der Freiheit ist auch vergleichbar - nur dass der Täter den Komfort der eigenen Wohnung genießen darf, statt in einer 8qum großen Zelle untergebracht zu sein.

Natürlich muss auf einen etwaigen Alarm hin die Polizei auch innerhalb von 5 Minuter vor Ort sein können. Dann erscheinen Attentate und Vergewaltigungen und sonstige schlimme Verbrechen in diesen 5 Minuten ausgeschlossen.

Der Fehler in Frankreich war ja, dass der Terrorverdächtige einen täglichen Ausgang von 3,5 Stunden hatte. In dieser Zeit konnte er gefahrlos tun und lassen, was er wollte. Da kann man auch gleich auf die elektronische Fußfessel verzichten.

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@ Gast

Die Überschrift meines Startbeitrags ist provokativ gewählt, gerade um die Diskussion anzustoßen. Deshalb vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ob sie untreffend ist, darüber sind wir beide allerdings unterschiedlicher Auffassung.

Ihre Prämisse lautet, dass die Polizei "innerhalb von 5 Minuten vor Ort" ist. Das kann die Polizei aber nach meiner Einschätzung nur leisten, wenn der Verurteilte gleichsam um die Ecke wohnt. Ist das jedoch regelmäßig der Fall?

Bei uns hilft die EAÜ (= elektronische Aufenthaltsüberwachung) den unter Führungsaufsicht  stehenden bereits Verurteilten (!) zu überwachen, d.h. die Kriminalprognose ist schon einmal gerichtlich geklärt worden und hat zu entsprechenenden Entscheidungen geführt. Dieser Umstand (Straftäter ohne weiteres Sicherheitsrisiko) gewährleistet in erster Linie eine gewisse Sicherheit, die EAÜ schon auch, aber eben nur in eingeschränktem Maße.

Verteifend: https://www.jura.uni-hannover.de/fileadmin/fakultaet/Institute/KI/Jahrbuecher/2012_-_Band_I_-_GOE_-_Endfassung.pdf

 

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