Steuerberater: Hinweis auf Vergütungsvereinbarung

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 26.11.2016

Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, aber auch Architekten und Ärzte haben eines gemeinsam: die Qualität ihrer Leistungen merkt der Betroffene immer erst hinterher. Im Fall der Steuerberater zeigt sich zuweilen erst nach Jahren, ob die Gestaltungsempfehlung im Zweifel auch vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung Gnade findet. Das bedeutet: bei der Vertragsschluss kann der Mandant den Wert der 'eingekauften' Leistung nur sehr schwer einschätzen. Daher sind Gebührenordnungen eine Maßnahme des Verbraucherschutzes, da die Diskussion um die Angemessenheit der Vergütung so zumindest eine Ausgangsbasis hat.

Doch die Europäische Kommission sah das für die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV a.F.) anders. Sie leitete wegen vermeintlicher verbindlicher Mindestpreisregelungen gegen Deutschland ein. Der deutsche Gesetzgeber änderte daraufhin die StBVV:

  1. Der Steuerberater muss in Schriftform auf die Möglichkeit hinweisen, dass in außergerichtlichen Angelegenheiten eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden kann (§ 4 Abs. 4 StBVV n.F.).
  2. Diese niedrigere Vergütung muss allerdings in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, zur Verantwortung und zum Haftungsrisiko des Steuerberaters stehen (vgl. § 4 Abs. 3 StBVV n.F.).

Dieser Hinweis kann alternativ erfolgen

  • im schriftlichen Steuerberatungsvertrag. Dies ist regelmäßig die beste aller möglichen Alternativen. Denn durch die Unterschrift der beiden Vertragsparteien ist der Nachweis der Vereinbarung auch dieser Regelung erbracht.
  • in den Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB). Hiervon ist jedoch wegen der möglichen Inhaltskontrolle der AAB abzuraten.
  • im Rahmen eines Auftragsbestätigungsschreibens, ein gesondertes Informationschreiben und/oder per E-mail. Diese Methode bietet sich insbesondere bei bereits bestehenden Mandatsverhältnissen an. Denn die Gesetzsänderung unterscheidet nicht, ob es sich um Neumandate oder bereits bestehende Mandate handelt. Hier tritt jedoch das Nachweisproblem bei der Kenntnisnahme bzw. der Akzeptanz der Vereinbarung einer gleichen oder höheren Vergütung auf. Es ist daher eine Einverständniserklärung zu empfehlen.

Nicht ausreichend ist nach hier vertretener Auffassung eine Erwähnung im Mandantenrundschreiben oder ein Aushang in der Kanzlei. Nicht durch den Gesetzeswortlaut gedeckt ist jedoch - wie teilweise in der Literatur vertreten - die Aufnahme in eine eigene Vergütungsvereinbarung.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. schlägt folgende Formulierung vor:

Der Auftraggeber wird darauf hingewiesen, dass eine höhere oder niedrigere Vergütung in Textform vereinbart werden kann (§ 4 Abs. 4 StBVV).

Fraglich sind die Folgen eines fehlenden oder fehlerhaften Hinweises. In Betracht kommt beispielsweise, dass der (enttäuschte) Mandant im Nachhinein geltend machen kann, dass er diesen Steuerberatervertrag nicht zu den vereinbarten Bedingungen abgeschlossen, wenn er gewusst hätte, dass eine geringere Vergütung möglich gewesen wäre. Er könnte vortragen, dass er in diesem Fall ggf. eine andere Kanzlei zu günstigeren Konditionen beauftragt hätte. Vor diesem Hintergrund könnte, so befürchtet der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV), der Mandant möglicherweise versuchen, einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch geltend zu machen und zu verlangen, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm durch das Unterlassen des Hinweises kausal entstanden ist. Dies erscheint nach hier vertretener Auffassung jedoch zu weit gegriffen. Ggf., so der DStV, könnte bei Vorliegen weiterer Umstände auch eine Ahndung durch die zuständige Steuerberaterkammer in Betracht kommen oder eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch einen Mitbewerber des Steuerberaters erfolgen. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob dies mit dem Kollegialitätsprinzip freier Berufe vereinbar ist.

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4 Kommentare

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Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, aber auch Architekten und Ärzte haben eines gemeinsam: die Qualität ihrer Leistungen merkt der Betroffene immer erst hinterher.

Das ist bei anderen Berufen auch nicht viel anders, weshalb es Gewährleistung und Garantie gibt.

Im Fall der Steuerberater zeigt sich zuweilen erst nach Jahren, ob die Gestaltungsempfehlung im Zweifel auch vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung Gnade findet.

