Führerschein umgetauscht....Klasse T ist weg....Klage erfolglos

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.12.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsverwaltungsrecht|16711 Aufrufe

Schade. Wenn man seinen Führerschein umtauscht, um einen schönen modernen Kartenführerschein zu bekommen, dann ist es ganz schon ärgerlich, wenn man am Ende mit weniger an Fahrerlaubnisklassen rausgeht, als man mitgebracht hat. So ist das aber mit Fahrerlaubnisklasse T. Ist man nicht in der Land- und Forstwirtscahft tätig, so verliert man die Klasse beim Umschreiben. Den Kläger hier ärgerte das auch. Er war leider erfolglos:

Die Ablehnung des Antrags ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnisklasse T (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
 
 
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte prüfungsfreie Erteilung der Fahrerlaubnisklasse T ist § 11 Abs. 6 S. 2 FeV i.V.m. der Anlage 3 zu der Fahrerlaubnisverordnung. Danach wird Inhabern von Fahrerlaubnissen alten Rechts auf Antrag ein neuer Führerschein mit Umstellung auf die neuen Fahrerlaubnisklassen entsprechend Satz 1 ausgefertigt. Nach dem in Bezug genommenen § 11 Abs. 6 S. 1 FeV en bleiben Fahrerlaubnisse, die bis zum Ablauf des 18. Januar 2013 erteilt worden sind (Fahrerlaubnisse alten Rechts) im Umfang der bisherigen Berechtigung, wie er sich aus der Anlage 3 ergibt, bestehen und erstrecken sich vorbehaltlich der Bestimmungen in § 76 auf den Umfang der ab dem 19. Januar 2013 geltenden Fahrerlaubnisse nach Absatz 1. Nach Nr. A I. der Anlage 3 zu der Fahrerlaubnisverordnung entspricht eine nach dem einen 31. Dezember 1988 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse 3 den neuen Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, CE und L. Auf Antrag wird überdies die Klasse T erteilt. Nach der amtlichen Anmerkung hierzu wird sie in diesem Fall nur in der Land- oder Forstwirtschaft tätigen Personen zugeteilt.
 
 
Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine Erteilung der Klasse T an den Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
 
 
1. Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch des Klägers im vorliegenden Fall bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil er die Erteilung der Klasse T nicht zusammen mit seinem am 16. Mai 2013 gestellten Antrag auf Umstellung der Fahrerlaubnis alten Rechts mit beantragt hatte. Nach der dem Kläger bekannten und von ihm selbst zitierten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Urteil vom 10. Februar 2011 – OVG 12 LB 98/09 –, juris, Rn. 22) ist die Umstellung alter Fahrerlaubnisse ein einheitlicher Vorgang, der mit der Ausfertigung des neuen Führerscheins vollendet ist und danach nicht nochmals vollzogen oder ergänzt werden kann. Der neue Kartenführerschein des Klägers war im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Beantragung der Klasse T schon seit fast eineinhalb Jahren hergestellt und lag zur Abholung bereit.
 
 
Allerdings hat der Beklagte ihn zu diesem Zeitpunkt – und bis heute – weiterhin als Inhaber der alten Fahrerlaubnisklasse 3 geführt. Der Beklagte nimmt nach der in der mündlichen Verhandlung erteilten Auskunft die Umstellung der Fahrerlaubnisklassen intern erst nach Aushändigung des neuen Führerscheins vor. Ob dies mit dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 S. 2 FeV vereinbar ist, bedarf hier keine Entscheidung. Nach dieser Vorschrift tritt die Umstellung auf die neuen Fahrerlaubnisklassen bereits mit Ausfertigung des neuen Führerscheins kraft Gesetzes ein. Nach der Systematik der Fahrerlaubnisverordnung ist die Ausfertigung von der Aushändigung zu trennen. Dies geht zum einen aus § 22 Abs. 3 FeV hervor, wonach die Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein ausfertigen zu lassen und auszuhändigen hat, wenn alle Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis vorliegen. Im Übrigen sind Ausfertigung und Aushändigung in § 25 Abs. 1 und Abs. 5 FeV in getrennten Vorschriften geregelt. Ausgefertigt ist der neue Führerschein jedenfalls mit Herstellung und abholbereiter Vorlage. Dass der Beklagte den Kläger intern noch mit der alten Fahrerlaubnisklasse führt und in dem angegriffenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid auf die spätere Antragstellung nicht eingegangen ist, stünde einer Verfristung des Antrags grundsätzlich nicht entgegen. Es ist auch nicht von einer Einlassung des Beklagten in der Sache auszugehen, die bei der nicht fristgerechten Widerspruchserhebung ggf. dazu führen kann, dass dennoch von einem ordnungsgemäßen Vorverfahren gem. § 68 VwGO auszugehen ist. Die verfristete Antragstellung macht den Antrag auf Erteilung der Klasse T nicht unzulässig, sondern mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Umstellung allenfalls unbegründet. Eine Schriftsatzfrist wäre dem Kläger hierzu ebenfalls schon deshalb nicht zu gewähren, weil ihm die zu Grunde liegende Rechtsprechung bekannt war. Allerdings besteht auch in der Sache kein Anspruch des Klägers.
 
