BGH (wieder) zur Gesamtfreiheitsstrafe: Urteil muss schon umfassend darstellen, was es mit der einbezogenen Strafe auf sich hat!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.11.2016
Rechtsgebiete: Strafrecht|2941 Aufrufe

Fehler in den Darstellungen von Voreintragungen kommen komischerweise immer wieder in tatrichterlichen Urteilen vor. Dabei muss ja regelmäßig nur abdiktiert werden. Im nachfolgenden Fall etwa hatte das LG eine Gesamtstrafe gebildet. Aber dabei vergessen zu schildern, wie es mit dem Vollstreckungsstand der einbezogenen Strafen war. Da reicht dann seitens des Verteidigers die nicht begründungsintensive Sachrüge für eine Urteilsaufhebung:

Die 1. Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts hat den Angeklagten
wegen eines am 6. März 2015 begangenen Diebstahls unter Auflösung
der durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November
2015 gebildeten Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der „Entscheidungen“
des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10. April 2014 und des Amtsgerichts
Fulda vom 12. August 2015 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und
vier Monaten verurteilt. Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel des Angeklagten
den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Rechtsfolgenausspruch hat nur zum Teil Bestand. Das angefochtene
Urteil erweist sich insoweit als rechtsfehlerhaft, weil es sich nicht dazu verhält,
ob die gegen den Angeklagten verhängten Geldstrafen aus den Entscheidungen
des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10. April 2014 und des Amtsgerichts
Fulda vom 12. August 2015 bereits erledigt sind.
Das Revisionsgericht kann daher nicht beurteilen, ob das Landgericht die
Einzelgeldstrafen zu Recht gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB in die Bildung der
nachträglichen Gesamtstrafe einbezogen hat oder - für den Fall ihrer Erledigung
- ein Härteausgleich vorzunehmen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss
vom 9. November 2010 - 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1, Härteausgleich
20).

2. Von dieser Frage abgesehen kann das Revisionsgericht auch nicht
beurteilen, ob die Geldstrafe aus der Verurteilung des Amtsgerichts Fulda vom
„24. März 2013“ hätte einbezogen werden müssen oder aber fehlerhaft bei Bemessung
der Gesamtstrafe berücksichtigt wurde. Denn das Landgericht hat die
Einzelgeldstrafe aus der vorgenannten Entscheidung ausweislich des Tenors
zwar nicht einbezogen, demgegenüber aber in den Urteilsgründen ausgeführt,
dass eine Einbeziehung erfolgt sei.
Ungeachtet dessen und abgesehen davon, dass auch im Hinblick auf
diese Verurteilung der Vollstreckungsstand nicht mitgeteilt wurde, steht das
Entscheidungsdatum dieser Verurteilung und mithin die Gesamtstrafenfähigkeit
nicht fest. Denklogisch kann mit der Entscheidung vom 24. März 2013 keine
- wie in den Feststellungen ausgeführt - am 17. September 2013 begangene
Tat abgeurteilt worden sein. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe
lässt sich das Entscheidungsdatum nicht erschließen, denn die Geldstrafe
aus dieser Verurteilung soll ausweislich der Feststellungen des Landgerichts

sowohl durch die Entscheidung des Amtsgerichts Hannover vom
17. September 2014 als auch durch den Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts
Frankfurt am Main vom 23. November 2015 einbezogen worden sein. 

BGH, Beschl. v. 22.9.2016 - 2 StR 278/16

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