Wenn sich Steuerberater an geltendes Recht und Gesetz halten, ist die Gefahr gering. Wenn Cum-Ex-Steuerberater ihren Beruf allerdings immer mehr als Beihilfe zu Steuerdelikten begreifen, gehören sie hinter Gitter. Jede Gnade ist fehl am Platz.

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Nehmen wir einen Parallelfall: Sie kaufen sich ein Gebrauchtfahrzeug. Sie werden dazu bei einigen Gebrauchtwagenhändlern vorbeischauen und/oder Anzeigen recherchieren. Wenn sie das Auto ihrer Träume gefunden haben, werden sie unter die Motorhaube schauen und das Fahrzeug von außen rundherum gründlich inspizieren. Selbst als Laie im Kfz-Gewerbe werden sie die gröbsten 'Schnitzer' beurteilen können. Wenn der Motor bei der Probefahrt 'komische Geräusche' macht oder das Getriebe kreischt, werden sie von einem Kauf evtl. Abstand nehmen. Ja, und natürlich haben sie auch noch Gewährleistung und Garantie.

Beim Steuerrecht kann selbst der beste Berater nicht einfach 'unter die Motorhaube' schauen und sagen: 'Dieses Modell passt.'
Zum einen sind die meisten Steuerfälle beim Berater keine 'Lösungen von der Stange', sondern müssen auf die individuelle Situation angepasst sein - und diese kann sich nach Jahren ändern. Selbst, wenn sich der gute Steuerberater noch so bemüht, die Vorteilhaftigkeit, beispielsweise, der Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG prospektiv und gewissenhaft zu berechnen - wenn die Gewinne des Unternehmens explodieren und der Gesellschafter das Geld für den Bau des Familienheims bräuchte, kann die Berechnung nicht so gut sein. Mir gehen inzwischen die Textziffern in der Kommentierung von § 32d EStG (vgl. Korn/EStG/Koss, § 32d, Rn. 65 ff) aus, um hier Lösungsvorschläge zu machen.
Zum anderen kommt der Steuergesetzgeber immer wieder auf die Idee, die Entscheidungen der obersten Gerichte oder die von ihm selbst gelassenen Lücken und Gestaltungsspielräume im Gesetz zu schließen, manchmal auch zu 'verschlimmbessern'. Denken sie beispielsweise an die Zinsen auf bzw. für Steuernachzahlungen/-erstattungen! Von der Erbschaftsteuerreform ganz zu schweigen.

Daraus folgt: "geltendes Recht und Gesetz" ist da manchmal schwierig zu definieren.

Wie ich bereits an anderer Stelle ausgeführt habe: Pauschalurteile mit Schlagworten bringen die Diskussion nicht wirklich weiter: "Wenn sich Steuerberater an geltendes Recht und Gesetz halten, ist die Gefahr gering. Wenn Cum-Ex-Steuerberater ihren Beruf allerdings immer mehr als Beihilfe zu Steuerdelikten begreifen, gehören sie hinter Gitter. Jede Gnade ist fehl am Platz." ist so etwas. Ich möchte nicht ausschließen, dass es in jeder Herde weiße und schwarze Schafe gibt. Ein erfolgreicher Immobilientycoon kann immer wieder weiter machen, selbst, wenn seine Steuersparmodelle zumindest zweifelhaft sind, in Einzelfällen reicht es sogar zum Präsidentenamt. Ein wegen Steuerhinterziehung verurteilter Steuerberater muss sich aber einen neuen Job suchen.

 

Mit Verlaub, ich halte Ihren "Motorhauben" Vergleich doch für reichlich verunglückt.

Einen spieltheoretischen Ansatz würde ich da doch bevorzugen.

Es macht eben doch einen Unterschied ob sich Käufer und Gebrauchtwagenhändler streiten oder halt Gesetzunterworfener und Gesetzmacher.

Und ganz nebenbei bemerkt, wenn selbst Ihnen schon die Textziffern ausgehen, dann sollten wir wirklich langsam an den großen Wurf denken. Und das nicht nur beim Erbschaftsstreit.

Ein Bierdeckel würde diese Diskussion um die Existenzsorgen der Steuerberater endlich beenden. 

Sie dürfen mich aber gerne davon überzeugen, dass die Diskussion diesbezüglich auch einen lebenspraktischen Sinn aufweist.

Daraus folgt: "geltendes Recht und Gesetz" ist da manchmal schwierig zu definieren.

Nicht schwieriger als anderswo. Als Organ der Rechtspflege (§ 1 Abs. BOStB) sollte man das wenigstens ansatzweise drauf haben, woraus sich auch rechtfertigt, dass sich "ein wegen Steuerhinterziehung verurteilter Steuerberater" völlig zu Recht "einen neuen Job suchen" muss.

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