Fährt ein Auto durch die Waschstraße....oder auch nicht!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.03.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|2587 Aufrufe

Heute mal ausnahmsweise wieder Verkehrszivilrecht. Thema: Waschanlage. Das Besondere: Es kam zu einem Auffahrunfall...oder jedenfalls so ähnlich. Das Berufungsurteil gibt den Sachverhalt leider nur mittelbar zu erkennen. Die entsprechende Passage habe ich hier einmal einkopiert:

"Hier aber war der automatisierte Waschvorgang des Beklagtenfahrzeugs bereits vollständig beendet. Das Fahrzeug hatte das Förderband bereits verlassen. Es befand sich bei wertender Betrachtung damit wieder im Verkehrsraum, welchen es nunmehr gehalten war, durch eigene Motorkraft sofort zu verlassen. Hierzu forderte die Ampelanlage den Fahrzeugführer auf. Im Gegensatz zu der Situation auf dem Förderband kam es nun darauf an, dass das Fahrzeug funktionierte und der Motor ansprang. Dadurch, dass der Motor aber nicht gestartet werden konnte - sei es aufgrund technischer Probleme oder aufgrund eines Bedienfehlers - stellte der Pkw eine Gefahr für die folgenden Fahrzeuge dar. Diese Gefahr ging nicht von der Waschanlage oder von dem automatisierten Transportvorgang aus, sondern einzig und allein von dem Pkw.
Der Zurechnungszusammenhang ist ebenfalls zu bejahen. Zwar gab es keine Berührung zwischen den Fahrzeugen der Parteien. Der Schaden an dem klägerischen Fahrzeug ist aber dadurch entstanden, dass der Kläger auf dem Förderband die Bremse betätigt hat, um so ein ansonsten unausweichliches Aufschieben auf das Beklagtenfahrzeug zu verhindern. Hierdurch rutschte er von dem Förderband, so dass nunmehr das hinter dem Kläger befindliche Fahrzeug auf den klägerischen Pkw geschoben wurde, wodurch der Pkw des Klägers beschädigt wurde. Insoweit genügt es, dass der Unfall mit dem Betrieb in innerem Zusammenhang gestanden hat und dass der Geschädigte in dem anderen Fahrzeug aufgrund der besonderen Situation eine Gefahr sehen durfte, die eine Abwehr- oder Ausweichreaktion rechtfertigte, selbst dann, wenn diese Reaktion objektiv so nicht erforderlich war (König in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 7 Rn. 11). Das Bremsen des Klägers war hier eine Reaktion auf das stehengebliebene und die Ausfahrt versperrende Fahrzeug des Beklagten zu 1). Als Ausweichreaktion betätigte der Kläger die Bremse, was - wie der hiesige Fall zeigt - zumindest das Aufschieben auf das Beklagtenfahrzeug verhinderte. Im Zusammenhang mit dieser erfolgte sodann die Kollision mit dem dritten Fahrzeug, so dass der Schaden an dem klägerischen Fahrzeug letztlich auf den Betrieb des Beklagtenfahrzeugs zurückzuführen ist."

Die entscheidenden Leitsätze des Gerichts:

1. Ein Kraftfahrzeug in einer Waschstraße befindet sich nicht in Betrieb im Sinne des § 7 StVG, wenn es sich um einen automatisierten Waschvorgang handelt, bei dem das Fahrzeug mit ausgeschalteten Motor auf einem Förderband durch die Waschstraße bewegt wird und der Fahrer keinen Einfluss auf den Ablauf des Waschvorgangs hat. (amtlicher Leitsatz)

2. Das Kraftfahrzeug befindet sich aber (wieder) in Betrieb im Sinne des § 7 StVG, wenn der eigentliche Waschvorgang bereits beendet ist, das Fahrzeug das Förderband, über das es zuvor automatisch gezogen worden war, wieder verlassen hat und es nunmehr gehalten ist, den Verkehrsraum durch eigene Motorkraft zu verlassen (entgegen AG Köln, Urteil vom 26.06.2012-272 C33/12, NJW-RR 2013, 227). (amtlicher Leitsatz)

LG Kleve Urt. v. 23.12.2016 – 5 S 146/15, BeckRS 2016, 112174, beck-online

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Mal technisch: schaltet eine Waschstrasse ab, bevor es zu einer "Stauende-Kollision" kommt oder schiebt die einfach auf?

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