Parken in Feuerwehrzufahrt: "......und schon ist das Auto weg!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.10.2016
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Tja. Der Kläger hatte vor einer Feuerwehrzufahrt mit abgesenktem Bordstein geparkt. Blöd. Das VG München musste jetzt über die Kosten entscheiden: Dürfte sofort abgeschleppt werden, oder hätte man damit noch warten müssen?

Das VG (hier zunächst der Leitsatz):

Kraftfahrzeuge, die in einem als Feuerwehranfahrtszone ausgewiesenen Halteverbotsbereich geparkt sind, dürfen sofort, ohne Einhaltung einer Wartezeit, und ohne dass es auf eine konkrete Behinderung ankommt, abgeschleppt werden.

VG München, Urteil vom 13.04.2016 - M 7 K 15.4795    = BeckRS 2016, 51689

In den Gründen heißt es:

Die auf Art. 25 Nr. 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 PAG gestützte Abschleppanordnung war rechtmäßig. Nach Art. 25 Nr. 1 PAG kann die Polizei zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr eine Sache sicherstellen. Hierzu zählen bereits eingetretene und andauernde Störungen wie Verkehrsordnungswidrigkeiten (Schmidbauer/Steiner, a. a. O., Art. 11 PAG Rn. 47, 62 ff.), vorliegend gem. § 24 StVG i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 12, § 12 Abs. 1 Nr. 5 StVO. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 StVO ist das Halten vor und in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten unzulässig. Ausweislich der polizeilich gefertigten Skizze und Lichtbilder stand das klägerische Fahrzeug in etwa mittig vor dem den Vorgaben der DIN 4066 entsprechenden Hinweisschild. Durch das Parken vor der Grundstückseinfahrt und vor dem an dieser Stelle abgesenkten Bordstein waren zudem Ordnungswidrigkeiten gem. § 24 StVG i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 12, § 12 Abs. 3 Nr. 3 und 5 StVO verwirklicht, worauf es indes nicht entscheidungserheblich ankommt.
Die Feuerwehrzufahrt war bei Beachtung der im ruhenden Verkehr geltenden, gegenüber dem fließenden Verkehr erhöhten Sorgfaltsanforderungen von der Fahrbahn aus deutlich zu erkennen. Dem Verkehrsteilnehmer im ruhenden Verkehr ist zuzumuten, sich nach etwa vorhandenen Verkehrszeichen sorgfältig umzusehen und eingehend zu prüfen, ob er sein Fahrzeug an der von ihm gewählten Stelle abstellen darf (vgl. OVG Hamburg, U. v. 30. Juni 2009 - 3 Bf 408/08 - juris Rn. 33 m. w. N.). Die von der Polizei am Abschlepptag gefertigten Farbfotos bestätigen nicht das Vorbringen des Klägers, dass die Sichtbarkeit des Hinweisschildes durch diesiges Wetter, Verschmutzung oder überhängenden Baumbestand beeinträchtigt gewesen ist. Abgesehen von dem gut sichtbaren Hinweisschild waren eine nach den gefertigten Lichtbildern ebenfalls ausreichend sichtbare Fahrbahnmarkierung, ein abgesenkter Bordstein und unmittelbar daran angrenzend eine durch Rasengittersteine befestigte Fläche (vgl. Art. 5 BayBO) vorhanden, die die öffentliche Verkehrsfläche über den Rasenstreifen hinweg mit dem parallel dazu verlaufenden Gehweg und der Grundstückszufahrt direkt verband. Im Übrigen ist eine Abschleppmaßnahme ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Fahrzeugführers bzw. auf eine subjektive Vorwerfbarkeit rechtmäßig, wenn objektiv eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach der Straßenverkehrsordnung begangen worden ist (vgl. VG München, U. v. 19. Oktober 2010 - M 7 K 10.2283 -; VG Würzburg, U. v. 29. November 2008 - 5 W K 08. 1844 - juris Rn. 17; OVG Hamburg, U. v. 29. Januar 2008 - 3 Bf. 253/04 - juris Rn. 29; OVG Saarland, U. v. 14. August 1990 - 1 R 184/88 - juris 2. Orientierungssatz). Das am Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr ausgerichtete Polizeirecht stellt allein die Frage nach dem objektiven Vorliegen der Gefahr.
Da der Zweck der Abschleppmaßnahme, das aus dem Halteverbot resultierende sofort vollziehbare Wegfahrgebot durchzusetzen (vgl. VGH BW, U. v. 20. Januar 2010 - 1 S 484/09 - juris Rn. 16), durch Inanspruchnahme des Klägers, der nicht zugegen bzw. jederzeit erreichbar war, nicht rechtzeitig erreicht werden konnte, lagen die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 PAG für die unmittelbare Ausführung der Maßnahme, hier durch einen Beauftragten, vor. Der Kläger war sowohl als Fahrzeugführer, der das Kfz an der fraglichen Stelle geparkt hat, nach Art. 7 Abs. 1 PAG als auch als für die Sache haftender Fahrzeughalter (Zustandsstörer, Art. 8 PAG) richtiger Adressat der auszuführenden Maßnahme.
Die Entscheidung, das klägerische Fahrzeug abschleppen zu lassen, und die Wahl der Mittel bzw. die Art und Weise der Ausführung der Maßnahme lassen keine Ermessensfehler erkennen (Art. 5 PAG, § 114 Satz 1 VwGO). Die Abschleppmaßnahme stellt sich auch nicht als unverhältnismäßig dar. Kraftfahrzeuge, die in einem als Feuerwehranfahrtszone ausgewiesenen Halteverbotsbereich geparkt sind, dürfen sofort, ohne Einhaltung einer Wartezeit, und ohne dass es auf eine konkrete Behinderung ankommt, abgeschleppt werden (vgl. Berner/Köhler/Käß, a. a. O., Art. 25 Rn. 11 m. w. N.; BayVGH, B. v. 18. Februar 2014 - 10 ZB 11.2172 - juris Rn. 6 m. w. N.). Feuerwehranfahrtszonen sind durch in ihrem Bereich abgestellte Fahrzeuge regelmäßig in ihrer Funktion beeinträchtigt. Da in einem nicht vorhersehbaren, jederzeit möglichen Notfall das Wegräumen behindernder, verbotswidrig geparkter Fahrzeuge die Rettungsmaßnahmen verzögern würde, die Anzahl der benötigten Rettungsfahrzeuge nicht vorhersehbar ist und die Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr aufgrund ihrer beträchtlichen Längen oftmals einen großen Schwenkbereich benötigen, sind Feuerwehrzufahrten im dringenden öffentlichen Interesse jederzeit in ihrer gesamten Breite freizuhalten (vgl. BayVGH, B. v. 28. April 2004 - 24 ZB 04.227 - juris Rn. 3; VG München, U. v. 23. Juli 2003 - M 7 K 02.4430 - juris Rn. 15 und U. v. 26. Januar 2011 - M 7 K 10.5197 - unveröffentlicht; VG Augsburg, U. v. 27. November 2003 - Au 8 K 03.1084 - juris Rn. 20).

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