Revisions-/Rechtsbeschwerdebegründung: Verteidiger muss schon die Verantwortung übernehmen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.08.2016
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Nicht gut gelaufen: Die Verteidigerin legte Revision ein. Und begründete diese. Aber "distanziert". Das geht nicht und macht die Revision unzulässig. Ist ausgepaukte Rechtsprechung:

Die Revision der Angeklagten war als unzulässig zu verwerfen. Sie hat gegen das angefochtene Urteil zwar selbst form- und fristgerecht Revision eingelegt. Die fristgerecht eingelegte Revisionsbegründung entspricht jedoch nicht der Formvorschrift des § 345 Abs. 2 StPO. Zwar ist die Revisionsbegründung von einer Rechtsanwältin unterzeichnet worden. Es bestehen aber durchgreifende Zweifel, dass diese die volle Verantwortung für den Inhalt der Revisionsbegründungsschrift übernommen hat. Liegen solche Zweifel vor, so fehlt es an einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift i.S.v. § 345 Abs. 2 StPO (BGH NJW 2014, 2664; BGH Beschl. v. 26.07.2005 – 3 StR 36/05 = BeckRS 2005, 10136 m.w.N.; vgl. auch BVerfG NJW 1983, 2762, 2763 f.). Es ist jedenfalls dann mit dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf einen wirksamen Rechtsschutz vereinbar, Zweifel an der Übernahme der Verantwortung durch den Rechtsanwalt zu hegen, wenn sich diese aus dem Schriftsatz selbst ergeben (BVerfG NJW 2016, 1570, 1571). Das ist hier der Fall. Die Revisionsbegründung lautet: „hat mich Frau U gebeten, ihre selbst eingelegte Revision gegen das Urteil des LG Münster vom 22.12.2015 wie folgt zu begründen: Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts.“ Die Formulierung macht deutlich, dass (gerade) die Erhebung der allgemeinen Sachrüge auf Bitten der Angeklagten geschah. Ob die Rechtsanwältin hierfür die volle Verantwortung übernahm, ist angesichts dessen zweifelhaft. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, dass lediglich eine von der Angeklagten stammende Beanstandung vorgetragen wird (vgl. BGH NJW 2014, 2664; vgl. auch: OLG Rostock NStZ-RR 2009, 381, 382).
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Da eine Heilung des Mangels außerhalb der inzwischen abgelaufenen Revisionsbegründungsfrist ausgeschlossen ist (vgl.: Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 345 Rdn. 16), bedurfte es weder eines vorherige Hinweises noch des Abwartens der Frist des § 349 Abs. 3 StPO hinsichtlich des von der Generalstaatsanwaltschaft nach § 349 Abs. 2 StPO gestellten Verwerfungsantrags (OLG Rostock NStZ-RR 2009, 381, 382).

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 9.6.2016 - 4 RVs 60/16

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