 
2. Ein Anspruch auf prüfungsfreie Erteilung der Fahrerlaubnisklasse T ergibt sich aus den zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften nicht. Der Kläger hat den nach den amtlichen Anmerkungen zu der Anlage 3 zu der Fahrerlaubnisverordnung erforderlichen Nachweis einer Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft nicht erbracht. Eine fehlerhafte Anwendung der rechtlichen Regelungen durch den Beklagten ist weder vorgebracht noch ersichtlich. Die anwendbaren Vorschriften verstoßen nach Überzeugung des Gerichts auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere verletzen sie keine Rechte des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
 
 
a) Ob der der sachliche Schutzbereich des Grundrechts auf Berufsfreiheit insgesamt überhaupt eröffnet ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist der Kläger mangels aktueller oder aktuell absehbarer Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG nicht klagebefugt. Soweit er sich auf die vage Möglichkeit einer künftigen beruflichen Tätigkeit in dem betreffenden Bereich beruft, könnte überdies allenfalls der Aspekt der Berufswahl betroffen sein. Insofern scheidet aber – abgesehen von der fehlenden unmittelbaren Berufsregelung – eine objektiv berufsregelnde Tendenz aus. Letztere liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 16. Juli 2012 – 1 BvR 2983/10 –, juris, Rn. 16) nicht schon dann vor, wenn eine Rechtsnorm, ihre Anwendung oder andere hoheitliche Maßnahmen unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfalten. Die Berufsfreiheit ist dann berührt, wenn sich die Maßnahmen zwar nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben. Dieser enge Zusammenhang fehlt nach Überzeugung des Gerichts bei einer Vorschrift, die nicht in der Land- oder Forstwirtschaft tätigen Personen die prüfungsfreie Erteilung der Fahrerlaubnisklasse T im Wege der bloßen Umstellung einer alten Fahrerlaubnis verwehrt. Es ist nicht erkennbar, dass dies die Berufswahl in dem erforderlichen Maß beeinflussen könnte.
 
 
b) Darüber hinaus ist auch keine Verletzung von Rechten des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG erkennbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 –,juris, Rn. 63 ff. m.w.N.) gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hieraus ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird.
 
 
Nach diesen Maßstäben ist eine Ungleichbehandlung von Personen, die – wie der Kläger – eine aktuelle Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft nicht nachweisen können und solchen, die diesen Nachweis erbringen können, durch die für Letztere auf Antrag mögliche prüfungsfreie Erteilung der Fahrerlaubnisklasse T im Wege der Umstellung einer Fahrerlaubnis alten Rechts gerechtfertigt. Maßstab hierfür ist nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Willkürfreiheit. Die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung knüpft zum einen nicht an Persönlichkeitsmerkmale an. Zum anderen sind die Betroffenen in gleich mehrfacher Hinsicht in der Lage, die Verwirklichung der Kriterien selbst zu beeinflussen. Dies kann einerseits durch die Aufnahme einer Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft und andererseits durch die Wahl des Zeitpunkts eines Antrags auf Umstellung der Fahrerlaubnis geschehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass – wie der Kläger argumentiert – die Umstellung der Fahrerlaubnis teilweise aus anderen Gründen geboten sein kann, etwa bei der Beantragung eines Führerscheins nach § 25a FeV.
 
