VG Düsseldorf: Neuregelung zur Frauenförderung verfassungswidrig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 08.09.2016
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht|3695 Aufrufe

Die Frauenförderung im öffentlichen Dienst – etwa mittels einer entsprechenden Quotenregelung – hat in der Vergangenheit die Gerichte des öfteren beschäftigt. Das Thema hat insbesondere eine europarechtliche Dimension, so dass es auch zu Entscheidungen des EuGH gekommen ist. Erwähnt seien vor allem die Rechtssachen Kalanke (17.10.1995, NZA 1995, 1095), Marschall (11.11.1997, NZA 1997, 1337) und Badeck (28.3.2000, NZA 2000, 473), in denen der EuGH Quoten, die nicht eine automatische Bevorzugung des einen Geschlechts bei gleicher Eignung erzwingen, billigte. Im Übrigen müssen derartige gesetzliche Regelungen noch hinzutretende formelle und materielle verfassungsrechtliche Hürden nehmen. Eine aktuelle, im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung des VG Düsseldorf (Beschluss vom 5.9.2016 - 2 L 2866/16 - PM VG Düsseldorf) bringt die nordrhein-westfälische Landesregierung in Verlegenheit. In diesem Rechtsstreit ging es um die bevorzugte Beförderung mehrere Kriminaloberkommissarinnen, die ein sich übergangen fühlender Kriminaloberkommissar nicht hinnehmen wollte. Das Land Nordrhein-Westfalen hat seine Auswahlentscheidung auf § 19 Abs. 6 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen gestützt. Nach dieser am 1. Juli 2016 in Kraft getretenen Vorschrift sind Frauen bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ist dabei in der Regel auszugehen, wenn bereits die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist. Einzelnoten in aktuellen Beurteilungen und Vorbeurteilungen sind regelmäßig nicht mehr in den Blick zu nehmen, obwohl sich auch aus ihnen ein Qualifikationsunterschied ergeben kann. Das VG Düsseldorf gelangt zu dem Schluss, dass dem Land für eine solche Regelung die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Der Bund habe nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 des Grundgesetzes die Zuständigkeit zur Regelung der Statusrechte und -pflichten der Beamten. Hiervon habe er durch § 9 des Beamtenstatusgesetzes Gebrauch gemacht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf das Geschlecht vorzunehmen. Diese Regelung sei – soweit es das Merkmal der Eignung anbelangt – abschließend. Für einschränkende landesrechtliche Regelungen sei kein Raum mehr. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner Entscheidung, ob die Neuregelung zugleich dem in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz widerspricht. Das Gericht hält es jedoch für fraglich, ob der Gesetzgeber hinreichend berücksichtigt hat, dass das Leistungsprinzip auch dem öffentlichen Interesse an einer Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem leistungsstärksten Bewerber und damit auch der Sicherung der Qualität des öffentlichen Dienstes dient. Zwar sei die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz sei aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Das VG hat dementsprechend dem Eilantrag des Kriminaloberkommissars stattgegeben und dem Land Nordrhein-Westfalen vorläufig untersagt, mehrere Kriminaloberkommissarinnen bevorzugt zu befördern.

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