BAG zu Verfallklausel und Mindestentgelt im Pflegebereich

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.08.2016
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht|3796 Aufrufe

Die Formulierung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen stellt sich aus der Sicht des Arbeitgeber zunehmend als gefahrgeneigte Arbeit dar. Dies belegt ein neueres Urteil des BAG (Urteil vom 24. August 2016 - 5 AZR 703/15 -, PM 44/16). In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit machte eine Pflegekraft für eine längere zurückliegende Zeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der beklagte Arbeitgeber, der einen ambulanten Pflegedienst betrieb, berief sich demgegenüber auf eine Verfallklausel im Arbeitsvertrag. Diese sah vor, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung sollte Verfall eintreten, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Das BAG sieht in der nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Beklagten gestellten Klausel einen Verstoß gegen § 9 Satz 3 i.V.m. § 13 AentG. Die Verfallklausel sei daher unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlösche. Die für den Arbeitgeber fatale Folge ist, dass die Klausel auch für andere Ansprüche nicht aufrechterhalten werden kann. Dem stehe – so das BAG - das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.

Die gleiche Frage stellt sich im Übrigen auch hinsichtlich des neuen gesetzlichen Mindestlohns. Wie ist mit Verfallklauseln zu verfahren, welche den Anspruch auf den Mindestlohn nicht explizit ausklammern? Hier ist die Rechtslage in einem Punkt anders: § 3 S. 1 MiLoG sagt ausdrücklich, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschießen, insoweit unwirksam sind. Darauf gestützt wird man eine geltungserhaltende Reduktion durchführen dürfen. Insofern hat das hier vorgestellte Urteil keine Präjudizwirkung.

 

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