ArbG Berlin erachtet Abmahnung eines Polizeiangestellten wegen eines Auftritts bei einer PEGIDA-Veranstaltung als unwirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 06.01.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3396 Aufrufe

Mit dem Aufkommen der Pegida-Bewegung und der AfD stellt sich die auf verschiedenen Feldern die Frage, ob die Mitgliedschaft und vor allem das aktive Auftreten in der Öffentlichkeit arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. So hat beispielsweise der DGB klipp und klar zum Ausdruck gebracht, dass er die politischen Aussagen von Pegida und AfD ablehnt (vgl. den Standpunkt "21 Gründe, warum Gewerkschaften Rechtspopulisten wie AfD, Pegida und Co. ablehnen"). Dass hieraus bereits Konsequenzen gezogen worden sind - Ausschluss bzw. Nichtaufnahme - ist nicht bekannt geworden. Aber auch öffentliche Arbeitgeber werden sich fragen müssen, ob sie gegen entsprechende Aktivitäten Ihrer Arbeitnehmer bzw. Beamten einschreiten können. Besonders sensibel ist hier die der Polizeidienst. Dazu berichtet die Berliner Morgenpost in ihrer Online-Ausgabe vom 19.12.2016 über einen aktuellen Fall, der das Arbeitsgericht Berlin beschäftigt hat. Das Berliner Arbeitsgericht (Aktenzeichen 60 Ca 15478/16, zuletzt PM 41/16) hat nach diesem Bericht vor kurzem die Abmahnung gegen einen Polizisten, der bei zwei Pegida-Veranstaltungen als Redner aufgetreten war, als nicht haltbar eingeschätzt. Der Polizist ist im Berliner Landeskriminalamt angestellt als Kriminaltechniker und gleichzeitig Abgeordneter der Alternative für Deutschland (AFD) im Kreistag des Landkreises Havelland. Ihm wird vorgeworfen, auf den Pegida-Veranstaltungen rechtspopulistische Meinungen vertreten zu haben. Am 15. November 2016 wurde er von seinem Arbeitgeber, dem Berliner Polizeipräsidenten, abgemahnt. Gegen diese Abmahnung klagte der Polizist vor dem Arbeitsgericht. Bei der Güteverhandlung verwies der Jurist des Polizeipräsidenten vor allem auf einen Satz, den der Polizist am Februar 2017 als Redner bei einer Pegida-Veranstaltung geäußert habe: Das BKA (Bundeskriminalamt) sei eine rassistische rechtsextreme Vereinigung. Der Arbeitsrichter folgte jedoch dem Polizisten, der zuvor in Schriftsätzen erklärt hatte, dass es sich um Ironie gehandelt habe. Der Polizist habe bei seinen Reden auch sonst "keine Straftaten verwirklich", es habe "keine Beleidigung, üble Nachrede, oder Verleugnung, wie das Bestreiten des Holocaust" gegeben, sagte der Richter. Die Reden fielen unter das vom Grundgesetz verbürgte Recht auf Meinungsfreiheit. Daran ändere auch nichts, dass sie rechtspopulistische Inhalte hatten. Zudem sei die AFD keine verbotene Partei, und es gebe auch kein Verbot gegen Pegida. Der Richter machte deutlich, dass er in einem auf den Gütetermin folgenden Kammertermin die Abmahnung für unwirksam erklären würde. Vor diesem Hintergrund einigten sich die Parteien auf einen Vergleich: Die Abmahnung muss bis spätestens Ende Mai 2017 aus der Personalakte des Polizisten entfernt werden. Angesichts der offenbar dem Wortlaut nach unumstrittenen Äußerung und des Kontextes, in dem sie abgegeben wurde, erstaunt die Einschätzung des Berliner Arbeitsrichters dann doch. Welchen Standpunkt die ehrenamtlichen Richter im einem späteren Kammertermin eingenommen hätten, wird man nicht erfahren.  

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