Kündigung wegen Trauerkarte mit dem handschriftlichen Zusatz "Für Dich (bist die nächste)“

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 08.09.2016
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht2|5567 Aufrufe

Ein ungewöhnlicher Kündigungssachverhalt beschäftigte vor kurzem das LAG Hamm (Beschluss vom 30.8.2016 - 7 TaBV 45/16, PM LAG Hamm vom 30.8.2016). Da es sich bei der Kündigungsempfängerin um ein Betriebsratsmitglied handelte, musste zuvor das Zustimmungsersetzungsverfahren durchlaufen werden. In diesem Verfahren erging der hier vorzustellende Beschluss des LAG Hamm. Antragsteller ist die Arbeiterwohlfahrt Bezirk Westliches Westfalen e.V. (AWO), sich im Wege der außerordentlichen Kündigung von einer seit rund 20 Jahren in einem Bochumer Seniorenzentrum beschäftigten Betriebsrätin trennen möchte. Die Kündigungsabsicht wird auf den aus Arbeitgebersicht dringenden Verdacht einer gravierenden Pflichtwidrigkeit der Betriebsrätin gestützt. Diese soll einer Wohnbereichsleiterin, die ihr Arbeitsverhältnis wenig später beendete, eine Trauerkarte mit dem handschriftlichen Zusatz "Für Dich (bist die nächste)" in das Dienstpostfach eingelegt haben. Dies blieb indes bis zuletzt streitig. Ein von der Arbeitgeberin selbst außergerichtlich eingeholtes Schriftgutachten hatte insoweit ergeben, dass der handschriftliche Zusatz mit "hoher Wahrscheinlichkeit" (3. von 8 Übereinstimmungsgraden) von der Betriebsrätin stammte. Die höheren Übereinstimmungsgrade "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" und "sehr hohe Wahrscheinlichkeit" vermochte der Sachverständige hingegen nicht festzustellen. Der Prozessbevollmächtige der Arbeitgeberin betonte im Zusammenhang mit der Kündigungsabsicht, dass man insbesondere zum Schutz der weiteren Beschäftigten des Seniorenzentrums tätig werden wolle. Im Rahmen des Rechtsgesprächs machte der Kammervorsitzende deutlich, dass eine Verdachtskündigung und damit die beantragte Zustimmungsersetzung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen könne. So müsse aufgrund objektiver Tatsachen der dringende Verdacht einer gravierenden Pflichtwidrigkeit bestehen. Der Arbeitgeber müsse alle ihm möglichen und zumutbaren Mittel der Sachverhaltsaufklärung ausgeschöpft und insbesondere den betroffenen Arbeitnehmer zu den konkreten Verdachtsmomenten angehört haben. Zudem müsse aufgrund der Verdachtslage die zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensbasis zerstört sein. Dieser Verdachtsgrad war im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erreicht. Die Beschwerdekammer hat demgemäß die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und weitere Rechtsmittel nicht zugelassen.

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2 Kommentare

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Erinnert mich an einen Kollegen, dessen enttäuschter Mandant beim örtlichen Bestatter im namen des Kollegen Kostenvoranschläge für dessen Beerdigung an einem bestimmten Datum angefordert hatte, die dann in drr Kanzlei eingingen

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Wenn Sie aus der juris-Meldung nicht den Absatz

Das ArbG Bochum hatte vorliegend mit Beschluss vom 16.02.2016 (2 BV 36/15) den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Dagegen richtete sich das von der Arbeitgeberin aufgerufene Rechtsmittel der Beschwerde.

entfernt hätten, dann könnte man Ihren Beitrag sogar ohne größeres Rätselraten verstehen.

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