 
Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt darin, die Fahrerlaubnisklasse T, deren Berechtigung sich – anders als bei den anderen Klassen abgesehen von Klasse L – nicht allein auf bestimmte Fahrzeugtypen, sondern auch auf bestimmte Einsatzzwecke beschränkt, nur denjenigen Personen prüfungsfrei zu erteilen, die hierfür wegen ihrer aktuellen Tätigkeit ein Bedürfnis haben und bei denen durch diese Tätigkeit eher als andere Personen unterstellt werden, dass sie auch ohne Fahrprüfung über die entsprechende Befähigung verfügen. Der Einführung der (nationalen) Klasse T im Zuge der Neuregelung des Fahrerlaubnisrechts aufgrund der Umsetzung der Richtlinie 911439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (Zweite EU-Führerscheinrichtlinie) lagen die folgenden Erwägungen zugrunde (Br-Drs. 443/98, S. 241):
 
 
„Für in diese Klasse fallenden Fahrzeuge und Züge war bisher größtenteils eine Fahrerlaubnis der Klasse 2/CE erforderlich. Durch das niedrigere Mindestalter (16 Jahre - vgl. § 10) sowie eine spezifische, jedoch gegenüber der Klasse CE im Umfang reduzierte Ausbildung wird sowohl den speziellen Anforderungen und Bedürfnissen der Land- und Forstwirtschaft als auch der Verkehrssicherheit entsprochen. Gleichzeitig folgt der Zuschnitt der Klasse T der technischen Entwicklung der land- oder forstwirtschaftlichen Zugmaschinen, die zunehmend für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt sind. Dies gilt in ähnlicher Weise für lof-Arbeitsmaschinen, die sich allerdings nur im Bereich bis 40 km/h bewegen.“
 
 
Hierbei machte der Verordnungsgeber von dem im land- und forstwirtschaftlichen Bereich noch allein bestehenden nationalen Gestaltungsspielraum Gebrauch, um Landwirten den Erwerb der aufwendigeren Klasse 2/CE zu ersparen (BR-Drs. 443/98, S. 233). Umgekehrt war dabei eher strittig, ob sämtlichen Inhabern der alten Klasse 3 – wie auch dem Kläger – die ebenfalls auf land- und forstwirtschaftliche Zwecke beschränkte Klasse L, mit der landwirtschaftliche Zugmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen, selbstfahrende Futtermischwagen, Stapler und andere Flurförderzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h geführt werden dürfen, zu erteilen war. Im Sinne der Besitzstandswahrung und zur Vermeidung von Überreglementierungen entschied sich der Verordnungsgeber im Ergebnis dafür (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 245). Die darin liegende Unstimmigkeit sei hinnehmbar, weil „der ganz überwiegende Teil der Klasse B-Inhaber nie eine land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschine fahren wird“ (BR-Drs. 443/98, S. 245). Hieraus ergibt sich umgekehrt kein Grund, die neue und weitergehende Berechtigung, modernere Landmaschinen mit höheren Geschwindigkeiten fahren zu dürfen, auf sämtliche Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse 3 prüfungsfrei zu erweitern.
 
 
Dem steht nicht entgegen, dass die Klasse T unabhängig von der Fortdauer einer entsprechenden Tätigkeit unbefristet erteilt wird. Wer zum Zeitpunkt der Umstellung den Nachweis einer Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft erbringen kann, bietet eher die Gewähr dafür, mit der Handhabung der betroffenen bis zu 60 km/h bzw. 40 km/h schnell fahrenden modernen Zugmaschinen, selbstfahrenden Arbeitsmaschinen oder selbstfahrenden Futtermischwagen, grundsätzlich vertraut zu sein, als andere, insbesondere der als Rechtsanwalt tätige Kläger. Diesem ist zuzumuten, im unwahrscheinlichen Fall der zukünftigen Aufnahme einer Tätigkeit, für die eine Fahrerlaubnis der Klasse T erforderlich ist, eine entsprechende Fahrprüfung zu absolvieren. Dies scheint auch aus Gemeinwohlgründen, insbesondere zur Wahrung der Verkehrssicherheit, geboten.
 
 
Dass im Wege der Umstellung der Fahrerlaubnisklassen die in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Personen durch die eingeräumte Möglichkeit einer prüfungsfreien Erweiterung ihrer bisherigen Fahrerlaubnis bevorzugt wurden, um damit der technischen Entwicklung der land- oder forstwirtschaftlichen Zugmaschinen Rechnung zu tragen, stellt sich nach Überzeugung des Gerichts beim besten Willen nicht als willkürlich dar. Dem Gesetzgeber kommt bei rechtlichen Systemwechseln ein erheblicher Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Ausgestaltung von Übergangsvorschriften zu.
 
 
c) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich schließlich nicht das Gründen des Bestandsschutzes. Diesem wurde vielmehr durch die Erteilung auch der Klasse L bei der Umstellung von Fahrerlaubnissen der Klasse 3 Rechnung getragen. Die zusätzlichen Berechtigungen der neuen Klasse T waren demgegenüber in der alten Klasse 3 nicht enthalten (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., Rn. 24).
 

VG Berlin Urteil v. 21.10.2016 - 4 K 143.16

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