Steuerliche Folgen des Rückkaufs von "Schrottimmobilien"

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 28.12.2016
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Nicht jedes Traumhaus hält, was es verspricht (Hütte am Großen Arber, Bay. Wald, Foto: C. Koss Aug. 2016)

Private Anleger hatten sich an geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG beteiligt. Doch die Erträge hielten nicht das, was der Fondsprospekt angekündigt hatte. Einige Anleger klagten auf Schadensersatz, erhielten dann aber das Angebot, die Beteiligungen rückabzuwickeln, wenn sie im Gegenzug ihre Klagen zurücknähmen und auf weitere Ansprüche verzichteten. Etliche Anleger nahmen an und erhielten eine als "Kaufpreis" bezeichnete Summe. Die Finanzämter unterwarfen dieses Geschäft als sog. private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG) in voller Höhe der Einkommenbesteuerung. Dem folgte der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen nur teilweise. Vielmehr, so verwies das höchste deutsche Finanzgericht an die Tatsacheninstanzgerichte zurück, müsse der gezahlte Betrag aufgeteilt werden: Ein Teil sei Kaufpreis im Rahmen eines grundsätzlich ertragsteuerbaren Veräußerungsgeschäfts 23 Abs. 3 Satz 1 EStG), ein Teil sei jedoch Abgeltung von anderen Verpflichtungen, wie etwa den Verzicht auf Schadensersatzansprüche und die Rücknahme der erhobenen Klagen. Soweit es sich bei den Teilbeträgen um Entschädigungsleistungen handele, so der BFH, lägen weder Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3 noch Einkünfte nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor. Dieser Teil des "Kaufpreises" unterliegt damit bei Privatpersonen grundsätzlich nicht der Einkommensbesteuerung.

Die Entscheidungen des BFH überzeugen.
Denn im Ertragsteuerrecht gilt der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.
Zum einen sahen die Richter in dem "Kaufpreis" zutreffenderweise keine Rückabwicklung des ursprünglichen Geschäfts, sondern ein gesondert zu beurteilendes Veräußerungsgeschäft.
Zum Zweiten: Die Veräußerung eines Anteils an einer Personen(handels)gesellschaft, so auch bei einer GmbH & Co. KG, wird ertragsteuerlich wie die anteilige Veräußerung der einzelnen Wirtschaftsgüter behandelt. In einem ersten Schritt sind diese anteiligen Zeitwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu ermitteln und als Wert der Beteiligung aufzusummieren. In den Besprechungsurteilen gab der BFH als Bewertungsmaßstab den eines fremden Dritten als Erwerbers vor. Bei der Bewertung dürften nur die Informationen berücksichtigt werden, die sich ein gedachter Erwerber aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffen könne (z.B. Veröffentlichtungen der Fonds, Geschäftsberichte oder Veröffentlichungen in den Tagesmedien). Liegt dieser Beteiligungswert unter dem dem einzelnen Investor gezahlten Betrag, ist die (überschießende) Differenz nicht in die Berechnung des Gewinns/Verlusts nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG einzubeziehen. Ebenfalls kein Bestand der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften sind die anteiligen Verbindlichkeiten der jeweiligen Fondsgesellschaft.
Die Differenz zwischen Zahlbetrag und Zeitwert der Beteiligung ist in einem weiteren Schritt aufzuteilen. Soweit Entschädigungsleistungen sind diese bei Privatpersonen nicht steuerbar. Bei dem verbleibenden Restbetrag ist zu prüfen, inwieweit dieser sonstige Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG darstellen. So kann der Verzicht auf Rechtspositionen eine solche ertragsteuerbare Leistung darstellen.

So überzeugend die Überlegungen der BFH-Richter sind, so groß werden die Probleme einer sachgerechten Bewertung und Aufteilung der geleisteten Zahlung in die verschiedenen Kategorien auf Ebene der Tatsacheninstanz (Finanzgerichte) sein.

Für die Steuerpflichtigen, die sich ihrer "Schrottimmobilien" entledigt haben, bleibt mit den Entscheidungen des BFH zumindest bei der Ertragsbesteuerung die Aussicht auf eine geringere steuerliche Belastung.

Für ein paar Pralinen sollte es reichen.

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