Referentenentwurf zum Anspruch auf befristete Verringerung der Arbeitszeit (Rückkehrrecht)

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 04.01.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht5|7804 Aufrufe

Arbeitnehmer sollen künftig das Recht auf eine zeitlich befristete Verringerung ihrer Arbeitszeit bekommen. Das sieht ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles vor. Der Referentenentwurf befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Wie u.a. die FAZ und der Spiegel in ihren Online-Ausgaben berichten, heißt es in dem Entwurf: „Ziel des Gesetzentwurfs ist die Einführung eines Anspruchs auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit im Teilzeit- und Befristungsgesetz“. Für Beschäftigte, die zeitlich begrenzt ihre Arbeitszeit verringern möchten, werde sichergestellt, dass sie nach der Teilzeitphase wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren können. Mit diesem Gesetzentwurf soll eine diesbezügliche Absprache im Koalitionsvertrag umgesetzt werden.

Konkret soll das Rückkehrrecht wie folgt ausgestalten werden:

  • Der Anspruch auf vorübergehende Teilzeitarbeit besteht nur, wenn der Arbeitgeber mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt. Das ist schon bislang Voraussetzung für den bereits bestehenden Anspruch auf unbegrenzte Teilzeit.

  • Das Arbeitsverhältnis muss mehr als sechs Monate bestanden haben.

  • Beschäftigte müssen die vorübergehende Teilzeit mindestens drei Monate vorher beantragen.

  • Nach der Rückkehr zur Vollzeit sollen sie eine erneute Teilzeit frühestens nach einem Jahr verlangen können.

  • Wenn Arbeitnehmer eine Änderung ihrer Arbeitszeit wünschen, muss der Arbeitgeber das mit ihnen erörtern - unabhängig von der Betriebsgröße, also auch bei 15 oder weniger Beschäftigten.

  • Außerdem soll Arbeitnehmern in unbegrenzter Teilzeit die Verlängerung ihrer Arbeitszeit erleichtert werden. Bereits heute sind sie bei der Besetzung freier Arbeitsplätze bevorzugt zu berücksichtigen (§ 9 TzBfG). Nach geltendem Recht hatten sie aber nachzuweisen, dass ein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung steht und dass sie für diesen geeignet sind. Diese Beweislast soll auf den Arbeitgeber verlagert werden. Künftig muss also der Betrieb das Fehlen eines Arbeitsplatzes oder eine zu geringe Eignung des Arbeitnehmers darlegen.

    Der weitere Gang des Verfahrens dürfte spannend werden, denn das Vorhaben wird auch Kritik hervorrufen. Heike Göbel kommentiert es in der FAZ mit drastischen Worten: „Die Teilzeitfalle gibt es nicht, es handelt sich wohl eher um eine Bequemlichkeitsfalle. Das Gesetz ist überflüssig und schädlich, weil es mit neuen Pflichten die Arbeitskosten erhöht.

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5 Kommentare

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Warum lässt man das nicht die Arbeitnehmer unter sich ausmachen? Wer seine Arbeitszeit erhöhen will, bekommt einen Anspruch auf Übertragung der gewünschten Arbeitszeit gegenüber den später eingestellten Kollegen.

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Ich finde die Gesetzesinitiative der Frau Nahles  -letztlich in Umsetzung des Koalitionsvertrages-  sehr positiv. Die deutschen Arbeitgeber haben einfach die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Ab 2020 rollt die Demographiewelle voll an und dann geht es nicht mehr nur um Fachkräftemangel, sondern um Personalmangel ... und zwar branchenübergreifend deutschlandweit. Das traditionelle abgehobene Gebaren vieler Arbeitgeber werden diese Herrschaften zwangsläufig nicht mehr aufrecht erhalten können. Eine der Arbeitnehmerschaft genehme Flexibilisierung der Arbeitszeit ist Teilschritt in die Richtung, in welche sich die Arbeitskultur zwangsläufig entwickeln wird. Jeden Tag 8 Stunden nach Taktvorgabe und Gusto des Arbeitgebers wird der Vergangenheit angehören ... bzw. werden derart sture Arbeitgeber wohl kaum mehr Vertragsabschlussinteresse bei künftigen Generationen von Fachkräften wecken können. In der Zwangslage werden nicht mehr die Arbeitbnehmer, sondern die Arbeitgeber sein. Und das ist vollkommen in Ordnung so.

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Wenn sich das sowieso so entwickelt, wieso soll man dann die Arbeitgeber durch eine gesetzliche Regelung bevormunden. Warum verwehrt man sturen Arbeitgebern das Recht, selbst über ihr Aussterben zu entscheiden.

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Das Demographieproblem existiert und sicher wird deswegen auch die eine oder andere (kleinere) Firma aufgeben müssen. Wirtschaftsexperten befürchten dadurch sogar etwas rückläufiges Wirtschaftswachstum. Aber darum geht es mir nicht. Was ich meine ist, dass AG weiterhin unbekümmert zuerst fragen: "Was kannst Du für mich leisten?". Welcher AG zukünftig erfolgreich weiterhin motiviertes bzw. überhaupt Personal rekrutieren will, sollte zuerst herausstellen, was ihn gegenüber anderen AG für interessierte AN attraktiver macht, warum AN ausgerechnet mit ihm einen Arbeitsvertrag abschließen sollten. Geld ist wichtig, klar, aber bei weitem nicht mehr das auschlaggebende Kriterium. Soziale Rahmenbedingungen werden in ihrer Wertigkeit stark zunehmen. Und Flexibilisierung der Arbeitszeit zum einseitigen Nutzen (potentieller) AN ist eines davon. Schlimm ist, dass AG immer noch durch Gewerkschaften oder auch den Gesetzgeber "gezwungen" werden müssen, überhaupt in diese Richtung zu denken. Und AG, die dadurch wirtschaftlich ins Trudeln geraten, sind m.E. selber schuld an ihrer Misere - man hätte doch schon viel früher über Derartiges nachdenken können.
AN werden von massenhafter Ramschware zu hochwertigen Einzelexemplaren - welcher AG das nicht begreift, sollte sich (völlig zurecht) schon mal mit Hartz4 anfreunden.

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Wird dieses Rückkehrrecht nicht die Zahl befristeter Arbeitsverträge steigern? Denn der AG kann, wenn er Überbelegung verhindern will, die Lücke nur mit einer befristeten Kraft füllen. Und je länger sich die vorübergehende Teilzeit hinzieht, desto häufiger wird er neu befristen. Meines Erachtens verringert man damit vielleicht ein Problem, bestärkt aber ein anderes, eher schwerwiegenderes Problem.

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