Der Mercedes von 1971 mit 50 km auf dem Tacho

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.12.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht4|3309 Aufrufe

Seit einigen Jahren gibt es den Bereich des so genannten Oldtimerrechts. Habe ich noch nichts mit zu tun gehabt. Nun bin ich aber über diese interessante Entscheidung zu einer "Tachomanipulation" gestoßen. War hier sicher nicht der Normalfall der Manipulation, da das aus 1971 stammende Fahrzeug komplett renoviert worden war und anlässlich dieser Renovierung der Tacho auch zurückgestellt wurde. Kein Mensch würde auf die Idee kommen,  dass ein derartiges Fahrzeug nur 50 km gelaufen hat. Der Kläger hat das auch erst in der Berufungsinstanz vorgetragen (Ein Schelm, wer Böses denkt!). Mit Erfolg.   "Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 330.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Kraftfahrzeuges Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Fahrzeugidentifikationsnummer …"

Da die Entscheidung sehr lang ist, hier nur die Leitsätze der Beck-Online-Redaktion:

1. Die Herabsetzung des Tachostandes auf „0“ im Zuge der vom Verkäufer veranlassten Restaurierungsarbeiten an einem Oldtimer-Fahrzeug stellt schon für sich betrachtet einen Umstand dar, über den der Verkäufer den Käufer ungefragt aufzuklären hat. Die Veränderung des Messergebnisses des Wegstreckenzählers stellt grundsätzlich eine Straftat dar (§ 22b StVG). Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs kann sich folglich darauf verlassen, dass die Anzeige des Wegstreckenzählers die tatsächlich gemessene gesamte Laufleistung des Fahrzeugs wiedergibt. 

2. Auch wenn bei Sammlerfahrzeugen der bisherigen Laufleistung als wertbildendem Faktor möglicherweise nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie bei einem zum täglichen Gebrauch bestimmten Fahrzeug, ändert dies nichts daran, dass es sich um einen (möglicherweise weniger gewichtigen) Faktor handelt, der für die Kaufentscheidung bedeutsam sein kann. 

OLG München Endurteil v. 14.12.2016 – 20 U 1458/16, BeckRS 2016, 21053

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4 Kommentare

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Danke! Ich nehme mir mal die Freiheit, auch nachträglich noch zu ändern. Für die anderen Leser: "50 km/h" heißen natürlich richtig "50 km"

Gemeint ist natürlich der Kilometerzähler.

Die Richterin, damals Staatsanwältin, meines Vertrauens (Hallo Ulrike!) hat mir vor ein paar Jahren gesteckt, dass - jedenfalls unter den Münchner Autohändlern - seinerzeit die Verwendung einer Manipulations-Software zum Runterdrehen des Kilometerstands geradezu pandemische Ausmaße angenommen hatte.

 

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